HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1172
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 219/25, Beschluss v. 30.06.2025, HRRS 2025 Nr. 1172
Zuständig für die Ausgestaltung der Führungsaufsicht gemäß § 68b Abs. 1 StGB nach Erledigterklärung der in der Sache 2 KLs - 4 Js 16402/21 (Landgericht Limburg a.d. Lahn) angeordneten Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt ist das Landgericht Limburg a.d. Lahn - Strafvollstreckungskammer in Hadamar -.
Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Trier in Wittlich und das Landgericht Limburg a.d. Lahn - Strafvollstreckungskammer in Hadamar - streiten über ihre Zuständigkeit für die Erteilung von Weisungen nach § 68b StGB.
Das Landgericht Limburg a.d. Lahn hatte mit Urteil vom 2. November 2021 unter Freispruch im Übrigen gegen den Verurteilten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt, eine Einziehungsentscheidung getroffen und die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Nachdem der Senat die Entscheidung über die Maßregel mit Beschluss vom 24. Mai 2022 (2 StR 104/22) aufgehoben hatte, hat das Landgericht Limburg a.d. Lahn im zweiten Rechtsgang mit rechtskräftigem Urteil vom 15. November 2022 erneut die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, die zunächst in der Klinik für Forensische Psychiatrie in Hadamar vollstreckt worden ist. Mit Beschluss vom 8. Februar 2024 hat das Landgericht Limburg a.d. Lahn - Strafvollstreckungskammer in H. - die Unterbringung des Verurteilten gemäß § 67d Abs. 5 Satz 1, § 64 Satz 2 StGB wegen fehlender Erfolgsaussichten für erledigt erklärt und dessen Überstellung in eine Justizvollzugsanstalt zur weiteren Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe angeordnet. Zudem hat sie gemäß § 67d Abs. 5 Satz 2 StGB mit der Entlassung aus dem Maßregelvollzug den Eintritt der Führungsaufsicht festgestellt. Von der Festlegung der Dauer der Führungsaufsicht und der Bestimmung der vom Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht zu beachtenden Weisungen (§ 68b StGB) hat das Landgericht Limburg a.d. Lahn abgesehen und diese Entscheidungen der gemäß § 462a StPO zum Zeitpunkt der endgültigen Entlassung aus dem Vollzug örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer übertragen.
Vom 14. Februar 2024 bis zu seiner Entlassung am 9. Januar 2025 befand sich der Verurteilte zur Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Wittlich.
Sowohl das Landgericht Limburg a.d. Lahn - Strafvollstreckungskammer in Hadamar - als auch die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Trier in Wittlich haben sich für die vorbehaltene Entscheidung für unzuständig erklärt. Das Landgericht Limburg a.d. Lahn hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
1. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung gemäß § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht der Landgerichte Limburg a.d. Lahn (Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt am Main) und Trier (Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz) zuständig.
2. Zuständig für die Ausgestaltung der Führungsaufsicht ist das Landgericht Limburg a.d. Lahn - Strafvollstreckungskammer in Hadamar -. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:
„Die örtliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer für die Ausgestaltung der Führungsaufsicht bestimmt sich gemäß § 462a Abs. 1 iVm § 453, § 463 Abs. 2 und Abs. 7 StPO danach, in welchem Bezirk die Anstalt liegt, in der sich der Verurteilte zu dem Zeitpunkt befindet oder zuletzt befand, zu dem eine erstmalige Befassung mit der konkreten Angelegenheit gegeben war. Befasst im Sinne von § 462a Abs. 1 S[atz]1 StPO ist ein Gericht mit der Sache schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Erlass einer Entscheidung rechtfertigen können (st. Rspr.; Senat, Beschlüsse vom 15. Oktober 1975 - 2 ARs 296/75, BGHSt 26, 214, 216; vom 11. Juli 2012 - 2 ARs 164/12).
Zwar wurde der Verurteilte nach erfolgter Erledigung der Maßregel in die Justizvollzugsanstalt Wittlich aufgenommen und befand sich daher im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Trier. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Limburg a.d. Lahn - Außenstelle Hadamar - bleibt für die Ausgestaltung der Führungsaufsicht jedoch zuständig, da […] [sie] weiterhin im Sinne von § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO mit der Sache befasst ist. Das Befasstsein endet erst, wenn in der Sache abschließend entschieden worden ist (BGHSt 26, 165, 166; 187, 189; NStZ 1981, 404; NStZ 1984, 380, 381).
Das Landgericht Limburg a.d. Lahn hat mit Beschluss vom 8. Februar 2024 den Eintritt der Führungsaufsicht nach § 67d Abs. 5 Satz 2 StGB festgestellt und über deren konkrete Ausgestaltung - in der Sache folgerichtig - noch nicht befunden, da sich der Verurteilte zunächst in Strafhaft befand. Mit der gewählten Formulierung hat sie ersichtlich zum Ausdruck gebracht, dass […] [über das Ob und den Gegenstand von] Weisungen gemäß § 68b StGB […] erst im Zeitpunkt der Haftentlassung […] [entschieden werden solle]. Dieser Vorbehalt führt dazu, dass die einmal begründete Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Limburg a.d. Lahn - Außenstelle Hadamar - fortbesteht (vgl. auch Senat, Beschluss vom 25. Mai 2011 - 2 ARs 164/11; im umgekehrten Fall: Senat, Beschluss vom 11. Januar 2022 - 2 ARs 289/21).
Hierbei ist unerheblich, dass das Landgericht Limburg a.d. Lahn die Entscheidung der dann für den Haftort zuständigen Strafvollstreckungskammer vorbehalten hat. Eine Übertragung der Zuständigkeit für eine noch nicht abschließend getroffene Sachfrage an eine andere Strafvollstreckungskammer durch richterliche Anordnung sieht das Gesetz nicht vor (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 19. Juli 2024 - Ws 555/24, BeckRS 2024, 18506, Rn. 17).“ Dem schließt sich der Senat an.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1172
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede