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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1197

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 262/22, Beschluss v. 19.10.2022, HRRS 2022 Nr. 1197


BGH 1 StR 262/22 - Beschluss vom 19. Oktober 2022 (LG München II)

Einreichen von elektronischen Dokumenten bei Strafverfolgungsbehörden und Gerichten (Eignung des Dokuments für die Bearbeitung: kein Formverstoß bei Einreichung als „docx“-Datei).

§ 32a Abs. 2 StPO, § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV, § 14 ERVV

Leitsatz des Bearbeiters

Reicht der Verteidiger die Revisionsschrift abweichend von § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 ERVV im Dateiformat „docx“ ein, führt das noch nicht zur Formungültigkeit der Prozesserklärungen. § 32a Abs. 2 Satz 1 StPO setzt voraus, dass das elektronische Dokument „für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet“ sein muss. Dieses Erfordernis geht über eine rein formale Prüfung hinaus. Eine Formunwirksamkeit soll nur dann eintreten, wenn der Verstoß dazu führt, dass im konkreten Fall eine Bearbeitung durch das Gericht nicht möglich ist. Demgegenüber führen rein formale Verstöße gegen die ERVV dann nicht zur Formunwirksamkeit des Eingangs, wenn das Gericht das elektronische Dokument gleichwohl bearbeiten kann.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 30. März 2022 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Einer Entscheidung über den vorsorglich gestellten Antrag des Angeklagten vom 27. Juli 2022 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Revision bedarf es nicht. Die über das besondere elektronische Anwaltspostfach seines Verteidigers an das Landgericht übermittelten Schriftsätze vom 6. April 2022 und vom 3. Juni 2022 wahrten die jeweilige Frist. Zwar waren sie, entgegen § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 ERVV, jeweils nicht im Dateiformat pdf, sondern im Dateiformat docx eingereicht worden. Dies allein führt aber nicht zur Formungültigkeit der Prozesserklärungen. § 32a Abs. 2 Satz 1 StPO setzt voraus, dass das elektronische Dokument „für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet“ sein muss. Dieses Erfordernis geht über eine rein formale Prüfung hinaus. Eine Formunwirksamkeit soll nur dann eintreten, „wenn der Verstoß dazu führt, dass im konkreten Fall eine Bearbeitung durch das Gericht nicht möglich ist. Demgegenüber führen rein formale Verstöße gegen die ERVV dann nicht zur Formunwirksamkeit des Eingangs, wenn das Gericht das elektronische Dokument gleichwohl bearbeiten kann“ (BT-Drucks. 19/28399, S. 39 i.V.m. S. 33 f.; ferner BeckOK-StPO/Valerius, 44. Ed., § 32a Rn. 7; Radke in Ory/Weth, jurisPKERV, 2. Aufl., § 32a StPO Rn. 12). Letzteres ist hier jeweils der Fall.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1197

Bearbeiter: Christoph Henckel