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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 945

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 102/20, Urteil v. 14.04.2021, HRRS 2021 Nr. 945


BGH 5 StR 102/20 - Urteil vom 14. April 2021 (LG Leipzig)

Bandentat und Bandenabrede bei der Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmäßigen (Computer-)Betrugs; Anforderungen an die Urteilsgründe (freisprechendes Urteil; Einlassung des Angeklagten; Überprüfung durch das Revisionsgericht); Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang; Abstinenz; Erfolgsaussicht).

§ 263 Abs. 5 StGB; § 263a StGB; § 64 StGB; § 267 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Bandentat und Bandenabrede sind unterschiedliche und jeweils gesondert festzustellende Tatbestandsmerkmale. Zwischen ihnen besteht keine Deckungsgleichheit, auch wenn im Einzelfall aus einer Tat auf eine vorangegangene Vereinbarung geschlossen werden kann. Die Bandenabrede umfasst von vornherein die Begehung einer Mehrzahl künftiger Straftaten. Umstände, die für eine solche, mehrere künftige Taten umfassende Bandenabrede sprechen können, sind je nach den Umständen des Einzelfalles etwa eine Vielzahl gleichartiger Taten innerhalb eines langen Zeitraums, ein eingespieltes arbeitsteiliges Zusammenwirken der Beteiligten oder die gemeinschaftliche Nutzung von Tatwerkzeugen.

2. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, muss es regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung die als erwiesen angesehenen Tatsachen feststellen, bevor es in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Denn es ist Aufgabe der Urteilsgründe, dem Revisionsgericht auf diese Weise eine umfassende Nachprüfung der freisprechenden Entscheidung zu ermöglichen

3. In einem Strafurteil ist die Einlassung des Angeklagten zumindest in wesentlichen Grundzügen in einer geschlossenen und zusammenhängenden Darstellung wiederzugeben und unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu würdigen. Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht überprüfen, ob der Tatrichter die Bedeutung der Angaben des Angeklagten zutreffend erkannt und bewertet hat und damit den Feststellungen eine erschöpfende Würdigung des Sachverhalts zugrunde liegt.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 6. September 2019 aufgehoben

mit den Feststellungen, soweit die Angeklagten freigesprochen worden sind;

soweit die Angeklagten verurteilt worden sind; insoweit bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten mit Ausnahme derjenigen zur Bande;

im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Computerbetruges in vier Fällen und versuchten Computerbetruges jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten und Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung unter Einbeziehung von anderweitig rechtskräftig gewordenen Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagte Sc. hat es wegen Hehlerei, Betruges in zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Computerbetruges in zwölf Fällen sowie versuchten Computerbetruges jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus rechtskräftigen Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und darüber hinaus wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten in sechs Fällen unter Einbeziehung von Strafen aus einer anderen rechtskräftigen Verurteilung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es Einziehungsentscheidungen getroffen.

Soweit den Angeklagten eine Vielzahl weiterer vergleichbarer Taten zur Last gelegt worden war, hat es sie aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

2. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen rügt die Staatsanwaltschaft Verfahrensfehler und die Verletzung materiellen Rechts. Soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, richtet sich das Rechtsmittel gegen den Schuldspruch mit dem Ziel der Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmäßiger Tatbegehung. Mit ihren Verfahrensrügen wendet sie sich gegen die vom Landgericht angenommenen günstigen Kriminalprognosen bei der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen zur Bewährung. Im Übrigen greift die Staatsanwaltschaft die Freisprüche an. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sind überwiegend erfolgreich.

I.

1. Soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, hat das Landgericht folgende - hier relevante - Feststellungen und Wertungen getroffen:

a) Die drogenabhängigen Angeklagten hatten spätestens Anfang November 2011 den Entschluss gefasst, sich durch die Begehung von Vermögensdelikten, Urkunden- und Datenfälschungen eine nicht unerhebliche Einnahmequelle von gewisser Dauer und gewissem Umfang zu verschaffen, um auf diese Weise ihren Lebensunterhalt und Drogenkonsum zu finanzieren. Unter Verwendung fiktiver Namen oder Personalien Dritter, die sie wiederholt vom gesondert Verfolgten Sz. erhielten, bestellten sie bei verschiedenen Internethändlern Waren oder verwendeten fremde EC-Karten im Lastschriftverfahren bei Einkäufen, um erworbene Gegenstände ohne Zahlung des Kaufpreises entweder für sich zu behalten oder sie dem gesondert Verfolgten Sz., in einigen Fällen auch einer anderen Person, als Gegenleistung für Betäubungsmittel oder zur Tilgung von Drogenschulden zu überlassen. Teilweise gab Sz. den Angeklagten vor, welche Waren bestellt werden sollten (Fälle B.II.1, 2, 14, 17, 20 bis 23). Zur Tatausführung nutzten die Angeklagten zwei in ihrer gemeinsamen Wohnung vorhandene Laptops, auf die ein größerer, nicht abschließend feststellbarer Personenkreis freien Zugriff hatte, der sie ebenfalls zur Ausführung vergleichbarer Taten verwendete. Lieferungen nahmen die Angeklagten entweder selbst in 5 6 Empfang oder sie beauftragten andere damit, wie die gesondert Verfolgten F. (Fälle B.II.31 bis 35) und W. .

b) Ein kontinuierliches Zusammenwirken der Angeklagten und der weiteren Personen aufgrund einer (konkludenten) Bandenabsprache hat das Landgericht nicht feststellen können. Aus dem Umstand einer bestehenden Lebensgemeinschaft zwischen den Angeklagten lasse sich „nichts Tragfähiges“ ableiten, weil die Verwendung fremder Daten oder EC-Karten durch einen der Angeklagten nicht notwendigerweise bedeute, dass der jeweils andere hiervon Kenntnis erlangt habe. Einer Bandenabrede stehe zudem entgegen, dass sich der bei Abholung der bestellten Waren eingebundene Personenkreis ständig geändert habe. Die Auftragserteilung durch Sz., eine ähnliche Vorgehensweise bei der Tatausführung und die Drogensucht der handelnden Personen genüge hierfür nicht, weil nicht habe aufgeklärt werden können, welche Verabredung dem jeweiligen Fall genau zugrunde gelegen habe.

2. Soweit das Landgericht eine bandenmäßige Begehung verneint und sich daher an einer Verurteilung gemäß § 263a Abs. 2 iVm § 263 Abs. 5 und § 269 Abs. 3 iVm § 267 Abs. 4 StGB gehindert gesehen hat, erweist sich dies als rechtsfehlerhaft.

Denn das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der jeweiligen (Einzel-)Tat eine „genau“ hierauf bezogene Bandenabrede zugrunde liegen müsse. Damit hat es aber nicht zwischen Bandentat und Bandenabrede unterschieden. Beides sind indes unterschiedliche und jeweils gesondert festzustellende Tatbestandsmerkmale. Zwischen ihnen besteht keine Deckungsgleichheit, auch wenn im Einzelfall aus einer Tat auf eine vorangegangene Vereinbarung geschlossen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 120/12, StraFo 2013, 128). Die Bandenabrede umfasst von vornherein die Begehung einer Mehrzahl künftiger Straftaten (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 325; Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160 f.). Umstände, die hier für eine solche, mehrere künftige Taten umfassende Bandenabrede sprechen können (vgl. BGH aaO) - Vielzahl gleichartiger Taten innerhalb eines langen Zeitraums, eingespieltes arbeitsteiliges Zusammenwirken der Angeklagten mit anderen, gemeinschaftliche Nutzung von Tatwerkzeugen (Laptops), beherrschende Stellung des Sz. und Vorstrafen wegen Taten mit teils identischer Begehungsweise - hat das Landgericht zwar festgestellt, ihnen aber rechtsfehlerhaft keine Bedeutung beigemessen.

3. Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers können die Schuldsprüche nicht bestehen bleiben. Ihre Aufhebung hat den Wegfall der dafür festgesetzten Einzel- und der Gesamtstrafen zur Folge.

Auf die lediglich die Prognoseentscheidung nach § 56 Abs. 2 StGB betreffenden Verfahrensrügen kommt es somit nicht mehr an. Im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten zu aussetzungsfähigen Gesamtfreiheitsstrafen wird die Prognoseentscheidung neu zu treffen sein.

4. Das Urteil kann auch keinen Bestand haben, soweit die Unterbringung des Angeklagten S. in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist, da diese Entscheidung auf einer widersprüchlichen Grundlage beruht. So hat das Landgericht einerseits eine körperliche Abhängigkeit des Angeklagten von Crystal und - auf dieser Grundlage konsequent - einen Hang im Sinne des § 64 StGB angenommen. Damit lässt sich die unmittelbar anschließende Feststellung nicht vereinbaren, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (derzeit) nicht erforderlich sei, weil eine Abstinenz des Angeklagten, insbesondere von illegalen Drogen, nicht widerlegt werden könne. Dabei hat das Landgericht nicht in den Blick genommen, dass einerseits Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hanges nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2020 - 2 StR 210/20 mwN), während andererseits bei einer dauerhaften Abstinenz nicht mehr von einem Hang im Sinne des § 64 ausgegangen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113; vom 16. Januar 2019 - 2 StR 479/18).

Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht der Maßregelausspruch, da der Senat das Bestehen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht nicht sicher ausschließen kann.

5. Ebenso erweist sich die Ablehnung der Unterbringung der Angeklagten Sc. in einer Entziehungsanstalt wegen fehlender hinreichend konkreter Erfolgsaussicht als nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Das Landgericht hat - sachverständig beraten - sowohl einen Hang der Angeklagten im Sinne einer chronischen, aufgrund körperlicher Abhängigkeit erworbenen Neigung, Crystal im Übermaß zu konsumieren, als auch einen symptomatischen Zusammenhang mit den Anlasstaten angenommen. Die Erfolgsaussichten seien allerdings „eher gering“, da nach Einschätzung des Sachverständigen angesichts der aktuellen Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung ihre Motivation für eine „neuerliche stationäre“ Therapie „als gering anzusehen“ sei. Diese Begründung trägt die Ablehnung der Maßregel nicht.

b) Zwar kann Therapieunwilligkeit ein Indiz für unzureichende Erfolgsaussichten der Entziehungsbehandlung sein. Ob dies der Fall ist, muss aber aufgrund einer - vom Landgericht hier nicht vorgenommenen - Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände beurteilt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2017 - 3 StR 97/17, NStZ-RR 2017, 310 mwN). Diesen Maßgaben wird das Landgericht schon deswegen nicht gerecht, weil es nicht darlegt, auf welcher Grundlage der Sachverständige zu seiner Bewertung der Therapiemotivation gelangt ist. Angaben der Angeklagten Sc. hierzu lassen sich dem Urteil nicht entnehmen; eine ablehnende Haltung durch sie selbst drängt sich auch nicht auf. Hinzu kommt, dass sich keine Hinweise darauf finden, dass die Angeklagte bislang in einer stationären Suchttherapie behandelt worden war, weshalb der Verweis auf eine „neuerliche stationäre Behandlung“ nicht verfängt.

II.

Auch die Freisprüche halten revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Staatsanwaltschaft hatte mit der Anklageschrift dem Angeklagten S. 119 sowie der Angeklagten Sc. 96 weitere Taten zur Last gelegt. Von diesen Vorwürfen hat das Landgericht die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Es hat insoweit festgestellt, dass die im Anklagesatz dargestellten Handlungen stattfanden und die Waren ausgeliefert wurden. Eine Tatbeteiligung der beiden Angeklagten hat es nicht festgestellt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Angeklagten die Taten nicht eingeräumt, teils aber auch nicht ausgeschlossen haben. Die Nutzung der in ihrer Wohnung befindlichen Laptops für Bestellungen und der sich im Kern wiederholende Tatmodus stellten keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung dar, zumal verschiedene weitere Personen die Geräte nutzten und die generelle Möglichkeit der Drittnutzung durch die technische Auswertung belegt sei. Dass die Laptops der Angeklagten für Dritte frei zugänglich waren und sie „durchaus damit rechneten bzw. sogar wussten“, dass andere Täter damit Bestellungen vornehmen könnten oder würden, genüge nicht.

Auch für eine Verurteilung wegen Beihilfe hat das Landgericht keine Grundlage gesehen.

2. Das Urteil des Landgerichts entspricht nicht den Anforderungen, die gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind.

a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, muss es regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung die als erwiesen angesehenen Tatsachen feststellen, bevor es in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Denn es ist Aufgabe der Urteilsgründe, dem Revisionsgericht auf diese Weise eine umfassende Nachprüfung der freisprechenden Entscheidung zu ermöglichen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2021 - 4 StR 457/20; vom 27. Februar 2020 - 4 StR 568/19, NStZ 2021, 121, 122; vom 22. Mai 2019 ? 5 StR 36/19, NStZ-RR 2019, 254; vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11).

b) Diesen Mindestanforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Unmittelbar im Anschluss an die Wiederholung der relevanten Teile des Anklagesatzes konstatiert das Landgericht in einem Satz, dass die Tathandlungen, wie in der Anklageschrift dargestellt, stattfanden. Einzeltatbezogene Feststellungen zur Rolle der Angeklagten, zum Einsatz ihnen gehörender Tatmittel (Laptops), dem Tatort (Wohnung der Angeklagten) oder anderen (tatsächlich) in Frage kommenden Tätern fehlen vollständig. Der Feststellungsteil endet mit dem beweiswürdigenden Fazit, eine Tatbeteiligung der Angeklagten sei nicht feststellbar. Auf dieser Basis ist es dem Senat, auch unter Heranziehung der zu den verurteilten Taten getroffenen Feststellungen, nicht möglich, die Freisprüche anhand der Urteilsgründe umfassend rechtlich nachzuprüfen. Eine Fallgestaltung, in der Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen in Gänze nicht möglich gewesen wären (BGH, Urteile vom 22. März 2018 - 5 StR 566/17, BGHSt 63, 107; vom 6. April 2005 ? 5 StR 441/04), liegt nicht vor.

Der Fehler betrifft alle vom Freispruch umfassten Taten, auch die, in denen das Landgericht nur einen der Angeklagten - ihnen war die Tatbegehung in allen Fällen als Mittäter vorgeworfen worden - freigesprochen hat. Das Urteil enthält insoweit zwar Feststellungen zum verurteilenden Teil, aber zur Funktion des jeweils anderen Angeklagten, vor allem zur Frage, weshalb sich das Landgericht von dessen Beteiligung nicht hat überzeugen können, schweigen die Urteilsgründe.

3. Zudem ist die Beweiswürdigung lückenhaft, weil sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, wie sich die Angeklagten zu den Tatvorwürfen eingelassen haben.

a) In einem Strafurteil ist die Einlassung des Angeklagten zumindest in wesentlichen Grundzügen in einer geschlossenen und zusammenhängenden Darstellung wiederzugeben und unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu würdigen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 403/14, NStZ 2015, 299, 300). Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht überprüfen, ob der Tatrichter die Bedeutung der Angaben des Angeklagten zutreffend erkannt und bewertet hat und damit den Feststellungen eine erschöpfende Würdigung des Sachverhalts zugrunde liegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 403/14, NStZ 2015, 299, 300; vom 7. Mai 1998 - 4 StR 88/98, NStZ-RR 1999, 45).

b) Dem genügt die Darstellung im Urteil nicht. Das Landgericht hat lediglich ausgeführt, die Angeklagten hätten die weiteren Tatvorwürfe bestritten, sich nicht mehr erinnert oder auch (nur) nicht ausschließen können, an sonstigen Taten beteiligt gewesen zu sein. Sie hätten weder zu den bestellten Waren, den gewählten Identitäten, den Zeitpunkten der Bestellungen noch zur Beteiligung Dritter Angaben machen können. Konkrete Aussagen zu einzelnen Tatvorwürfen hat das Landgericht nicht mitgeteilt. Dies wäre aber notwendig gewesen. Denn aus den Urteilsgründen samt der darin enthaltenen wörtlichen Wiedergabe von Teilen des Anklagesatzes ergeben sich unerörtert gebliebene Beweisanzeichen wie die mitunter augenfälligen zeitlichen, örtlichen und situativen Parallelen zwischen vorgeworfenen und abgeurteilten Taten, die erst in der hier vermissten Zusammenschau mit den Einlassungen der Angeklagten eine revisionsgerichtliche Überprüfung ermöglicht hätten.

4. Soweit die Angeklagten freigesprochen worden sind, ist die Aufhebung der Feststellungen geboten, weil sie das Urteil nicht mit einem Rechtsmittel angreifen konnten. Im Übrigen können die getroffenen Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zur Bande und zum Rechtsfolgenausspruch - bestehen bleiben und durch hierzu nicht im Widerspruch stehende ergänzt werden.

5. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat im Hinblick auf eine etwa neu zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe hinsichtlich der Angeklagten Sc. darauf hin, dass der Tenor des Urteils nicht erkennen lässt, ob die Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2013 vollständig in die Gesamtstrafenbildung eingeflossen sind, da das Landgericht offenbar von einer Zäsurwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts Leipzig vom 1. Februar 2013 bezüglich eines Teils der Einzelstrafen ausgegangen ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 945

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2021, 342; StV 2022, 23

Bearbeiter: Christian Becker