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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 661

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 507/20, Beschluss v. 23.02.2021, HRRS 2021 Nr. 661


BGH 1 StR 507/20 - Beschluss vom 23. Februar 2021 (LG München I)

Einschleusen von Ausländern (unmittelbares Ansetzen zum Hilfeleisten).

§ 96 Abs. 1 AufenthG

Leitsatz des Bearbeiters

1. Der Versuch des Einschleusens von Ausländern in der Tatbestandsvariante des Hilfeleistens erfordert in subjektiver Hinsicht, dass der Vorsatz des Schleusers auf die Förderung einer in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Bezugstat im Sinne des § 96 Abs. 1 AufenthG gerichtet ist. Die objektiven Voraussetzungen des Versuchs sind erfüllt, wenn der Täter eine Handlung vornimmt, mit der er nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Förderung der präsumtiven Bezugstat ansetzt, wobei allerdings eine wertende Konkretisierung geboten ist. Maßgebend ist dabei, wie weit sich der Täter bereits dem von ihm anvisierten Unterstützungserfolg angenähert und durch sein Handeln eine Gefahr für das betroffene Rechtsgut geschaffen hat.

2. Danach stellt es lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung zum Einschleusen von Ausländern dar, wenn der Täter unter Täuschung über seine Identität an Prüfungen für ein Sprachzertifikat teilnimmt, damit der jeweilige Auftraggeber das auf seinen Namen ausgestellte Zertifikat in der Folge der zuständigen Behörde vorlegen und diese so zum Erlass des gewünschten ausländerrechtlichen Verwaltungsakts veranlassen kann.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11. September 2020 aufgehoben

a) in den Fällen C.II.5., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 16. und 17. der Urteilsgründe mit den Feststellungen zum Fall C.II.5. der Urteilsgründe;

b) im gesamten Strafausspruch sowie

c) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit die Einziehung den Betrag von 1.000 € übersteigt und eine Gesamtschuld mit den gesondert Verfolgten B., Br. und I. sowie eine Gesamtschuld mit dem gesondert Verfolgten G. in Höhe eines Betrags von mehr als 800 € angeordnet wurde, dies mit den zugehörigen Feststellungen zur Höhe der Taterträge in den Fällen C.II.1., 3., 5., 6., 7., 9., 10. und 12. bis 14., 16. und 17. der Urteilsgründe.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in zehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Einschleusen von Ausländern und in sieben Fällen in Tateinheit mit versuchtem gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern (Fälle C.II.5., 7., 9., 10., 12., 14. und 17. der Urteilsgründe), hiervon in zwei Fällen in weiterer Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Einschleusen von Ausländern (Fälle C.II.5. und 12. der Urteilsgründe), sowie wegen Urkundenfälschung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Einschleusen von Ausländern, in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem gewerbsmäßigen Einschleusen von Ausländern (Fälle C.II.11. und 16. der Urteilsgründe), und in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Erschleichen einer Einbürgerung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 15.625 € angeordnet - hiervon in Höhe von 2.825 € gesamtschuldnerisch mit dem früheren Mitangeklagten und nunmehr gesondert Verfolgten B., in Höhe von weiteren 11.300 € gesamtschuldnerisch mit dem früheren Mitangeklagten und nunmehr gesondert Verfolgten G., hiervon in Höhe von 1.500 € zusätzlich gesamtschuldnerisch mit der früheren Mitangeklagten und nunmehr gesondert Verfolgten Br. und von 1.200 € zusätzlich gesamtschuldnerisch mit dem früheren Mitangeklagten und nunmehr gesondert Verfolgten I. Von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht abgesehen.

Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen kam der gesondert Verfolgte G. im Frühjahr 2018 auf die Idee, sich den Bedarf von Migranten an Sprachzertifikaten für ein Geschäftsmodell nutzbar zu machen. Dieses Geschäftsmodell sah vor, dass der deutschen Sprache mächtige Personen mit Migrationshintergrund für nicht deutschsprachige Migranten irakischer oder kosovarischer Herkunft unter deren Namen Sprachtests absolvieren und hierdurch von diesen benötigte Sprachzertifikate erwerben sollten, wofür die Migranten ein Entgelt von in der Regel 2.500 € an ihn zahlen sollten, aus dem auch die Gebühren für die Sprachprüfungen bezahlt und die jeweils am Erwerb der Zertifikate mitwirkenden Beteiligten vergütet werden sollten. Zur Umsetzung dieses Geschäftsmodells schloss sich G. zunächst mit dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten B. zusammen, um künftig in arbeitsteiligem Zusammenwirken interessierte Migranten anzuwerben und für diese gegen Entgelt unter deren Namen bei privaten Sprachschulen oder Volkshochschulen Sprachprüfungen zu absolvieren und so den Migranten zu den benötigten Sprachzertifikaten zu verhelfen und hierdurch eigene Einnahmen in erheblichem Umfang zu erwirtschaften. Während G. in der Folgezeit vornehmlich mit der Akquise von Auftraggebern sowie der Planung und Organisation befasst war, nahmen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte B., die nur teilweise in die Akquise und sonstige organisatorische Aufgaben eingebunden waren, unter dem Namen des jeweiligen Auftraggebers an den Sprachprüfungen teil. Ab der Tat im Fall C.II.5. der Urteilsgründe waren daneben bei Bedarf auch die von D. angeworbenen nicht revidierenden Mitangeklagten Br. und I., die sich ebenfalls bereiterklärt hatten, in einer Vielzahl künftiger Fälle an dem Geschäftsmodell mitzuwirken, für eine Vergütung von 300 € je Sprachprüfung als „Testschreiber“ tätig. Um bei den Sprachprüfungen Ausweise der auftraggebenden Migranten vorlegen und unter deren Namen an der Prüfung teilnehmen zu können, fertigte der Angeklagte durch Aufkleben von Passbildern der jeweiligen „Testschreiber“ auf die Originalpässe der Auftraggeber gefälschte Ausweispapiere, die bei den Sprachprüfungen zum Einsatz gebracht werden sollten und meist auch wurden. Sämtlichen Beteiligten war dabei klar, dass die auftraggebenden Migranten mit den durch Identitätstäuschung erlangten Sprachzertifikaten eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis beantragen konnten.

Bei Begehung der einzelnen Taten wirkten der Angeklagte und die gesondert Verfolgten B., G., Br. und I. in unterschiedlicher personeller Zusammensetzung arbeitsteilig zusammen, wobei in den Fällen C.II.1., 4., 5., 7., 9. und 10., 12. bis 14. sowie 17. der Urteilsgründe jeweils mindestens drei Beteiligte an der Tatbegehung mitwirkten und in den Fällen C.II.2., 3., 6., 11., 16. und 18. der Urteilsgründe jeweils zwei Beteiligte. In den Fällen C.II.1., 3., 6. und 18. der Urteilsgründe sollten die Sprachzertifikate in einem Einbürgerungsverfahren vorgelegt werden; im Fall C.II.13. der Urteilsgründe wurde das Zertifikat für eine Zulassung als Krankenpfleger benötigt und in den übrigen Fällen sollten sie der Verlängerung von Aufenthaltstiteln dienen. In den Fällen C.II.2. bis 4. der Urteilsgründe legten die jeweiligen Auftraggeber die auf ihren Namen ausgestellten Sprachzertifikate der jeweils zuständigen Behörde vor. Im Fall C.II.5. der Urteilsgründe wurde nur auf den von B. verwendeten Namen ein Sprachzertifikat erteilt, das der Auftraggeber in der Folge zwecks Erlangung einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der zuständigen Behörde vorgelegte, während das Sprachinstitut trotz der von I. gleichzeitig absolvierten und auch bestandenen Prüfung wegen eines Schreibfehlers im Namen („S.“ statt „Ge. “) kein Zertifikat erteilte.

Ab der Tat im Fall C.II.5. der Urteilsgründe (Anfang Oktober 2018) überwachte die Polizei das weitere Vorgehen des Angeklagten und seiner gesondert verfolgten Mittäter und konnte hierdurch in den Fällen C.II.1., 6., 9. bis 11. und 13. bis 17. der Urteilsgründe entweder bereits die Erteilung von Sprachzertifikaten oder jedenfalls deren Vorlage bei der Ausländer- bzw. Einbürgerungsbehörde verhindern. Im Fall C.II.7. der Urteilsgründe wurde ein Sprachzertifikat ebenfalls nicht erteilt; die Auftraggeberin legte jedoch die Anmeldebestätigung für den Sprachtest und die Quittung über die Zahlung der Anmeldegebühr bei der Ausländerbehörde vor und erreichte so die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Im Fall C.II.12. der Urteilsgründe bestand B. bereits die Sprachprüfung nicht; das bei derselben Sprachprüfung von Br. unter fremdem Namen erlangte Zertifikat legte die Auftraggeberin in der Folge zwecks Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde vor und erhielt, weil der Behörde der Sachverhalt bekannt war, eine Verlängerung für (nur) ein Jahr. Im Fall C.II.18. der Urteilsgründe scheiterte B. wiederum in der Sprachprüfung, weshalb die Sprachschule kein Zertifikat erteilte.

II.

1. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge des Angeklagten veranlassten sachlichrechtlichen Prüfung in den Fällen C.II.5., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 16. und 17. der Urteilsgründe nicht stand. Das Landgericht hat insoweit jeweils rechtsfehlerhaft einen Versuch des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2, § 96 Abs. 1 Nr. 2 Variante 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 AufenthG, §§ 22, 23 StGB (Fälle C.II.11. und 16. der Urteilsgründe) beziehungsweise des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2, § 96 Abs. 1 Nr. 2 Variante 3, § 97 Abs. 2 AufenthG, §§ 22, 23 StGB (Fälle C.II.5., 7., 9., 10., 12., 14. und 17. der Urteilsgründe) als tateinheitlich verwirklicht ausgeurteilt.

a) Der Versuch des Einschleusens von Ausländern in der Tatbestandsvariante des Hilfeleistens erfordert in subjektiver Hinsicht, dass der Vorsatz des Schleusers auf die Förderung einer in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Bezugstat im Sinne des § 96 Abs. 1 AufenthG gerichtet ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 2021 - 1 StR 289/20 Rn. 66 und vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 239/97 Rn. 7; Beschluss vom 13. Januar 2015 - 4 StR 378/14 Rn. 10). Die objektiven Voraussetzungen des Versuchs sind erfüllt, wenn der Täter eine Handlung vornimmt, mit der er nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Förderung der präsumtiven Bezugstat ansetzt, wobei allerdings eine wertende Konkretisierung geboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO; Beschluss vom 6. Juni 2012 - 4 StR 144/12 Rn. 4 mwN). Maßgebend ist dabei, wie weit sich der Täter bereits dem von ihm anvisierten Unterstützungserfolg angenähert und durch sein Handeln eine Gefahr für das betroffene Rechtsgut geschaffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO; Beschlüsse vom 6. Juni 2012 - 4 StR 144/12, aaO, mwN und vom 13. Januar 2015, aaO).

b) Danach hat sich der Angeklagte ausgehend von den getroffenen Feststellungen in den Fällen C.II.5., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 16. und 17. der Urteilsgründe nicht wegen eines jeweils tateinheitlich verwirklichten versuchten gewerbsmäßigen (Fall C.II.11. und 16. der Urteilsgründe) beziehungsweise gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern (Fälle C.II.5., 7., 9., 10., 12., 14. und 17. der Urteilsgründe) strafbar gemacht. Unmittelbar zur Tatverwirklichung angesetzt hat der Angeklagte nicht allein deshalb, weil er jeweils - letztlich erfolglos - daran mitgewirkt hat, für einen Ausländer durch Teilnahme an einer Sprachprüfung unter dessen Namen ein Sprachzertifikat zu erwerben. Denn hierdurch hat sich der Angeklagte bei wertender Betrachtung dem erstrebten Unterstützungserfolg noch nicht hinreichend angenähert; durch sein Handeln hat er noch keine hinreichende Gefahr für das geschützte Rechtsgut geschaffen. Insbesondere ergibt sich aus den Feststellungen nicht, dass der jeweils vom Angeklagten unterstützte Ausländer kurz davor stand, unwahre Angaben gegenüber der jeweiligen Ausländerbehörde zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO, Rn. 67).

Nach den getroffenen Feststellungen sollten die Sprachzertifikate unter Täuschung über die Identität des Prüfungsteilnehmers beschafft werden, damit der jeweilige Auftraggeber das auf seinen Namen ausgestellte Zertifikat in der Folge der zuständigen Behörde vorlegen und diese so zum Erlass des gewünschten ausländerrechtlichen Verwaltungsakts veranlassen konnte. Vor Ausstellung des jeweiligen Zertifikats bestand demnach von vornherein keine Gefahr, dass der Auftraggeber mittels des Zertifikats falsche Angaben gegenüber der Ausländerbehörde macht, so dass das durch § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG geschützte Rechtsgut - die Sicherung des ausländerrechtlichen Verwaltungsverfahrens vor Falschangaben im Interesse materiell richtiger Entscheidungen und das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Richtigkeit von Verwaltungsentscheidungen (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 2021, aaO und vom 22. Juli 2015 - 2 StR 389/13 Rn. 42; Beschluss vom 2. September 2009 - 5 StR 266/09, BGHSt 54, 140 Rn. 18; BeckOK AuslR/Hohoff, 29. Ed., AufenthG § 95 Rn. 91) - gerade noch nicht in dem erforderlichen Maße gefährdet war. Die Unterstützungshandlungen des Angeklagten stellen sich insoweit jeweils als bloße - straflose - Vorbereitungshandlungen dar (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO).

Auch im Fall C.II.7. der Urteilsgründe liegt ein strafbarer Versuch eines banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2, § 96 Abs. 1 Nr. 2 Variante 3, § 97 Abs. 2 AufenthG, §§ 22, 23 StGB nicht vor. Zwar hat die Auftraggeberin in diesem Fall nach den getroffenen Feststellungen die Anmeldebestätigung des Sprachinstituts und die Quittung über die Zahlung der Prüfungsgebühr, die sie vom Angeklagten und seinen Mittätern erhalten hatte, bei der Ausländerbehörde vorgelegt; insoweit ist nach den Feststellungen aber schon unklar, ob hiermit falsche Angaben der Auftraggeberin gegenüber der Behörde verbunden waren. Dies kann indes offen bleiben, weil insoweit jedenfalls eine erhebliche Abweichung von dem vom Angeklagten in seinen Vorsatz aufgenommenen Kausalverlauf vorliegt, weil dieser nur damit rechnete, dass die Auftraggeberin das etwa erlangte Sprachzertifikat bei der zuständigen Ausländerbehörde zwecks Verlängerung des Aufenthaltstitels vorlegen würde (UA S. 20). Da das Sprachzertifikat und nicht die Anmeldebestätigung oder die Quittung über die Zahlung der Prüfungsgebühr das für den Erwerb des Aufenthaltstitels und damit für die Tat nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG maßgebliche Dokument ist, für dessen Beschaffung der Angeklagte und seine Mittäter gerade eingeschaltet waren, liegt in der Verwendung von Anmeldebestätigung und/oder Quittung durch die Auftraggeberin ein weder vorhersehbares noch vom Vorsatz des Angeklagten umfasstes (UA S. 20) und in seiner Qualität dem vorgestellten Tatgeschehen gleichwertiges Geschehen.

c) Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall C.II.5. der Urteilsgründe neben der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung und der hinsichtlich des Auftraggebers L. tateinheitlich verwirklichten banden- und gewerbsmäßigen Schleusung zusätzlich wegen eines tateinheitlich verwirklichten Versuchs einer banden- und gewerbsmäßigen Schleusung schuldig gesprochen hat, wäre Letzteres zwar auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aus den genannten Gründen rechtsfehlerhaft; die Feststellungen, wonach ein Zertifikat auf den Namen Ge. oder S. nicht erteilt worden sei (UA S. 30), sind indes nicht von einer fehlerfreien Beweiswürdigung getragen, weil der Zeuge L., dessen Angaben das Landgericht für „überzeugend“ erachtet hat (UA S. 112), ausgesagt hat, der Auftraggeber Ge. habe ein auf den Namen „S.“ ausgestelltes Zertifikat bei der Ausländerbehörde vorgelegt, habe aber wegen des Fehlers im Namen keine Aufenthaltserlaubnis erhalten (UA S. 111 f.).

An einer Auflösung dieses Widerspruchs und einer die vorgenannte Feststellung tragenden Gesamtwürdigung fehlt es (UA S. 111 ff.).

d) Weitere durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten weist der Schuldspruch nicht auf. Insbesondere kann der Senat in Anbetracht der Geständnisse des Angeklagten und der gesondert Verfolgten B., Br., G. und I. sowie der auch im Übrigen erdrückenden Beweislage ausschließen, dass der Schuldspruch auf den weiteren kleineren Unebenheiten in der diesbezüglichen Beweiswürdigung der Strafkammer beruht.

2. Die Aufhebung erstreckt sich auf die jeweils tateinheitlich verwirklichten, an sich rechtsfehlerfrei ausgeurteilten vollendeten Schleusungs- und Urkundsdelikte.

Zudem zieht die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen C.II.5., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 16. und 17. der Urteilsgründe die Aufhebung des Ausspruchs über die jeweiligen Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich. Auch die weiteren Einzelstrafen unterliegen indes der Aufhebung, weil das Landgericht das „professionelle von Gewinnstreben geprägte Vorgehen“ des Angeklagten (UA S. 189) neben dem Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 267 Abs. 4 und Abs. 3 StGB sowie § 96 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 2 AufenthG) strafschärfend berücksichtigt hat, was mit Blick auf das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) durchgreifenden Bedenken begegnet.

3. Der Einziehungsentscheidung ist in den Fällen C.II.5., 7., 9., 10., 11., 12., 14., 16. und 17. der Urteilsgründe bereits durch die Aufhebung des Schuldspruchs die Grundlage entzogen, weshalb diese ebenfalls aufzuheben ist.

Auch die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in den Fällen C.II.1., 3., 6. und 13. der Urteilsgründe ist aufzuheben, weil die ihr insoweit zugrunde liegenden Feststellungen nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen sind. Zur Höhe der dem Angeklagten D. für die Taten in den Fällen C.II.1., 3., 6. und 13. der Urteilsgründe zugeflossenen Tatlöhne stehen die Angaben des Angeklagten und diejenigen der gesondert Verfolgten G. und B. - ebenso wie in den Fällen C.II.7., 9., 10., 12., 16. und 17. der Urteilsgründe - jeweils in Widerspruch zueinander, ohne dass diese Widersprüche vom Landgericht durch eine tragfähige Gesamtwürdigung aufgelöst worden wären. Allein der pauschale, nicht auf konkrete Einziehungsbeträge bezogene Hinweis des Landgerichts, den Angaben des Angeklagten D. sei kein Glauben zu schenken, soweit diese in Widerspruch zu den Angaben der gesondert Verfolgten B., Br., G. und I. stünden (UA S. 83), ist nicht geeignet, die Widersprüche in den Angaben zur Höhe der dem Angeklagten zugeflossenen Beträge auszuräumen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil das Landgericht weiter ausgeführt hat, den Angaben des früheren Mitangeklagten G. zur Höhe der Einnahmen und Ausgaben sei (ebenfalls) „nicht in allen Fällen“ zu folgen (UA S. 97), und weitere Beteiligte - bis auf den gesondert Verfolgten B., der sich hierzu nur in wenigen Fällen eingelassen hat - über die dem Angeklagten zugeflossenen Beträge keine Angaben gemacht haben. An einer tragfähigen Gesamtwürdigung (UA S. 103 ff.) zur Höhe der Taterträge des Angeklagten fehlt es.

4. Einer Aufhebung der den Schuld- und Strafausspruch tragenden Feststellungen nach § 353 Abs. 2 StPO bedarf es mit Ausnahme derjenigen zu Fall C.II.5. der Urteilsgründe nicht, weil es sich bei den zur diesbezüglichen Aufhebung führenden Rechtsfehlern um Wertungsfehler handelt. Anderes gilt für die Feststellungen zum Fall C.II.5. der Urteilsgründe und diejenigen zur Höhe des Wertes der Taterträge in den Fällen C.II.1., 3., 6., 7., 9., 10., 12., 13., 16. und 17. der Urteilsgründe, weil es insoweit an einer rechtfehlerfreien Beweiswürdigung fehlt. Die Feststellungen zu Fall C.II.5. der Urteilsgründe und zur Höhe der vom Angeklagten in den vorgenannten Fällen vereinnahmten Taterträge werden nach § 353 Abs. 2 StPO aufgehoben, weil insoweit eine erneute - tragfähige - Beweiswürdigung durch das neue Tatgericht erforderlich ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 661

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede