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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 507

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 535/19, Beschluss v. 03.12.2019, HRRS 2020 Nr. 507


BGH 1 StR 535/19 - Beschluss vom 3. Dezember 2019 (LG Aschaffenburg)

Nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (Zäsurwirkung eines Strafbefehls: maßgeblicher Zeitpunkt bei Einspruch gegen den Strafbefehl; erforderliche Angabe der Tatzeiten im Urteil).

§ 54 Abs. 1 StGB; § 55 Abs. 1 StGB; § 410 Abs. 3 StPO; § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO; § 267 Abs. 3 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Im Strafbefehlsverfahren ist für die Zäsurwirkung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls maßgeblich, sofern gegen diesen kein Einspruch eingelegt wurde (§ 410 Abs. 3 StPO). Wurde Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und hierauf eine Hauptverhandlung durchgeführt, so ist das auf diese ergangene letzte Sachurteil maßgebend.

2. Wird im Falle eines auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruchs durch Beschluss (§ 411 Abs. 1 Satz 3 StPO) entschieden, ist für die Gesamtstrafenbildung der Zeitpunkt der Beschlussfassung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO entscheidend.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 8. August 2019

a) im Schuldspruch in den Fällen B.V.2. und B.V.3. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte in diesen Fällen jeweils wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln verurteilt ist; die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke entfällt;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nachstellung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und mit Verbreitung pornografischer Schriften, wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport und wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke unter Auflösung der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Würzburg vom 7. Mai 2018 verhängten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Weiter hat es ihn wegen Störung der Totenruhe in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung, wegen Nachstellung in Tateinheit mit versuchter Sachbeschädigung, wegen eines weiteren Falles der Nachstellung, wegen Nachstellung in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Diebstahls, wegen Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke unter Auflösung der mit Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 verhängten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Daneben hat es den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Schließlich hat das Landgericht eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

II.

1. Der Schuldspruch hält hinsichtlich der Fälle B.V.2. und B.V.3. der Urteilsgründe sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Er erweist sich zwar als rechtsfehlerfrei, soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen vorsätzlichen unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln verurteilt hat; die jeweils tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke ist dagegen rechtsfehlerhaft und muss entfallen, weil § 95 Abs. 1 Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AMG voraussetzt, dass die Abgabe der Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig erfolgt ist (vgl. Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 95 AMG Rn. 206 mwN; Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 31 mwN; Freund in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 95 AMG Rn. 47). Dies war hier nicht der Fall, weil der Angeklagte die Arzneimittel jeweils nur privat zum Selbstkostenpreis an die ihm freundschaftlich beziehungsweise verwandtschaftlich verbundenen Zeugen H. und K. abgegeben hat.

Der Senat ändert den die Fälle B.V.2. und B.V.3. der Urteilsgründe betreffenden Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ab, weil die zugrundeliegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen sind und auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden könnten, die eine berufs- oder gewerbsmäßige Abgabe der Medikamente durch den Angeklagten ergeben. § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

2. Der Ausspruch über die jeweiligen Einzelstrafen hat dagegen Bestand. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht ohne die fehlerhafte tateinheitliche Verurteilung auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte (§ 354 Abs. 1 StPO analog), nachdem es die jeweils als tateinheitlich begangen ausgeurteilte vorsätzlich unerlaubte Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten außerhalb einer Apotheke bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht strafschärfend zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.

3. Die Gesamtstrafen halten sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Der Aufhebung unterliegt der Ausspruch über die beiden Gesamtstrafen bereits deshalb, weil sich das landgerichtliche Urteil nicht zu den Tatzeiten der Taten verhält, die durch Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 mittels der in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe einbezogenen Einzelgeldstrafen geahndet wurden. Die Mitteilung der jeweiligen Tatzeiten ist unverzichtbar für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Zäsurwirkung der beiden Vorverurteilungen zutreffend berücksichtigt und damit die Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 ausgeurteilten Einzelstrafen in die zweite Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei erfolgt beziehungsweise in die erste Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei unterblieben ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2018 - 4 StR 53/18 Rn. 4 mwN und vom 8. Januar 2013 - 5 StR 594/12 Rn. 2). Mangels Mitteilung der jeweiligen Tatzeiten kann nicht ausgeschlossen werden, dass die durch Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 festgesetzten Einzelstrafen unter Auflösung der dort verhängten Gesamtgeldstrafe rechtsfehlerhaft nicht bereits in die erste Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wurden.

b) Soweit das Landgericht dem Strafbefehl des Amtsgerichts Würzburg vom 7. Mai 2018 Zäsurwirkung für den Zeitpunkt seines Erlasses beigemessen und die erste Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen für die vor dem 7. Mai 2018 begangenen Taten unter Einbeziehung der durch den Strafbefehl festgesetzten Einzelgeldstrafen gebildet hat, begegnet dies ebenfalls durchgreifenden Bedenken.

aa) Das Amtsgericht Würzburg hat gegen den Angeklagten am 7. Mai 2018 einen Strafbefehl erlassen und eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen, gebildet aus den Einzelstrafen von 70 Tagessätzen, 90 Tagessätzen, 40 Tagessätzen und 90 Tagessätzen, verhängt. Der hiergegen eingelegte, im Nachhinein auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Einspruch des Angeklagten wurde ohne mündliche Verhandlung gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO durch Beschluss vom 30. Juli 2018, rechtskräftig seit 9. August 2018, beschieden.

Die Tatzeiten der vom Landgericht abgeurteilten Taten in den Fällen B.I.1., B.I.2., B.IV. und B.V.1. der Urteilsgründe liegen jeweils vor Erlass des Strafbefehls vom 7. Mai 2018. Weitere Taten hat der Angeklagte unter anderem am 26./27. Mai 2018 (Fall B.I.3. der Urteilsgründe - Störung der Totenruhe in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung), am 11./12. Juli 2018 (Fall B.I.4. der Urteilsgründe - Nachstellung in Tateinheit mit versuchter Sachbeschädigung) und am 17./19. Juli 2018 (Fall B.I.5. der Urteilsgründe - Nachstellung) begangen. Aus den hierfür und den für die im August 2018 begangenen Taten verhängten Einzelstrafen hat das Landgericht die zweite Gesamtfreiheitsstrafe unter Auflösung der mit Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 verhängten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen gebildet.

bb) Die vom Landgericht unter Auflösung der durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Würzburg vom 7. Mai 2018 verhängten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung der dort festgesetzten Einzelgeldstrafen gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB lediglich aus den vor dem 7. Mai 2018 begangenen Taten gebildete Gesamtfreiheitsstrafe und demzufolge auch die zweite Gesamtstrafe halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zäsurwirkung kommt nämlich in dem - hier vorliegenden - Fall, dass über einen auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch gegen einen Strafbefehl gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO durch Beschluss entschieden wurde, nicht dem Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls (§ 408 Abs. 3 Satz 1 StPO), sondern demjenigen der Entscheidung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO zu.

Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ist eine Gesamtstrafe unter Anwendung der §§ 53, 54 StGB mangels bereits eingetretener Erledigung der zuvor verhängten Strafe auch dann zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat, wobei als frühere Verurteilung das Urteil in dem früheren Verfahren gilt, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 StGB).

Im Strafbefehlsverfahren ist für die Zäsurwirkung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls maßgeblich, sofern gegen diesen kein Einspruch eingelegt wurde (§ 410 Abs. 3 StPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 1985 - 4 StR 153/85 Rn. 5 f., BGHSt 33, 230 und vom 16. Mai 2002 - 3 StR 448/01 Rn. 6; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 55 Rn. 7 und 10 mwN). Wurde Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und hierauf eine Hauptverhandlung durchgeführt, so ist das auf diese ergangene letzte Sachurteil maßgebend (BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2002 - 3 StR 448/01 Rn. 6 und vom 9. August 2000 - 2 StR 286/00 Rn. 3 ff.; LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 8; SK-Jäger, StGB, 9. Aufl., § 55 Rn. 6).

Wird im Falle eines auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruchs durch Beschluss (§ 411 Abs. 1 Satz 3 StPO) entschieden, ist für die Gesamtstrafenbildung der Zeitpunkt der Beschlussfassung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO entscheidend (so zutreffend OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. April 2019 - 2 Rv 7 Ss 187/19 Rn. 9 ff.). Denn ebenso wie in dem auf einen entsprechend beschränkten Einspruch nach Hauptverhandlung ergehenden Urteil werden die der Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen - die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten - in diesem Beschluss letztmals geprüft.

Der Wortlaut des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB steht dem nicht zwingend entgegen (OLG Karlsruhe, aaO Rn. 10). Auch wenn in § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB ausdrücklich nur das Urteil als frühere Vorverurteilung in den Blick genommen ist, rechtfertigt sich die Anwendung auch auf Beschlüsse nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO bereits daraus, dass der rechtskräftige Strafbefehl, wie sich der Regelung in § 410 Abs. 3 StPO entnehmen lässt, dem rechtskräftigen Urteil gleichsteht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 410 Rn. 12; KK-Maur, StPO, 8. Aufl., § 410 Rn. 15). Für eine unterschiedliche Behandlung von rechtskräftigem Urteil und durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO unanfechtbar gewordenem Strafbefehl besteht auch mit Blick auf die Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB kein sachlicher Grund. Die Möglichkeit einer Entscheidung über die Tagessatzhöhe nach entsprechend beschränktem Einspruch gegen einen Strafbefehl durch Beschluss (§ 411 Abs. 1 Satz 3 StPO) wurde erst durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2198, berichtigt am 1. September 2004, BGBl. I 2300) eingeführt, ohne dass der Gesetzgeber dabei die Auswirkungen auf die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Blick hatte (vgl. BT-Drucks. 15/3482 S. 22; zutreffend OLG Karlsruhe aaO). Dass der Gesetzgeber Fälle einer Entscheidung durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO von der Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB hätte ausnehmen und einen differenzierten Ansatz für die Gesamtstrafenbildung je nach der Art der jeweiligen Vorverurteilung durch Urteil oder durch Strafbefehl vorgeben wollte, ist nicht ersichtlich.

Im Gegenteil spricht der Zweck der Regelung, den Angeklagten so zu stellen, als wären sämtliche Taten mit der ersten Verurteilung abgeurteilt worden (BGH, Beschluss vom 30. Juni 1960 - 2 StR 147/60 Rn. 6, BGHSt 15, 66 ff.; Urteil vom 18. März 1982 - 4 StR 636/81 Rn. 19; OLG Karlsruhe aaO Rn. 11), für ein weites Verständnis des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. OLG Karlsruhe aaO Rn. 11). Entscheidend ist danach die letzte tatrichterliche Entscheidung zur Schuld- oder Straffrage, bei der die Voraussetzungen der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe hätten geprüft werden können (BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1960 - 2 StR 147/60 Rn. 6, BGHSt 15, 66 ff. und vom 24. Juli 2018 - 3 StR 245/18 Rn. 7; LK-Rissing-van Saan aaO, § 55 Rn. 6; SK-Jäger aaO, § 55 Rn. 5). Das ist - ebenso wie bei einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - 5 StR 594/12 Rn. 2 und vom 16. Mai 2002 - 3 StR 448/01 Rn. 5) - auch nach einer Beschränkung eines Einspruchs auf den Strafausspruch oder einen Teil des Strafausspruchs der Fall (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 1960 - 2 StR 147/60 Rn. 6, BGHSt 15, 66 - zur Beschränkung auf die Bewährungsentscheidung; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder aaO, § 55 Rn. 7 und 10 mwN). Zwar ist der Prüfungsumfang im Beschlussverfahren auf die Tagessatzhöhe beschränkt; insoweit sind aber die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen zu prüfen. Zudem obliegt dem Tatrichter auch weiterhin die Entscheidung, ob er von der fakultativen Möglichkeit der Entscheidung im Beschlussweg Gebrauch machen kann, wobei auch die Gesamtstrafensituation in den Blick zu nehmen ist (vgl. OLG Karlsruhe aaO).

c) Die Gesamtstrafenbildung hat hinsichtlich der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und der daneben gesondert aufrecht erhaltenen Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen - soweit die Kammer im Rahmen der Gesamtstrafenbildung die Tagessatzzahl von 30 nennt (UA S. 66), handelt es sich angesichts der übereinstimmend im Tenor und der Einzelstrafzumessung (UA S. 61) genannten Tagessatzzahl von 60 Tagessätzen ersichtlich um ein Schreibversehen - aber auch deshalb keinen Bestand, weil die Einzelstrafe für die Tat B.III.1. der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft in die zweite Gesamtstrafe einbezogen wurde und eine Gesamtstrafenbildung mit Tat B.III.2. der Urteilsgründe fehlerhaft unterblieben ist.

Das Landgericht hat insoweit nicht beachtet, dass für die Zäsurwirkung einer Vorverurteilung und infolgedessen für die Gesamtstrafenbildung auf den Zeitpunkt der Beendigung der jeweiligen Taten abzustellen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2008 - 5 StR 486/08 Rn. 2 mwN; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 55 Rn. 7 mwN). Dieser fällt im Fall Nr. B.III.1. der Urteilsgründe auf denselben Zeitpunkt wie im Fall B.III.2. der Urteilsgründe. Im Rahmen der Durchsuchung beim Angeklagten am 13. November 2018 wurden bei diesem nicht nur die unerlaubt in seinem Besitz befindliche Schusswaffe (Fall B.III.2. der Urteilsgründe), sondern auch die zum Zwecke der Herstellung einer Rohrbombe von diesem aufbewahrten Gegenstände (insbesondere Patronen und Fernzünder) aufgefunden und sichergestellt. Da sowohl die Tat im Fall B.III.1. als auch diejenige im Fall B.III.2. der Urteilsgründe mit der Durchsuchung am 13. November 2018, nämlich der in diesem Rahmen erfolgten Sicherstellung des Vorderladerevolvers und der für den Bau der Rohrbombe vorgesehenen Teile, also nach dem Zäsurwirkung entfaltenden Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8. Oktober 2018 beendet waren, hätte die im Fall B.III.1. der Urteilsgründe verhängte Einzelfreiheitsstrafe nicht in die zweite Gesamtstrafe einbezogen werden dürfen. Vielmehr hätte eine Gesamtstrafe mit der Einzelstrafe für die Tat im Fall B.III.2. der Urteilsgründe gebildet werden müssen.

4. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Nachprüfung keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 507

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2020, 240; StV 2021, 42

Bearbeiter: Christoph Henckel