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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 172

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 136/19, Beschluss v. 10.12.2019, HRRS 2020 Nr. 172


BGH 4 StR 136/19 - Beschluss vom 10. Dezember 2019 (LG Halle)

Subventionsbetrug (Beginn der Verjährung bei Auszahlung von Teilbeträgen).

§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Zwar setzt § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB den tatsächlichen Erhalt der unter Verwendung falscher Angaben beantragten Zuwendung nicht als Erfolg voraus. Ungeachtet dessen beginnt die Verjährung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber erst mit dem tatsächlichen Erhalt der Subvention. Soweit die Subvention ihrem Empfänger in Teilbeträgen zugewendet wird, beginnt die Verjährung mit dem Eingang der letzten Teilzahlung.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 10. Juli 2018

a) in den Fällen IV. 2. c) und d) der Urteilsgründe (Fälle 1 und 2 der Anklageschrift) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte B. des Subventionsbetrugs in achtzehn Fällen schuldig ist.

2. Das weiter gehende Rechtsmittel wird verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und sechs Monate hiervon wegen einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung für bereits vollstreckt erklärt. Gegen seine Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Verfahren ist in den Fällen IV. 2. c) und d) der Urteilsgründe (Fälle 1 und 2 der Anklageschrift) wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen (§ 206a Abs. 1 StPO). Der Verfolgung dieser Taten steht deren Verjährung entgegen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB). Ungeachtet der Frage, ob die Verjährung durch Maßnahmen gemäß § 78c StGB bis dahin unterbrochen worden war, war zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens am 21. Oktober 2015 die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren in beiden Fällen bereits abgelaufen (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4, § 78c Abs. 3 Satz 1, § 264 StGB).

a) Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78a Satz 1 StGB). Sofern ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später eintritt, beginnt die Verjährung erst mit diesem Zeitpunkt (§ 78a Satz 2 StGB). Zwar setzt § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB den tatsächlichen Erhalt der unter Verwendung falscher Angaben beantragten Zuwendung nicht als Erfolg voraus. Ungeachtet dessen beginnt die Verjährung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber erst mit dem tatsächlichen Erhalt der Subvention. Soweit die Subvention ihrem Empfänger in Teilbeträgen zugewendet wird, beginnt die Verjährung mit dem Eingang der letzten Teilzahlung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 3 StR 206/13, juris, Rn. 6, insofern nicht abgedruckt in BGHSt 59, 244; Beschluss vom 25. April 2014 - 1 StR 13/13, BGHSt 59, 205 Rn. 60).

b) Den letzten Teilbetrag der Fördermittel erlangte der jeweilige Subventionsempfänger in beiden Fällen außerhalb der zehnjährigen (absoluten) Verjährungsfrist: im Fall IV. 2. c) der Urteilsgründe am 18. Februar 2005 (UA 284), im Fall IV. 2. d) der Urteilsgründe am 26. September 2005 (UA 287).

c) Es kann dahinstehen, ob erst die Abgabe der nach den Zahlungen eingereichten Verwendungsnachweise, die dem Landesverwaltungsamt nach den Förderbestimmungen spätestens sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme vorzulegen waren, die jeweilige Tat beendete. Denn die Subventionsnehmer reichten die Verwendungsnachweise schon am 17. Dezember 2004 (UA 31) bzw. am 22. September 2005 (UA 34) - ebenfalls außerhalb des Zeitraums der absoluten Verjährung - beim Landesverwaltungsamt ein.

d) Die von den Sachbearbeitern des Landesverwaltungsamts am 15. Mai 2007 (UA 31) bzw. am 23. April 2008 (UA 35) gefassten Prüfvermerke sind für die Beendigung der Tat im Sinne des § 78a Satz 1 StGB unbeachtlich. Denn bei ihnen handelt es sich lediglich um Verwaltungsinterna ohne Rechtswirkung nach außen, die zudem in keinem zeitlichen Zusammenhang zum Erhalt der Fördermittel oder zur Einreichung der Verwendungsnachweise mehr standen.

2. Vom Wegfall der in den Fällen IV. 2. c) und d) der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen von sechs Monaten und von einem Jahr wird die Gesamtfreiheitsstrafe nicht berührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn bei der Bildung der Gesamtstrafe neben der Einsatzstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe nur siebzehn weitere Einzelfreiheitsstrafen zwischen zehn Monaten und zwei Jahren und sechs Monaten zu berücksichtigen gewesen wären.

3. Den Verfahrensbeanstandungen bleibt der Erfolg versagt. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. April 2019 bemerkt der Senat:

a) Die Rüge, das Landgericht habe das gegen die im Erkenntnisverfahren beisitzende Richterin am Landgericht angebrachte Befangenheitsgesuch zu Unrecht abgelehnt, weil diese im Rahmen der Entscheidung über einen gegen die Vorsitzende gerichteten Befangenheitsantrag die Frist zur Stellungnahme zu der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden willkürlich und unter Verkennung des Rechts auf das rechtliche Gehör unangemessen kurz bestimmt habe, ist jedenfalls deshalb unbegründet, weil die abgelehnte Richterin am Landgericht mit dem Inhalt ihrer eigenen dienstlichen Erklärung vom 16. Juni 2017 eine etwaige aus der kurzen Fristsetzung abzuleitende Besorgnis ihrer Befangenheit ausgeräumt hat.

b) Die Rüge, das Landgericht habe einen auf die Vernehmung des Zeugen F. und die Beiziehung einer Bilanz gerichteten Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt, ist schon deshalb unbegründet, weil es sich bei dem Antrag in Ermangelung einer hinreichend bestimmt behaupteten Beweistatsache nicht um einen Beweisantrag im Sinne des § 244 Abs. 6 StPO handelte. Als Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), die nicht erhoben ist, wäre die Beanstandung unter diesem Gesichtspunkt bereits unzulässig.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 172

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2020, 172; StV 2020, 745

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner