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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 12

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 506/18, Beschluss v. 21.11.2018, HRRS 2019 Nr. 12


BGH 1 StR 506/18 - Beschluss vom 21. November 2018 (LG Hechingen)

Verabredung eins Verbrechens (erforderliche Konkretisierung der in Aussicht gestellten Tat).

§ 30 Abs. 2 Alt. 3 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Strafbarkeit wegen Verabredung eines Verbrechens setzt nach § 30 Abs. 2 Alt. 3 StGB den Entschluss von mindestens zwei Personen zur Begehung eines bestimmten Verbrechens als Mittäter voraus (vgl. BGH NStZ 2011, 570, 571). Die in Aussicht genommene Tat muss dabei nicht bereits in allen Einzelheiten festgelegt, sie muss aber - ebenso wie dies beim Tatplan für eine mittäterschaftliche Tatbestandsverwirklichung oder beim Anstiftervorsatz der Fall ist - zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein (vgl. BGH 2007, 697). Eine strafbare Verbrechensverabredung wird danach zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sind (vgl. BGH NStZ 2007, 697). Tatzeit, Tatbeteiligte, Tatobjekt und sonstige Umstände der Tat können indes nicht völlig im Vagen bleiben (vgl. BGH StV 1994, 528), weil sonst die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde. Besondere Anforderungen gelten vor allem dann, wenn es bei der verabredeten Tat um eine Straftat gegen die Person geht.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 23. März 2018 - unter Erstreckung auf den Nichtrevidenten K. (§ 357 StPO) - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) soweit der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe verurteilt wurde;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe (Ö.) beziehungsweise die Einheitsjugendstrafe (K.).

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung zum Mord und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten und den nicht revidierenden, zur Tatzeit noch heranwachsenden Mitangeklagten K. wegen Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Sich Bereiterklären zum Erwerb von Kriegswaffen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus früheren Verurteilungen zu der Jugendstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt.

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen Bedrohung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

2. Die Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen Verabredung zum Mord begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Feststellungen tragen nicht die rechtliche Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich verabredet, einen bereits in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Mord zu begehen.

a) Die Strafbarkeit wegen Verabredung eines Verbrechens setzt nach § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB den Entschluss von mindestens zwei Personen zur Begehung eines bestimmten Verbrechens als Mittäter voraus (BGH, Beschluss vom 16. März 2011 - 5 StR 581/10, NStZ 2011, 570, 571; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 12; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24; jeweils mwN). Die in Aussicht genommene Tat muss dabei nicht bereits in allen Einzelheiten festgelegt, sie muss aber - ebenso wie dies beim Tatplan für eine mittäterschaftliche Tatbestandsverwirklichung oder beim Anstiftervorsatz der Fall ist (LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN; MK-Joecks, StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 57; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24) - zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697; LK-Schünemann, StGB, § 30 Rn. 67; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 3 mwN). Eine strafbare Verbrechensverabredung wird danach zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sind (BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 - 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697 und vom 29. März 1960 - 1 StR 636/59, BeckRS 1960, 31192534; LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN). Tatzeit, Tatbeteiligte, Tatobjekt und sonstige Umstände der Tat können indes nicht völlig im Vagen bleiben (BGH, Beschluss vom 9. Februar 1994 - 2 StR 557/93, StV 1994, 528; MK-Joecks, StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 62), weil sonst die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde. Besondere Anforderungen gelten vor allem dann, wenn es - wie vorliegend - bei der verabredeten Tat um eine Straftat gegen die Person geht (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 7 mwN; zum Meinungsstand LK-Schünemann, StGB, § 30 Rn. 68 mwN).

b) Hieran gemessen war das vorliegend von den Angeklagten ins Auge gefasste Tötungsdelikt noch nicht hinreichend konkretisiert. Weder war nach den Feststellungen des Landgerichts die Tatzeit näher bestimmt noch die konkrete Begehungsform. Gesprochen wurde über einen Überfall auf die in der Justizvollzugsanstalt befindlichen S., B. und M., denen ein Mord am Bruder des Mitangeklagten zur Last gelegt wurde, sowie über ein Werfen von Handgranaten oder die Abgabe von Schüssen in die Werkstatt oder das Haus des Ma., dem Onkel von S. und B. Gerade in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten des Mitangeklagten, die für den Erwerb der zur Tatbegehung erforderlichen Waffen nötigen Geldmittel zu beschaffen, war auch der Zeitpunkt der Tatbegehung noch ungewiss. Die Verabredung hatte sich auch noch nicht auf eine konkrete Person fokussiert, auf die der Angriff gerichtet sein sollte. Vielmehr standen nach den Feststellungen des Landgerichts S., B. und M. als mögliche Zielpersonen im Raum sowie deren Angehörige und etwa im Anwesen des Ma. aufhältige Personen. Es lag damit hinsichtlich des ins Auge gefassten Tötungsdelikts lediglich ein allgemeines Planungs- und Vorbereitungsstadium vor, das sich noch nicht auf eine den Anforderungen des § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB entsprechend konkretisierte Tat bezog. Dies gilt umso mehr, weil weder Waffen noch Geld für die angedachte Tat vorhanden waren, zumal der Angeklagte einen zunächst vom Mitangeklagten eingesammelten Teilbetrag absprachewidrig für sich verwendete.

c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe, jedoch nicht zum Freispruch des Angeklagten in diesem Punkt. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass Feststellungen getroffen werden können, aufgrund derer sich der Angeklagte nach einer der Varianten des § 30 Abs. 1 oder 2 StGB in Verbindung mit § 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffKontrG in Verbindung mit der Kriegswaffenliste Teil A VII Nr. 46 strafbar gemacht haben könnte.

3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.2 der Urteilsgründe entzieht der Einzelstrafe und dem Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe einschließlich der getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) die Grundlage.

II.

Die Aufhebung des Urteils ist gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Auch dessen Verurteilung beruht - ebenso wie die Verurteilung des revidierenden Angeklagten - auf der unzutreffenden Annahme, aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich eine Verabredung der Angeklagten zur Begehung eines in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Tötungsdelikts. Da das Tatgeschehen und dessen rechtliche Bewertung hinsichtlich beider Angeklagter auch mit Blick auf den möglichen Verstoß gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, erstreckt sich die teilweise Aufhebung des Urteils auf die Verurteilung des Mitangeklagten K. insgesamt.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 12

Externe Fundstellen: NStZ 2019, 655 ; StV 2020, 88

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede