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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 110

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 230/18, Beschluss v. 12.12.2018, HRRS 2019 Nr. 110


BGH 5 StR 230/18 - Beschluss vom 12. Dezember 2018 (Schleswig-Holsteinisches OLG)

Falschbeurkundung im Amt (HU-Prüfplakette und amtlich zugelassenes Kennzeichen als zusammengesetzte öffentliche Urkunde); Wegfall der Vorlagevoraussetzungen durch Entscheidung des BGH.

§ 348 Abs. 1 StGB; § 29 Abs. 3 StVZO; § 121 Abs. 2 GVG

Leitsatz des Bearbeiters

Die HU-Prüfplakette in Verbindung mit dem amtlich zugelassenen Kennzeichen und der entsprechenden Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I stellen eine (zusammengesetzte) öffentliche Urkunde dar, die u.a. den für und gegen jedermann geltenden Nachweis beinhaltet, dass die geprüften Fahrzeuge zum Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung als vorschriftsmäßig befunden worden sind (vgl. bereits BGH HRRS 2018 Nr. 1097).

Entscheidungstenor

Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückgegeben.

Gründe

1. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein „TÜV-Prüfer“, der eine „TÜV-Plakette“ (§ 29 StVZO) für ein Fahrzeug erteilt und die Eintragung in die Zulassungsbescheinigung Teil I vornimmt, obwohl das Fahrzeug über derart erhebliche Mängel verfügt, dass die „TÜV-Plakette“ nicht hätte erteilt und die Eintragung in die Zulassungsbescheinigung Teil I nicht hätte vorgenommen werden dürfen, eine rechtlich erhebliche Tatsache im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB falsch beurkundet.

Das Amtsgericht Pinneberg hatte den Angeklagten vom Vorwurf der Falschbeurkundung im Amt, verübt durch die vorsätzlich unrichtige Erteilung von HU-Prüfplaketten, freigesprochen, da deren Erteilung und die entsprechende Eintragung in die Zulassungsbescheinigung Teil I mit besonderer Beweiskraft im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB nur den Termin der nächsten Hauptuntersuchung beurkunde. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht beabsichtigt zu entscheiden, dass die Beweiskraft der an einem Fahrzeugkennzeichen angebrachten Prüfplakette darüber hinaus beurkundet, dass das betreffende Fahrzeug (bis auf etwaige geringe Mängel) im Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung für vorschriftsmäßig befunden wurde, und möchte auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg aufheben. Es sieht sich daran jedoch durch entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, unter anderem des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 2. Juli 2015 - [2] 53 Ss 38/15 [35/15], 2 Ws 81/15), gehindert. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Vorlegungsfrage entsprechend der Rechtsauffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zu entscheiden.

2. Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückgegeben.

a) Die Voraussetzungen der Vorlegung sind nicht mehr gegeben. Denn der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die vorgelegte Rechtsfrage durch Beschluss vom 16. August 2018 - 1 StR 172/18 [zur Aufnahme in BGHSt bestimmt] entschieden. Danach stellt die HU-Prüfplakette in Verbindung mit dem amtlich zugelassenen Kennzeichen und der entsprechenden Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I eine (zusammengesetzte) öffentliche Urkunde dar. Neben dem Termin der nächsten Hauptuntersuchung beinhaltet sie auch den für und gegen jedermann geltenden Nachweis, dass die geprüften Fahrzeuge zum Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung als vorschriftsmäßig befunden worden sind (vgl. BGH, aaO Rn. 9). Die am Fahrzeugkennzeichen angebrachte Prüfplakette beurkundet hiernach mit besonderer Beweiskraft im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB neben dem Termin der nächsten Hauptuntersuchung auch die Vorschriftsmäßigkeit des Kraftfahrzeugs zum Zeitpunkt der Durchführung der letzten Hauptuntersuchung.

b) Damit sind die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 GVG entfallen. Der Zweck des § 121 Abs. 2 GVG, die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung zu sichern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2000 - 4 StR 287/99, BGHSt 46, 17, 20; vom 10. September 1985 - 4 ARs 10/85, BGHSt 33, 310, 313; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., GVG § 121 Rn. 5), ist erreicht, wenn eine zwischen den Oberlandesgerichten streitige Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof entschieden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 1959 - 4 StR 115/59, BGHSt 13, 149, 152; vom 21. Dezember 1976 - 1 StR 236/76, NJW 1977, 964, 965; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., GVG § 121 Rn. 46, 72; KKStPO/Hannich, 7. Aufl., GVG § 121 Rn. 45). Für eine wiederholte Entscheidung derselben Rechtsfrage ist im Bereich des § 121 Abs. 2 GVG kein Raum (vgl. BGH, aaO).

3. Der Schriftsatz des Verteidigers vom 10. Dezember 2018 hat vorgelegen.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 110

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 110

Bearbeiter: Christian Becker