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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 447

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 18/18, Beschluss v. 06.03.2018, HRRS 2018 Nr. 447


BGH 5 StR 18/18 - Beschluss vom 6. März 2018 (LG Berlin)

Kein absoluter Revisionsgrund bei mündlicher Mitteilung der Urteilsgründe ohne den inhaftierten, seine Vorführung verweigernden Angeklagten (nicht wesentlicher Teil der Hauptverhandlung; einzelfallbezogen Entscheidung; Beurteilungsspielraum).

§ 338 Nr. 5 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Fortsetzung der Hauptverhandlung ohne den inhaftierten, nach Verkündung des Urteilstenors in den Vorführbereich geflüchteten und eine erneute Vorführung verweigernden Angeklagten, führt regelmäßig schon deshalb nicht zum Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO, weil die mündliche Mitteilung der Urteilsgründe lediglich einen nicht wesentlichen Teil der Hauptverhandlung darstellt.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. September 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Verfahrensbeanstandung betreffend die Mitwirkung abgelehnter Richter (§ 338 Nr. 3 StPO) ist jedenfalls unbegründet.

Dies gilt ebenso für die Rüge betreffend die Abwesenheit des Angeklagten bei der mündlichen Urteilsbegründung (§ 338 Nr. 5, § 230 Abs. 1, § 231 StPO). Die Entscheidung des Landgerichts, die Hauptverhandlung ohne den inhaftierten, nach Verkündung des Urteilstenors in den Vorführbereich geflüchteten Angeklagten, fortzusetzen, also von einer - regelmäßig gebotenen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993 - 4 StR 207/93, NStZ 1993, 446 mwN) - zwangsweisen Vorführung abzusehen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat eine am Maßstab der Verhältnismäßigkeit ausgerichtete fallbezogene Gesamtbetrachtung vorgenommen, bei der es insbesondere dem Umstand Bedeutung beigemessen hat, dass zum Zeitpunkt der Weigerung des Angeklagten, sich erneut vorführen zu lassen, lediglich die mündliche Urteilsbegründung noch ausstand. Es hat demnach den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 5 StR 630/13, BGHSt 59, 187; MüKoStPO/Arnoldi, § 231 Rn. 18 f.). Zudem betrifft die mündliche Mitteilung der Urteilsgründe - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend verweist - lediglich einen nicht wesentlichen Teil der Hauptverhandlung, so dass der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO nicht vorliegt; auch könnte das Urteil auf einem solchen Rechtsfehler nicht im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO beruhen.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 447

Bearbeiter: Christian Becker