hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 407

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 628/16, Beschluss v. 14.02.2017, HRRS 2017 Nr. 407


BGH 4 StR 628/16 - Beschluss vom 14. Februar 2017 (LG Münster)

Urteilsgründe (unzulässiger Verweis auf äußere Erkenntnisquellen).

§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Das Tatgericht verweist in unzulässiger Weise auf Erkenntnisquellen außerhalb des eigenen Urteils, wenn es Erwägungen, die für die Gesamtstrafenbildung von Bedeutung sind, ihrem wesentlichen Inhalt nach im vorliegenden Urteil nicht wiedergibt. Soweit Umstände für die Zumessung der Gesamtstrafe gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bestimmend gewesen sind, müssen sie in den Urteilsgründen mitgeteilt werden; insoweit ist eine Bezugnahme auf den Inhalt eines anderen Urteils unzulässig.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. August 2016, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung anderweit verhängter Einzelstrafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Die Revision ist aus den zutreffenden Erwägungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. Januar 2017 unbegründet, soweit es den Schuldspruch und die wegen der hier abgeurteilten Tat verhängte Einzelstrafe betrifft.

Jedoch hält der Ausspruch über die nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe (§ 55 Abs. 1 StGB) der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

„Der Ausspruch über die Gesamtstrafe kann hingegen nicht bestehen bleiben. Rechtsfehlerhaft ist die Bildung der neuen Gesamtfreiheitsstrafe durch das Landgericht unter erneuter Berücksichtigung ‚sämtlicher in dem Verfahren vor dem Landgericht Kiel für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände‘ insoweit, als das Landgericht diese Erwägungen, soweit sie für die Gesamtstrafenbildung von Bedeutung sind, ihrem wesentlichen Inhalt nach im vorliegenden Urteil nicht wiedergegeben hat (vgl. UA S. 6-11, 20). Denn damit hat das Landgericht in unzulässiger Weise auf Erkenntnisquellen außerhalb des eigenen Urteils verwiesen. Soweit Umstände für die Zumessung der Gesamtstrafe gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bestimmend gewesen sind, müssen sie in den Urteilsgründen mitgeteilt werden; insoweit ist eine Bezugnahme auf den Inhalt eines anderen Urteils unzulässig (BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 1997 - 2 StR 134/97; und vom 12. Dezember 1986 - 3 StR 530/86, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 1; Fischer, StGB, 3. Auflage, § 55 Rn. 17).“

Dem kann sich der Senat nicht verschließen.

Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO zu entscheiden. Das Landgericht wird mit der abschließenden Sachentscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben.

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 407

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner