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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 63

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BVR 328/03, Beschluss v. 04.12.2003, HRRS 2004 Nr. 63


BVerfG 2 BVR 328/03 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 4. Dezember 2003

Recht auf ein faires Verfahren; Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden (spätes Einschreiten: Berücksichtigung bei der Strafzumessung; Gründe der Prozessökonomie und der Ermittlungstaktik; Einschätzungen kriminalpolitischer Natur).

Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; § 46 StGB; § 152 Abs. 2 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Hinsichtlich des Zeitpunkts des Tätigwerdens durch die Strafverfolgungsbehörden enthält § 152 Abs. 2 StPO keine Regelung. Es ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn aus Gründe der Prozessökonomie und der Ermittlungstaktik, etwa im Interesse einer umfassenden Aufklärung, eine Zurückstellung von Ermittlungshandlungen stattfindet. Die Frage des Einschreitens der Strafverfolgungsbehörden gegenüber einem Beschuldigten hängt dabei erfahrungsgemäß von vielfältigen Einschätzungen auch kriminalpolitischer Natur ab, deren Nachprüfung im Einzelnen dem Bundesverfassungsgericht entzogen ist.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

Die Rüge des Beschwerdeführers, die angefochtenen Entscheidungen verletzten ihn in seinem Anspruch auf ein faires Strafverfahren, da das verspätete Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der Strafzumessungserwägungen nicht berücksichtigt worden sei, ist unbegründet. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass eine Festnahme oder eine Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers vor dem 4. November 2001 unabweisbar geboten gewesen wäre. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Tätigwerdens durch die Strafverfolgungsbehörden enthält § 152 Abs. 2 StPO keine Regelung. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass Gründe der Prozessökonomie und der Ermittlungstaktik, etwa im Interesse einer umfassenden Aufklärung, eine Zurückstellung von Ermittlungshandlungen gebieten können (vgl. Plöd, in: KMR, Kommentar zur Strafprozessordnung, § 152 Rn. 9-12). Die Frage des Einschreitens der Strafverfolgungsbehörden gegenüber einem Beschuldigten hängt dabei erfahrungsgemäß von vielfältigen Einschätzungen auch kriminalpolitischer Natur ab, deren Nachprüfung im Einzelnen dem Bundesverfassungsgericht entzogen ist. Eine auf sachfremden Erwägungen beruhende Gestaltung des Ermittlungsverfahrens durch die Strafverfolgungsbehörden ist nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 63

Bearbeiter: Stephan Schlegel