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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 760

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 2048/01, Beschluss v. 25.03.2004, HRRS 2004 Nr. 760


BVerfG 2 BvR 2048/01 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss v. 25. März 2004 (OLG Nürnberg)

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Willkürverbot); Sicherungsverwahrung; Maßregel (Aussetzungsreife; Erledigungsreife; Herabsetzung der Gefährlichkeit durch den Druck eines drohenden Bewährungswiderrufs).

Art. 2 Abs. 2 GG; § 67d Abs. 2 StGB; § 67d Abs. 3 StGB; Art. 1a Abs. 3 EGStGB

Leitsatz des Bearbeiters

Das Nebeneinander der Vorschriften aus § 67d Abs. 2 und 3 StGB entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist unbegründet. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage. § 67d Abs. 3 StGB und Art. 1a Abs. 3 EGStGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) sind mit dem Grundgesetz vereinbar (Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -, Umdruck liegt bei).

Dass das Oberlandesgericht die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung trotz Annahme der Bewährungsvoraussetzungen aus § 67d Abs. 2 StGB nicht für erledigt erklärt hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt hierin nicht. Vielmehr entspricht das Nebeneinander der Vorschriften aus § 67d Abs. 2 und 3 StGB dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Die Anwendung des § 67d Abs. 2 StGB nach Ablauf der Zehnjahresgrenze wahrt die Interessen solcher Untergebrachter, deren Gefährlichkeit gerade nur durch den Druck drohenden Bewährungswiderrufs so weit herabgesetzt werden kann, dass eine Entlassung verantwortbar ist. Bliebe der Strafvollstreckungskammer dagegen nach Ablauf von zehn Jahren nur die Alternative, die Maßregel entweder für erledigt zu erklären oder sie weiter vollstrecken zu lassen, so könnte sich dies zu Lasten des Untergebrachten auswirken: Zu einer - übermäßigen - Belastung käme es in denjenigen Fällen, in denen die Gefährlichkeit zwar bis zur Aussetzungsreife herabgesetzt, aber nicht bis zur Erledigungsreife entfallen ist. Demzufolge schließt die Überzeugung des Gerichts, die Gefahr besonders schwerer Gewalttaten bestehe bei gänzlichem Fortfall der Maßregel fort (§ 67d Abs. 3 StGB), nicht notwendig die Erwartung aus, es werde unter Bewährungsdruck nicht zu derartigen Straftaten kommen (§ 67d Abs. 2 StGB).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 760

Bearbeiter: Stephan Schlegel