HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

März 2019
20. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

330. BGH 3 StR 449/17 - Beschluss vom 22. August 2018 (LG Koblenz)

Subventionsbetrug (subventionserhebliche Tatsachen; restriktive Interpretation; Anbindung an gesetzliche Bestimmung; Bezeichnung durch das Gesetz; gleichbedeutender Begriff; klare und unmissverständliche Darlegung; pauschale oder formelhafte Bezeichnungen nicht ausreichend; Interpretation; Verdeckung von Tatsachen durch Scheinhandlung oder Scheingeschäft; Ausnahme bei „reiner“ Vertragssubvention).

§ 264 StGB

1. Das Merkmal der Subventionserheblichkeit in § 264 StGB ist restriktiv zu interpretieren. Es soll sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind. Entscheidend ist daher allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung und gerade nicht die - im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende - Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war.

2. Vor diesem Hintergrund setzen die beiden Varianten des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB voraus, dass die Tatsache - sei es durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes - ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet wird. Zwar bedarf es hierzu nicht zwingend des Wortes „subventionserheblich“, jedoch muss zumindest ein gleichbedeutender Begriff verwendet werden. Demgegenüber reichen pauschale oder formelhafte Bezeichnungen ebenso wenig aus wie eine mögliche Erkennbarkeit aus dem Zusammenhang heraus; die Subventionserheblichkeit muss vielmehr klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden.

3. Daneben erfasst § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB solche Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz - wenn auch erst mit Hilfe der üblichen Interpretationsmethoden - entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird. Die geforderte gesetzliche Abhängigkeit im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB besteht jedoch nur dann, wenn das in Bezug genommene Gesetz selbst die Subventionserheblichkeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt.

4. Nach § 4 Abs. 1 SubvG ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind. Als Scheinhandlungen in diesem Sinne kommen auch Angaben in Betracht, mit denen ein in Wirklichkeit nicht existierender Sachverhalt als gegeben dargestellt wird.

5. Vom Anwendungsbereich des § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB ausgenommen sind „reine“ Vertragssubventionen ausgenommen, bei denen eine gesetzliche Grundlage - etwa in Form einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung - fehlt und durch eine ausschließlich vertragliche Regelung ersetzt wird.


Entscheidung

324. BGH 3 StR 357/17 - Beschluss vom 22. August 2018 (LG Koblenz)

Subventionsbetrug (subventionserhebliche Tatsachen; restriktive Interpretation; Anbindung an gesetzliche Bestimmung; Bezeichnung durch das Gesetz; gleichbedeutender Begriff; Interpretation; Verdeckung von Tatsachen durch Scheinhandlung oder Scheingeschäft).

§ 264 StGB

1. Das Merkmal der Subventionserheblichkeit in § 264 StGB ist restriktiv zu interpretieren. Es soll sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind. Entscheidend ist daher allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung und gerade nicht die - im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende - Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war.

2. Vor diesem Hintergrund setzen die beiden Varianten des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB voraus, dass die Tatsache - sei es durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes - ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet wird. Zwar bedarf es hierzu nicht zwingend des Wortes „subventionserheblich“, jedoch muss zumindest ein gleichbedeutender Begriff verwendet werden. Demgegenüber reichen pauschale oder formelhafte Bezeichnungen ebenso wenig aus wie eine mögliche Erkennbarkeit aus dem Zusammenhang heraus; die Subventionserheblichkeit muss vielmehr klar und un-

missverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden.

3. Daneben erfasst § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB solche Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz - wenn auch erst mit Hilfe der üblichen Interpretationsmethoden - entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird. Die geforderte gesetzliche Abhängigkeit im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB besteht jedoch nur dann, wenn das in Bezug genommene Gesetz selbst die Subventionserheblichkeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt.

4. Nach § 4 Abs. 1 SubvG ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind. Als Scheinhandlungen in diesem Sinne kommen auch Angaben in Betracht, mit denen ein in Wirklichkeit nicht existierender Sachverhalt als gegeben dargestellt wird.


Entscheidung

236. BGH 1 StR 234/17 - Urteil vom 23. Oktober 2018 (LG Darmstadt)

Untreue (Pflichtverletzung: Voraussetzungen eines tatbestandsauschließenden Einverständnis des Vermögensinhabers bei juristischen Personen; Vermögensnachteil: Vermögensnachteil durch Schmiergeldzahlung, fehlender Nachteil bei entsprechender Kompensation, wirtschaftliche Betrachtung, keine normative Korrektur nach § 817 Satz 2 BGB bei sittenwidrigen Geschäften); Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Kompensationsverbot; kein berufstypisches Verhalten bei Erstellen von Scheinrechnungen); Tatort bei mehreren Handlungen mehrerer Beteiligter; Bestechung ausländischer Amtsträger (autonome Auslegung des Begriffs des Amtsträgers)

§ 266 Abs. 1 StGB; § 138 BGB; § 817 Satz 2 BGB; § 370 Abs. 1, Abs. 4 Satz 3 AO; § 27 Abs. 1 BGB; § 9 StGB; § 335a Abs. 1 StGB

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei Schmiergeldzahlungen in der Regel ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB vor, da dem Betrag, der für diese Zahlungen aufgewendet wird, keine Gegenleistung gegenübersteht, der Betrag vielmehr auch in Form eines Preisnachlasses oder -aufschlages hätte gewährt werden können (st. Rspr.). Eine Ausnahme gilt insbesondere dann, wenn Umstände erkennbar sind, die es nicht nahelegen, dass die Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn eingestellt wurden.

2. An einem Nachteil fehlt es im Falle einer schadensausgleichenden Kompensation. Eine solche liegt vor, wenn und soweit der durch die Tathandlung verursachte Nachteil durch zugleich eintretende wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird (st. Rspr.). Dabei kommt es nicht nur auf die von der Rechtsordnung anerkannten und mit ihr durchsetzbaren Vermögensrechte und Vermögenspflichten an. Vielmehr gilt grundsätzlich ein wirtschaftlicher Ausgangspunkt, der durch normative Erwägungen zu korrigieren ist (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1235). Zwar können normative Gesichtspunkte bei der Feststellung eines Vermögensnachteils durchaus eine Rolle spielen, dürfen aber wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen, so dass es auch bei einer Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken der Prüfung bedarf, ob das verbotene Geschäft – wirtschaftlich betrachtet – nachteilhaft war (st. Rspr). Damit kommt es für die Frage, ob der Vermögensverlust durch einen unmittelbaren Vermögensvorteil kompensiert wurde, nicht nur auf den rechtlichen Bestand der Forderungen an, auf die geleistet werden soll, sondern auch auf den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung, welche die Treugeberin erlangt hat.

3. Dass durch die Zahlungen nach Erbringung der rechtlich missbilligten Gegenleistung möglicherweise gemäß § 138 BGB nichtige Forderungen bedient werden, führt nicht dazu, dass das so gefundene Ergebnis normativ zu korrigieren wäre. Die bereicherungsrechtliche Wertung des § 817 Satz 2 BGB im Rahmen der durchzuführenden Gesamtbetrachtung uneingeschränkt in das Strafrecht zu übernehmen, würde wirtschaftliche Aspekte völlig in den Hintergrund treten lassen und liefe auf eine künstliche Aufspaltung einheitlicher Geschäftsvorgänge hinaus. Dies würde der vom Bundesverfassungsgericht geforderten wirtschaftlichen Betrachtung nicht gerecht. Zudem würde ansonsten letztlich jeder Sittenverstoß, der zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts führt, im Falle der dennoch erfolgten Leistung den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dies würde nicht nur den Charakter der Vorschrift als Vermögensdelikt verblassen lassen, sondern wäre angesichts der Unbestimmtheit und Wandelbarkeit des sittlichen Maßstabes als maßgebliches Kriterium auch mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet.

4. Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen oder mehrere Mitarbeiter wird der Eintritt eines Vermögensschadens nicht dadurch ausgeschlossen, dass der oder die Täter beabsichtigen, die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch „letztlich“ ein Vermögensvorteil entstehen könnte. Die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens obliegt dem Vermögensinhaber, im Fall einer Kapitalgesellschaft deren zuständigen Organen.

5. Da die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestands ist, schließt das Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus (BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 278 Rn. 34 mwN). Bei juris-

tischen Personen tritt an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten, hier also der Vorstand der Aktiengesellschaft (vgl. BGH wistra 2010, 445, 447 Rn. 15). Ein erklärtes Einverständnis ist nur dann unwirksam, wenn es gesetzwidrig oder erschlichen ist, auf sonstigen Willensmängeln beruht oder – wie bei der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz einer juristischen Person – seinerseits pflichtwidrig ist.

6. Nach dem aus § 370 Abs. 4 Satz 3 AO folgenden Kompensationsverbot ist es für die strafrechtliche Beurteilung der Tat ohne Bedeutung, ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können. Das bedeutet, dass im Rahmen des Schuldspruchs als verkürzte Steuern diejenigen Beträge angesehen werden müssen, die auf die unrichtig erklärten oder verschwiegenen steuerlichen Vorgänge entfallen. Nur für solche Ermäßigungsgründe oder Steuervorteile, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den unzutreffenden Steuererklärungen stehen, bei denen es sich somit um die steuerrechtliche Beurteilung desselben Vorgangs handelt, gilt das Kompensationsverbot nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (vgl. BGH wistra 2004, 147, 149).

7. Die Erstellung von Scheinrechnungen und der Aufbau und die Mitwirkung an der Verwaltung eines Systems aus Konten von Scheinfirmen, über die sodann Bestechungszahlungen finanziert werden, ist weder alltäglich noch für die von der Angeklagten ausgeübte Berufstätigkeit typisch und kann gerade nicht als sozialadäquat und damit berufstypisch eingestuft werden.

8. Ein Tatort ist für jeden der mittäterschaftlich agierenden Angeklagten dort begründet, wo einer von ihnen gehandelt hat, selbst wenn sich das Handeln auf Tatbeiträge beschränkt, die für sich gesehen nur Vorbereitungshandlungen sind (st. Rspr.). Teilnahme ist nach § 9 Abs. 2 StGB auch an dem Ort begangen, an dem nach § 9 Abs. 1 StGB die (Haupt-)Tat begangen ist (vgl. BGH NJW 1991, 2498).


Entscheidung

320. BGH 3 StR 263/18 - Beschluss vom 19. Dezember 2018 (LG Hannover)

Untreue durch den gesetzlichen Betreuer (kein Vermögensschaden durch Veranlassung einer testierunfähigen Person zur testamentarischen Begünstigung des Betreuers; keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Erben zu Lebzeiten des Erblassers; Fortwirkung des gesetzlichen Betreuungsverhältnisses über den Tod der betreuten Person hinaus; Verurteilung wegen Beihilfe bei fehlender Betreuereigenschaft); Mittäterschaft; Einziehung von Taterträgen; Verjährung.

§ 266 StGB; § 27 StGB; § 1896 BGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 73 StGB; § 78 StGB

1. Die gesetzliche Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) begründet eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB, die nach dem Tod der betreuten Person gegenüber dem Erben als ihrem Rechtsnachfolger fortwirkt. Insbesondere hat der Betreuer nach dem Tod der betreuten Person nach § 1908i i.V.m. § 1890 BGB Rechnung über das betreute Vermögen zu legen und dieses herauszugeben (vgl. zum Ganzen bereits BGH HRRS 2018 Nr. 935).

2. Veranlasst ein vermögensfürsorgepflichtiger gesetzlicher Betreuer eine von ihm betreute testierunfähige Person, ihn testamentarisch zu begünstigen, so liegt darin regelmäßig noch kein Gefährdungsschaden. Eine Verurteilung wegen Untreue erfordert vielmehr die pflichtwidrige Schmälerung des Nachlasses (hier: um die Testamentsvollstreckungsvergütung). Dabei bedarf es nicht zwingend konkreter Feststellungen dazu, wo, wann und in welcher Form der Angeklagte auf die Betreute einwirkte, um seine Ernennung zum Testamentsvollstrecker zu erreichen und wie sich anschließend der Ablauf der notariellen Beurkundungen gestaltete.


Entscheidung

239. BGH 1 StR 349/18 - Beschluss vom 20. November 2018 (LG Düsseldorf)

Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (erforderlicher Umfang der Selbstanzeige: keine Strafbefreiung bei neuen unrichtigen Angaben; milderes Gesetz); Strafzumessung (zulässige Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen).

§ 370 Abs. 1 AO; § 371 Abs. 1 AO; § 46 Abs. 1 StGB; § 2 Abs. 3 StGB; Art. 97 § 24 EGAO

1. Gemäß Art. 97 § 24 EGAO sind für die im Zeitraum vor dem 28. April 2011 eingereichten Selbstanzeigen gewährt der Gesetzgeber denjenigen Vertrauensschutz, die noch vor dem Urteil des Senats vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09 (BGHSt 55, 180) eine Selbstanzeige eingereicht und damit darauf vertraut hatten, dass eine Teilselbstanzeige für ausreichend befunden wurde, um eine Strafbefreiung zu erlangen. Dementsprechend sind auf Teilselbstanzeigen die Maßstäbe aus dem Urteil des Senats vom 20. Mai 2010, 1 StR 577/09, wonach eine wirksame Selbstanzeige nur dann gegeben ist, wenn der Steuerpflichtige vollständig in die Steuerehrlichkeit zurückkehrt, nicht anzuwenden. Das zur Tatzeit geltende Recht ist nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz das mildere und damit anzuwendende Recht ist.

2. Eine Selbstanzeige wirkt jedoch dann nicht strafbefreiend, wenn die Erklärung selbst wieder neue, erhebliche Unrichtigkeiten enthält (BGHSt 56, 298 Rn. 53).

3. Auch „verunglückte“ Selbstanzeigen sind strafmildernd zu berücksichtigen.


Entscheidung

241. BGH 1 StR 7/18 - Beschluss vom 25. Oktober 2018 (LG Darmstadt)

Umsatzsteuerhinterziehung (Konkurrenzverhältnis von unterlassener Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung: Tateinheit, einheitliche prozessuale Tat).

§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; § 52 StGB; § 264 StPO

Das Verhältnis zwischen Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung ist eines der Gesetzeskonkurrenz in Form der mitbestraften Vortat. Das gilt auch für ein Tatbegehung durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.


Entscheidung

294. BGH 4 StR 240/18 - Beschluss vom 18. Dezember 2018 (LG Dortmund)

Bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Konkurrenzen: Grundsätze der Bewertungseinheit).

§ 30a Abs. 1 BtMG

1. Nach den Grundsätzen der Bewertungseinheit sind sämtliche Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittel beziehen, als eine Tat des unerlaubten Handeltreibens anzusehen, weil bereits ihr Erwerb und Besitz zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen; die späteren, diese Betäubungsmittel betreffenden Veräußerungsgeschäfte gehören als unselbstständige Teilakte zu dieser Tat.

2. Eine solche Bewertungseinheit ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dies nahelegen; auch der Zweifelsgrundsatz gebietet die Annahme einer Bewertungseinheit nicht.


Entscheidung

325. BGH 3 StR 378/18 - Beschluss vom 11. Dezember 2018 (LG Mainz)

Betäubungsmittelstrafrecht (Bestimmen eines Minderjährigen zur Förderung des Handeltreibens; Verhältnis von Abgabe und Beihilfe zum Handeltreiben; Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt; ohne Eigennutz erbrachte Tatbeiträge); anwendbares Recht bei in verschiedenen Altersstufen begangenen Straftaten; rechtsfehlerhafte Nichterörterung der Unterbringungsvoraussetzungen (Hang zum übermäßigen Konsum berauschender Mittel).

§ 29 BtMG; § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG; § 32 JGG; § 64 StGB

1. Die in § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG geregelte Tathandlungsvariante des Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des Handeltreibens ist als eine Anstiftung zur Beihilfe zum Handeltreiben zu verstehen, die durch diesen Straftatbestand zu der eigentlichen Haupttat erhoben und mit einem eigenen Strafrahmen versehen wird. Der Täter kann den Minderjährigen auch zur Förderung seines eigenen Handeltreibens bestimmen. Daneben scheidet eine Strafbarkeit des selbst handeltreibenden Täters wegen Bestimmens eines Minderjährigen zur Veräußerung von Betäubungsmitteln aus, auch wenn dieser sie uneigennützig - unter Abführung der Erlöse - für den Handeltreibenden an dessen Abnehmer verkauft.

2. Betäubungsmittel gibt ab, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt - ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung - einem Dritten überträgt, der über das Betäubungsmittel frei verfügen kann. Dienen solche ohne Eigennutz erbrachten Tatbeiträge jedoch dem von einem anderen veranlassten profitorientierten Betäubungsmittelumsatz, liegt keine Abgabe, sondern eine Beihilfe zum Handeltreiben des nach Gewinn oder sonstigen persönlichen Vorteilen strebenden anderen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB vor.

3. Welches Recht einheitlich auf mehrere in verschiedenen Altersstufen begangene Straftaten anzuwenden ist, richtet sich danach, wo deren Schwergewicht liegt. Dem Tatgericht kommt diesbezüglich ein Beurteilungsspielraum zu. Für die Entscheidung haben die numerische Anzahl und die äußere Schwere der Taten keine entscheidende Bedeutung; beides kann nur als Anzeichen für die Beurteilung wirken. Im Mittelpunkt der Prüfung steht vielmehr die Frage, ob eine frühere Straftat zugleich auslösende Bedeutung für spätere Straftaten hat und sich letztere gewissermaßen als in dieser früheren bereits angelegt darstellen. Lässt sich nicht eindeutig erkennen, dass das Schwergewicht bei der vom Angeklagten als Heranwachsender begangenen und nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Straftat liegt, so ist für alle Taten allgemeines Strafrecht anzuwenden.


Entscheidung

271. BGH 2 StR 451/18 - Beschluss vom 19. Dezember 2018 (LG Köln)

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Täterschaft und Teilnahme: allgemeine Grundsätze); Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (revisionsgerichtliche Überprüfbarkeit).

§§ 29 ff. BtMG; § 261 StPO

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Danach ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung des Grades des eigenen Interesses am Erfolg, des Umfangs der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft oder doch wenigstens des Willens zur Tatherrschaft zu beurteilen, ob ein Beteiligter, der einen nicht ganz untergeordneten, die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tat als eigene oder ob er lediglich fremdes Tun fördern wollte.

2. Es ist allein Sache des Tatrichters, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht etwa dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist, namentlich dann, wenn sie nicht sämtliche Umstände, die dazu geeignet waren, die Entscheidung zu beeinflussen, in ihre Überlegungen einbezogen und wesentliche Feststellungen in der vorzunehmenden umfassenden Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt hat.


Entscheidung

309. BGH 4 StR 476/18 - Beschluss vom 15. Januar 2019 (LG Bochum)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Konkurrenzen).

§ 29 BtMG

Der gleichzeitige Besitz verschiedener Handelsmengen hat eine tateinheitliche Verknüpfung der auf die jeweiligen Handelsmengen bezogenen Bewertungseinheiten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Folge, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über die bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt,

dass – etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs – die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt.


Entscheidung

279. BGH 2 StR 521/18 - Beschluss vom 22. Januar 2019 (LG Aachen)

Urteilsformel (konkrete rechtliche Bezeichnung der Tat).

§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO

Soweit der Angeklagte nach dem Waffengesetz strafbar ist, bedarf es der konkreten rechtlichen Bezeichnung der Tat zur Kennzeichnung des begangenen Unrechts; der bloße Hinweis auf einen Verstoß gegen dieses Gesetz genügt regelmäßig nicht.