HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2017
18. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Direkter Tötungsvorsatz und Strafzumessung

zugleich Anmerkung zu BGH 2 StR 150/15, HRRS 2017 Nr. 63

Von Lucas Tomiak, Bonn [*]

Der Anfragebeschluss des 2. Senats des BGH behandelt mehrere Probleme. Neben der Frage nach der Existenz eines "Regeltatbilds" (und damit zusammenhängend der Reichweite des Doppelverwertungsverbots des § 46 Abs. 3 StGB) geht es um das Problem, ob den von der h.M. anerkannten verschiedenen Vorsatzformen ein unterschiedlicher Unrechts- oder Schuldgehalt, der auch in der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, zukommt. Zuletzt interessiert, ob es sich bei diesen Problemen um Tat- oder Rechtsfragen handelt. Alledem soll im Folgenden nachgegangen werden. Vorweg: wenn der Anfrage auch nicht in allen Punkten vorbehaltlos zuzustimmen ist, ist sie in ihrer Stoßrichtung dennoch zu begrüßen. Auch der 5. Senat hat dem Anfragebeschluss inzwischen mit Beschluss vom 23.02.2017, Az. 5 ARs 57/16, vorbehaltlos zugestimmt.

I. Entscheidung und Problemstellung

Der traurige Sachverhalt ist schnell erzählt: der Angeklagte brachte seine Ehefrau um, indem er sie mittels eines Schlages eine Treppe hinunterstürzte, ihr danach

mehrere Schläge mit einem Feuerlöscher gegen den Kopf versetzte sowie weitere Gewalt gegen den Oberkörper anwandte. Das LG Köln stellte dabei – laut BGH rechtsfehlerfrei – Tötungsabsicht fest. Diese Tötungsabsicht brachte das LG sowohl in der Ablehnung eines sonstigen minder schweren Falls des Totschlags gem. § 213 StGB als auch im Rahmen der Strafzumessung erschwerend in Stellung.

Diese strafschärfende Berücksichtigung ist nach der überwiegenden Rechtsprechung des BGH nicht zulässig. Das wird vor allem auf einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 gestützt: das Vorliegen direkten Tötungsvorsatzes sei "Regelfall" der Tötung.[1] Nach einigen Entscheidungen kann die Berücksichtigung im Zusammenhang mit anderen Strafzumessungsgründen allerdings möglich sein, so etwa mit der Art der Ausführung, wenn der Täter die Tötung mittels einer besonders gefährlichen Handlung begehe, da er die Tötung gerade beabsichtige.[2] Die ablehnenden Stimmen in der Literatur verneinen hingegen zumeist eine Unrechts- und Schulddifferenz der verschiedenen von der h.M. anerkannten Vorsatzformen. Diese seien lediglich im Rahmen der Motive des Täters von Bedeutung, ließen aber generell keine Aussage über die Strafwürdigkeit zu;[3] eine "schematische Betrachtungsweise"[4] verbiete sich.

Beiden Argumenten tritt der 2. Senat in seiner Anfrage entgegen. Das Gesetz unterscheide in verschiedenen BT-Tatbeständen zwischen Vorsatz, Wissentlichkeit und Absichtlichkeit und knüpfe an die beiden letzteren höhere Strafen, so etwa in § 226 Abs. 1 und 2. Teilweise begründe auch einzig absichtliches Handeln die Strafbarkeit. Zudem sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, zwischen den Vorsatzformen herrsche ein Stufenverhältnis, die Nicht-Unterscheidung der verschiedenen Vorsatzformen sei allein redaktionellen Bedürfnissen geschuldet. Die Differenzierung sei auch normativ sinnvoll: im Gegensatz zu dem mit dolus eventualis handelnden Täter sei das Handlungsunrecht bei Handeln trotz sicherer Voraussicht des Erfolgseintritt erhöht. Dies sei bei der Absicht noch einmal ausgeprägter: das Anstreben der Tötung einer anderen Person sei "im besonderen Maße mit einem sozialen Unwerturteil belegt". Zu berücksichtigen sei allerdings, dass das Vorliegen einer stärkeren Vorsatzform nicht notwendig mit einer insgesamt erhöhten Tatschuld einhergehe, was jedoch nichts an deren grundsätzlicher Tauglichkeit als Strafzumessungsfaktor ändere.

Auch ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot liege nicht vor. Bei steigerungsfähigen Tatbestandsmerkmalen sei die Berücksichtigung der konkreten Ausprägung des Merkmals zulässig. "Jedenfalls bei Tötungsabsicht" sei eine Schuldsteigerung gegenüber der Tötung mit bedingtem Vorsatz anzunehmen. Dagegen spreche auch nicht das in der Rechtsprechung verbreitete Argument, die Tötung mit direktem Vorsatz sei der Regelfall: statistisch werde der Totschlag in der größten Zahl der Fälle mit bedingtem Vorsatz begangen. Normativ seien die "ganz unterschiedlichen Motivationslagen" bei Absicht und Wissentlichkeit zu berücksichtigen, die eine Differenzierung zwischen diesen Vorsatzformen fordere. Jedenfalls die absichtliche Tötung sei nach alledem ein zulässiger Strafschärfungsgrund.

II. Die Vorsatzformen innerhalb der Strafzumessung

Zunächst soll die Frage behandelt werden, ob innerhalb des Vorsatzes Differenzierungen im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt anzuerkennen sind.

Die herrschende Ansicht in der Literatur[5] wie auch die Rechtsprechung[6] unterscheiden bekanntermaßen die Vorsatzformen Absicht, Wissentlichkeit und bedingter Vorsatz. Bruns schreibt über die Bedeutung dieser Vorsatzformen für die Strafzumessung: "Die Vorsatzvarianten als solche sagen in der Tat über die Strafwürdigkeit des Täters unmittelbar nichts aus, gewinnen nur insofern Bedeutung, als sie auf seine Motive verweisen, die sich aber mit den Vorsatzarten nicht decken. Deshalb lässt sich generell weder die mit direktem Vorsatz begangene Tötung schärfer, noch die mit (bloßem) Eventualdolus ausgeführte milder beurteilen."[7] Die Unrechtsgehalte sollen sich nicht bedeutend unterscheiden: zwar wolle der absichtlich handelnde Täter den Erfolg unmittelbar erreichen, aber könne nicht in manchen Fällen die Rücksichtslosigkeit, die dem mit dolus eventualis handelnden Täter eigen sei, ein noch größeres Unrecht darstellen?[8]

Hier zeigt sich eine Gefahr des "Gesamtschau"-Topos, der gerade innerhalb der Strafzumessung häufig zum Zuge kommt.[9]

Die Vorsatzart kann nicht allein bestimmend für den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, sondern nur ein Indikator für die Tatbewertung und damit die Strafhöhe sein.[10] Dies gilt nicht nur gegenüber äußerlichen Strafzumessungsgründen wie den verschuldeten Auswirkungen der Tat, sondern auch gegenüber weiteren inneren Gründen wie der Gesinnung des Täters. Das zeigt sich im positiven Recht schon daran, dass der mit dolus eventualis begangene Mord aus niedrigen Beweggründen (oder anderen Merkmalen der 1. Gruppe des § 211 Abs. 2) mit der lebenslangen Freiheitsstrafe zwingend schärfer zu bestrafen ist als der absichtlich begangene Totschlag, sofern kein Fall des § 212 Abs. 2 vorliegt. Das ist aber kein Grund, der Vorsatzform jegliche Relevanz abzusprechen. Dass nicht ein Gesichtspunkt allein Bedeutung hat, ist der Normalfall einer Abwägung.[11] Die Frage ist, ob einer stärkeren Ausprägung des Vorsatzes ceteris paribus ein höherer Unrechtsgehalt zukommt; das kann nicht mit einem Verweis auf Fälle, in denen zur niedrigeren Vorsatzform ein besonders rücksichtsloses Motiv hinzukommt, beantwortet werden, sondern ist bei im Übrigen gleichen Bedingungen zu entscheiden.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass sowohl das Wissenselement als auch – soweit man es verlangt – das Wollenselement des Vorsatzes steigerungsfähige Merkmale sind. Im Rahmen des dolus eventualis begnügt sich die h.M. bezüglich des Wissenselements damit, dass der Täter den Erfolgseintritt für "möglich und nicht ganz fernliegend" hält.[12]

Problematischer ist schon die Definition der Wissentlichkeit. Einigkeit besteht insoweit, dass Wissentlichkeit erfüllt ist, wenn der Täter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiß, dass der Erfolg eintreten wird, wenn er die tatbestandsmäßige Handlung vornimmt.[13] Die h.M. nimmt diese Vorsatzform zudem an, wenn der Täter im Bewusstsein handelt, der Erfolg werde mit höchster Wahrscheinlichkeit eintreten, sofern er eines seiner Handlungsziele erreicht, auch wenn die Erreichung dieses Zieles selbst unsicher ist.[14] Demonstriert am klassischen Fall Thomas[15]: der Täter muss sich nicht sicher sein, ob die Bombe detoniert, mit der er ein Schiff sprengen will, um die Versicherungssumme zu kassieren, solange er davon ausgeht, dass die Besatzungsmitglieder einen (nahezu) sicheren Tod finden, falls sie explodiert. In der ersten Variante geht es also um eine besonders hohe Ausprägung des Wissenselements des Vorsatzes (im Folgenden: Wissentlichkeit im engeren Sinn), in der zweiten um die nahezu sichere Verknüpfung des tatbestandsmäßigen Erfolgs mit einem der Handlungsziele des Täters. Nachfolgend wird gezeigt werden, dass für beide Definitionen eine im Vergleich zum dolus eventualis höhere Unrechtsqualität anzunehmen ist.

Zunächst zur besonders starken Ausprägung des Wissenselements: es ist kaum vorstellbar, dass der Täter, der davon ausgeht, der Erfolg werde bei Vornahme der Handlung sicher eintreten, diesen Erfolg nicht wenigstens "im Rechtssinne billigt", was nach der Rspr. das für die Annahme von bedingtem Vorsatz nötige voluntative Element ist[16]. Spricht man dem stärkeren Wissen um den Erfolgseintritt einen höheren Unrechtsgehalt zu, ließe sich für das Gros der Fälle die Regel[17] aufstellen, dass Wissentlichkeit im Vergleich zum dolus eventualis ein ceteris paribus strafmaßerhöhender Faktor ist.

Der Senat nimmt eine solche Regel an. Er verweist zunächst auf Tatbestände, in denen Wissentlichkeit oder Absicht strafbegründend wirken oder einen Strafrahmensprung nach sich ziehen.[18] Der bloße Verweis auf diese Tatbestände genügt aber nicht: um die Differenzierung nach Vorsatzformen in der Strafzumessung bei Tötungsdelikten zu erklären, müsste das Prinzip, das hinter der Strafbegründung oder -verschärfung bei den vom Senat aufgezählten Delikten steht, gerade auch bei den Tötungsdelikten gelten. Bei der materiellen Begründung einer Strafschärfung bei Wissentlichkeit fasst sich der Senat aber sehr kurz: "der wissentlich handelnde Täter[sieht]den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als sicher voraus. Er handelt ‘trotz besseren Wissens‘ und kalkuliert die Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolges und die hierin liegende Verletzung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts überlegt ein. Das Handeln trotz sicherer Voraussicht des Erfolgseintritts erhöht das Handlungsunrecht gegenüber dem bedingt vorsätzlich handelnden Täter".[19] Der einzige vom Senat genannte Grund für die Strafschärfung ist demnach die Erhöhung des Handlungsunrechts durch das "überlegte" Vorgehen. Der wissentlich handelnde Täter muss allerdings nicht

überlegt vorgehen;[20] ebenso kann eine mit dolus eventualis begangene Tat wohlüberlegt sein[21].

Dennoch trifft das Ergebnis des Senates zu. Der Vorsatz ist im Vergleich zur Fahrlässigkeit ein plus.[22] Seine höhere Strafwürdigkeit lässt sich durch einen höheren Grad an Zurechnung erklären:[23] ein stärker ausgeprägtes Wissen um die Deliktsverwirklichung lässt diese in einem höheren Maß als Werk des Täters erscheinen.[24] Diese Zurechnung kann aber feingestufter behandelt werden als nach einem dreistufigen Schema vorsätzliche Zurechnung – fahrlässige Zurechnung – keine Zurechnung. Für die Ebene der Strafbegründung genügt dieses Schema grundsätzlich, innerhalb der Strafzumessung aber wird aus einem zweidimensionalen ein dreidimensionales Modell.[25] Hier ist kein Grund mehr ersichtlich, an einem bestimmten Grad an Zurechnung (dem der Grenze zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit) abzubrechen.[26] Der Täter, der den Erfolgseintritt stärker voraussieht, verwirklicht in diesem Punkt höheres Unrecht. Zwar kann auch das Nichtwissen um den Erfolgseintritt wegen Gefahrverdrängung rücksichtslos sein und gegebenenfalls dolus eventualis begründen.[27] Dies ist jedoch vor allem relevant für die Frage, ob ein solches Handeln den Vorwurf des Vorsatzes verdient.[28] Sicheres Wissen um den Erfolgseintritt ist aber gravierender als das bloße Erkennen der Möglichkeit: das Handeln trotz Kenntnis der die Gefahr begründenden Tatsachen kann das Urteil der Gleichgültigkeit verdienen, noch gleichgültiger handelt aber der, der sicher davon ausgeht, das Delikt zu verwirklichen.[29]

Ähnlich lässt sich auch für die Absicht und die oben erläuterte zweite Form der Wissentlichkeit argumentieren. Dem Täter, der sich die Tatbestandsverwirklichung als Ziel setzt oder sie doch für den Fall seiner Zielerreichung als sicher geschehend einkalkuliert, lässt sich der Erfolg ebenso stark zurechnen wie demjenigen, der um die Tatbestandsverwirklichung sicher weiß. In all diesen Fällen will der Täter gerade einen Kausalverlauf herbeiführen, dessen fester Bestandteil die Deliktsverwirklichung ist. Er plant die Rechtsverletzung als Handlungskonsequenz ein, bei ihm ist der "Erfolg untrennbar mit dem Handlungsziel (...) verknüpft"[30] und gerade deshalb die Erfolgszurechnung am stärksten. Dies führt zu einem höheren Handlungsunrecht, das im Rahmen der Strafzumessung schon deshalb zu berücksichtigen ist, weil § 46 Abs. 1 S. 1 die Schuld als Grundlage der Strafe nennt.[31] Eine weitere Differenzierung in Form einer Regel für die deutliche Mehrzahl der Fälle innerhalb des dolus directus ist insoweit aber nicht möglich: zwischen dem absichtlich und wissentlich ieS handelnden Täter besteht, auf die Zurechnung des Erfolges bezogen, grundsätzlich kein Unterschied, versteht man wie hier gerade die sichere Verknüpfung der Handlung mit dem Erfolg als entscheidenden Faktor.[32] Zu beachten ist freilich, dass die Zurechnung des Erfolges bei (sehr) schwach ausgeprägtem Wissenselement des absichtlich handelnden Täters hinter der des wissentlich ieS handelnden Täters zurückbleiben kann, was sich dann auch in der Strafzumessung niederschlagen kann.[33] Die Gegenposition, nach der auch zwischen Absicht und Wissentlichkeit differenziert werden kann und die sich auch der Senat zu eigen macht[34], findet sich am deutlichsten

ausgearbeitet bei Grünewald.[35] Der entscheidende Unterschied im Handlungsunrecht der Vorsatzformen liege in der Missachtung des Rechts, die sich in der erstrebten Rechtsverletzung ausdrücke. Der Unterschied im Wissen zwischen dolus eventualis und dolus directus 2. Grades hingegen könne "denkbar subtil"[36] sein. Es erscheint aber nicht sinnvoll, die innere Einstellung des Täters derart in den Vordergrund zu rücken. Auch wenn der wissentlich handelnde Täter den Normwiderspruch nicht als eigentliches Handlungsziel erstrebt, trifft er doch die Entscheidung gegen die Rechtsnorm und für das darin liegende Unrecht. Gegenüber der voll zurechenbaren Unrechtsverwirklichung ist von untergeordneter Bedeutung, wie erwünscht dem Täter dieses ist. Insbesondere im Falle der Absicht kann aber die Motivlage des Täters zusätzlich zu einer Strafschärfung führen, wie § 46 Abs. 2 mit der Nennung der Ziele des Täters sowie der Gesinnung, die aus der Tat spricht, zum Ausdruck bringt.[37] Aufgrund der Unterschiedlichkeit der vorstellbaren Motivationen wird man aber keine Regel dahingehend aufstellen können, dass ein genereller Unterschied zwischen dolus directus 1. und 2. Grades besteht. Es leuchtet nicht ein, dass der Täter im Fall Thomas eine Strafmilderung dafür verdienen soll, dass er die Besatzungsmitglieder zur Erlangung einer Versicherungssumme (vgl. auch das Mordmerkmal der Habgier in § 211 Abs. 2) getötet hat, statt die Tötung als Endziel der Handlung zu begreifen.

III. Der normative Normalfall oder das Regeltatbild

Wie bereits ausgeführt wird gegen die strafschärfende Berücksichtigung direkten Vorsatzes auch mit dem Doppelverwertungsverbot bzw. damit argumentiert, dass direkter Vorsatz Regelfall vorsätzlicher Tötung sei.[38]

Das Doppelverwertungsverbot aus § 46 Abs. 3 StGB besagt, dass Umstände, die schon Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes sind, bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies schreibt ein logisches Prinzip fest: auf alle Täter, die aus vollendeter Deliktsverwirklichung bestraft werden, trifft zu, dass sie die Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes erfüllen. Zwischen ihnen kann diesbezüglich nicht differenziert werden.[39] Das gilt allerdings nur für das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, und bei steigerungsfähigen Merkmalen auch hier nur für das Minimum, das für die Tatbestandsverwirklichung nötig ist; darüber hinaus kann das Ausmaß der Tatbestandsverwirklichung in die Strafzumessung einfließen und ist nicht vom Doppelverwertungsverbot umfasst.[40] Da der Vorsatz ein steigerbares Merkmal ist, spricht § 46 Abs. 3 nicht gegen die strafschärfende Berücksichtigung von dessen stärkerer Ausprägung.

Eine andere Frage ist indes, ob direkter Vorsatz zu dem "normativen Normalfall" oder "Regeltatbild" des Totschlags gehöre. Bei diesen Figuren geht es nicht mehr nur um das logische Problem der Mehrfachverwertung von Tatbestandsmerkmalen, sondern um die richtige Methode der Entscheidungsfindung. Das etwas diffuse Meinungsbild[41] lässt sich dahingehend vergröbern, dass dem Richter mittels der Figuren ein Bezugspunkt geliefert werden soll, an dem er den ihm vorliegenden Fall messen kann.[42] Dieser Bezugspunkt wird entweder über die statistisch "normale" Merkmalsausprägung oder per normativer Festlegung bestimmt.[43] Ohne ihn könne nicht sinnvoll von der gleichzeitigen Existenz strafmildernder wie -schärfender Gesichtspunkte geredet werden: mildern und schärfen sind Relationsbegriffe, die auf einen gedachten Regelfall bezogen sein müssten, sollen sie über die triviale Aussage hinausgehen, dass das, was die Strafe nicht mildere, sie schärfe.[44] Eben diesen Regelfall soll der normative Normalfall oder das Regeltatbild darstellen. Er sei die neutrale Ausprägung eines Merkmals, und nur die Abweichung von ihm könne strafmildernd oder -schärfend wirken. Dass es strafschärfende wie strafmildernde Strafzumessungsfaktoren gebe, sei schon durch § 46 Abs. 2 S. 1 vorgegeben, wo von Umständen die Rede ist, die "für und gegen den Täter sprechen".[45]

Der Senat fasst sich hierzu wiederum kurz. Es sei "nicht naheliegend", die Formen des direkten Vorsatzes zu einem einzigen normativen Normalfall zusammenzufassen, und der statistische Regelfall sei eher die Tötung mit bedingtem Vorsatz.[46] Untersucht werden müsste aber zunächst, ob diese Figuren im Bereich des Vorsatzes bei Tötungsdelikten überhaupt Anwendung finden; denn auch unabhängig von der grundsätzlichen Frage nach ihrer Existenz[47] kann man an ihrer Tauglichkeit für die Behandlung der Vorsatzformen zweifeln. Bei der Rede von einem Normal- oder Regelfall kann es jedenfalls nicht um die Ermittlung eines real existierenden Falls gehen, sondern um die Standardisierung von strafzumes-

sungsrelevanten Merkmalen.[48] Wie eine solche Standardisierung ausfällt müsste aber für jedes Merkmal normativ[49] festgelegt werden. Man kann sich das anhand des Beispiels der Schuldfähigkeit deutlich machen.[50] Diese wird auf der Ebene der Strafbegründung vermutet,[51] das Strafgesetz geht also vom Regelfall eines voll schuldfähigen Täters aus. Nun wäre es zwar logisch möglich, die gerade noch nicht erreichte Grenze zur Schuldunfähigkeit als Minimum der Tatbestandsverwirklichung anzusehen, jedes darüber hinaus gehende Quantum an Schuldfähigkeit also strafschärfend zu verwerten. Dass das Gesetz dem Täter bei Nichtvorliegen der besonderen Merkmale etwa der §§ 20, 21 StGB die volle Schuldfähigkeit zuschreibt, spricht allerdings gegen eine solche Deutung:[52] es wäre erklärungsbedürftig, wieso diese Wertung nur für die Strafbegründung, nicht aber für die Strafzumessung Geltung beanspruchen soll. Die "Normalausprägung" des Strafzumessungsmerkmals Schuldfähigkeit ist also deren Maximalwert.

Parallel dazu könnte man im Regelfall von einer vollen Zurechnung des Erfolgs ausgehen, also dem direkten Vorsatz, von wo aus lediglich Abstriche nach unten zu machen wären. Die Schuldfähigkeit wie die subjektive Erfolgszurechnung im Rahmen des Vorsatzes sind schließlich nach oben "gedeckelt". Allerdings ist der Grund für die Vermutung voller Schuldfähigkeit nicht auf den Vorsatz übertragbar: es geht hier nicht darum, dass der durchschnittliche Bürger als zur Befolgung der strafrechtlichen Normen fähig angesehen wird, sondern um die Quantifizierung des Unrechts. Das Gesetz gibt, wenn es "vorsätzliches" Handeln verlangt, aber gerade keinen Hinweis darauf, dass es von einer bestimmten Vorsatzform ausgeht.[53] Es ist zudem auch nicht nötig, auf einen "normalen" Fall zu rekurrieren, da – anders als etwa bei der Vermögenslage des Täters bei Eigentumsdelikten – der Gesetzgeber die nötige Schwelle zur Relevanz als Strafschärfungsgrund schon dadurch gekennzeichnet hat, dass er vorsätzliches Handeln verlangt, während vergleichbare Aussagen zu dem im Vergleich größtenteils undeutlichen Katalog des § 46 Abs. 2 StGB fehlen. Dort ist mangels klarer Aussagen zur relevanten Ausprägung eines Merkmals einleuchtender, wieso der die Strafe zumessende Richter sich an einem Normalfall orientieren sollte. Im Bereich der (tatbestandlich verankerten) Unrechtsmerkmale ist der Minimum-Ansatz hingegen praktikabel, um eine "Einstiegsstelle" in die Strafzumessung zu finden.[54]

Zudem lässt sich aus der nur fakultativen Strafrahmenmilderung des Versuchs (§ 23 Abs. 2) die hohe Bedeutung des Handlungsunrechts ablesen.[55] Wäre der Normalfall der Tatbegehung die direkt vorsätzliche, müsste der Einstieg daher hoch im Strafrahmen angesiedelt werden.[56] Das wäre logisch zwar ohne weiteres möglich, würde aber wahrscheinlich zu einer, normativ nicht zu wünschenden, deutlich höheren Punitivität führen und der strafgerichtlichen Praxis widersprechen, nach der der statistische Durchschnittsfall eher am unteren Ende des Strafrahmens auszumachen ist[57].

IV. Regel- und Tatfrage in der Strafzumessung

Bedeutung erlangt der Anfragebeschluss zuletzt dadurch, dass die aufgeworfenen Probleme implizit als Rechtsfragen behandelt werden; dies zeigt sich schon daran, dass § 132 Abs. 3 GVG, der das Anfrageverfahren vor einer Vorlage an den Großen Senat regelt, ausdrücklich von einer "Rechtsauffassung" spricht, von der abgewichen werden soll.

Dieser Einordnung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Ob die Tötung mit direktem Vorsatz strafschärfend berücksichtigt werden darf, ist eine von den im Einzelfall vorliegenden Umständen unabhängige Frage, mit deren Entscheidung eine prinzipiell universalisierbare Regel aufgestellt wird,[58] denn in ihr spiegeln sich zwei generalisierbare Fragen wider: ist die wissentlich oder absichtlich begangene Tötung ceteris paribus im Unrechtsgehalt höher als die nur bedingt vorsätzlich begangene Tötung, und gehört sie zu einem normativen Normalfall? Beides kann – und damit: sollte – abstrakt-generell beantwortet werden, um eine vorhersehbare und vor allem gleichmäßige Rechtsprechung zu gewährleisten.[59] Wird dagegen

auf die Maßgeblichkeit des Einzelfalles abgestellt,[60] so ist damit wenig gewonnen. Der Richter kann ohne Rechtsregeln nicht einmal wissen, welche Umstände des Falles überhaupt Relevanz gewinnen, geschweige denn, wie er sie bewerten soll.[61] Auch dass in der Strafzumessung ein "gerütteltes Maß an noch nicht ausreichend erforschten volitiven Elementen" stecke und es daher genügen müsse, wenn die Entscheidung des Richters immerhin vertretbar sei,[62] taugt nicht als Argument gegen ihre revisionsrechtliche Überprüfbarkeit: die Revision schützt nicht den Richter vor Aufhebung eines vertretbaren Urteils, sondern soll zugunsten des Bürgers für Rechtsklarheit wie Rechtseinheit sorgen. Klare Vorgaben des Revisionsgerichts sind daher auch bei Entscheidungen mit einem ausgeprägten dezisionistischen Moment sinnvoll.[63]

V. Fazit

Dem Anfragebeschluss des 2. Senats ist grundsätzlich zuzustimmen. Entgegen seiner Äußerungen fällt zwar weniger die Absicht als vielmehr das Vorliegen direkten Vorsatzes bei Tötungsdelikten strafschärfend ins Gewicht. Dies ändert aber nichts am richtigen Ergebnis, auch die Absicht gegenüber dem dolus eventualis strafschärfend berücksichtigen zu können und zu müssen. Erfreulich ist auch die Behandlung der Frage als Rechts- statt als Tatfrage. Alle Rationalitätsgewinne in der Theorie der Strafzumessung, also im legitimationsbedürftigsten Element des Strafrechts, blieben letztlich fruchtlos, wenn ihr Einsatz nicht sicher ist und die Verfahrensbeteiligten kein Mittel in der Hand haben, um sie durchzusetzen.


[*] Der Autor ist wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl von Prof. Dr. Ingeborg Puppe sowie bei Dr. Scarlett Jansen.

[1] Aus jüngerer Zeit nur BGH NStZ-RR 2016, 8 = HRRS 2016 Nr. 20; BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 7 = HRRS 2015 Nr. 781; BGH NStZ-RR 2015, 171 = HRRS 2015 Nr. 457; zust. Miebach/Maier, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum StGB, Band 2, 3. Aufl. (2016), § 46 Rn. 194; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder (Begr.), Strafgesetzbuch, 29. Aufl. (2014), § 46 Rn. 45a; Kett-Straub NStZ 2017, 279, 280; anders jedenfalls für Absicht aber schon BGH NStZ 2012, 689 = HRRS 2012 Nr. 681.

[2] BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 5.

[3] Bruns , Das Recht der Strafzumessung, 2. Aufl. (1985), S. 214; Schneider, in: MüKo, Band 4, 2. Aufl. (2012), Rn. 79; Jähnke, in: Jähnke/Laufhütte/Odersky (Hrsg.), Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, Band 5, 11. Aufl. (2005), § 212 Rn. 45; Theune, in: Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann, LK, Band 2, 12. Aufl. (2006), § 46 Rn. 77; Kühl, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 28. Aufl. (2014), § 46 Rn. 33; zweifelnd auch Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996), § 83 II. 2., vgl. aber auch § 29 III. 2., 3.a).

[4] Schäfer/Sander/van Gemmeren , Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. (2012), Rn. 618; Miebach/Maier, in: MüKo (Fn. 1), § 46 Rn. 194; ähnlich Momsen, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Aufl. (2016), § 212 Rn. 27.

[5] Für einen Überblick nur Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder (Fn. 1), § 15 Rn. 64 ff.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 4. Aufl. (2006), 12/7 ff.

[6] So etwa der Senat in Rz. 17 des besprochenen Beschlusses.

[7] Bruns , Strafzumessung (Fn. 3), S. 214.

[8] Bruns , Strafzumessung (Fn. 3), S. 214; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1991), 8/8; Saliger ZStW 109 (1997), 302, 322 f.; ähnlich wie diese unter Verweis auf eine mögliche höhere Erfolgschance bei einer bedingt vorsätzlichen Tötung Sancinetti, Festschrift für Roxin zum 70. Geburtstag (2001), S. 349, 356 f.

[9] So schon Frisch GA 1989, 338, 342 f.; Fahl, Zur Bedeutung des Regeltatbildes bei der Bemessung der Strafe (1996), S. 152; vgl. besonders deutlich BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 5: der Richter solle sich bei der Strafzumessung nicht von "formaler, schematischer Betrachtungsweise leiten lassen", vielmehr seien die "Umstände des Einzelfalls zu würdigen".

[10] Dies sieht auch der 2. Senat so, Rz. 27 des besprochenen Beschlusses; auch schon Foth JR 1985, 397, 398; Grünewald, Das vorsätzliche Tötungsdelikt (2010), S. 157.

[11] Foth JR 1985, 397, 398; vgl. auch Grosse-Wilde, in: Effer-Uhe, Hoven, Kemny, Rösinger (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft? (2016), S. 141, 146 ff.

[12] Puppe , in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 4. Aufl. (2013), § 15 Rn. 88 mwN aus der Rspr.

[13] Insoweit zutreffend wiedergegeben vom Senat, Rz. 17 des besprochenen Beschlusses.

[14] So Roxin, AT/1 (Fn. 5), 12/18; Puppe, Strafrecht Allgemeiner Teil im Spiegel der Rechtsprechung, 3. Aufl. 2016, 9/3,5; Vogel, in: LK, Band 1, 12. Aufl. (2007), § 15 Rn. 95; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, 6. Aufl. (2011), 8/108; dagegen Joecks, in: MüKo, Band 1, 3. Aufl. (2017), § 16 Rn. 30; Gaede, in: Matt/Renzikowski (Hrsg.), Strafgesetzbuch (2013), § 15 Rn. 12.

[15] Schilderung und Besprechung bei Binding, Die Normen und ihre Übertretung, Band 2 Hälfte 2, 2. Aufl. (1916), S. 851 ff.

[16] Eingehend dazu Puppe, in: NK (Fn. 12), § 15 Rn. 31 ff.

[17] Zur Möglichkeit der Bildung von prima-facie Regeln Grosse-Wilde, in: Einheit (Fn. 11), S. 141, 146 ff, sowie ausführlich ders., Erfolgszurechnung in der Strafzumessung (2017), S. 184 ff.

[18] Rz. 18, 20 des Beschlusses.

[19] Rz. 23.

[20] So betonte der BGH in einer früheren Entscheidung auch, dass selbst "der die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigende Affekt (...) sich nicht auf den Vorsatz und dessen Form auswirken[musste]", BGH NStZ-RR 2003, 8, 9.

[21] Vgl. etwa die Fallkonstellation in BGH StV 1998, 130.

[22] Näher dazu Puppe, in: NK (Fn. 12), § 15 Rn. 4 f.; Pawlik, Das Unrecht des Bürgers (2012), S. 373 mwN in Fn. 671; aus jüngster Zeit Rostalski GA 2016, 73, 82 ff.; Grosse-Wilde, Erfolgszurechnung (Fn. 17), S. 554 ff.

[23] Stuckenberg , Vorstudien zu Vorsatz und Irrtum im Völkerstrafrecht (2007), S. 428 f. sowie ausführlich rechtsvergleichend S. 408 ff.; Blomsma, in: Klip (Hrsg.), Substantive Criminal Law of the European Union (2011), S. 135, 139 ff.; Feinberg Synthese 72 (1987), 249, 253 f.; gegen eine aus präventiven Strafzwecken begründete Trennung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit Vogel, in: LK (Fn. 14), § 15 Rn. 10.

[24] Pérez-Barberá GA 2013, 454, 466; angedeutet bei Walter GA 1985, 197, 203.

[25] Das treffende Bild stammt von Grosse-Wilde ARSP-B 128 (2012), 45, 55.

[26] Anders sieht das Jakobs ZStW 123 (2011), 313, 316: entscheidend sei, dass der Täter deliktischen Sinn setze, sobald ihm überhaupt bewusst sei, dass er mit seinem Verhalten das erlaubte Risiko überschreite; "der Täter soll sich am Recht orientieren, – das ist nicht steigerbar". Zum einen aber erscheint schon fraglich, warum der "deliktische Sinn" nicht auch von der Stärke der subjektiven Beziehung des Täters zum Erfolg abhängt. Zum anderen kann sich eine jedenfalls auch retributiv begründete Strafe nicht damit zufriedengeben, bei den Minimalanforderungen der Tatbestandsverwirklichung stehen zu bleiben und dem Täter nur die bloße Nichtorientierung am Recht vorzuwerfen: geht es darum, das Maß des Verdienten zu bestimmen, müssen das Ausmaß der Tatbestandsmerkmale und damit die Schwere des Rechtsverstoßes näher konkretisiert werden.

[27] Puppe ZStW 103 (1991), 1, 12 f.

[28] Vgl. Pérez-Barberá GA 2013, 454, 465 f.

[29] Auf dem Boden der positiven Generalprävention Stahl, Strafzumessungstatsachen zwischen Verbrechenslehre und Straftheorie (2015), S. 128 ff; tendenziell anders Weigend, in: Substantive Criminal Law of the European Union (Fn. 23), S. 161, 168 mit Fn. 14.

[30] So für die Wissentlichkeit Puppe GA 2006, 65, 70; ähnlich wird der (nach herkömmlicher Terminologie Absicht und Wissentlichkeit umfassende) Begriff des direkten Vorsatzes bei Stratenwerth/Kuhlen, AT (Fn. 14), 8/109 charakterisiert.

[31] Näher Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung (1999), S. 213 f.; Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 75 ff.

[32] Im Ergebnis auch BGH JR 1981, 512 mit zust. Anm. Bruns; Frisch, Vorsatz und Risiko (1983), S. 500 Fn. 93a; ders., ZStW 99 (1987), 751, 768 f.; Hörnle, Strafzumessung (Fn. 31), S. 263; Vogel, in: LK (Fn. 23), § 15 Rn. 77; Gaede, in: Matt/Renzikowski (Fn. 14), § 15 Rn. 62; wohl auch Horn/Wolters, in: Wolter (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band II, 9. Aufl. (2016), § 46 Rn. 125; Kühl, in: Lackner/Kühl (Fn. 3), § 46 Rn. 33; Zur Diskussion im englischsprachigen Raum, ob die Wissentlichkeit nur ein Unterfall der Absicht oder sogar mit ihr identisch ist vgl. etwa Williams Cambridge Law Journal 46 (1987), 417; Kavenly Law Quarterly Review 120 (2004), 81, 83 ff.

[33] Vgl. Schmitz ZStW 112 (2000), 301, 329 f.

[34] Rz. 25 mit der Begründung, die erstrebte Tötung sei im Vergleich zur wissentlich ausgeführten "in besonderem Maße mit einem sozialen Unwerturteil belegt". Entscheidend ist jedoch, ob dieses Unwerturteil näher begründet werden kann; dazu im Text.

[35] Tötungsdelikt (Fn. 10), S. 148 ff. Zum gleichen Ergebnis kommen Fahl, Regeltatbild (Fn. 9), S. 153 f.; Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 93, 208; tendenziell auch Stahl, Strafzumessungstatsachen (Fn. 29), S. 129; Nach Zaibert, Five Ways Patricia Can Kill Her Husband (2005), liegt die Besonderheit von Absichten darin, dass sie den Akteur besonders stark auf sein Ziel festlegen (S. 209 und passim). Aber neben dem Beabsichtigen eines Ereignisses ist auch das sichere Wissen um dessen Eintritt eine Festlegung auf das Ereignis.

[36] Grünewald , Tötungsdelikt (Fn. 10), S. 159; ohne nähere Begründung ähnlich Zaibert, Five Ways (Fn. 35), S. 175 f.

[37] Vgl. auch Frisch ZStW 99 (1987), 751, 768 f.; Puppe, in: NK (Fn. 12), § 15 Rn. 106.

[38] Vgl. die Nachweise o. Fn. 1.

[39] Fahl , Regeltatbild (Fn. 9), S. 27 ff. mwN; Neumann StV 1991, 256, 257.

[40] Insoweit richtig ausgeführt vom 2. Senat, Rz. 29 ff; aus der Literatur insbesondere Hettinger JZ 1982, 849, 850 f.; Fahl, Regeltatbild (Fn. 9), S. 92 ff.; Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 207 f.

[41] Vgl. Niemöller GA 2012, 337, 351, der von einer "fast babylonischen Sprachverwirrung" spricht.

[42] Neumann StV 1991, 256, 259.

[43] Einen Überblick über Terminologie und Meinungsbild gibt Fahl, Regeltatbild (Fn. 9), S. 121 ff.

[44] Frisch GA 1989, 338, 345 f.; Neumann StV 1991, 256, 259; gerade dafür aber Foth JR 1985, 397, 398.

[45] Eschelbach , in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 196, 199; Niemöller GA 2012, 337, 343, 351; vgl. auch Weßlau StV 1991, 259, 260.

[46] Rz. 32.

[47] Ablehnend Foth JR 1985, 397.

[48] Neumann , in: Festschrift für Spendel (1992), S. 435, 447 f.; Theune, in: LK (Fn. 3), § 46 Rn. 64; so verstand aber der Große Senat des BGH den Begriff, BGHSt 34, 345, 351.

[49] Gegen eine statistische Festlegung überzeugend Neumann, in: Festschrift für Spendel (1992), S. 435, 445 ff.; jüngst Hettinger, Festschrift für Frisch (2013), S. 1153, 1165 f.; differenzierend Frisch GA 1989, 338, 355 ff.

[50] Mit diesem Beispiel auch schon Frisch GA 1989, 338, 356; Weßlau StV 1991, 259, 260; Hörnle, Strafzumessung (Fn. 31), S. 382 f.

[51] Allg. Meinung, vgl. nur Roxin, AT/1 (Fn. 5), 20/1; Frisch GA 1989, 338, 356.

[52] Hörnle , Strafzumessung (Fn. 31), S. 382 f.; Frisch GA 1989, 338, 348 f.; Weßlau StV 1991, 259, 260.

[53] Hörnle , Strafzumessung (Fn. 31), S. 384.

[54] Im Ergebnis ähnlich Frisch GA 1989, 338, 372 ff; Hörnle HRRS 2006, 75, 77 f., nach der "für den Kern der Unrechtsbewertung Umstände wichtig sind, die mit dem Maßstab ‘normativer Normalfall‘ nicht zu erfassen sind"; vgl. auch Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 77; Theune, in: LK (Fn. 3), § 46 Rn. 66. Es erscheint demnach insgesamt sinnvoll, die Figur des Normalfalles für sekundäre Strafzumessungfaktoren anzuwenden: hat man per Betrachtung der wichtigsten Unrechtsmerkmale eine Einstiegsstelle in den Strafrahmen gefunden, kann etwa die Armut des Täters im Rahmen dessen wirtschaftlicher Verhältnisse (§ 46 Abs. 2) strafmildernd berücksichtigt werden. Entgegen BGH NStZ 2017, 277, 278 m. zust. Anm. Kett-Straub kommt es im Rahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht darauf an, ob die "konkrete Tatsituation infolge einer Beteiligung von mehr als zwei Personen" gefährlicher wurde: der gesetzliche Qualifikationstatbestand begnügt sich für den schärferen Strafrahmen mit der abstrakten Erhöhung der Gefährlichkeit durch eine gemeinschaftliche Tatbegehung. Diese ist aber bei drei Beteiligten noch einmal höher als bei zweien.

[55] Die hohe Bedeutung des Handlungsunrechts betont auch Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 76

[56] Ähnlich Hörnle, Strafzumessung (Fn. 31), S. 384.

[57] BGHSt 27, 2, 4; Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 195.

[58] Zu diesem Kriterium Rüßmann, in: Koch (Hrsg.), Juristische Methodenlehre und analytische Philosophie (1976), S. 242, 255 ff.; Neumann, in: Festschrift für Hamm (2008), S. 525, 534 ff.; Grosse-Wilde HRRS 2009, 363, 364 ff.; Schroth JR 1990, 93, 95 ff.

[59] Grosse-Wilde , in: Einheit (Fn. 11), S. 141, 145; kritisch zur gegenwärtigen Praxis Eschelbach, in: S/S/W (Fn. 4), § 46 Rn. 3; aus Kapazitätsgründen skeptisch zu einer weitergehenden revisionsrechtlichen Kontrolle der Strafzumessung Hörnle, in: Schumann (Hrsg.), Das strafende Gesetz im sozialen Rechtsstaat (2010), S. 105, 122. Im Rahmen der Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und Fahrlässigkeit wird die Aufstellung von Rechtsregeln dringlich eingefordert von Puppe ZIS 2014, 66, 70; zust. Leitmeier HRRS 2016, 244, 246 ff.; dagegen Fischer ZIS 2014, 97, 100 f.

[60] So v.a. die Rechtsprechung, vgl. nur das Zitat o. Fn. 9; in der Tendenz auch Foth JR 1985, 397 f.

[61] Dazu Frisch GA 1989, 338, 344: "Aber wie dieser Einzelfall mit seinen spezifischen Umständen zu bewerten ist, läßt sich nicht durch ein noch so langes Versenken in die Details und Wechselwirkungen des Einzelfalles beantworten, sondern nur dadurch, daß man diesen Einzelfall – mit all seinen Besonderheiten – an den je relevanten Bewertungsmaßstäben mißt" (Betonung Original); zust. Niemöller GA 2012, 337, 341: "nicht nur unbestimmt, sondern nichtssagend".

[62] Schmid ZStW 85 (1973), 360, 396.

[63] Grosse-Wilde HRRS 2009, 363, 371 f.; Puppe, in: Festschrift für Paeffgen (2015), S. 655, 658; vgl. auch dies., Kleine Schule des juristischen Denkens, 3. Aufl. (2014), S. 109 f.