HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juli 2014
15. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

UK Bribery Act 2010 : Einführung in die Straftatbestände der Bestechung ausländischer Amtsträger und die Strafbarkeit von Unternehmen

Von RA Dr. Matthias M. Weiß, Mannheim

I. Einleitung

Der UK Bribery Act 2010 trat am 1. Juli 2011 in Kraft. Das Gesetz stellt lediglich Bestechungshandlungen unter Strafe, andere Fälle von "white collar crime" sind nicht erfasst. Der UK Bribery Act 2010 ist eines der schärfsten Anti-Korruptionsgesetze weltweit:

  • Es gilt für Privatunternehmen und die Öffentliche Hand;
  • aktive und passive Bestechung sind strafbar;
  • ein zielgerichteter Bestechungsvorsatz (sog. corrupt intent) wird – anders als etwa beim US Foreign Corrupt Practices Act[1] – gerade nicht verlangt;
  • es wird eine verschuldensunabhängige Unternehmensstrafbarkeit[2] normiert, die in jeder Hinsicht sehr weit reicht.

Der Beitrag führt ein in die in der Überschrift genannten besonders praxisrelevanten Straftatbestände des Bribery Act. Die Ausführungen konzentrieren sich daher zum einen auf die (aktive) Bestechung ausländischer Amtsträger (Bribery of foreign public officials), geregelt in s 6[3] (dazu unter II.). Zum anderen auf die Unternehmensstrafbarkeit, geregelt in s 7 (dazu unter III.). Denn in beiden Fällen ist das Strafbarkeitsrisiko aufgrund der Weite des jeweiligen Tatbestandes hoch. Bei einer Verurteilung wegen der Bestechung ausländischer Amtsträger drohen dem Täter eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren[4], die Geldbußen für Unternehmen sind in der Höhe unbegrenzt.[5] Am Ende des Beitrags steht eine Zusammenfassung (unter IV.).

II. Bestechung ausländischer Amtsträger (s. 6)

1. Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich von s 6 (Bribery of foreign public officials) ist zum einen dann eröffnet, wenn die Bestechungshandlung im UK stattfindet.[6] Der Anwendungsbereich kann aber auch dann eröffnet sein, wenn im Ausland bestochen wurde. In diesem Fall kommt eine Strafbarkeit aber nur dann in Betracht, wenn der Täter eine enge Verbindung (close connection) zum UK hat.[7] Wichtigste Fälle: Der Täter ist britischer Staatsbürger oder hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im UK.[8]

2. Tatbestandsvoraussetzungen

Strafbar ist, wer einem ausländischen Amtsträger einen finanziellen oder sonstigen Vorteil zukommen lässt. Dies gilt aber nur dann, wenn der Täter dabei im Sinn hat, den ausländischen Amtsträger in dieser Eigenschaft zu beeinflussen. Außerdem muss er beabsichtigen, Aufträge zu erhalten oder zu behalten ("obtain or retain business" ) oder Vorteile bei der Durchführung von Geschäften zu erhalten oder zu behalten ("obtain or retain an advantage in the conduct of business"). Zwischen dem zugewandten Vorteil und dem Willen den ausländischen Amtsträger zu beeinflussen muss eine innere Verknüpfung bestehen. Folgende Punkte sind zu beachten:

  • Es spielt keine Rolle, ob die Bestechung unmittelbar oder durch einen "Mittelsmann" erfolgt[9];
  • auch das Zuwenden von Vorteilen an Dritte auf Verlangen des ausländischen Amtsträgers oder mit seiner Zustimmung ist tatbestandsmäßig[10];
  • ein wie auch immer geartetes Ausnutzen der Position des ausländischen Amtsträgers genügt (sein Zuständigkeitsbereich hat keinen Einfluss auf die Strafbarkeit).

Aber welche Personen fallen unter ausländischer Amtsträger (foreign public official)? Das Gesetz unterscheidet drei Gruppen:

  • Solche, die eine Funktion in der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz innehaben in einem Land oder Gebiet außerhalb des UK (gewählte und ernannte Personen fallen darunter);
  • solche, die eine öffentliche Funktion für ein Land außerhalb des UK wahrnehmen (oder für ein öffentliches Unternehmen in diesem Land), etwa eine Gesundheitsbehörde.
  • solche, welche eine "public international organisation" (eine Organisation, die aus Ländern oder Regierungen besteht, etwa UN bzw. Weltbank) vertreten.

Unternehmen in der Privatwirtschaft sind vom Begriff "Öffentliches Unternehmen" nicht erfasst; auch dann nicht, wenn der Staat der Mehrheitsgesellschafter oder sogar einzige Gesellschafter ist.[11]

3. Ausschluss der Strafbarkeit

Eine Strafbarkeit scheidet aber aus, wenn die Beeinflussung nach dem auf den ausländischen Amtsträger anwendbaren geschriebenen Recht erlaubt ist. Die Strafverfolger müssen beweisen, dass dies nicht der Fall ist.[12] Weder lokale Bräuche noch Rechtsirrtümer hindern eine Strafbarkeit. Um das anwendbare geschriebene Recht zu ermitteln, sieht der UK Bribery Act eine gestufte Prüfungsreihenfolge vor[13]:

  • Wenn die Handlung des ausländischen Amtsträgers, die der Täter beeinflussen möchte, dem Recht eines Teils des UK (England/Wales/Schottland oder Nordirland) untersteht, gilt das Recht dieses Teils;
  • wenn das Recht dieses Teils nicht gilt und der ausländische Amtsträger eine öffentliche Funktion für eine "public international organisation" ausübt, gilt das auf diese Organisation anwendbare Recht;
  • gilt weder das Recht eines Teils des UK noch das Recht einer "public international organisation" so gilt das Recht des Landes, für das der ausländische Amtsträger tätig ist (Recht meint hier auch richterliche Entscheidungen, wenn diese schriftlich veröffentlicht wurden).[14]

Dieser Ausschluss der Strafbarkeit erlangt insbesondere in folgender Konstellation Bedeutung: In Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen werden oft zusätzliche Investitionen in die lokale Wirtschaft verlangt. Damit kann ein Vorteil für einen ausländischen Amtsträger einhergehen. Solche Vorteile sind aber oft erlaubt nach dem auf den ausländischen Amtsträger anwendbaren Recht.[15]

4. Handlungsempfehlung

Die voranstehenden Ausführungen machen deutlich: Beim Umgang mit ausländischen Amtsträgern ist besondere Vorsicht geboten. Denn die Grenze zur Strafbarkeit ist schnell überschritten. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Bestechung ausländischer Amtsträger die Unternehmensstrafbarkeit nach s 7 auslösen kann (s.u. III., 1. unter d)). Kenne deine Geschäftspartner, heißt also die Devise. Vor diesem Hintergrund hat sich die Erstellung einer sog. Risk List bewährt, welche sog. politically exposed persons (Minister, Richter, Repräsentanten der Weltbank etc.) enthält. Die Personen im Unternehmen, die für den Bereich Akquise/Kundenpflege zuständig sind, sollten jedenfalls wissen, wann sie es mit einem ausländischen Amtsträger zu tun haben. Schließlich sollten die Compliance-Richtlinien des Unternehmens das Strafbarkeitsrisiko berücksichtigen. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass man dem ausländischen Amtsträger die Reisekosten nur dann erstattet werden, wenn keine Treffen bei ihm vor Ort möglich ist. Der ausländische Amtsträger sollte nicht zu reinen Vergnügungsreisen eingeladen werden. Denn hier drängte sich den Strafverfolgern der Verdacht auf, dass das Unternehmen den ausländischen Amtsträger beeinflussen will. Die Folge sind strafrechtliche Ermittlungen. Aber wie kann man bereits den Anschein einer solchen Einflussnahme vermeiden? Die wichtigste Regel lautet: Auf den geschäftlichen Bezug achten. Dies kann etwa dadurch dokumentiert werden, dass dem ausländischen Amtsträger im Anschluss ein Memo übermittelt wird, in dem der wesentliche Inhalt der Besprechung zusammengefasst wird. Schließlich sollte sich die Einladung auf den ausländischen Amtsträger beschränken; Reiskosten Dritter, die in

einer engen Beziehung zum ausländischen Amtsträger stehen (Ehe- oder Lebenspartner, Kinder etc.), sollten nicht übernommen werden. Bezüglich der für den ausländischen Amtsträger übernommenen Kosten gilt: Eine Reise in der Business Class ist unproblematisch, die First Class kann das Misstrauen der britischen Strafverfolger erwecken. Das Gleiche gilt sinngemäß für Hotels: Schön darf die Unterkunft sein, der ausländische Amtsträger sollte aber nicht in einer Suite des Hotels nächtigen.

III. Unternehmensstrafbarkeit (s 7)

1. Tatbestandsvoraussetzungen

a) Übersicht

Ein Unternehmen ("relevant commercial organisation") ist strafbar, wenn eine Person, die mit diesem Unternehmen verbunden ist ("asscociated person"), eine andere Person besticht ("bribes another person"). Diese verbundene Person muss bestechen, um Aufträge für das Unternehmen zu erhalten oder zu behalten ("intention to obtain or retain business") oder Vorteile für das Unternehmen bei der Durchführung von Geschäften zu erhalten oder zu behalten ("intention to obtain or retain an advantage in the conduct of business"). Das Unternehmen haftet auch ohne Verschulden. Es ist aber ausnahmsweise dann nicht strafbar, wenn es nachweisen kann, dass es angemessene Vorkehrungen ("adequate procedures") getroffen hat, um Bestechungshandlungen durch mit ihm verbundene Personen zu verhindern (dazu III. unter 2.).[16] Im Folgenden werden die Schlüsselbegriffe des Tatbestandes näher erläutert.

b) relevant commercial organisation[17]

Darunter fallen Körperschaften bzw. Partnerschaften, die nach dem Recht eines Teils des UK gegründet wurde und die unternehmerisch tätig ist; im UK oder irgendwo anders. Außerdem fällt jedwede andere Körperschaft bzw. Partnerschaft darunter (irrelevant wo gegründet), wenn sie wenigstens einen Teil ihrer Geschäfte im UK betreibt. Ist diese Voraussetzung, also das Betreiben eines Teils von Geschäften im UK gegeben, ist es für eine Strafbarkeit ohne Bedeutung, ob die Bestechungshandlung im UK oder irgendwo sonst auf der Welt begangen wurde.[18] Die Strafverfolgungsbehörden/Gerichte im UK sind dann zuständig.[19] Es muss keine – über das (teilweise) Betreiben von Geschäften im UK hinausgehende – Verbindung zwischen Bestechungshandlung und UK geben. Mit anderen Worten: Wird im (falsch verstandenen) Unternehmensinteresse bestochen, steht und fällt die Strafbarkeit mit dem "(teilweisen) Betreiben von Geschäften im UK". Zwar existiert dazu bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung, das rechtswissenschaftliche Schrifttum in Deutschland und im UK legen diese Voraussetzung tendenziell aber eher weit aus: Es genügt, wenn Waren über das Internet im UK verkauft werden.[20] Weiter ist es ausreichend, wenn ein (deutsches) Unternehmen eine Zweigniederlassung, Repräsentanz, Produktions-, oder Betriebsstätte im UK betreibt.[21] Teile des Schrifttums halten sogar eine einmalige Kundenbeziehung im UK für ausreichend.[22] Alles in allem sollten sich (deutsche) Unternehmen darauf einstellen, dass die Schwelle zum "Betreiben von Geschäften im UK" schnell überschritten wird.

c) associated person[23]

Wenn eine Person Dienste im Auftrag oder für das Unternehmen leistet, ist sie mit dem Unternehmen verbunden. Ausweislich der Guidance zum Bribery Act sind sämtliche Personen erfasst, die für das Unternehmen bestechen können.[24] Weder die Zuständigkeit noch die Funktion der verbundenen Person spielen eine Rolle.[25] Natürliche und juristische Personen fallen darunter.[26] Der Bribery Act erwähnt ausdrücklich Arbeitnehmer des Unternehmens, Vertreter oder Tochtergesellschaften.[27] Bei Arbeitnehmern wird widerleglich vermutet, dass sie mit dem Unternehmen verbunden sind.[28] Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Auch Lieferanten können grundsätzlich eine associated person sein; dies gilt aber nicht, wenn sie lediglich Verkäufer sind und keine weiteren Dienstleistungen erbringen.[29] Joint Ventures sind besonders haftungsträchtig. Denn die Joint Venture Partner können miteinander verbunden sein. Je höher der Grad der Einflussnahmen auf das Joint Venture, desto höher das Haftungsrisiko. Entscheidend für die Haftung ist die Ausgestaltung des Joint Ventures:[30] Wird eine gemeinsame Joint Venture Gesellschaft durch die Joint Venture Partner gegründet, so haftet der jeweilige Joint Venture Partner (der jeweilige Gesellschafter der Joint Venture Gesellschaft) nicht zwingend für Bestechungen durch die gemeinsame Joint Venture Gesellschaft. Gibt es hingegen keine gemeinsame Joint Venture Gesellschaft, sondern sind die Joint Venture Partner lediglich über Verträge verbunden (sog. vertragliches Joint Venture), so gelten die allgemeinen Kriterien. Entscheidend ist also, ob Dienste erbracht werden und daher der Vertragspartner als associated person einzustufen ist.

d) bribes another person

Dieses Tatbestandsmerkmal verlangt, dass eine asscociated person wegen aktiver Bestechung (s 1) oder Bestechung eines ausländischen Amtsträgers (s 6) strafbar wäre. Die

asscociated person ist (bzw. wäre) auch dann strafbar, wenn die Bestechung "erfolglos" war. Es ist irrelevant, ob die Tat verfolgt wurde oder nicht.[31] Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob die associated person im UK ansässig oder britischer Staatsbürger ist.

e) intention to obtain or retain business

Der im Rahmen der Bestechung gewährte Vorteil muss zugewandt worden sein, um Vorteile für das Unternehmen zu generieren. Das Unternehmen haftet nicht, wenn die associated person (nur) im eigenen Interesse besticht. Die associated person kann freilich dennoch wegen aktiver Bestechung (s 1) oder Bestechung eines ausländischen Amtsträgers (s 6) strafbar sein.

2. Ausschluss der Strafbarkeit

Eine Strafbarkeit des Unternehmens scheidet aus (obwohl eine associated person bestochen hat), wenn das Unternehmen angemessene Vorkehrungen (adequate procedures)[32] getroffen hat, um Korruption zu unterbinden. Dies muss das Unternehmen beweisen. Es gelten die (abgeschwächten) zivilrechtlichen Anforderungen an die Beweisführung (balance of probabilities). Im Kern muss das Unternehmen darlegen und beweisen, dass die Bestechungshandlung durch einen kriminellen Einzeltäter begangen wurde, der sich eigenmächtig über bestehende Compliance-Richtlinien hinwegsetzte.[33] Die übrigen Voraussetzungen, welche die Strafbarkeit begründen, müssen die Strafverfolger, wie sonst auch im englischen Strafprozess, "beyond reasonable doubt" (deutlich strenger als balance of probabilities) beweisen. Die vom Ministry of Justice herausgegebene Guidance zum Bribery Act liefert Unternehmen Anhaltspunkte dafür, wann die Vorkehrungen angemessen sind (sog. Six Principles).[34] Wenn ein Unternehmen diese Six Principles beachtet, und ihre Umsetzung auf sein Korruptionsrisiko zuschneidet, kann es sein Strafbarkeitsrisiko deutlich verringern. Die Six Principles werden nachfolgend kurz dargestellt:[35]

1. Analyse des unternehmensspezifischen Korruptionsrisikos ("risk assessment")

Das Unternehmen sollte sämtliche verfügbaren Informationsmöglichkeiten ausschöpfen. Führungskräfte und Mitarbeiter sollten zu den unternehmensspezifischen Risikofeldern befragt werden. In einige Branchen ist das Korruptionsrisiko höher als in anderen. Freilich verbieten sich generelle Aussagen, aber erfahrungsgemäß sind etwa die Branchen Öl, Gas und Pharma besonders gefährdet.

2. Schaffung verständlicher und angemessener Compliance-Richtlinien und Strukturen zur Verhinderung von Korruption ("proportionate procedures")

Die Richtlinien sollten die Ergebnisse aus der Analyse des unternehmensspezifischen Korruptionsrisikos berücksichtigen. Es bietet sich an, zwischen einzelnen Ländern zu unterscheiden: Zusätzlich zu einer generellen Richtlinie, die für das ganze Unternehmen bzw. den ganzen Konzern gilt, empfiehlt es sich, spezielle Richtlinien für einzelne Länder zu erlassen, in denen das Unternehmen tätig ist. Sämtliche Richtlinien sollten anschaulich formuliert werden. Beispiele, die aufzeigen, wie man sich in bestimmten Situationen verhält, haben sich bewährt. Verstöße gegen die Compliance-Richtlinien sollten mit Sanktionen versehen werden, die Arbeitsverträge können entsprechende Klauseln vorsehen. Auch die Einrichtung einer Whistleblower-Hotline mag angedacht werden.

3. Korruptionsbekämpfung als Chefsache ("top-level-commitment")

Allen Unternehmensangehörigen sollte unmissverständlich vor Augen stehen: Die Unternehmensleitung duldet keine Korruption. Aus der Sicht der Unternehmensleitung bieten sich verschiedene Kommunikationswege an: z.B. Emails an alle Unternehmensangehörige, eine Aushang am Schwarzen Brett oder (auch) die Presse. Der Weg über die Presse hat aus der Sicht des Unternehmens den Vorteil, dass ohne spürbaren finanziellen Aufwand die Reputation des Unternehmens gesteigert werden kann. Dies kann sich positiv auf das Verhältnis zu kreditgebenden Banken und Geschäftspartnern auswirken. Schließlich sollte Korruptionsbekämpfung regelmäßiges Thema in den Sitzungen der obersten Führungsebene des Unternehmens sein. Die Ernennung eines Chief Compliance Officers ist ein weiterer Baustein.

4. Fortlaufende Überprüfung von Geschäftspartner ("due diligence")

Eine Recherche im Internet über den Geschäftspartner ist ein erster Schritt. Auch bei der jeweiligen Handelskammer, die für das Land zuständig ist, dem der Geschäftspartner entstammt, können ggf. Informationen eingeholt werden. Insbesondere dann, wenn eine langfristige Vertragsbeziehung bezweckt wird, sollte der Vertrag eine Compliance-Klausel enthalten (Recht zur Kündigung des Vertrages bei Compliance-Verstößen der Gegenseite)

5. Umsetzung im Unternehmen ("communication including training")

Sämtliche Unternehmensangehörige sollten zum Inhalt der Compliance-Richtlinien geschult werden. Neben einer Basisschulung, an der alle Unternehmensangehörige teilnehmen, bieten sich spezielle Schulungen für einzelne Unternehmensbereiche an. Denn typische Risikofelder im Vertrieb unterscheiden sich von denen im Marketing. Ein Compliance-Newsletter verursacht wenig Aufwand, trägt aber dazu bei, Compliance im Bewusstsein der Belegschaft zu verankern.

6. Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der erlassenen Richtlinien ("monitoring und review")

Nur eine regelmäßige Überprüfung der bestehenden Compliance-Richtlinien stellt sicher, dass diese der jeweils aktuellen Rechtslage gerecht werden. Außerdem sollten Erfahrungswerte der Vergangenheit berücksichtigt werden. Unternehmensangehörige sämtlicher Hierarchiestufen sollten dazu befragt werden, wie die bestehenden Compliance-Richtlinien weiter verbessert werden können.

3. Handlungsempfehlung

Die Handlungsempfehlung ergibt sich aus den vorangehend dargestellten Six Principles: Bestehende Risiken sollten identifiziert und gewichtet werden. Das Unternehmen sollte verständliche Compliance-Richtlinien erlassen. Erlassene Compliance-Richtlinien sollten regelmäßig überprüft werden. Die Unternehmensspitze sollte deutlich machen, dass sie Korruption nicht duldet. Außerdem sollten Unternehmensangehörige sämtlicher Hierarchieebenen zum Inhalt der Compliance-Richtlinien geschult werden. Schließlich sollten Informationen zu (potentiellen) Geschäftspartnern eingeholt werden; am Anfang kann eine Internetrecherche stehen.

IV. Zusammenfassung

1. Der UK-Bribery Act 2010 trat am 1. Juli 2011 in Kraft. Das Gesetz ist eines der schärfsten Korruptionsgesetze weltweit. Insbesondere die Unternehmensstrafbarkeit (s 7) sowie die Bestechung ausländischer Amtsträger (s 6) reichen weit. Bei einer Verurteilung wegen Bestechung ausländischer Amtsträger drohen dem Täter eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren. Die Geldbußen für Unternehmen sind in ihrer Höhe unbegrenzt.

2. Der Anwendungsbereich der Bestechung ausländischer Amtsträger ist zum einen eröffnet, wenn die Bestechungshandlung im UK stattfindet. Aber auch dann, wenn der ausländische Amtsträger im Ausland bestochen wird, kommt eine Strafbarkeit in Betracht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Täter eine enge Verbindung zum UK hat (britischer Staatsbürger bzw. gewöhnlicher Aufenthalt im UK).

3. Der Straftatbestand der Bestechung ausländischer Amtsträger ist einschlägig, wenn der Täter dem ausländischen Amtsträger einen finanziellen oder sonstigen Vorteil zukommen lässt. Er muss den ausländischen Amtsträger in seiner Eigenschaft als ausländischer Amtsträger beeinflussen wollen. Außerdem muss er beabsichtigen, sich Vorteile im Geschäftsverkehr zu verschaffen (etwa Aufträge). Es spielt für die Strafbarkeit keine Rolle, ob die Bestechung unmittelbar oder durch einen Mittelsmann erfolgt. Der Zuständigkeitsbereich des ausländischen Amtsträgers hat keinen Einfluss auf die Strafbarkeit. Unter "ausländische Amtsträger" fallen gewählte und ernannte Personen, die eine öffentliche Funktion etwa in der Verwaltung oder der Gesetzgebung innehaben. Aber auch Personen, die eine "public international organisation" (etwa UN, Weltbank) vertreten, fallen darunter. Eine Strafbarkeit scheidet aus, wenn die Beeinflussung erlaubt ist nach dem auf den ausländischen Amtsträger anwendbaren Recht.

4. Beim Umgang mit ausländischen Amtsträgern ist besondere Vorsicht geboten. Die Personen im Unternehmen, die mit dem Bereich Akquise/Kundenpflege betraut sind, sollten jedenfalls wissen, wann sie es mit einem ausländischen Amtsträger zu tun haben. Insbesondere die Erstellung einer sog. Risk List, welche die Namen von ausländischen Amtsträgern enthält, hat sich bewährt. Wird der ausländische Amtsträger eingeladen, sollte auf den geschäftlichen Bezug geachtet werden. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte im Blick behalten werden (keine Reisen in der First Class, keine Hotelsuite).

5. Ein Unternehmen ist strafbar, wenn eine Person, die mit diesem Unternehmen verbunden ist (sog. associated person), eine andere Person besticht. Dies gilt aber nur dann, wenn die associated person besticht, um Aufträge für das Unternehmen zu erhalten. Das Unternehmen haftet auch ohne Verschulden. Associated person ist weit zu verstehen: Natürliche und juristische Personen fallen darunter. Joint Ventures sind besonders haftungsträchtig.

6. Das Unternehmen ist aber dann nicht strafbar, wenn es nachweisen kann, dass es angemessene Vorkehrungen getroffen hat, um Bestechungshandlungen durch mit ihm verbundene Personen zu verhindern. Das Unternehmen muss darlegen und beweisen, dass die Bestechung durch einen kriminellen Einzeltäter begangen wurde, der sich eigenmächtig über bestehende Compliance-Richtlinien hinwegsetzte. Die vom Ministry of Justice herausgegebene Guidance zum Bribery Act liefert Unternehmen Anhaltspunkte dafür, wann die Vorkehrungen angemessen sind. Wenn ein Unternehmen diese Six Principles beachtet, und ihre Umsetzung auf sein Korruptionsrisiko zuschneidet, kann es sein Strafbarkeitsrisiko deutlich verringern.


[1] Überblick zum Foreign Corrupt Practices Act: Cohen/Holland CCZ 2008, 7.

[2] Walther/Zimmer RIW 2011, 202; Klengel/Dymek HRRS 2011, 24; Hugger/Röhrich BB 2010, 2647; Weiß CB 2013, 225.

[3] S = section (entspricht dem deutschen "§"; s ohne Gesetzesangabe sind solche des UK Bribery Act 2010); der Gesetzestext ist abrufbar unter http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2010/23/contents (Abruf: 29.4.2014).

[4] S 11.1.

[5] S 11.3.

[6] S 12.1.

[7] S 12.2.c.

[8] Im Detail: s 12.4.

[9] S 6.3.a.i.

[10] S 6.3.a.ii.

[11] Horder/Alldridge, Modern Bribery Law (2013), S. 27.

[12] Raphael, The Bribery Act 2010 (2010), S. 51.

[13] S 6.7.

[14] S 6.7.c.ii.

[15] Sog. offset scenario; dazu: Lawler, Anti-Bribery and Corruption, 1. Auflage (2012), S. 89.

[16] S 7.2.

[17] S 7.5.

[18] S 12.5.

[19] S 12.6.

[20] Lawler (Fn. 15), S. 162.

[21] Walther/Zimmer RIW 2011, 202; Klengel/Dymek HRRS 2011, 24.

[22] Hugger/Röhrich BB 2010, 2646.

[23] S 8.

[24] Guidance zum Bribery Act: http://www.justice.gov.uk/downloads/legislation/bribery-act-2010-guidance.pdf (Abruf: 2.5.2014), S. 16.

[25] S 8.2.

[26] Horder/Alldridge (Fn. 11), S. 29.

[27] S 8.3.

[28] S 8.5.

[29] Guidance zum Bribery Act: http://www.justice.gov.uk/downloads/legislation/bribery-act-2010-guidance.pdf (Abruf: 2.5.2014), S. 16.

[30] Guidance zum Bribery Act: http://www.justice.gov.uk/downloads/legislation/bribery-act-2010-guidance.pdf (Abruf: 2.5.2014), S. 16.

[31] S 7.3.

[32] S 7.2.

[33] Lawler (Fn. 15), S. 92.

[34] Guidance zum Bribery Act: http://www.justice.gov.uk/downloads/legislation/bribery-act-2010-guidance.pdf (Abruf: 2.5.2014), S. 20 ff.

[35] Ausführlich zur Einrichtung eines Compliance-Programms mit Blick auf diese Six Principles und z.T. hier aufgegriffen: Lawler (Fn. 15), S. 259 sowie Fox, Best Practices under the FCPA and Bribery Act (2013), S. 191.