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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 912

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 289/16, Beschluss v. 03.08.2016, HRRS 2016 Nr. 912


BGH 5 StR 289/16 - Beschluss vom 3. August 2016 (LG Frankfurt (Oder))

Keine unzulässige Beschränkung der Verteidigung bei ausgeschlossener Kausalität zwischen Verfahrensverstoß und Urteil.

§ 338 Nr. 8 StPO

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt an der Oder vom 9. März 2016 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenund Adhäsionsklägern durch seine Revision entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Zur Verfahrensbeanstandung des Angeklagten, er sei in einem wesentlichen Punkt in seiner Verteidigung beschränkt worden (§ 338 Nr. 8 StPO), weil ihm die nach § 207 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 StPO nachzureichende Anklageschrift nicht spätestens mit der Ladung zum Termin zugestellt (§ 215 Satz 2 StPO), sondern erst nach Beginn der Hauptverhandlung ausgehändigt worden sei, bemerkt der Senat ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts:

Eine Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO liegt nur dann vor, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 327 f.). Vorliegend ist ein solcher Zusammenhang auszuschließen, weil eine Beeinträchtigung der Möglichkeiten des Angeklagten, sich ausreichend auf die Verteidigung gegen die noch angeklagten Tatvorwürfe vorzubereiten (Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. b MRK), durch die Ablehnung seines Antrags auf Unterbrechung der Hauptverhandlung um eine Woche nicht vorlag. Denn der Verteidigung war bereits seit Zustellung des - teilweise die Eröffnung des Verfahrens ablehnenden - Eröffnungsbeschlusses am 1. Oktober 2015 bekannt, welche der ursprünglich angeklagten Tatvorwürfe noch Gegenstand des Verfahrens sein werden. Durch die in der Hauptverhandlung vom 2. März 2016 nachgereichte Anklageschrift hat sich hieran nichts geändert, weil lediglich die Tatvorwürfe, hinsichtlich derer das Hauptverfahren nicht eröffnet worden war, nicht mehr aufgeführt waren; das Beweismittelverzeichnis und das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen blieben unverändert, so dass eine Beeinträchtigung der Verteidigung des durchweg schweigenden Angeklagten nicht ersichtlich ist.

Soweit das Landgericht im Urteilstenor und im Rubrum den Tag der Urteilsverkündung unzutreffend angegeben hat, wird es dies zu berichtigen haben. Ein den Bestand des Urteils beeinträchtigender Rechtsfehler (vgl. § 275 Abs. 3 StPO) ist hierin nicht zu erkennen.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 912

Bearbeiter: Christian Becker