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HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 733

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 132/07, Urteil v. 04.07.2007, HRRS 2007 Nr. 733


BGH 5 StR 132/07 - Urteil vom 4. Juli 2007 (LG Potsdam)

Gewerbsmäßige Geldfälschung; Strafzumessung (Beurteilungsspielraum des Tatrichters bei der Aussetzung zur Bewährung; Bewährungsbruch; Gesamtwürdigung).

§ 146 Abs. 2 StGB; § 56 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 146 Abs. 2 StGB setzt keinen tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg voraus. Vielmehr reicht es aus, wenn die Absicht, sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, bereits bei der Begehung der ersten Tat besteht.

Entscheidungstenor

Die Revisionen des Angeklagten C. und die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 29. September 2006 werden mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte C. der gewerbs- und bandenmäßigen Geldfälschung sowie der versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Geldfälschung schuldig ist.

Der Angeklagte C. trägt die Kosten seines Rechtsmittels, die Staatskasse die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen bandenmäßiger Geldfälschung und versuchter bandenmäßiger Geldfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten L. hat es wegen Beihilfe zur versuchten bandenmäßigen Geldfälschung sowie wegen bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren - unter Strafaussetzung zur Bewährung - verhängt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte C. mit seinem auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel. Die Staatsanwaltschaft greift mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen das Urteil an und erstrebt bei dem Angeklagten C. eine Verurteilung auch wegen gewerbsmäßiger Geldfälschung und wendet sich gegen die Strafzumessung; hinsichtlich des Angeklagten L. beanstandet die Staatsanwaltschaft die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung. Diese vom Generalbundesanwalt teilweise vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleiben im Wesentlichen ohne Erfolg. Auch die Revision des Angeklagten C. greift nicht durch.

I.

Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

1. Der Angeklagte C. schloss sich im Januar 2004 mit vier anderweitig verfolgten Personen zusammen, um mit Hilfe des Li., eines aus Weißrussland stammenden Druckers mit Spezialkenntnissen im Bereich der Herstellung von Wertzeichen, Fälschungen von Banknoten verschiedener Währungen herzustellen. Die Gruppe hoffte, dadurch einen Gewinn von mindestens 50.000 Euro für jedes ihrer Mitglieder zu erwirtschaften. Da Li. nur zögerlich die Arbeit aufnahm und sich auch nicht besonders anstrengte, kam es lediglich zur Herstellung von ca. 100 falschen 100-Dollar-Noten, die allenfalls von durchschnittlicher Qualität waren. Einen Großteil hiervon vernichtete Li.; dieser nachgemachten Geldscheine konnten bei dem Halbbruder des Angeklagten C. sichergestellt werden.

2. Im Mai 2004 sollte ein neuer Anlauf für die Herstellung falscher Banknoten unternommen werden. Beteiligt waren neben Li. und dem Angeklagten C. noch Y. und G. Sie verlagerten die Fälscherwerkstatt nach Caputh auf das Gelände einer ehemaligen Großgärtnerei. Es kam aber lediglich zur Herstellung von Druckbögen für 50-Euro-Scheine.

Hierfür besorgte der Angeklagte L., der sich der Bande angeschlossen hatte, Druckfarben, Papier und Reinigungsmittel.

3. Auf dem Gelände der aufgelassenen Großgärtnerei, auf dem die Arbeiten zur Herstellung der gefälschten 50-Euro-Scheine stattfanden, beschloss die Bande - allerdings ohne Wissen des Angeklagten C. - Cannabispflanzen anzubauen. Nachdem ein erster Versuch fehlgeschlagen war, gelang es ihnen, 277 Cannabispflanzen zu züchten. Diese hatten eine Wuchshöhe von 5 bis 25 cm erreicht, als der Anbau durch die Polizei im Rahmen einer Durchsuchung entdeckt wurde.

II.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zwar zu einer Schuldspruchänderung beim Angeklagten C., bleiben aber im Übrigen ohne Erfolg.

1. Zutreffend rügt die Staatsanwaltschaft allerdings, dass hinsichtlich des Angeklagten C. das Landgericht nicht zugleich das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit angenommen hat. Der Strafausspruch hat dennoch Bestand.

a) Der Qualifikationstatbestand des § 146 Abs. 2 StGB enthält neben dem vom Landgericht rechtsfehlerfrei bejahten Merkmal der bandenmäßigen Begehung alternativ auch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit. Hierzu verhält sich das Landgericht in den Urteilsgründen nicht. Aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen ist - wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ausführt - dieses Tatbestandsmerkmal gleichfalls erfüllt. Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 146 Abs. 2 StGB setzt keinen tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg voraus. Vielmehr reicht es aus, wenn die Absicht, sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, bereits bei der Begehung der ersten Tat besteht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. vor § 52 Rdn. 62 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil - so die Feststellungen des Landgerichts - die Täter mit den angeschafften Druckanlagen jeweils mehrere Falschgeldserien auflegen wollten und sich hieraus erhebliche Einkünfte versprochen haben.

Da sich ausschließen lässt, dass der Angeklagte C. sich insoweit hätte anders verteidigen können, kann der Senat den Schuldspruch selbst ergänzen. Die Gewerbsmäßigkeit ist ein Qualifikationsmerkmal und deshalb in den Schuldspruch aufzunehmen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 260 Rdn. 25). Dies gilt unabhängig davon, dass mit der Bandenmäßigkeit bereits ein anderes Merkmal der Qualifizierung des § 146 Abs. 2 StGB im Schuldspruch ausgeurteilt worden ist.

b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft begegnet die Annahme eines minder schweren Falles der Geldfälschung durch das Landgericht im Fall 2 keinen Bedenken. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtwürdigung vorgenommen und rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Tat insoweit nicht zur Vollendung gelangte und der Tatbeitrag des Angeklagten C., der sich später nicht mehr um den weiteren Fortgang der Arbeiten kümmerte, verhältnismäßig gering war.

c) Der Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten C. kann insgesamt bestehen bleiben. Selbst wenn das Landgericht das Vorliegen des weiteren Qualifikationsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit nicht ausgeurteilt hat, nötigt dies nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat nämlich jeweils die auf erhebliche Vorteile aus der Tat gerichtete kriminelle Energie strafschärfend gewürdigt, was die Gewerbsmäßigkeit erfasst.

Es lässt sich deshalb ausschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Strafe gelangt wäre. Im Übrigen sind die verhängten Strafen auch angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a StPO.

2. Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die dem Angeklagten L. gewährte Strafaussetzung zur Bewährung bleiben ohne Erfolg. Das Landgericht hat den ihm innerhalb des § 56 StGB gegebenen weiten Beurteilungsspielraum nicht überschritten (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung 4; BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 5 StR 37/07 - und Urteil vom 23. Mai 2007 - 5 StR 97/07). Es hat trotz des Bewährungsbruchs (vgl. dazu BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 15), den es bei der Strafzumessung ausdrücklich erörtert (UA S. 26), mithin nicht etwa übersehen hat, angesichts neuer günstiger beruflicher und persönlicher Verhältnisse des Angeklagten diesem vertretbar eine günstige Prognose gestellt. Namentlich sind angesichts der Besonderheiten der letztlich erfolglos gebliebenen rechtsfehlerfrei als minder schwere Fälle bewerteten Taten die besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB bejaht worden.

III.

Die Revision des Angeklagten C. ist gleichfalls unbegründet.

Die umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Fall 2 nach Zubilligung eines minder schweren Falles den Strafrahmen des § 146 Abs. 3 StGB nicht nochmals nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB) gemildert hat. Im Hinblick auf die ausgeprägte kriminelle Energie im Wiederholungsfall war das Landgericht aus Rechtsgründen nicht gehalten, ohne Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes des Versuchs einen minder schweren Fall anzunehmen. Nach dem bereits hochwertige Druckvorlagen hergestellt waren, ist die Annahme einer gewissen Nähe zur Tatvollendung vertretbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 733

Externe Fundstellen: NStZ 2007, 638

Bearbeiter: Karsten Gaede