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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 698

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 227/05, Beschluss v. 12.07.2005, HRRS 2005 Nr. 698


BGH 5 StR 227/05 - Beschluss vom 12. Juli 2005 (LG Berlin)

Gesamtstrafenbildung (Entfallen der Zäsurwirkung bei der Geldstrafe).

§ 55 StGB; § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Zäsurwirkung einer auf Geldstrafe lautenden Verurteilung entfällt nicht allein deswegen, weil auf Geldstrafe nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gesondert erkannt werden soll (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9). Nur dann, wenn eine Verurteilung durch Vollstreckung der erkannten Strafe erledigt ist, entfaltet sie keine Zäsurwirkung mehr (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 3).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. November 2004 wird

a) das Verfahren im Fall 21 der Urteilsgründe (Tat vom 4. Juni 2004) gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen;

b) das Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

Das Urteil wird im Schuldspruch dahingehend neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes und sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 19 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften, verurteilt ist.

2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - ausweislich der Gründe in einem Fall schweren - sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 21 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Die Revision des Angeklagten führt - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.

1. Das Verfahren ist einzustellen, soweit der Angeklagte im Fall 21 der Urteilsgründe verurteilt wurde; dieser Fall ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift näher ausgeführt hat - nicht von der Anklage umfaßt.

2. Der Wegfall der im Fall 21 der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe, zumal das Landgericht keine Feststellung dazu getroffen hat, ob die beiden - grundsätzlich gesamtstrafenfähigen - Geldstrafen aus den Vorverurteilungen des Angeklagten bereits vollständig bezahlt sind. Insoweit ist zu besorgen, daß die Strafkammer übersehen hat, daß die Zäsurwirkung einer auf Geldstrafe lautenden Verurteilung nicht allein deswegen entfällt, weil auf Geldstrafe nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gesondert erkannt werden soll (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9). Nur dann, wenn eine Verurteilung durch Vollstreckung der erkannten Strafe erledigt ist, entfaltet sie keine Zäsurwirkung mehr (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 3).

3. Sollte zum maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Urteils (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1, 2) keine vollständige Vollstreckung beider Geldstrafen erfolgt sein, wird das neue Tatgericht zwei Gesamtstrafen - für die Fälle 1 bis 11, gegebenenfalls unter Einbeziehung jeder der damals noch nicht vollstreckten Geldstrafen (bei gesonderter Geldstrafenverhängung wird gegebenenfalls § 53 Abs. 2 Satz 2, Halbsatz 2 StGB zu beachten sein), sowie für die Fälle 12 bis 20 - zu bilden haben. Deren Summe darf gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die bisherige Gesamtstrafe nicht übersteigen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Der neue Tatrichter wird zusätzliche Feststellungen treffen können, die freilich den bisherigen nicht widersprechen dürfen.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 698

Bearbeiter: Karsten Gaede