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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 43/03, Beschluss v. 28.10.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 43/03 - Beschluss vom 28. Oktober 2003 (LG Halle)

Tateinheit (tatbestandliche Handlungseinheit); kriminelle Vereinigung (Gründung, Mitgliedschaft); Klammerwirkung.

§ 52 StGB; § 129 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Handlungen, durch die sich ein Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligt, werden bei dem Organisationsdelikt des § 129 Abs. 1 StGB (vgl. BGHSt 29, 288, 291) zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefasst, die auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung umfasst.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 1. Februar 2002 - auch soweit es die Mitangeklagten V. und Ma. betrifft - dahin geändert, daß die Verurteilung wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung entfällt.

Der Schuldspruch gegen diese Angeklagten wird wie folgt neu gefaßt: Es sind schuldig:

a) der Angeklagte M. des schweren Bandendiebstahls in 18 Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls und der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei, jeweils in Tateinheit mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied,

b) der Angeklagte V. des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls, jeweils in Tateinheit mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied und

c) der Angeklagte Ma. des schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls und der Urkundenfälschung in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen "der Gründung einer und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und mit schwerem Bandendiebstahl in 19 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb," zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten V. wegen "der Gründung einer und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit schwerem Bandendiebstahl in elf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb," zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten Ma. wegen "der Gründung einer und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen und mit schwerem Bandendiebstahl in dreizehn Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb," zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat allein der Angeklagte M. Revision eingelegt.

Die Aburteilung der Gründung der kriminellen Vereinigung als selbständige Tat neben der mitgliedschaftlichen Beteiligung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Handlungen, durch die sich ein Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligt, werden bei dem Organisationsdelikt des § 129 Abs. 1 StGB (vgl. BGHSt 29, 288, 291) zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefaßt (Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor § 52 Rdn. 23), die auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung umfaßt (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 27; Fischer in Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 129 Rdn. 49, aA jedoch Tröndle in der 48. Aufl. Rdn. 9; von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 87; Rudolphi in SKStGB § 129 Rdn. 30). Dies führt zum Wegfall des Schuldspruchs wegen Gründung der kriminellen Vereinigung und der hierfür ausgesprochenen Einzelfreiheitsstrafen nicht nur beim Beschwerdeführer M., sondern im Wege der Erstreckung nach § 357 StPO auch bei den Mitangeklagten V. und Ma.

Dagegen hat die Annahme selbständiger Taten im übrigen Bestand, da die von den Mitgliedern im einzelnen begangenen Straftaten jeweils schwerer wiegen als das Organisationsdelikt nach § 129 Abs. 1 StGB und von diesem somit nicht nach dem Grundsatz der Klammerwirkung zu einer Tat zusammengefaßt werden können (vgl. Rissing-van Saan, aaO § 52 Rdn. 29). Der Senat hat jedoch den Schuldspruch gegen die Angeklagten M., V. und Ma. neu gefaßt, damit zum einen das schwerere Delikt vorangestellt wird und zum anderen das Konkurrenzverhältnis deutlicher zum Ausdruck kommt.

Durch den Wegfall der im Fall II. 1. verhängten Einzelstrafen wird der Bestand der jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafen nicht berührt. Durch die anderweitige konkurrenzrechtliche Zusammenfassung wird der Gesamtschuldumfang des strafbaren Verhaltens der Angeklagten nicht vermindert; zudem ist angesichts der Anzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen auszuschließen, daß das Landgericht ohne Berücksichtigung der weggefallenen Einzelstrafen zu niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafen gelangt wäre.

Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. ergeben.

Externe Fundstellen: NStZ 2004, 385

Bearbeiter: Ulf Buermeyer