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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 106/02, Beschluss v. 23.04.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 106/02 - Beschluss vom 23. April 2002 (LG Itzehoe)

Strafzumessung (Mathematisierungen; schematische Vorgehensweisen; Durchschnittsfall).

§ 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Mathematisierungen und schematische Vorgehensweisen sind dem Wesen der Strafzumessung grundsätzlich fremd sind (BGHSt 35, 345, 350 ff.; BGH NStZ-RR 1999, 101, 102).

2. Der Tatrichter muss die im Einzelfall zu beurteilende Tat ohne Bindung an weitere Fixpunkte als die Ober- und Untergrenze des Strafrahmens in den gefundenen Strafrahmen einordnen. Maßgeblich ist dabei das Gesamtspektrum aller strafzumessungsrelevanten Umstände.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 17. Oktober 2001 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im Revisionsverfahren findet wegen der gleichfalls erfolglosen Revision der Nebenklägerin nicht statt (vgl. Kleinknecht/ Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 473 Rdn. 11).

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Zur Orientierung der Strafkammer bei der Einordnung der Tat in den gefundenen Strafrahmen an dem rechnerischen Mittel des Strafrahmens oder an Hand gedachter Durchschnittsfälle (UA S. 40) bemerkt der Senat, daß derartige Mathematisierungen und schematische Vorgehensweisen dem Wesen der Strafzumessung grundsätzlich fremd sind (BGHSt 35, 345, 350 ff.; BGH NStZ-RR 1999, 101, 102; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 46 Rdn. 324). Daß diese Methode zu unrichtigen Ergebnissen führen kann, zeigt sich insbesondere bei Delikten wie Totschlag, bei denen der statistische Regelfall im oberen Bereich des gesetzlichen Strafrahmens anzusiedeln sein wird (vgl. BGH StV 1999, 576, 577). Der Tatrichter muß die im Einzelfall zu beurteilende Tat ohne Bindung an weitere Fixpunkte als die Ober- und Untergrenze des Strafrahmens in den gefundenen Strafrahmen einordnen. Maßgeblich ist dabei das Gesamtspektrum aller strafzumessungsrelevanten Umstände (Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 624, 625). Der Senat kann jedoch ausschließen, daß sich die Vorgehensweise des Landgerichts zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

Bearbeiter: Karsten Gaede