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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 44/01, Beschluss v. 28.02.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 44/01 - Beschluß v. 28. Februar 2001 (LG Hannover)

Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

§ 64 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. September 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; vom Vorwurf einer weiteren Raubtat hat es ihn freigesprochen. Zu der auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision des Angeklagten hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

"Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge hin hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt. Jedoch weist das Urteil insofern einen sachlichrechtlichen Mangel auf, als das Landgericht die nach den Feststellungen gebotene Prüfung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen hat. Einer etwaigen Nachholung der Unterbringung steht auch nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (BGHSt 37, 5). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsfolgenangriff ausgenommen (BGHSt 38, 362).

Nach den Feststellungen begann der jetzt 26 Jahre alte Angeklagte im Alter von 15 oder 16 Jahren damit, Heroin zu konsumieren. Ferner nahm er Haschisch, Alkohol und Tabletten zu sich (UA S. 8). Am 12. Oktober 1994 wurde der Angeklagte unter anderem wegen Betruges in vier Fällen, geringwertigen Betruges, fahrlässigen Vollrausches und Sachbeschädigung zu einem Jahr Jugendstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (UA S. 4). Am 31. Mai 1995 verurteilte ihn das Amtsgericht Hameln wegen Raubes, Diebstahls in zwei Fällen, Beleidigung und Betruges zu zwei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe, wobei die Entscheidung vom 12. Oktober 1994 einbezogen wurde. Die diesen Verurteilungen zugrunde liegenden Eigentums- und Vermögensdelikte (mit Ausnahme des Raubes) beging der Angeklagte zur Finanzierung seines Heroinkonsums. Am 27. September 1995 wurde der Angeklagte durch das Amtsgericht Hameln wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und schwerer räuberischer Erpressung zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt, wobei die Entscheidungen vom 31. Mai 1995 und 12. Oktober 1994 einbezogen wurden. Die Straftaten beging der Angeklagte in einem durch den Konsum von Heroin bedingten Rauschzustand bzw. unter Entzugserscheinungen leidend (UA S. 7).

Das Urteil verhält sich nicht dazu, ob der Angeklagte auch die den Verurteilungen vom 22. Juni 1998 (wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung) und vom 21. Februar 2000 (wegen versuchten Diebstahls) zugrunde liegenden Straftaten in einem Rauschzustand oder unter Entzugserscheinungen begangen hatte bzw. ob die Verurteilung vom 21. Februar 2000 eine Beschaffungstat betrifft. Angesichts der eigenen Einlassung des Angeklagten, wonach er - nachdem er Probleme mit seiner Ehefrau bekommen hatte (i.e. Ende 1996/Anfang 1997) -wieder "voll drauf" gewesen sei (UA S. 8), hätte dies jedoch nahe gelegen und deshalb der Erörterung bedurft. Die verfahrensgegenständliche Tat hat der Angeklagte 'unter Alkohol und Drogen' (UA S. 9) verübt, weswegen die Strafkammer nicht auszuschließen vermochte, dass er sich im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit befunden habe. Aufgrund dieser Feststellungen drängt es sich auf, dass der Angeklagte den Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und dass er seine bisherigen Taten im Rausch begangen hat oder dass diese zumindest auf seinen Hang zurückgehen. Zum anderen liegt - da der Angeklagte von schlechter physischer und psychischer Gesundheit ist sowie Arbeitslosengeld bezieht und täglich circa fünf Gramm Heroin benötigt (UA S. 9) -die Gefahr nahe, dass der Angeklagte auch künftig infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Anhaltspunkte dafür, dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen, sind nicht ersichtlich.

Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da der Senat angesichts der maßvollen Strafe wird ausschließen können, dass das Tatgericht bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte."

Dem schließt sich der Senat an.

Bearbeiter: Rocco Beck