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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 378/01, Beschluss v. 08.11.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 378/01 - Beschluss vom 8. November 2001 (LG Lübeck)

Lebensgefährdende Behandlung (Faustschläge); Strafzumessung (Doppelverwertungsverbot)

§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB; § 46 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 18. Juni 2001

a) in der Urteilsformel durch Einfügen des Wortes "wegen" vor "gefährlicher Körperverletzung" ergänzt,

b) im Einzelstrafausspruch wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat gegen den Angeklagten "wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung" unter Einbeziehung der Strafe einer gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verhängt.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt im Schuldspruch zur Klarstellung des Konkurrenzverhältnisses der Tatmehrheit zwischen den beiden abgeurteilten Taten lediglich durch ergänzende Einfügung des Wortes "wegen" in die Urteilsformel. Sollte das Landgericht bei der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung von der Annahme ausgegangen sein, die Voraussetzungen einer lebensgefährdenden Behandlung i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB würden grundsätzlich schon durch Faustschläge in das Gesicht und auf den Kopf des Tatopfers erfüllt, wäre dies rechtlich nicht unbedenklich. Die Annahme einer lebensgefährdenden Behandlung wird im angefochtenen Urteil jedoch durch die festgestellten besonderen Umstände der konkreten Tatausführung (vgl. Lilie in LK StGB 11. Aufl. § 224 Rdn. 37 m.w.Nachw.) gerechtfertigt. Im übrigen ist das Rechtsmittel zum Schuldspruch und zum Einzelstrafausspruch von zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.

Die Zumessung der Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe wegen der in Tateinheit mit Beleidigung begangenen gefährlichen Körperverletzung und die Gesamtstrafenbildung sind hingegen nicht frei von Rechtsfehlern.

So ist das Landgericht von einer unzutreffenden Obergrenze des nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 224 Abs. 1 StGB ausgegangen; diese beträgt nicht, wie das Landgericht annimmt, zehn Jahre, sondern sieben Jahre und sechs Monate. Zudem läßt die strafschärfende Berücksichtigung der "durch die Tat der Zeugin zugefügten Schmerzen und Verletzungen" einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Das Landgericht legt nicht konkret dar, worin es das an sich denkbare gesteigerte Unrecht sieht, das das Maß an Schmerzen und Verletzungen übersteigt, das allgemein mit einer Körperverletzungshandlung verbunden ist, die die Voraussetzungen der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erfüllt. Die Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe und infolgedessen auch die Gesamtstrafe haben schon deshalb keinen Bestand.

Bei der Bildung der Gesamtstrafe mit der einbezogenen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 20. Dezember 2000 des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten hat das Landgericht überdies nicht bedacht, daß die jenem Urteil zugrundeliegenden Taten, ebenso wie die in der angefochtenen Entscheidung abgeurteilten Taten, vor dem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 4. Oktober 2000 begangen worden sind, mit dem gegen den Angeklagten unter Einbeziehung früherer jugendrechtlicher Ahndungen eine Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verhängt worden ist. Zwar kommt eine an sich denkbare nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit dieser getrennt verhängten Jugendstrafe nicht, auch nicht analog § 32 JGG, in Betracht (BGHSt 36, 270); diese rechtlich nicht mögliche Gesamtstrafenbildung erfordert aber in der Regel einen Härteausgleich bei der Strafbemessung (BGH aaO S. 275; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 55 Rdn. 4 m.w.Nachw.). Dies hätte das Landgericht im Urteil erörtern müssen. Daran fehlt es.

Bearbeiter: Karsten Gaede