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HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 91

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 629/11, Beschluss v. 07.11.2012, HRRS 2013 Nr. 91


BGH 2 StR 629/11 - Beschluss vom 7. November 2012 (BGH)

Ablehnungsantrag wegen Befangenheit (Besetzungsstreit um den Vorsitz des 2. Strafsenates; Beurteilungsgrundlage; Einzelfallbetrachtung; keine Befangenheit bei Änderung der Rechtsansicht).

Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; § 24 Abs. 2 StPO; § 25 Abs. 1 StPO; § 27 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufene Spruchkörper darf bei seiner Entscheidung nur diejenigen Gründe berücksichtigen, die in dem Antrag innerhalb des von § 25 StPO vorgegebenen zeitlichen Rahmens geltend gemacht worden sind.

2. Befangenheit ist ebenso wie die Unparteilichkeit auf den konkret zu entscheidenden Fall bezogen (vgl. EGMR NJW 2007, 3553, 3554); sie bezieht sich auf die innere Haltung des Richters zum Verfahrensgang und zum Ausgang des betreffenden Verfahrens (vgl. BGH, NStZ 2010, 342).

3. Zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit völlig ungeeignet sind Erwägungen, die allein darauf abstellen, dass der 2. Strafsenat seine Rechtsansicht zu seiner ordnungsgemäßen Besetzung bzw. den sich daraus ergebenden Folgen (Aussetzung oder Weiterführung des Verfahrens) geändert hat. Neue oder bessere Rechtserkenntnis kann für sich eine Befangenheit nicht begründen.

Entscheidungstenor

1. Der Befangenheitsantrag des Angeklagten vom 22. Februar 2012 gegen Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann wird als unzulässig verworfen.

2. Die Befangenheitsanträge des Angeklagten vom 22. Februar 2012 gegen die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Berger und Dr. Eschelbach sowie Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott werden als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Landgericht Aachen hat den Angeklagten mit Urteil vom 21. September 2011 wegen Beihilfe zum unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen das Urteil hat Rechtsanwalt K. als Verteidiger des Angeklagten Revision eingelegt und diese mit der allgemeinen Sachrüge und Verfahrensrügen begründet. Zur Entscheidung über die Revision ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs dessen Spruchgruppe 3 berufen, der neben dem Vorsitzenden die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Berger, Dr. Eschelbach und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott angehören. Der Senat entschied durch Beschluss vom 16. Februar 2012, das angefochtene Urteil im Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte in den Fällen II. 1-19 der Urteilsgründe der Beihilfe zu 19 Fällen des Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist und es im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1-19 sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Am 22. Februar 2012 ging per Fax ein Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Berger, Dr. Eschelbach sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott wegen Besorgnis der Befangenheit ein. Der Ablehnungsantrag war gestützt darauf, dass der Senat in der Person des Vorsitzenden Dr. Ernemann vorschriftswidrig besetzt sei, wie es der Senat selbst durch Beschluss vom 11. Januar 2012 - 2 StR 346/11 - zum Ausdruck gebracht habe. Der Revisionsführer könne nicht nachvollziehen, wie der Senat trotz fortbestehender Bedenken gegen seine ordnungsgemäße Besetzung Sachentscheidungen treffen könne. Auch habe er der Presse entnommen, dass es eine "inquisitorische Anhörung" von Richtern durch das Präsidium gegeben habe, in der sie bedrängt und genötigt worden seien, anders zu entscheiden, als sie es für richtig hielten. Dies lasse den Revisionsführer besorgen, dass in seiner Angelegenheit Richter entscheiden würden, die vom Präsidium des Bundesgerichtshofs "extrem aggressiv" genötigt worden seien, ihre eigene Rechtsauffassung aufzugeben und wider ihr Gewissen Entscheidungen zu treffen und ihm nicht mehr unvoreingenommen gegenüberstünden. Der Revisionsführer lehne sämtliche Senatsmitglieder ab, weil er nicht sagen könne, auf wen vom Präsidium Einfluss genommen wurde und auf wen nicht.

Am 2. April 2012 erhob der Verteidiger des Angeklagten Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 16. Februar 2012. Durch Beschluss vom 14. August 2012 versetzte der Senat das Verfahren in den Stand vor Erlass der Senatsentscheidung vom 16. Februar 2012 zurück, weil die Revisionsentscheidung mit den Unterschriften aller Richter erst am 29. Februar 2012 auf der Geschäftsstelle eingegangen war, mithin das Ablehnungsgesuch vom 22. Februar 2012 noch rechtzeitig angebracht war.

II.

Der Senat ist in der Besetzung mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Becker, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck und den Richtern am Bundesgerichtshof Cierniak, Prof. Dr. Schmitt und Dr. Franke zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag vom 22. Februar 2012 berufen. Mit dem Ablehnungsantrag ist die Besorgnis der Befangenheit nur gegen die dort namentlich aufgeführten Richter geltend gemacht worden. Soweit der Verteidiger des Angeklagten unter "IV. Sonstiges" sämtliche Senatsmitglieder ablehnt, bezieht sich dies nach dem Zusammenhang der Ausführungen auf die Gesamtheit der zuvor ausdrücklich namentlich abgelehnten Senatsmitglieder, weil der Antragsteller nicht sagen könne, "ob und ggf. welcher Richter befangen ist, auf wen vom Präsidium des BGH Einfluss genommen wurde oder auf wen nicht". Für diese Auslegung spricht auch das Schreiben des Verteidigers des Angeklagten vom 19. Oktober 2012, wonach angesichts der Überbesetzung des Spruchkörpers nicht nachvollzogen werden könne, inwiefern Prof. Dr. Fischer zur Entscheidung über die Befangenheitsgesuche berufen sein könnte. Gehörte Prof. Dr. Fischer zu den abgelehnten Richtern, schiede seine sachliche Befassung mit den Befangenheitsanträgen von vornherein aus. Soweit die nicht abgelehnten Senatsmitglieder Prof. Dr. Fischer und Prof. Dr. Krehl zur Entscheidung berufen wären, sind sie durch Krankheit bzw. Urlaub an der Mitwirkung verhindert.

Die mit Schriftsatz vom 22. Februar 2012 abgelehnten Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Berger, Dr. Eschelbach und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott haben dienstliche Erklärungen abgegeben. Auf diese Erklärungen wird verwiesen.

Der Verteidiger des Angeklagten hat keine weitere Stellungnahme abgegeben. Der Generalbundesanwalt sieht keinen Grund, der geeignet sein könnte, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen.

III.

1. Der Ablehnungsantrag gegen Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann ist unzulässig.

Die vom Antragsteller besorgte Befangenheit des abgelehnten Richters bezieht sich, wie sich aus der Antragsbegründung und dem zeitlichen Ablauf der von ihm eingereichten Schriftsätze ergibt, auf die anstehende Sachentscheidung des Bundesgerichtshofs, also auf die "Entscheidungsfindung" über die Revision des Angeklagten. An dieser Entscheidung wird Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann infolge Eintritts in den Ruhestand, der mit Ablauf des 30. Juni 2012 erfolgt ist, nicht mitwirken; insofern besteht auch kein berechtigtes fortwirkendes Interesse an der sachlichen Verbescheidung des Antrags.

Die Unzulässigkeit kann auch der nach § 27 StPO zur Entscheidung berufene Spruchkörper feststellen (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 4 StR 461/08; KK-Fischer, StPO, 6. Aufl., § 27 Rn. 5, 14; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 27 Rn. 9 jeweils mwN).

2. Auch im Übrigen haben die Ablehnungsanträge keinen Erfolg.

a) Grundlage der Entscheidung des Senats ist der Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom 22. Februar 2012.

Der zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufene Spruchkörper darf bei seiner Entscheidung nur diejenigen Gründe berücksichtigen, die in dem Antrag innerhalb des von § 25 StPO vorgegebenen zeitlichen Rahmens geltend gemacht worden sind (Radtke/Hohmann/Alexander, § 27 StPO Rn. 12; Meyer-Goßner aaO, § 27 Rn. 9 jeweils mwN). Dies belegen § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO, wonach der Antragsteller alle Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzubringen hat, § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO, der deren Glaubhaftmachung fordert, und insbesondere § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO, nach dem ein Ablehnungsantrag als unzulässig zu verwerfen ist, wenn ein Ablehnungsgrund nicht angegeben ist (vgl. auch KK-Fischer aaO, § 26 Rn. 3; dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. September 1971 - 5 StR 232/71, JR 1972, 119 m. abl. Anm. Peters, liegt insofern eine besondere, vorliegend nicht gegebene Fallgestaltung zugrunde).

Soweit in den dienstlichen Erklärungen von Prof. Dr. Krehl vom 26. Juni 2012, 12. Juni 2012, 31. Mai 2012 und 4. April 2012 neue oder andere Umstände vorgebracht wurden, als sie der Antragsteller geltend gemacht hat, müssen sie daher unberücksichtigt bleiben (vgl. auch Peters JR 1972, 119, 121; KK-Fischer aaO, § 26a Rn. 5; Radtke/Hohmann/Alexander, § 26 StPO Rn. 4 mwN).

b) Auf dieser Grundlage sind die Ablehnungsanträge gegen Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Berger, Dr. Eschelbach und Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott - wie auch der bereits unzulässige Befangenheitsantrag - unbegründet.

aa) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (BVerfG, Beschlüsse vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 247/09; vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 2067/07 jeweils mwN). Der Gesetzgeber hat deshalb in materieller Hinsicht Vorsorge dafür zu treffen, dass die Richterbank im Einzelfall nicht mit Richtern besetzt ist, die dem zur Entscheidung anstehenden Streitfall nicht mit der erforderlichen professionellen Distanz eines Unbeteiligten und Neutralen gegenüberstehen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2010 - 1 BvR 96/10, NZS 2011, 92 mwN). Dem dienen die Regelungen in §§ 22 ff. StPO (vgl. KK-Fischer aaO, § 22 Rn. 1; Meyer-Goßner aaO, Vor § 22 Rn. 1 jeweils mwN).

Befangenheit ist mithin ebenso wie die Unparteilichkeit auf den konkret zu entscheidenden Fall bezogen (vgl. EGMR, Urteile vom 12. Juni 2008 - 26771/03 [Elezi ./. Deutschland], EuGRZ 2009, 12, 15; vom 10. August 2006 - 75737/01 [Schwarzenberger ./. Deutschland], NJW 2007, 3553, 3554); sie bezieht sich auf die innere Haltung des Richters zum Verfahrensgang und zum Ausgang des betreffenden Verfahrens (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342, mwN; KK-Fischer aaO, § 24 Rn. 3).

bb) Hieraus ergibt sich, dass die Befangenheitsanträge offensichtlich unbegründet sind, soweit mit ihnen auf Entscheidungen des Präsidiums des Bundesgerichtshofs zur Besetzung des 2. Strafsenats abgestellt wird. Etwaige Besetzungsfehler können als solche nicht den Vorwurf der Befangenheit begründen, sondern allenfalls mit einer Besetzungsrüge beanstandet werden.

cc) Völlig ungeeignet zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit sind aber auch Erwägungen, die allein darauf abstellen, dass der 2. Strafsenat seine Rechtsansicht zu seiner ordnungsgemäßen Besetzung bzw. den sich daraus ergebenden Folgen (Aussetzung oder Weiterführung des Verfahrens) geändert hat. Neue oder bessere Rechtserkenntnis kann für sich eine Befangenheit nicht begründen.

dd) Erfolglos sind die Befangenheitsanträge indes ebenfalls, soweit mit ihnen geltend gemacht bzw. in den Raum gestellt wird, dass die über die Revision des Angeklagten entscheidenden Richter "vom Präsidium des BGH (laut Presseberichterstattung) ‚extrem aggressiv' genötigt wurden, ihre eigene Rechtsauffassung aufzugeben und wider ihr Gewissen Entscheidungen zu treffen".

Auch nach der dienstlichen Erklärung von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach wurde mit oder während der Anhörung durch das Präsidium des Bundesgerichtshofs am 18. Januar 2012 kein "Druck" ausgeübt, der sich in irgendeiner Weise auf Entscheidungen des 2. Strafsenats in der Sache, also über den Erfolg oder Misserfolg der Rechtsmittel der bei diesem Senat anhängigen oder anhängig werdenden Verfahren, bezog. Vielmehr ging es - nach dieser dienstlichen Erklärung - bei der Anhörung durch das Präsidium um den Beschluss des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012, in dem die Revisionshauptverhandlung ausgesetzt worden war, um dem Präsidium Gelegenheit zu geben, die Besetzung dieses Senats mit dem "Doppelvorsitz" zu ändern, und die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Folgen. Die Änderung der Rechtsansicht ist im Urteil des 2. Strafsenats vom 8. Februar 2012 ausdrücklich jedoch nicht in Bezug auf die Frage der ordnungsgemäßen Besetzung, sondern allein in Bezug darauf erfolgt, dass mit Rücksicht darauf, dass es andernfalls zu einem partiellen Stillstand der Rechtspflege käme, den beim Senat anhängigen Revisionen Fortgang gegeben werden soll, um dem Gebot der Rechtsschutzgewährung Rechnung zu tragen. Bei einer solchen, den Interessen eines Angeklagten entsprechenden Änderung der Rechtsansicht hat ein vernünftiger Angeklagter - der bei einem von ihm oder für ihn gestellten Ablehnungsantrag den Maßstab für die Prüfung der Besorgnis der Befangenheit setzt - keine Gründe zu besorgen, dass die Richter ihm bei der Entscheidung über seine Revision nicht mit der gebotenen Neutralität und Distanz gegenübertreten. Dies gilt auch, soweit im Urteil vom 8. Februar 2012 weiter ausgeführt ist, dass "die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 GG partiell zurückstehen" müsse und der Senat "nach der Entscheidung des Präsidiums gehalten" sei, "in seiner Meinung nach verfassungswidriger Besetzung zu entscheiden". Diese Ausführungen belegen, dass auch nach Ansicht des dortigen Spruchkörpers die richterliche Unabhängigkeit gerade nicht in Bezug auf die Sachentscheidung über das Rechtsmittel des Revisionsführers betroffen war, sondern durch eine vermeintlich verfassungswidrige Besetzung aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs. Eine solche lag indes nicht vor. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2012 (2 BvR 610/12 und 625/12, NJW 2012, 2334) entschieden, dass die Besetzung des 2. Strafsenats mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nicht verfassungswidrig war und dabei auch festgestellt, dass eine unabhängigkeitsbeeinträchtigende Einflussnahme auf die angehörten Richter bei der Anhörung auszuschließen sei.

ee) Hinzu kommt, dass Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl und Dr. Berger am 18. Januar 2012 vom Präsidium des Bundesgerichtshofs gar nicht angehört wurden, so dass auf sie dort jedenfalls unmittelbar nicht im Sinne der vom Antragsteller besorgten "Aufgabe der eigenen Rechtsauffassung" und Entscheidungsfindung "wider ihr Gewissen" eingewirkt worden sein kann. Beide Richter haben ebenso wie Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott in ihren dienstlichen Stellungnahmen bestätigt, dass es keine Einflussnahme auf ihre rechtsprechende Tätigkeit gegeben hat. Zudem haben - wie sich ebenfalls aus den dienstlichen Stellungnahmen ergibt - Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl weder an der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 (zur Aussetzung eines Verfahrens wegen nicht ordnungsgemäßer Besetzung des Senats) noch an der vom 8. Februar 2012 (zur Fortsetzung dieses Verfahrens), Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger lediglich an der Entscheidung vom 8. Februar 2012 (nicht aber an der vom 11. Januar 2012) und Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott nur an der vom 11. Januar 2012 (nicht aber an der vom 8. Februar 2012) mitgewirkt, so dass bei diesen die Annahme einer "Aufgabe ihrer Rechtsauffassung" und Entscheidungsfindung "wider ihr Gewissen" lediglich eine nicht belegte Spekulation darstellt, mithin zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit ungeeignet ist.

Es liegen daher für einen vernünftig urteilenden Angeklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis vor, dass es den abgelehnten Richtern bei der Sachentscheidung über sein am 27. September 2011 beim Bundesgerichtshof eingegangenes Rechtsmittel an der erforderlichen Neutralität und Distanz fehlt.

HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 91

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel