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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 593

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 98/09, Beschluss v. 06.05.2009, HRRS 2009 Nr. 593


BGH 2 ARs 98/09 (2 AR 70/09) - Beschluss vom 6. Mai 2009 (AG Göttingen/AG Bremen)

BGHSt 54, 13; Zuständigkeit für die Bewährungsüberwachung bei Einbeziehung einer durch Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckten Geldstrafe in eine zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe (Ende der Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer).

§ 462a Abs. 1 und 2 StPO; § 453 StPO; § 454 StPO; § 454a StPO; § 462 StPO; § 14 StPO

Leitsätze

1. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet, wenn eine Geldstrafe, die im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird, vom erkennenden Gericht in eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen und der Verurteilte mit Urteilsverkündung aus der Strafhaft entlassen wird. (BGHSt)

2. Zuständig für die nach §§ 453, 454, 454 a und 462 StPO zu treffenden Entscheidungen ist dann das Gericht des ersten Rechtszuges. (BGHSt)

3. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet, wenn die Vollstreckung der Freiheitsstrafe - durch Verbüßung, Erlass, Vollstreckungsverjährung - endgültig erledigt ist. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Zuständig für die Bewährungsüberwachung aus dem Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 11. November 2008 (Az. 36 Ds 63 Js 5175/07 (173/07) ist das Amtsgericht Bremen.

Gründe

Das Amtsgericht Göttingen hat am 11. November 2008 die Angeklagte G. wegen mehrerer Taten unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus drei Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bis zum Tag des Urteils befand sich die Verurteilte G. zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe für eine der einbezogenen Geldstrafen in der Justizvollzugsanstalt Hannover. Das Urteil wurde am 19. November 2008 rechtskräftig.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2008 hat das Amtsgericht Göttingen die weiteren im Rahmen der Bewährungsüberwachung zu treffenden Entscheidungen gemäß § 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO an das für den Wohnort der Verurteilten zuständige Amtsgericht Bremen abgegeben. Das Amtsgericht Bremen hat die Akte gemäß § 462 a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 StPO dem Landgericht Hannover (Strafvollstreckungskammer) übersandt, da die Verurteilte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Hannover verbüßt habe. Das Landgericht Hannover hält die Abgabe durch das Amtsgericht Göttingen an das Amtsgericht Bremen für bindend, da die Verurteilte bereits am 11. November 2008 aus der Strafhaft entlassen wurde.

Das Amtsgericht Bremen hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Der Bundesgerichtshof ist als gemeinsames oberes Gericht nach § 14 StPO zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen, weil die Gerichte im Zuständigkeitsbereich verschiedener Oberlandesgerichte liegen.

Der Senat teilt die Auffassung des Generalbundesanwalts, dass gemäß § 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO zuständig für die Bewährungsüberwachung aus dem Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 11. November 2008 das Amtsgericht Bremen ist.

Eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover ergibt sich - entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Bremen - nicht aus § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Verurteilte war zu dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr in einer - die Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer begründenden - Strafanstalt. Zwar verbüßte die Verurteilte zunächst Ersatzfreiheitsstrafe für eine in das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 11. November 2008 einbezogene Geldstrafe. Doch wurde die durch dieses Urteil verhängte Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und die Verurteilte sofort aus der Strafhaft entlassen. Durch die Einbeziehung der ursprünglichen Geldstrafen in die Gesamtfreiheitsstrafe war deren - im Wege der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe vorgenommene - Vollstreckung endgültig abgeschlossen und begründete nicht mehr die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer.

Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet, wenn die Vollstreckung der Freiheitsstrafe - durch Verbüßung, Erlass, Vollstreckungsverjährung - endgültig erledigt ist (vgl. LR-Wendisch StPO 25. Aufl. § 462 a Rdn. 36). So bleibt im vergleichbaren Fall der Untersuchungshaft das erkennende Gericht auch zuständig, wenn der Verurteilte aus der Untersuchungshaft entlassen wird (vgl. KK-Appl StPO 6. Aufl. § 462 a Rdn. 9; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 462 a Rdn. 6).

Für die Bewährungsüberwachung war daher gemäß § 462 a Abs. 2 Satz 1 StPO zunächst das Amtsgericht Göttingen als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Dieses hat gemäß § 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO die nach § 453 StPO zu treffenden Entscheidungen bindend an das Amtsgericht Bremen abgegeben, da die Verurteilte dort ihren Wohnsitz hat.

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 593

Externe Fundstellen: BGHSt 54, 13; NJW 2009, 3313; NStZ 2010, 105

Bearbeiter: Karsten Gaede