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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 885

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 396/05, Beschluss v. 14.10.2005, HRRS 2005 Nr. 885


BGH 2 ARs 396/05 / 2 AR 195/05 - Beschluss vom 14. Oktober 2005

Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer (Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt).

§ 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO

Entscheidungstenor

Für die Entscheidung über den Antrag auf Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung der durch Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 2. Mai 2002 - 20 Ds 87/02 - verhängten Strafe ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen zuständig.

Gründe

I.

Gegen den Verurteilten wurde durch Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 2. Mai 2002 eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt. Nachdem er durch Urteil des Amtsgerichts Leverkusen vom 24. Juli 2003 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war, hatte zunächst das Amtsgericht Solingen die Strafaussetzung durch Beschluss vom 5. Mai 2004 widerrufen. Dieser Beschluss wurde wegen Unzuständigkeit des Amtsgerichts aufgehoben, weil der Verurteilte sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Köln befand. Der Verurteilte, der zum Strafantritt in die Justizvollzugsanstalt Attendorn geladen worden war, war am 9. März 2005 zunächst in diese Justizvollzugsanstalt aufgenommen worden.

Nach zwei Tagen wurde er wegen seiner Drogenproblematik in die Justizvollzugsanstalt Köln verlegt. Den an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln gerichteten Widerrufsantrag hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschlüssen vom 21. April 2005 und 8. August 2005 abgelehnt, weil die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen für die Entscheidung zuständig sei. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen hält sich nicht für zuständig, weil der Verurteilte nur vorübergehend in die Justizvollzugsanstalt Attendorn aufgenommen worden war.

II.

Zuständig für die Entscheidung über den Widerrufsantrag ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 29. September 2005 insoweit Folgendes ausgeführt:

"Mit der Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Attendorn am 9. März 2004 wurde die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen für diese Entscheidung zuständig. Die Zuständigkeit wurde schon mit der Aufnahme des Verurteilten in einer Anstalt seines Bezirks für die nachfolgenden Entscheidungen begründet (BGHSt 26, 278, 279; 30, 223, 224).

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen war auch mit der Frage des Widerrufs 'befasst' im Sinne des § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO.

'Befasst' mit der Sache im Sinne dieser Vorschrift ist ein Gericht schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen können (ständige Senatsrechtsprechung - BGHSt 26, 187, 188; 30, 189, 191; Beschlüsse vom 11.08.1999 - 2 ARs 161/99 und vom 26.11.2003 - 2 ARs 382/03). Dies war hier der Fall, nachdem am 18. Dezember 2003 bei dem die Bewährung überwachenden Amtsgericht eine Ausfertigung des Urteils des Amtsgerichts Leverkusen vom 24. Juli 2003 einging. Das Amtsgericht Leverkusen hatte den Verurteilten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten ... verurteilt. Dieses Urteil gab Anlass, die Frage des Bewährungswiderrufs zu prüfen. Ob die Akten sich zu diesem Zeitpunkt bei der Strafvollstreckungskammer befinden, ist dagegen unerheblich (BGHSt 26, 214, 216; KK-Fischer StPO 5. Aufl. § 462 a Rn. 18 mwN).

Die zwischenzeitliche Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Köln beendete diese Zuständigkeit nicht, weil in der Sache noch nicht abschließend entschieden war (BGHSt 26, 165, 166; 30, 189, 191). Dass die spätere Überstellung des Verurteilten in die JVA Köln zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in die JVA Attendorn absehbar war, ändert an der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen nichts (vgl. Senat, Beschluss vom 18.06.1980 - 2 ARs 156/80; KK-Fischer aaO Rn. 14). Die Aufnahme in die JVA Attendorn erfolgte nicht nur 'vorübergehend' in der Art eines Zwischenaufenthalts oder anlässlich einer Verschubung, sondern zum Zwecke der Strafverbüßung."

Dem schließt sich der Senat an.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 885

Bearbeiter: Ulf Buermeyer