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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StE 11/00, Beschluss v. 02.09.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StE 11/00 / StB 11/03 - Beschluss vom 2. September 2003

Fortdauernde Untersuchungshaft des Angeklagten (Verhältnismäßigkeit; Beschwerdeverfahren).

§ 112 StPO; § 116 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die abschließende Würdigung der Beweise ist der Urteilsberatung und ihre entsprechende Darlegung den Urteilsgründen vorbehalten. Auch das Haftprüfungsverfahren führt nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Gericht zu Inhalt und Ergebnis einzelner Beweiserhebungen erklären müsste (vgl. BGHSt 43, 212). Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf die Nachprüfung im Beschwerdeverfahren, da die Wertung der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse durch das Tatgericht einer Nachprüfung des Senats im Beschwerdeverfahren nur in begrenztem Maße zugänglich ist (BGH StV 1991, 525).

Entscheidungstenor

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Kammergerichts in Berlin vom 20. Juni 2003 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Der Senat hat die Frage der Untersuchungshaft des Angeklagten bereits mehrfach, zuletzt mit Beschluß vom 20. Dezember 2001 (StB 21, 22, 26/01), geprüft. Mit Beschluß vom 28. Februar 2002 hat das Kammergericht den Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Mit weiterem Beschluß vom 20. Juni 2003 hat es den Antrag des Angeklagten auf Aufhebung des Haftbefehls zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluß gerichtete Beschwerde des Angeklagten ist nicht begründet.

Das Kammergericht hat in der angefochtenen Entscheidung und in dem Nichtabhilfebeschluß vom 14. August 2003 ausreichend dargelegt, daß die Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts nicht in Frage stellen. Der Senat teilt dabei die Auffassung des Kammergerichts, wonach sich die Prüfung des Tatgerichts bei Haftfortdauerentscheidungen während einer laufenden Hauptverhandlung auf die Frage beschränken kann, ob nach wie vor ein dringender Tatverdacht gegeben ist und dieser nicht durch Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme entkräftet wird. Daß dies bei einer Gesamtwertung der Aussagen des Belastungszeugen M. im Zusammenhang mit der teilgeständigen Einlassung von drei Angeklagten und den sonstigen Beweisergebnissen nicht der Fall ist, hat das Kammergericht plausibel ausgeführt.

Zu einer darüber hinausgehenden umfassenden Darstellung der Würdigung der bislang erhobenen Beweise hat es sich zu Recht nicht verpflichtet gesehen. Die abschließende Würdigung der Beweise ist der Urteilsberatung und ihre entsprechende Darlegung den Urteilsgründen vorbehalten. Auch das Haftprüfungsverfahren führt nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Gericht zu Inhalt und Ergebnis einzelner Beweiserhebungen erklären müßte (vgl. BGHSt 43, 212). Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf die Nachprüfung im Beschwerdeverfahren, da die Wertung der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse durch das Tatgericht einer Nachprüfung des Senats im Beschwerdeverfahren nur in begrenztem Maße zugänglich ist (BGH StV 1991, 525; BGH, Beschl. vom 15. September 1995 - StB 43/95).

Zur Frage des Fortbestehens der Fluchtgefahr und des Vorliegens des Haftgrundes des § 112 Abs. 3 StPO wird auf die zutreffenden Ausführungen im letzten Absatz des angefochtenen Beschlusses vom 20. Juni 2003 Bezug genommen. Angesichts der den Angeklagten nur wenig belastenden Auflagen ist auch die Verhältnismäßigkeit des Fortbestehens des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls gewahrt.

Bearbeiter: Karsten Gaede