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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 401/00, Beschluss v. 27.10.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 401/00 - Beschluß v. 27. Oktober 2000 (LG Frankfurt/Main)

Fehlerhafte Strafzumessung

§ 46 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 2000 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus einem rechtskräftigen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision erhebt die allgemeine Sachrüge. Sie führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet, daß dieser "zielgerichtet" vorgegangen sei, indem er das geschädigte Kind zu sich rief und in eine Ecke des Raumes führte, um die sexuelle Handlung auszuführen. Das begegnet insoweit rechtlichen Bedenken, als sich aus der bloßen Umsetzung des Tatvorsatzes, welcher seiner Natur nach zielgerichtet ist, keine für eine Strafschärfung heranzuziehende besondere kriminelle Energie ergibt.

Strafschärfend hat das Landgericht weiter gewertet, daß der Angeklagte das geschädigte Kind in einen Gewissenskonflikt gebracht und durch die Tat eine Belastungssituation für das Tatopfer verursacht habe, weil die Geschädigte habe abwägen müssen, ob sie die früheren belastenden Aussagen aufrechterhalten oder den Angeklagten wahrheitswidrig entlasten wolle. Die Geschädigte wurde in der Hauptverhandlung zweimal vernommen; das Landgericht hat ihre - entlastende - Aussage für unglaubhaft gehalten und die Verurteilung auf belastende Aussagen im Ermittlungsverfahren gestützt.

Hieraus ergibt sich kein dem Angeklagten vorwerfbarer Gesichtspunkt für eine Strafschärfung. Daß der Angeklagte den Tatvorwurf bestritten hat und daß daher eine Vernehmung des Tatopfers in der Hauptverhandlung erforderlich war, kann ihm nicht vorgeworfen werden, denn dazu war er befugt. Daß die Geschädigte in der Hauptverhandlung zweimal vernommen wurde, beruhte nicht auf einem vorwerfbaren Prozeßverhalten des Angeklagten, sondern nach den Urteilsfeststellungen darauf, daß die Kammer der ersten Aussage keinen Glauben geschenkt hatte: überdies hatte die Geschädigte selbst um eine nochmalige Vernehmung gebeten. Soweit das Landgericht ausdrücklich ausgeführt hat, daß die als Strafschärfungsgrund herangezogene Belastungssituation sich nicht aus psychischen Folgen der Tat selbst ergebe, sondern aus der vom Angeklagten "objektiv" verursachten Notwendigkeit der Vernehmung, hat es verkannt, daß strafschärfend nur solche Umstände herangezogen werden dürfen, die dem Angeklagten auch subjektiv vorwerfbar sind.

Externe Fundstellen: StV 2002, 74

Bearbeiter: Rocco Beck