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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 416/99, Beschluss v. 01.09.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 416/99 - Beschluß v. 1. September 1999 (LG Weiden i.d.OPf.)

Beihilfe zum Raub; Beendigung; Begünstigungsabsicht;

§ 27 StGB; § 249 StGB; Art. 103 Abs. 2 GG; § 257 StGB;

Leitsätze des Bearbeiters

1. Fährt der Angeklagte Beteiligte eines Raubes, welche die Beute bereits hinreichend vor Zugriffsmöglichkeiten gesichert haben, in Kenntnis der Tat zur Grenze, um Ihnen die Grenzüberquerung zu erleichtern, liegt darin infolge Beendigung keine Beihilfe.

2. Allein das Bewußtsein der Beutesicherung als notwendige Konsequenz eines in anderer Absicht erfolgten Handelns trägt nicht die Annahme, die Angeklagte habe die Absicht gehabt, dem Begünstigten die Vorteile der Tat zu sichern.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 12. Mai 1999, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Raub zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg. Beihilfe zum Raub erblickt das Landgericht darin, daß die Angeklagte sowohl den Verurteilten G., der zuvor in Tirschenreuth einen schweren Raub mit einer Beute von 260.- DM begangen hatte, wie auch dessen Gehilfen S. und M. die letzte Wegstrecke bis zur Grenze der Tschechischen Republik in einem Pkw befördert hat.

Nach den Feststellungen hatte die Angeklagte, die sich in Tirschenreuth um steuerlich und sozialversicherungsrechtlich relevante Unterlagen bemüht hatte, von einem Tatplan auch nur eines Mitinsassen des Fahrzeugs nichts gewußt. Erst nachdem G. vom Tatort kommend in den Wagen gestiegen sei, in dem sie wartend saß, habe sie von der begangenen Tat etwas mitbekommen.

Zunächst habe der Verurteilte M. den Wagen Richtung Grenze gesteuert. Ihr Tatbeitrag habe sodann darin bestanden, daß sie, wissend, daß dieser keine Fahrerlaubnis hatte, unmittelbar vor dem Grenzübergang das Steuer übernommen hatte, wo alle vier Personen festgenommen wurden. Ein Passant hatte zuvor das Kennzeichen des Pkw notiert und damit die erfolgreiche Fahndung ausgelöst.

Der Angeklagten sei im Fahrzeug ''nach den Umständen bekannt" geworden, "daß sich die Verurteilten S. und G. auf der Flucht befanden und damit zu rechnen war, daß sie verfolgt würden. Sie wollte vermeiden, daß es wegen der fehlenden Fahrerlaubnis des Angeklagten M. an der Grenze zu Schwierigkeiten käme und sie dort festgehalten würden. Ihr war bewußt, daß dies zugleich der Sicherung der von G. erzielten Beute dienen würde''.

Nach diesen Feststellungen scheidet Beihilfe zu einem Raub aus, weil die Angeklagte erst eingriff, als die Tat lange beendet war. Nach der Beendigung war Beihilfe rechtlich ausgeschlossen. Der Täter hatte bereits den Gewahrsam an der Beute gefestigt und gesichert. Es war in diesem Zeitpunkt ausgeschlossen, daß noch irgendwelche direkten Eingriffsmöglichkeiten des Eigentümers oder eines Beobachters bestanden hätten (vgl. den ähnlich gelagerten Fall BGH JZ 1989, 759; BGH StV 1989, 127 sowie schon hierzu kritisch im Lichte von Art. 103 Abs. 2 GG (nullum crimen sine lege) Roxin in LK 11. Aufl. Rdn. 32 ff. zu § 27 StGB). Eine spätere tatsächliche Festnahme vermag an dieser Beurteilung rückwirkend nichts mehr zu ändern.

Die Angeklagte hat sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht der Begünstigung (§ 257 StGB) schuldig gemacht. Die Begünstigungsabsicht müßte hier näher dargelegt werden. Allein das Bewußtsein (auch) der Beutesicherung als notwendige Konsequenz eines in anderer Absicht erfolgten Handelns trägt jedenfalls nicht die Annahme, die Angeklagte habe die Absicht gehabt, dem Begünstigten die Vorteile der Tat zu sichern.

Sollte es zu erneuter Verhandlung und dabei zu einer Verurteilung kommen, bemerkt der Senat vorsorglich, daß es sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht strafschärfend auswirken kann, daß die Angeklagte "mit der Übernahme des Steuers auch bereit war, das vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis des Angeklagten M. ... zu decken". Sie hat mit ihrem Tun einen rechtswidrigen durch einen rechtmäßigen Zustand ersetzt. Dies kann jedenfalls nicht zu ihrem Nachteil gereichen.

Externe Fundstellen: NStZ 2000, 31

Bearbeiter: Karsten Gaede