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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 490/01, Beschluss v. 05.12.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 490/01 - Beschluss vom 5. Dezember 2001 (LG Karlsruhe)

Handeltreiben; Bewertungseinheit und selbständige Tat (Veräußerung von Betäubungsmitteln aus einem einheitlichen, möglicherweise sukzessive vor völliger Entleerung aufgefüllten Gesamtvorrat; Feststellung einzelner unabhängiger Erwerbsgeschäfte)

§ 29 BtMG; § 52 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Der Senat kann offen lassen, ob es grundsätzlich möglich ist, die Veräußerung von Betäubungsmitteln aus einem einheitlichen, möglicherweise sukzessive vor völliger Entleerung aufgefüllten Gesamtvorrat zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen (zu der insoweit nicht ganz einheitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 3 und 9 einerseits, 10 andererseits). Dies kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn verschiedene, voneinander unabhängige Erwerbsgeschäfte konkret festgestellt sind und sofortige Weiterveräußerungen des erworbenen Rauschgifts stattgefunden haben. In diesem Falle kann nur das einzelne konkrete Erwerbsgeschäft mit den sich anschließenden Veräußerungen ein und denselben Güterumsatz betreffen, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung für die Annahme einer Bewertungseinheit ist (BGHSt 30, 28, 31; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 14).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 24. August 2001 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen verschiedener Betäubungsmitteldelikte zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Zu Recht ist das Landgericht auch hinsichtlich der Fälle 177 bis 180 der Urteilsgründe von selbständigen Handlungen und nicht von einer Tat im Sinne einer Bewertungseinheit ausgegangen.

Es hat auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten festgestellt, daß der Angeklagte in 183 Fällen Heroin erwarb, das er teils selbst konsumiert, teils gewinnbringend veräußerte. In den Fällen 1 bis 177 und 181 bis 183 war das zur Lagerung des Heroins benutzte Versteck jeweils vollständig entleert, bevor der Angeklagte neues Heroin erwarb. Lediglich in den Fällen 178 bis 180 war das Versteck zum Zeitpunkt der Einlagerung des neu erworbenen Heroins "noch nicht gänzlich geleert wenn auch der genaue Umfang der Restmenge nicht feststellbar war". Gleichwohl können die Fälle 177 bis 180 nicht. zu einem einheitlichen Handeltreiben mit derselben Rauschgiftmenge verbunden werden. Der Senat kann offen lassen, ob es grundsätzlich möglich ist, die Veräußerung von Betäubungsmitteln aus einem einheitlichen, möglicherweise sukzessive vor völliger Entleerung aufgefüllten Gesamtvorrat zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen (zu der insoweit nicht ganz einheitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 3 und 9 einerseits, 10 andererseits). Dies kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - verschiedene, voneinander unabhängige Erwerbsgeschäfte konkret festgestellt sind und sofortige Weiterveräußerungen des erworbenen Rauschgifts stattgefunden haben. In diesem Falle kann - entsprechend allen anderen hier zur Verurteilung gekommenen Fällen - nur das einzelne konkrete Erwerbsgeschäft mit den sich anschließenden Veräußerungen ein und denselben Güterumsatz betreffen, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung für die Annahme einer Bewertungseinheit ist (BGHSt 30, 28, 31; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 14). Im übrigen wäre der Angeklagte durch die hier vorgenommene Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse auch nicht beschwert (vgl. BGHR § 29 Bewertungseinheit 9; BGH NStZ 2000, 431).

Bearbeiter: Karsten Gaede