HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

April 2007
8. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Zur Revisibilität der Fristenregelung des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO - Anmerkung zu BGH 4 StR 452/06 [1] und 5 StR 349/06[2]

Von Wiss. Ass. Dr. Friedrich von Freier, Universität Hamburg.

Mit Beschluss vom 30. November 2006 ist der 4. Strafsenat einem zu diesem Zeitpunkt nur wenige Wochen alten obiter dictum des 5. Strafsenat entgegen getreten, in welchem dieser zu erkennen gibt, die Urteilsverkündungsfrist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO nur noch als nicht revisible Ordnungsvorschrift ansehen zu wollen.

Seine Bedenken gegen die bis dahin gefestigte Rechtsprechung des BGH hatte der 5. Senat im Wesentlichen mit der Neuregelung der regelmäßigen Unterbrechungsfrist in § 229 Abs. 1 StPO begründet: Wenn die regelmäßige Unterbrechungsfrist nicht mehr wie zuvor 10 Tage betrage, sondern ohne Rücksicht auf die Verhandlungsdauer und den Grund der Unterbrechung 3 Wochen, könne die Verkündungsfrist von 11 Tagen nicht mehr bedeutsam sein, sondern sei vielmehr nur noch als eine Ordnungsvorschrift zu werten, auf deren Verletzung allein ein Urteil niemals beruhen könne. Die unterschiedlichen Fristenregelungen erschienen unstimmig, zumal die Verkündungsfrist durch einen kurzen Wiedereintritt in die Verhandlung vor Urteilsverkündung ohne weiteres "unbedenklich zu umgehen" sei. Vorliegend kam es darauf allerdings nicht an, da der Senat zu der Über­zeugung gelangt war, dass die abschließende Urteilsberatung innerhalb der Verkündungsfrist stattgefunden habe.

Demgegenüber hält es der 4. Senat schon nach dem zwingend formulierten Wortlaut unter Hinweis auf die Formulierungen "muss spätestens am elften Tag danach verkündet werden" und "andernfalls mit der Hauptverhandlung von neuem zu beginnen ist" für ausgeschlossen, die Bestimmung der Verkündungsfrist als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen. Im Übrigen verweist er darauf, dass der Gesetzgeber die Verkündungsfrist im Gegensatz zur Unterbrechungsfrist unverändert belassen

habe, ohne dass eine, ohnehin allein vom Gesetzgeber zu schließende, planwidrige Regelungslücke zu erkennen sei. Auch einen Wertungswiderspruch vermag der Senat nicht zu erkennen, da dem Beschleunigungsgebot nach Abschluss der Beweisaufnahme eben in besonderer Weise Rechnung getragen werde.

Dem 4. Senat ist im Ergebnis und - mit erheblichen Einschränkungen - auch in der Begründung zu folgen.

1. Zum methodischen Status sogenannter Ordnungsvorschriften

Nicht zugestimmt werden kann freilich dem unhinterfragt vorausgesetzten, gemeinsamen methodischen Ausgangspunkt beider Senate, demzufolge die Revisibilität einer Nichteinhaltung der Verkündungsfrist davon abhängen soll, ob die Vorschrift des § 268 Abs. 3 StPO als sogenannte Ordnungsvorschrift qualifiziert werden kann. Zwar mag man sich der Einsicht nicht verschließen, dass im Ergebnis nicht jeder Verfahrensverstoß die Revision begründen kann[3], die insoweit maßgeblichen Gründe somit immer zu einer Bedeutungsstufung[4] der Verfahrensvorschriften führen und damit die Verletzung einiger Vorschriften im Ergebnis womöglich tatsächlich nie oder fast nie die Revision begründet. Das aber bedeutet noch lange nicht, dass man ihr mit dem seit jeher umstrittenen[5], besonders von der Rechtsprechung[6] mit wenigen Ausnahmen[7] beharrlich verteidigten Argumentationstopos der "Ordnungsvorschrift" methodisch gerecht würde.

Dagegen spricht nicht allein, dass das Gesetz den Begriff der Ordnungsvorschrift nicht kennt, sondern sich ohne eine solche Differenzierung gem. § 337 Abs. 1 StPO auf die Gesetzesverletzung und das Beruhenserfordernis beschränkt. Das wäre unschädlich, wenn die Qualifizierung am Ende einer mit den gesetzlichen Anforderungen vereinbaren, sachhaltigen, durchsichtigen und daher diskutierbaren Begründung stünde, aus der sich einsichtige Kriterien ergäben. Das eigentliche methodische Problem ist vielmehr, dass genau dies nicht der Fall ist. Insoweit sollte schon der Weg, den die Belehrungsvorschriften von der bloßen Ordnungsvorschrift[8] zur bedeutsamen und jedenfalls teilweise revisiblen Verfahrensnorm[9] zurückgelegt haben, gegenüber dem methodischen Ertrag der "Ordnungsvorschrift" skeptisch stimmen.

Die Nichtrevisibilität der Ordnungsvorschrift ohne sachhaltige Ableitung des qualifizierenden Kriteriums läuft aber auf eine petitio principii hinaus, weil sie dann zugleich das einzige Kennzeichen der Ordnungsvorschrift ist[10]. Nach einer treffenden Formulierung von Frisch ist die Ordnungsvorschrift so eine nur "wenig spezifische Ersatzbegründung für das, worum es wirklich geht"[11]. Die Heterogenität der betroffenen Vorschriften und die Unklarheit des Qualifikationskriteriums führe dazu, dass "der Begriff das Sammelbecken für eine Reihe höchst heterogener Normen bildet, die im Grunde nur dadurch zu einer Einheit verbunden sind, daß sie eben nicht revisibel sein sollen"[12]. Bestenfalls sind dafür wirklich prinzipielle Gründe leitend und der Begriff der Ordnungsvorschrift nur ihre wenig aussagekräftige Abbreviatur. Schlimmstenfalls aber geben intuitive Erwägungen den Ausschlag. Insbesondere drohen entformalisierende und im Gesetz nicht vorgesehene Abwägungen des Revisionsgerichts "zwischen dem Aufwand der Urteilsaufhebung einerseits und dem Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift andererseits"[13] an die Stelle des Beruhenserfordernisses zu treten, dem allein nach dem Gesetz die Funktion zugewiesen ist zu verhindern, dass jede Gesetzesverletzung zur Urteilsaufhebung und Wiederholung der Hauptverhandlung führt.

Die Argumente der beiden Senate verdeutlichen die methodischen Schwierigkeiten[14], ein mit § 337 StPO vereinbares Qualifikationskriterium zu konstruieren, ohne aber § 337 StPO anwenden zu wollen. Versteht man den 5. Senat so, dass es sich bei der Vorschrift des § 268 Abs. 3 S. 1 StPO um eine Ordnungsvorschrift handle, weil ein Urteil darauf niemals beruhen könne, wäre der Begriff der Ordnungsvorschrift überflüssig und nichtssagend[15]. Eine derart generelle Abstufung im Beruhenserfordernis kann mithin nicht das Kriterium sein, welches eine Vorschrift zur Ordnungsvorschrift qualifiziert. Will und kann man aber heute auch den in Rede stehenden Verfahrensvorschriften nicht entgegen § 337 Abs. 2 StPO i. V. m. § 7 EGStPO einfach den Rechtsnorm- und Gesetzescharakter gänzlich absprechen, ist insoweit aber umgekehrt der

Hinweis des 4. Senats, der Wortlaut der Fristenanordnung in § 268 Abs. 3 StPO spreche für zwingendes Recht und schließe es aus, diese als Ordnungsvorschrift zu behandeln, für sich genommen gleichfalls unzureichend. Eine verletzbare Rechtsnorm bliebe die Fristanordnung nämlich auch dann, wenn ihre Auslegung ergäbe, dass sie nicht zwingend wäre, sondern es sich um eine sogenannte Sollvorschrift handelte. Denn es wäre nicht einzusehen, dass die Ermessensausübung nicht rechtlich kontrollierbar und damit im Hinblick auf Ermessensfehler revisibel wäre[16]. Kurz: Geht der "Begriff" der Ordnungsvorschrift in dem häufig nicht hinreichend davon geschiedenen Begriff der Sollvorschrift auf, besagt er nichts Grundsätzliches mehr über das Ob der Revisibilität, sondern nur noch über das Wie.

Ist ein pauschaler Revisionsausschluss unter Rückgriff auf die Figur der Ordnungsvorschrift mit den Tatbestandsmerkmalen des § 337 StPO also gerade nicht zu vereinbaren, erschöpft sich ihre Funktion darin, die Revisibilität ohne eine Prüfung dieser Voraussetzungen auszuschließen, weil und sofern man Gefahr liefe, sie unter Umständen doch bejahen zu müssen. Das weist sie aber als eine rechtswidrige Argumentationsfigur zur Umgehung des § 337 StPO aus.

2. Revisibilität der Urteilverkündungsfrist vor dem Ersten Justizmodernisierungsgesetz

Verlässt man den methodischen Irrweg der Ordnungsvorschriften, wird der Blick frei für die eigentlichen Sachargumente, welche die Entscheidung auch bei einem Versäumnis der Urteilsverkündungsfrist nach Maßgabe des Normzwecks[17] der betroffenen Verfahrensvorschrift im Hinblick auf die gesetzlichen Revisibilitätsanforderungen (Gesetzesverletzung und Beruhenserfordernis) leiten.

Nach bislang als gefestigt anzusehender Rechtsprechung des BGH[18] wurde die Verletzung der Urteilsverkündungsfrist gem. § 268 Abs. 3 StPO als Gesetzesverletzung angesehen, auf der das Urteil regelmäßig auch beruht, die also zu Aufhebung und Neuverhandlung führt. Maßgeblich für den Grundsatz wie auch für die anerkannten Ausnahmen ist der Normzweck.

Die Verkündungsfrist folgt der Konzentrationsmaxime und damit dem Unmittelbarkeitsgrundsatz. Sie soll sicherstellen, dass die Entscheidung noch unter dem frischen Eindruck der Hauptverhandlung gefällt wird und nicht nach Aktenlage[19]. Vor diesem Hintergrund kann dann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass das erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Verkündungsfrist verkündete Urteil diesem Normzweck zuwider nicht mehr (hinreichend) aus dem Eindruck der Hauptverhandlung geschöpft ist und damit auf der Gesetzesverletzung beruht. Die gesetzliche Anordnung für den Tatrichter, im Falle der Fristversäumnis mit der Hauptverhandlung von neuem zu beginnen, belegt das nachhaltig und muss als gesetzliche Normierung eines grundsätzlichen Beruhens gelesen werden. Es handelt sich gleichsam um die gesetzlich angeordnete Selbstrevision des Tatgerichts, die erforderlichenfalls (erst) vom Revisionsgericht zu veranlassen ist.

Der Normzweck bleibt dagegen gewahrt, wenn die Beratung noch innerhalb der Frist abgeschlossen ist[20], da dann eine Entscheidung innerhalb des Zeitraumes gefällt wird, den der Gesetzgeber noch als hinreichend erachtet, um aus dem Eindruck der Hauptverhandlung geschöpft zu sein. Zwar liegt dann immer noch eine Gesetzesverletzung vor, aber das Urteil beruht nicht auf ihr. Auch bei rechtzeitiger Verkündung wäre es zu keiner anderen Entscheidung gekommen, die getroffene Entscheidung kann nicht mit einem Verstoß gegen die Konzentrationsmaxime behaftet sein. Mit anderen Worten: Die Gefahr, der die Verkündungsfrist wehren will, besteht in diesem Fall nicht[21].

3. Abwertung der Urteilsverkündungsfrist durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz?

Nun stellt der 5. Senat diese Begründung als solche nicht in Frage. Er beruft sich vielmehr auf die Änderung der Unterbrechungsfristen (§ 229 StPO) durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz[22] und nimmt Auswirkungen auf die Bedeutung der unveränderten Verkündungsfrist an. Geltend gemacht werden vermeintliche Friktionen zwischen den neugefassten Unterbrechungsfristen des § 229 StPO und der Unterbrechung allein zum Zwecke der Urteilsverkündung gem. § 268 Abs. 3 S. 2 StPO.

In der Tat wirft die neue, außerordentlich großzügige Unterbrechungsfrist die Frage auf, welche Bedeutung der kurzen Verkündungsfrist für die Konzentrationsmaxime noch beigemessen werden kann, wenn nach dem Willen des Gesetzes auch eine grundlose und wiederholbare Unterbrechung der laufenden Verhandlung von drei Wochen diesem Prinzip genügen soll - zumal, wenn entgegen vielfach erhobener Forderung[23] und dem sub-

jektiven Willen des Gesetzgebers[24] eine stärkere Kontrolle von Fortsetzungsterminen in Gestalt sogenannter "Schiebetermine" angesichts fehlender Anhaltspunkte im Gesetz von der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Konzentrationsmaxime auch nicht zu erwarten ist[25].

Insoweit kommt es darauf an, ob mit dem Gesetz eine unterschiedliche Dauer der Unterbrechung während der laufenden Verhandlung und nach Abschluss von Beweisaufnahme und Schlussvorträgen begründet werden kann. Dafür spricht, dass mit dem erklärten Entschluss, nur noch abschließend über das Urteil beraten und dann das Urteil verkünden zu wollen, im Gang der Hauptverhandlung eine Zäsur eintritt, weil nunmehr aus der Verhandlung absehbar keine weiteren Entscheidungsgrundlagen gewonnen werden sollen. Die Gefahr ist nun besonders groß, dass der Eindruck der Hauptverhandlung verblasst, weil ein äußerer und innerer vorläufiger Abschluss erreicht ist, der in anderem Maße die Gelegenheit gibt und die Versuchung begründet, sich anderen Dingen zuzuwenden. Es handelt sich also keineswegs um eine Unterbrechung wie jede andere.

Dem kann das Gesetz unter dem Gesichtspunkt der Konzentrationsmaxime entgegen der Auffassung des 5. Senats ohne Widerspruch durch eine kürzere Unterbrechungsmöglichkeit allein zum Zwecke der Beratung und Verkündung in besonderer Weise Rechnung tragen. Und er hat ihm bereits vor dem Ersten Justizmodernisierungsgesetz dort Rechnung getragen, wo die besonderen Unterbrechungsfristen nach längerer Hauptverhandlungsdauer gem. § 229 Abs. 2 StPO a.F. immer schon länger bemessen waren als die Verkündungsfrist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO. Hinzukommt, dass die hier in Rede stehende Frist begründet kürzer ausfallen kann, weil für die Urteilsberatung keine terminliche Rücksicht mehr auf die Belange der anderen Verfahrensbeteiligten zu nehmen ist, die mit der Konzentrationsmaxime ins Verhältnis zu setzen wären. Es waren auch diese Belange, die den Gesetzgeber veranlasst haben, die regelmäßige Unterbrechungsfrist zu verlängern[26] .

Wollte man dagegen mit dem 4. Senat die unterschiedlichen Fristen allein unter Hinweis auf das Beschleunigungsgebot begründen, führte dies im Hinblick auf die hier in Rede stehende Frage der Revisibilität nicht weiter. Die Kompensation von Verstößen gegen das Beschleunigungsgebot erfolgt - notgedrungen - vornehmlich durch eine Strafmilderung aufgrund der erhöhten Strafempfindlichkeit und Strafbedürftigkeit[27], nach zutreffender Ansicht aber auch (wenn nicht eigentlich sogar vorrangig) durch zwischenzeitliche überobligatorische Beschleunigung[28]. Sieht man von der (unterlassenen) Berücksichtigung eines solchen Verstoßes auf Rechtsfolgenseite ab, ist die inhaltliche Qualität des Urteils nicht berührt. Mit der angeordneten neuen Durchführung der Hauptverhandlung sieht das Gesetz als Rechtsfolge der verspäteten Verkündung ganz gegenläufig vielmehr eine Verlängerung des Verfahrens vor. Das ist als Reaktion auf einen Verstoß allein gegen das Beschleunigungsgebot unverständlich und nur aus einer Verletzung der Konzentrationsmaxime und des Unmittelbarkeitsprinzips zu erklären. Solange aber sachlich überzeugende Gründe für eine Differenzierung in der Fristdauer benannt werden können, kann von einer Bedeutungslosigkeit der kurzen Frist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO und einer Widersprüchlichkeit der Fristbestimmungen keine Rede sein.

Der 5. Senat begründet die behauptete Bedeutungslosigkeit der Verkündungsfrist allerdings ergänzend noch mit der Möglichkeit, die Verkündungsfrist nunmehr durch einen kurzen Wiedereintritt in die Verhandlung vor Urteilsverkündung "ohne weiteres unbedenklich zu umgehen". Der Wiedereintritt hängt freilich ebenso wie jeder Fortsetzungstermin davon ab, dass zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert werden kann, dass also weitere verfahrensfördernde Handlungen möglich sind[29], bzw. negativ formuliert, dass dies zumindest nicht evident ausgeschlossen ist und der Wiedereintritt damit allein der Fristumgehung dient. Da die Möglichkeiten, zur Sache zu verhandeln, naturgemäß nach den Schlussvorträgen knapper werden, kann keine Rede davon sein, dass hier ohne weiteres und unbedenklich die Frist umgangen werden könnte. Im Übrigen aber bestand diese Möglichkeit auch schon vor dem Ersten Justizmodernisierungsgesetz, wenn auch angesichts der kürzeren Unterbrechungsfristen nach § 229 Abs. 1 u. 2 StPO a. F. nicht im gleichen Umfang. Die rein quantitativ veränderte Möglichkeit der Umgehung kann jedoch die Bedeutungslosigkeit der unveränderten Frist gem. § 268 Abs. 3 S. 2 StPO nicht begründen.

Dem 5. Senat könnte aber selbst dann nicht gefolgt werden, wenn man die Differenzierung der Unterbrechungsfristen nicht für überzeugend hielte. Denn in Folgendem ist dem 4. Senat uneingeschränkt Recht zu geben: Der Gesetzgeber des Ersten Justizmodernisierungsgesetzes hat die Fristenregelung des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO bei der Reform der Unterbrechungsfristen des § 229 StPO unberührt gelassen und eine Anpassung nicht einmal erwogen. Solange überhaupt noch objektive Differenzierungsgründe auch nur in Betracht kommen, ist es allein die Aufgabe des Gesetzgebers, die Fristen aufeinander abzustimmen.


[1] Beschluss v. 30.11.2006, NJW 2007, 448-449 = HRRS 2007 Nr. 94.

[2] Beschluss v. 9.11.2006, NJW 2007, 96 = HRRS 2006 Nr. 986.

[3] A.A. im Hinblick auf Verfahrensverstöße in der Hauptverhandlung insbesondere Roxin, Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. 1998, § 53 Rn. 31.

[4] Allerdings eben nicht ohne weiteres zu einer "natürlichen Stufung der Verfahrensvorschriften" (BGHSt 11, 213, 214), soweit die Formulierung "natürlich" auch auf nicht diskutierbare Evidenzen fern des Gesetzes erstreckt werden kann.

[5] Nachweise zum Streitstand bei LR-Hanack, § 337 Rn. 17 ff.; umfassend auch zur Kasuistik Weber-Petras, Ordnungs- und Sollvorschriften im Strafprozeßrecht, 1992, S. 9 ff., 201 ff., durchgreifende Kritik bei Frisch, in: J. Wolter (Hrsg.): Zur Theorie und Systematik des Strafprozessrechts, Symposium zu Ehren von Hans-Joachim Rudolphi, 1995, S. 173 ff., und bei Sarstedt/Hamm, Revision in Strafsachen, 6. Aufl. 1998, Rn. 248 ff.

[6] Zur Entwicklung der Rechtsprechung siehe Bohnert, NStZ 1982, 5 f.

[7] Ausdrücklich BGHSt 25, 325, 329 ff.

[8] Zu § 136 Abs. 1 S. 2 StPO siehe BGHSt 22, 170, 173; für § 243 Abs. 4 S. 1 StPO offen gelassen von BGH NJW 1966, 1718 f.

[9] Zu § 136 Abs. 1 S. 2 StPO siehe BGHSt 38, 214, 219 f., wo von Ordnungsvorschriften überhaupt nicht mehr die Rede ist; zu § 243 Abs. 4 S. 1 StPO vgl. BGHSt 25, 325, 329 ff.

[10] Bohnert, NStZ 1982, 6 u. 7; LR-Hanack, § 337 Rn. 21.

[11] Frisch, Rudolphi-Symposium (Fn. 5), S. 204.

[12] Ebd., S. 201.

[13] Bohnert, NStZ 1982, 9 . Zu der dahinter stehenden Behauptung eines Spannungsverhältnisses zwischen den Bedürfnissen einer wirksamen Strafrechtspflege und der Beachtung der Rechte Beteiligter zutreffend kritisch Murmann, GA 2004, 79 f. m. w. Nachw.

[14] Zur Kritik der verschiedenen Begründungsversuche eingehend Weber-Petras (Fn. 5), S. 64 ff.

[15] Zum Argument siehe Bohnert, NStZ 1982, 7 f .

[16] Treffend Frisch, Rudolphi-Symposium (Fn. 5), S. 202; Sarstedt/Hamm (Fn. 5), Rn. 245 ff.; Weber-Patras (Fn. 5), S. 167 ff., jeweils m. w. Nachw. auch zur abweichenden Rechtsprechung. BGHSt 6, 326, 328, hat offen gelassen, ob Sollvorschriften nicht zumindest als Richtlinien für das pflichtgemäße Ermessen zu behandeln seien.

[17] Vgl. dazu die Nachweise bei LR-Hanack, § 337 Rn. 18 Fn. 43, instruktiv auch Frisch, Rudolphi-Symposium (Fn. 5), S. 202 f.; kritisch Bohnert, NStZ 1982, 10, weil die Schutzzwecktheorie im Strafprozessrecht eine gefährliche Sache sei: "Entweder ist die Einhaltung einer förmlichen Vorschrift immer ihr Schutzzweck (genereller Justizgewährleistungsanspruch), dann braucht man den Begriff nicht, oder der Schutzzweck ist von der Norm verschieden, dann wird er zur Gefahr für die Norm."

[18] Seit BGH, StV 1982, 5.

[19] Vgl. Ranft, Strafprozeßrecht, 3. Aufl. 2005, Rn. 1445 u.1860.

[20] BGH, StV 1982, 5.

[21] Zum Argument und der vorausgesetzten normativen Auslegung des Beruhenserfordernisses zusammenfassend Frisch, in: K. Rogall u.a. (Hrsg.): Festschrift für Hans-Joachim Rudolphi, München 2004, S. 621 ff., besonders S. 638 f.

[22] BGBl. I, 2198 v. 30.8.2004.

[23] Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 229 Rn. 3.

[24] BT-Drucks. 15/1508, S. 25.

[25] Siehe nur BGH, NStZ 2006, 710 = HRRS 2006 Nr. 701.

[26] BT-Drucks. 15/999, S. 24, 15/1508, S. 25.

[27] Überzeugender Begründungsansatz bei Waßmer, ZStW 2006, 159, 186.

[28] So wohl Schmidt, NStZ 2006, 315 f.

[29] Meyer-Goßner (Fn. 23), § 229 Rn. 11.