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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 386

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 2/21, Urteil v. 06.01.2022, HRRS 2022 Nr. 386


BGH 5 StR 2/21 - Urteil vom 6. Januar 2022 (LG Hamburg)

Gewährenlassen des Täters beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (kein Anspruch des Täters auf rechtzeitiges Einschreiten); Täterschaft bei Einfuhr von Betäubungsmitteln; Doppelverwertungsverbot beim Zusammentreffen von Milderungsgründen.

§ 29 BtMG; § 50 StGB; Art. 6 EMRK

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. Allerdings kann eine engmaschige und lückenlose polizeiliche Überwachung eines Betäubungsmittelgeschäfts ein bestimmender Strafzumessungsgrund zugunsten des Angeklagten sein, dem neben der Sicherstellung der Drogen ein eigenes Gewicht zukommt, wenn hierdurch eine tatsächliche Gefahr für das Rechtsgut der Volksgesundheit durch das In-Verkehr-Gelangen der Betäubungsmittel nicht bestand.

2. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter einer Einfuhr von Betäubungsmitteln diese eigenhändig ins Inland verbringt (st. Rspr.; siehe zuletzt etwa BGH HRRS 2021 Nr. 99 mwN). Hat jedoch ein mit den eingeführten Betäubungsmitteln Handel treibender Beteiligter keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, ist er zwar wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und gegebenenfalls wegen Teilnahme an der Einfuhr strafbar, jedoch nicht Mittäter der Einfuhr.

3. Die Vorschrift des § 50 StGB verbietet bei der Strafrahmenwahl jedoch nicht nur die doppelte Heranziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes als solchen, sondern auch die doppelte Berücksichtigung der für seine Annahme entscheidenden Gründe.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. August 2020, soweit es den Angeklagten J. betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass er des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, und im Strafausspruch aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten J. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten S. hat es wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen. Zudem hat es gegen ihn eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die gegen das Urteil zu Ungunsten des Angeklagten J. mit der Sachrüge geführte und auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Revision des Angeklagten S., mit der er sachlich-rechtliche Mängel des Urteils geltend macht, erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

A.

Revision der Staatsanwaltschaft I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Angeklagte J., die nichtrevidierenden Mitangeklagten Be. und Sö. sowie die gesondert Verfolgten Br., Ö. und K. schlossen sich spätestens Ende des Jahres 2018 zusammen, um künftig in einer Vielzahl von Fällen Marihuana im jeweils zweistelligen Kilogrammbereich aus B. nach H. zu importieren. In Deutschland sollte es von den gesondert Verfolgten Ö. und K. gewinnbringend weiterverkauft werden.

In Umsetzung des Tatplanes kam es im Zeitraum vom 17. Januar 2019 bis 9. Januar 2020 zu insgesamt elf Taten, wobei jeweils in sieben Fällen 50 kg und in drei Fällen 25 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 12,9 % THC nach H. geliefert wurden; im letzten Fall waren es 51,233 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt zwischen 12,9 % und 15,7 % THC, welches die Polizei sicherstellte. Die Transporte wurden als legale Warenlieferungen an die Firma W. GmbH, deren Geschäftsführer der Angeklagte J. und der nichtrevidierende Mitangeklagte Be. waren, getarnt. Die Täter beauftragten gutgläubige Speditionsfirmen mit dem Transport der Drogen. Lieferanschrift war ein Lager der Firma W. GmbH, deren Firmenfahrzeug auch für den Weitertransport der Drogen in Deutschland genutzt wurde. Der Angeklagte J. war in die Planung der Einzeltaten nicht eingebunden, hatte jedoch Kenntnis von den wesentlichen Tatumständen und billigte diese. Zudem nahm er als den Speditionsfirmen benannte Kontaktperson deren Anrufe bei der Abwicklung der Transporte entgegen. In drei Fällen verbrachte er gemeinsam mit einem Bandenmitglied jeweils einen fünfstelligen Bargeldbetrag für den Drogenkauf nach B. Außerdem buchte und zahlte er über ein Firmenkonto oder auch als Privatperson Flüge von Beteiligten zwischen Deutschland und Spanien, die im Zusammenhang mit der Organisation der Drogenlieferungen erforderlich waren. Einen finanziellen Vorteil erstrebte und erlangte er, anders als die anderen Tatbeteiligten, nicht. Aus seiner Sicht handelte es sich um Gefälligkeiten gegenüber den nichtrevidierenden Mitangeklagten. Die einzelnen Unterstützungshandlungen des Angeklagten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet.

II.

Die vom Generalbundesanwalt vertretene, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.

1. Das von der Verteidigung des Angeklagten geltend gemachte Verfahrenshindernis wegen angeblicher Beweismanipulation seitens der Ermittlungsbehörden besteht nicht (vgl. Beschluss des Landgerichts vom 7. Juli 2020; zu den Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses: BGH, Urteile vom 4. Juli 2018 - 5 StR 650/17 mwN; vom 10. März 1995 - 5 StR 434/94, BGHSt 41, 72, 75 f.).

2. Der Strafausspruch hält - auch eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteile vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21 Rn. 54; vom 27. Januar 2016 - 5 StR 387/15, NStZ-RR 2016, 105 mwN) - der rechtlichen Überprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.

a) Das Landgericht hat bei der Strafrahmenwahl gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 50 StGB) verstoßen.

Es hat in allen Fällen die Voraussetzungen eines minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und den gemilderten Strafrahmen alsdann unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB verschoben. Zugunsten des Angeklagten hat es schon bei der Annahme des minder schweren Falls gewürdigt, dass er „keinerlei eigenes Interesse am Erfolg der vorliegenden Taten“ gehabt, „aus diesen keine persönlichen Vorteile gezogen“ und er die Tatbeiträge „nur aus Verbundenheit zu den Mitangeklagten […] beziehungsweise als Gefälligkeit diesen gegenüber geleistet“ habe. Genau diese Gesichtspunkte sind jedoch die alleinigen Kriterien, weshalb das Landgericht beim Angeklagten keine Mittäterschaft, sondern nur Beihilfe (§ 27 StGB) angenommen hat. Es hat damit der Annahme minder schwerer Fälle nach § 30a Abs. 3 BtMG gerade solche Umstände zugrunde gelegt, die den vertypten Milderungsgrund nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB begründeten.

Die Vorschrift des § 50 StGB verbietet bei der Strafrahmenwahl jedoch nicht nur die doppelte Heranziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes als solchen, sondern auch die doppelte Berücksichtigung der für seine Annahme entscheidenden Gründe (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2001 - 5 StR 260/01, NStZ 2001, 642; MüKoStGB/Maier, 4. Aufl., § 50 Rn. 3). Aus diesem Grund erweist sich auch die Auffassung des Landgerichts, es habe den vertypten Strafmilderungsgrund nicht verbraucht, als unzutreffend.

b) Darüber hinaus ist die Strafrahmenwahl in den Fällen 1 bis 10 auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht für die Annahme minder schwerer Fälle als „ausschlaggebend“ gewertet hat, dass die Taten „in Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden“ stattgefunden hätten und ihre Begehung von diesen - aus ermittlungstaktischen Gründen - geduldet worden sei.

aa) Insoweit gilt: Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern (BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 - 1 StR 159/17 Rn. 138; vom 27. Januar 2016 - 5 StR 387/15, NStZ-RR 2016, 105, 107; vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14 Rn. 38, NStZ 2015, 466 f.; Beschlüsse vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10, NJW 2011, 1299, 1301; vom 15. August 2007 - 1 StR 335/07; 11 12 13 vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635; vom 15. Januar 2003 - 1 StR 506/02, NStZ-RR 2003, 172 f.; LK/Schneider, 13. Aufl., § 46 Rn. 233). Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 - 1 StR 159/17 aaO mwN).

Dies hat das Landgericht nicht bedacht, sondern dem Angeklagten zugutegehalten, dass die Taten in Gänze durch ein früheres Einschreiten gegen die gesondert Verfolgten hätten verhindert werden können. Insoweit hat es festgestellt, dass die Strafverfolgungsbehörden schon vor der ersten hier verfahrensgegenständlichen Tat Anhaltspunkte für einen regelmäßigen Betäubungsmittelhandel eines der drei gesondert Verfolgten hatten, gegen den und einen weiteren ab Januar 2019 Observierungsmaßnahmen stattfanden, welche später - zeitlich nach der Tat im Fall 7 - auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten ausgedehnt wurden. Trotz sich erhärtender Verdachtslage hatten die Ermittlungsbehörden weitere, namentlich die vorliegenden Taten begehen lassen. Der Sache nach hat das Landgericht damit dem Umstand, dass die Strafverfolgungsbehörden die Taten nicht unterbunden hatten, als einen (wesentlichen) Strafmilderungsgrund bewertet, was sich aus den oben genannten Gründen als rechtsfehlerhaft erweist.

bb) Allerdings kann eine engmaschige und lückenlose polizeiliche Überwachung eines Betäubungsmittelgeschäfts ein bestimmender Strafzumessungsgrund zugunsten des Angeklagten sein, dem neben der Sicherstellung der Drogen ein eigenes Gewicht zukommt, wenn hierdurch eine tatsächliche Gefahr für das Rechtsgut der Volksgesundheit durch das In-Verkehr-Gelangen der Betäubungsmittel nicht bestand (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 2020 - 2 StR 257/20, NStZ 2021, 54 f.; vom 24. Januar 2017 - 2 StR 477/16; vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 443/09, NStZ-RR 2010, 51 f.; vom 9. Januar 2008 - 5 StR 508/07, NStZ-RR 2008, 153 f.; vom 8. Juni 2004 - 5 StR 173/04; MüKoStGB/Maier, 4. Aufl., § 46 Rn. 360 mwN; Weber/Kornprobst/Maier, 6. Aufl., BtMG, Vorbemerkungen zu §§ 29 ff. Rn. 1032). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht aber nur im Fall 11 festgestellt.

c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler bei der Bemessung der Einzelstrafen von einem anderen Strafrahmen ausgegangen wäre, so dass der Strafausspruch hierauf beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).

d) Die in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen des Landgerichts, jede einzelne Tat hätte durch die Strafverfolgungsbehörden verhindert oder jedenfalls das Marihuana jeweils sichergestellt werden können, beruhen zudem zumindest teilweise auf keiner tragfähigen Beweiswürdigung, weshalb der Senat die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen insgesamt aufgehoben hat, um dem zur neuen Entscheidung berufenen Tatgericht einheitliche widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

3. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) haben sich nicht ergeben.

B.

Revision des Angeklagten S.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wirkte der Angeklagte an der Planung und Durchführung der Lieferung der - letztlich von den Ermittlungsbehörden beschlagnahmten - Betäubungsmittel im Fall 11 mit. Mitte Dezember 2019 brachte er gemeinsam mit einem der nichtrevidierenden Mitangeklagten das für den Erwerb von 50 kg Marihuana benötigte Bargeld nach B. und begleitete jenen vor Ort bei Fahrten mit dem Mietwagen zum Zweck der Organisation der Lieferung. Für den Bargeldtransport erhielt der Angeklagte eine Belohnung in Höhe von 500 Euro sowie weitere geldwerte Vorteile (als „bezahlten Urlaub“) im Wert von mindestens 500 Euro. An dem Drogengeschäft hatte er ein eigenes wirtschaftliches Interesse, da er über seine Kontakte zu potentiellen Abnehmern (nach seiner Einlassung im „zweistelligen Kilogrammbereich“) einen gewinnbringenden Absatz der Betäubungsmittel in Deutschland plante, an dem er partizipieren wollte. Tatsächlich hatte er sich sowohl im Vorfeld als auch nach seiner Rückkehr aus B. um solche Absatzmöglichkeiten bemüht.

Das Landgericht hat die Tat als gemeinschaftliche Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewertet. Es hat die Strafe dem Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 30 Abs. 2 BtMG unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen.

II.

Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht die Wertung, der Angeklagte sei Täter der tateinheitlichen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewesen.

a) Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr die Betäubungsmittel eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, Mittäter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht bloß als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2020 - 3 StR 380/20 mwN). Wesentliche, in eine wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehende, für die Täterschaft sprechende Anhaltspunkte sind dabei der Grad des Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung und Planung der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu; entscheidender Bezugspunkt all dieser Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst (st. Rspr. BGH aaO). Hat der mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel treibende Beteiligte hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, ist er zwar wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und gegebenenfalls wegen Teilnahme an der Einfuhr strafbar, jedoch nicht Mittäter der Einfuhr (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2016 - 1 StR 232/16 mwN).

b) Umstände, die auf eine Tatherrschaft des Angeklagten beim Verbringen der Betäubungsmittel nach Deutschland oder zumindest auf einen dahingehenden Willen schließen ließen oder seinen Einfluss auf die Planung und Durchführung des Transports belegen würden, hat das Landgericht nicht festgestellt.

2. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte jedoch der Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 27 StGB). Er unterstützte vorsätzlich den nichtrevidierenden Mitangeklagten, indem er mit ihm zusammen das Kaufgeld für die Drogen nach Spanien brachte und jenen in B. bei der Organisation der Ausfuhr der Betäubungsmittel begleitete, wobei er am Gelingen des Vorhabens mit Blick auf die von ihm entfalteten Absatzbemühungen, die ihrerseits die Voraussetzungen des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllen, ein eigenes Interesse hatte.

3. Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus dem Tenor ersichtlich. Angesichts der insoweit erschöpfenden Beweiswürdigung des Landgerichts ist auszuschließen, dass weitergehende Feststellungen, aus denen sich die Voraussetzungen der Mittäterschaft des Angeklagten S. hinsichtlich der Einfuhr ergeben könnten, noch möglich sind. Der Schuldspruchänderung steht § 265 StPO nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können.

4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der festgesetzten Strafe, weil diese aus einem anderen Strafrahmen zuzumessen ist. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 386

Bearbeiter: Christian Becker