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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 234

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 582/11, Beschluss v. 14.12.2011, HRRS 2012 Nr. 234


BGH 1 StR 582/11 - Beschluss vom 14. Dezember 2011 (LG Karlsruhe)

Konkurrenzen zwischen Bedrohung und Nötigung (Strafschärfung trotz Verdrängung des Tatbestandes).

§ 52 StGB; § 240 StGB; § 241 StGB; § 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Bedrohung tritt hinter dem spezielleren Vergehen der Nötigung (§ 240 StGB) zurück, wenn die Bedrohung das Mittel der Nötigung war.

2. Die Verwirklichung des zurücktretenden Tatbestandes kann aber bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erfüllung von Merkmalen des verdrängten Gesetzes gegenüber dem Tatbestand des angewandten Gesetzes selbständiges Unrecht enthalten. So liegt es zum Beispiel, wenn der Genötigte unter Vorhaltung eines Messers mit dem Tode bedroht wird.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 11. August 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Bedrohung entfällt (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung und wegen Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.

Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Bedrohung (§ 241 StGB) kann keinen Bestand haben, da dieses Delikt hinter dem spezielleren Vergehen der Nötigung (§ 240 StGB) zurücktritt, denn die Bedrohung war hier das Mittel der Nötigung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 7. August 2003 - 3 StR 1 2 137/03; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1998 - 4 StR 391/98; BGH, Beschluss vom 9. April 1997 - 2 StR 9/97). Der Senat hat deshalb den Schuldspruch entsprechend geändert. Er schließt aus, dass die Strafkammer bei Beachtung dieses konkurrenzrechtlichen Verhältnisses auf niedrigere Strafen erkannt hätte.

Die Verwirklichung des zurücktretenden Tatbestandes kann bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 4 StR 308/11 mwN); dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erfüllung von Merkmalen des verdrängten Gesetzes gegenüber dem Tatbestand des angewandten Gesetzes selbständiges Unrecht enthalten (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2011 - 4 StR 206/11 mwN). So liegt es hier: Der Unrechtsgehalt einer Bedrohung des Zeugen Z. mit dem Tode unter Vorhalten eines Messers wird von der Strafbarkeit wegen Nötigung nicht vollständig erfasst, da zur Verwirklichung dieses Tatbestandes bereits die Drohung mit einem empfindlichen Übel ausreicht.

Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer gemäß § 473 Abs. 4 StPO auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 234

Bearbeiter: Karsten Gaede