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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1100

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 587/07, Urteil v. 29.08.2008, HRRS 2008 Nr. 1100


BGH 2 StR 587/07 - Urteil vom 29. August 2008 (LG Darmstadt)

BGHSt 52, 323; Fall Siemens; Untreue (endgültiger Vermögensnachteil: Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit des Vermögensinhabers, schwarze Kasse, verdeckte Kasse, Schattenkasse, Schadenswiedergutmachung; schadensgleiche Vermögensgefährdung: subjektiver Tatbestand, Billigung des endgültigen Vermögensverlusts); Bestechung im geschäftlichen Verkehr; Amtsträger eines ausländischen Staates; Verfall (Handeln für einen anderen); Vermögensbetreuungspflicht (Offenbarung unbekannter Vermögenswerte des Treugebers; Buchführungspflichten; Compliance-Vorschriften); Abgrenzung von Tun und Unterlassen bei der Untreue; besonders schwerer Fall der Untreue (Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes durch Fortführung einer schwarzen Kasse).

§ 266 StGB; § 299 a.F. StGB; Art. 2 § 1 Nr. 2 IntBestG; § 73 StGB; § 73a StGB; § 13 StGB

Leitsätze

1. Schon das Entziehen und Vorenthalten erheblicher Vermögenswerte unter Einrichtung von verdeckten Kassen durch leitende Angestellte eines Wirtschaftsunternehmens führt zu einem endgültigen Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB; auf die Absicht, das Geld im wirtschaftlichen Interesse des Treugebers zu verwenden, kommt es nicht an (Weiterführung von BGHSt 51, 100). (BGHSt)

2. § 299 Abs. 2 StGB in der bis zum 29. August 2002 geltenden Fassung erfasste nur solche Handlungen im ausländischen Wettbewerb, die sich auch gegen deutsche Mitbewerber richteten. (BGHSt)

3. Der Amtsträgerbegriff nach Art. 2 § 1 Nr. 2 IntBestG ist nicht im Sinne der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, sondern autonom auf der Grundlage des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 17. Dezember 1997 auszulegen. (BGHSt)

4. Soweit der Senat im Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/06 - (BGHSt 51, 100, 113 f.) das "bloße" Führen einer verdeckten Kasse nur als schadensgleiche Vermögensgefährdung angesehen hat, hält er hieran nicht fest. (Bearbeiter)

5. Bereits die dauerhafte Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit des Treugebers über Vermögensteile mittels Verbergens durch den Treunehmer kann als Nachteil im Sinne des Untreuetatbestands angesehen werden, denn die Möglichkeit zur Disposition über das eigene Vermögen gehört zum Kern der von § 266 StGB geschützten Rechtsposition. (Bearbeiter)

6. Bei der Schadensfeststellung sind auch normative Erwägungen zu berücksichtigen. Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen Arbeitnehmer kann der Eintritt eines Vermögensschadens nicht dadurch ausgeschlossen sein, dass der Täter beabsichtigt (oder dies behauptet), die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch "letztlich" ein Vermögensvorteil entstehen könnte. Das gilt namentlich dann, wenn dieser Vorteil nur durch einen seinerseits gesetz- oder sittenwidrigen und ggf. strafbaren Einsatz der Mittel erzielt werden könnte. (Bearbeiter)

7. Die Verwendung von dem Treugeber entzogenen und auf verdeckten Konten geführten Geldmittel nach Gutdünken des Treunehmers stellt lediglich eine Schadensvertiefung dar; das Erlangen von Vermögensvorteilen durch spätere Geschäfte und eine etwaige Rückführung der entzogenen Mittel sind allenfalls als Schadenswiedergutmachung anzusehen. (Bearbeiter)

8. Eine dem Treugeber zugute kommende Gegenleistung oder ein durch die pflichtwidrige Handlung anderweitig unmittelbar herbeigeführter ausgleichender Vermögensvorteil liegt im Fall des verdeckten Führens einer Schmiergeldkasse nicht vor. Weder die vage Chance, auf Grund des Mitteleinsatzes zu Bestechungszwecken später einmal einen möglicherweise im Ergebnis wirtschaftlich vorteilhaften Vertrag abzuschließen, noch gar die bloße Absicht des Täters, die entzogenen Mittel für solche Zwecke zu verwenden, stellen einen zur Kompensation geeigneten gegenwärtigen Vermögensvorteil dar. (Bearbeiter)

9. Der Senat lässt dahin stehen, ob und in welchem Umfang etwa eine auf § 76 Abs. 1 AktG gestützte Befugnis des Zentralvorstands der Siemens AG zu einer Einwilligung in die Führung verdeckter Kassen durch § 93 AktG auf Grund normativer Bindungen ausgeschlossen gewesen wäre (vgl. auch BGHSt 34, 379, 384 f.; 35, 333, 337; 49, 147, 158). (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

I. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14. Mai 2007, soweit es ihn betrifft,

1. im Fall II.1 der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte K. der Untreue schuldig ist und die tateinheitliche Verurteilung wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr entfällt,

2. im Fall II.2 der Urteilsgründe aufgehoben; die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die dafür verhängte Einzelstrafe entfallen; und

3. im Strafausspruch in den Fällen II.1 und II.3 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

II. Auf die Revision des Angeklagten V. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

III. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil unter Verwerfung der weitergehenden Rechtsmittel

1. soweit es den Angeklagten K. betrifft, in den Fällen II.1 und II.3 der Urteilsgründe im Strafausspruch sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben und

2. soweit es den Angeklagten V. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Soweit die die Nebenbeteiligte betreffende Revision der Staatsanwaltschaft verworfen wird, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die der Nebenbeteiligten entstandenen notwendigen Auslagen.

IV. Auf die Revision der Nebenbeteiligten wird das Urteil, soweit es sie betrifft, aufgehoben; die Anordnung des Wertersatzverfalls entfällt. Die durch ihre Beteiligung erwachsenen Kosten des Verfahrens fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten K. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in Tateinheit mit Untreue (Fall II.1 der Urteilsgründe), der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (Fall II.2 der Urteilsgründe) sowie der Untreue (Fall II.3 der Urteilsgründe) schuldig gesprochen. Es hat gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Den Angeklagten V. hat es wegen Beihilfe zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr in zwei Fällen (II.1 u. II.2 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.

Gegen die Nebenbeteiligte hat das Landgericht den Verfall von Wertersatz in Höhe von 38 Mio. € angeordnet.

Mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen machen die Angeklagten K. und V. geltend, ihr Verhalten sei in Deutschland nicht strafbar gewesen, während sich die Nebenbeteiligte Siemens AG darüber hinaus auf ein aus Art. 54 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen) herzuleitendes Verfahrenshindernis beruft.

Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit der Sachrüge eine Verurteilung des Angeklagten K. auch wegen internationaler Amtsträgerbestechung gemäß § 334 StGB in Verbindung mit Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. b IntBestG sowie eine Verurteilung V. s als Mittäter bei den Bestechungsdelikten. Darüber hinaus hält sie die Höhe der verhängten Strafen und die Höhe des gegen die Siemens AG angeordneten Wertersatzverfalls für zu gering.

Die Revisionen haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg.

A.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

I. Der Angeklagte K. war als leitender Angestellter der Siemens AG von 1991 bis zum 30. Juni 2004 einer der vier sog. "Bereichsvorstände" des Geschäftsbereichs "Power Generation" (im Folgenden: Siemens-PG). Die Siemens-PG beschäftigte bei einem Jahresumsatz von 10 Milliarden € 30.000 Mitarbeiter und war u.a. mit der Fertigung, dem Vertrieb und der Wartung von Gasturbinen befasst. Als "Bereichsvorstand" war der Angeklagte unmittelbar unter der Ebene des ("Zentral"-)Vorstandes der Siemens AG tätig. Ihm oblag die kaufmännische Leitung des Geschäftsbereichs; er war damit u.a. zuständig für Controlling, Betriebswirtschaft, Zentrale Aufgaben, Personal und Revision sowie für die Wirtschaftsregion Europa. Er hatte die Siemens-interne Autorisierung, Zahlungen in unbegrenzter Höhe anzuweisen. In seine Zuständigkeit fiel auch die Umsetzung der Compliance-Vorschriften der Siemens AG für seinen Geschäftsbereich. Diese Vorschriften sahen u.a. vor, auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit den Einsatz von Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen.

Gleichwohl existierte im Geschäftsbereich der Siemens-PG, wie dem Angeklagten auf Grund seiner Leitungsfunktion, aber auch noch anderen Mitarbeitern von Siemens-PG, nicht jedoch - wie das Landgericht ausdrücklich festgestellt hat - dem Zentralvorstand bekannt war, ein etabliertes System zur Leistung von Bestechungsgeldern (sog. nützlichen Aufwendungen), und zwar zunächst in Gestalt eines Geflechts von Nummernkonten bei diversen liechtensteinischen Banken, die auf die Namen verschiedener anderer Unternehmen und liechtensteinischer Stiftungen ("Eurocell", "Colford Investments Corp.", "Grenusso Anstalt") lauteten. Die Gelder auf diesen Konten, deren Höhe das Landgericht nicht festgestellt hat, waren bei zuvor durchgeführten Projekten nicht aufgebraucht worden und hatten in der offiziellen Buchhaltung der Siemens-PG - für die der Angeklagte K. verantwortlich zeichnete - keinen Niederschlag gefunden. Der Angeklagte V., der von 1998 bis 2001 als freier Mitarbeiter und Berater für den Geschäftsbereich PG der Siemens AG tätig war, widmete etwa 2/3 seiner Tätigkeit der Abwicklung verdeckter Überweisungen für nützliche Aufwendungen, die Mitarbeiter des Geschäftsbereichs bei ihm in Auftrag gaben.

Nachdem es in den Jahren 1999 und 2000 zur Aufdeckung verschiedener Finanz- und Geldwäscheaffären in Liechtenstein gekommen war, entschieden der Angeklagte K. sowie ein weiterer, ihm unterstellter Angestellter als für die liechtensteinischen Konten Verantwortliche, diese aufzulösen; die Guthaben wurden im Zeitraum Sommer 2000 bis Sommer 2001 nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Gunsten einer Firma "Technical Consulting & Service Ltd." überführt und dort weiterhin vom Angeklagten V. in gleicher Weise betreut.

Der Angeklagte K. verwaltete neben dem liechtensteinischen Kontengeflecht seit dem Jahr 1998 zudem noch eine weitere verdeckte Kasse in der Schweiz. Dabei handelte es sich um Gelder verteilt auf ein Girokonto, ein Festgeldkonto und ein Wertpapierdepot. Diese Gelder stammten noch von der durch die Siemens AG übernommenen und in den Geschäftsbereich PG integrierten früheren KWU AG. Der ursprüngliche Verwalter dieser Kasse, der im Bereich Buchhaltung und Bilanzierung bei der Siemens-PG beschäftigte Zeuge Dr. W., hatte anlässlich seiner bevorstehenden Pensionierung Ende 1998 den Angeklagten K. in dessen Funktion als kaufmännischer Leiter und für die Buchhaltung Verantwortlicher über die Existenz der - sonst niemandem mehr bekannten - verdeckten Kasse informiert. Der Angeklagte K. entschloss sich, die Gelder nicht in die offizielle Buchhaltung der Siemens AG einzustellen, sondern instruierte den Angeklagten V., in Liechtenstein die Stiftung Gastelun zu errichten und für diese ein Konto zu eröffnen. Auf Geheiß des Angeklagten K. überwies Dr. W. Anfang 1999 den Bestand der verdeckten Kasse in Höhe von etwa 12 Mio. Schweizer Franken auf das Konto der Stiftung in Liechtenstein. Der Angeklagte verwendete den gesamten Betrag in der Folge, um - wie von Anfang an beabsichtigt - "nützliche Aufwendungen" zur Erlangung von Aufträgen nach seinem Gutdünken zu bestreiten. Zu diesem Zweck erteilte er jeweils konkrete Aufträge an den Angeklagten V., der ihn fortlaufend über den Kontostand unterrichtete (Fall II.3 der Urteilsgründe).

II. Bei der italienischen Firma Enel S.p.A. handelt es sich um ein zuvor auf öffentlichrechtlicher Grundlage als Stromversorger tätig gewesenes staatliches Unternehmen, das 1992 durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (S.p.A.) privatisiert worden war. Die Republik Italien hielt im November 1999 noch gut 68 % der Aktien.

1. Der italienische Strommarkt befand sich auf Grund der Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG, die eine Marktliberalisierung anordnete und durch das Gesetz Nr. 79 vom 16. März 1999 (sog. Bersani-Dekret) mit Wirkung zum 1. April 1999 in italienisches Recht umgesetzt worden war, im Umbruch. Während vor diesem Zeitpunkt die Produktion von Strom grundsätzlich nur staatlich konzessionierten Erzeugern gestattet gewesen war, zu denen neben Enel nur kommunale Unternehmen gehört hatten, war durch das Bersani-Dekret der Markt der Stromerzeugung dem freien Wettbewerb geöffnet worden. Der wichtigste Stromerzeuger in Italien war im Jahr 2000 ENEL Produzione S.p.A., eine hundertprozentige Tochter der Enel S.p.A., mit einem Marktanteil von ca. 56 %. Zudem konnte dieses Unternehmen satzungsgemäß auch auf dem ausländischen Markt der Stromerzeugung agieren.

Demgegenüber blieb die Stromübertragung und -verteilung in Italien auch nach dem 1. April 1999 staatlich konzessionierten Unternehmen vorbehalten.

2. Mit dem Ziel, eine Vielzahl verschiedener Versorgungs- und Serviceleistungen anbieten zu können, gliederte Enel S.p.A. im Jahr 1999 den damaligen Geschäftsbereich "Ingenieurwesen, Beschaffung und Bau" in eine eigene Aktiengesellschaft, die Enelpower S.p.A., aus. Enelpower S.p.A., ebenfalls eine hundertprozentige Tochter der Enel S.p.A., war in der Folge u.a. sowohl in Italien als auch im Ausland im Bau von Kraftwerksanlagen tätig, ohne in Italien eine Monopolstellung innezuhaben.

III. 1. Im Jahr 1999 schrieb Enelpower einen bei Siemens-PG intern mit dem Namen "La Casella" bezeichneten Auftrag zur Lieferung von Gasturbinen europaweit aus. Die Enelpower S.p.A. hatte zuvor ihrerseits seitens der ENEL Produzione S.p.A. einen Auftrag zum Einbau der Gasturbinen in bestehende Stromerzeugungsanlagen zum Zweck der Erhöhung des Wirkungsgrades erhalten.

Auf die Ausschreibung gab Siemens-PG in einem Konsortium mit einem italienischen Unternehmen im November 1999 als einziger deutscher Wettbewerber ein Angebot ab. Darauf wandte sich im Dezember 1999 der Geschäftsführer der ENEL Produzione S.p.A., der Zeuge Cr., an den Angeklagten V. und verdeutlichte diesem, dass er auf die Auftragsvergabe, die für Siemens-PG einen Auftragswert von etwa 132,5 Mio. € repräsentierte, zu Gunsten des Konsortiums Einfluss nehmen könne; dabei gab er zu verstehen, dass er für eine solche Einflussnahme eine Schmiergeldzahlung in Millionenhöhe erwartete. Bei einem Gesprächstermin am 15. Januar 2000, an dem auf italienischer Seite neben Cr. auch das geschäftsführende Mitglied des Verwaltungsrates der Enelpower, Gi., und auf deutscher Seite der Angeklagte V. sowie der für Italien zuständige kaufmännische Leiter des Geschäftsbereichs Siemens-PG, der Zeuge B., teilnahmen, wurde eine Zahlung in Höhe von insgesamt 2,65 Mio. € von Siemens-PG an Cr. und Gi. vereinbart. Der Angeklagte K. war über diese Abrede unterrichtet und billigte die Zahlung von Bestechungsgeldern zur Erlangung des Auftrags. Dabei hielt er es für möglich, dass sein Verhalten in Italien zu strafrechtlichen Folgen für ihn, seine eingebundenen Mitarbeiter und für die Siemens AG führen könnte. Darüber hinaus kalkulierte er ein, dass die in Folge der Schmiergeldzahlungen von seiner Arbeitgeberin erlangten Vorteile durch zivilrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen in Deutschland oder Italien wieder würden verloren gehen können. Jedoch schätzte er das Entdeckungsrisiko als sehr gering ein.

Nachdem Gi. vereinbarungsgemäß am 18. Februar 2000 den Auftrag an das Konsortium unter Beteiligung von Siemens-PG unterschrieben hatte, veranlasste der Angeklagte V. weisungsgemäß zunächst verschiedene, den Geldfluss verschleiernde Transfers der Bestechungssumme innerhalb des damals noch bestehenden Kontengeflechts in Liechtenstein, bevor er am 6. Juli 2000 den Betrag von 2,65 Mio. € auf ein von Gi. und Cr. angegebenes Konto in Abu Dhabi überwies. Der Auftrag wurde in der Folge vollständig erfüllt und abgerechnet (Fall II.1 der Urteilsgründe).

2. Im Juni 2000 schrieb Enelpower erneut die Lieferung von Gasturbinen für Stromerzeugungsanlagen für ENEL Produzione europaweit aus. Für diesen Auftrag gab wiederum der Geschäftsbereich Siemens-PG in einem Konsortium mit einem italienischen Unternehmen als einziger deutscher Wettbewerber ein Angebot ab. Der Auftrag, der für Siemens-PG einen Auftragswert von 205,6 Mio. € verkörperte, lief intern unter dem Namen "Repowering". In der Folge gab Cr. erneut gegenüber dem Angeklagten V. zu verstehen, dass auch zur Erlangung dieses Auftrages Zahlungen an Gi. und ihn selbst erforderlich seien. Der Angeklagte K. stimmte weiteren Schmiergeldzahlungen in Höhe von 2.987.000 € und von 483.990 US-$ an Gi. und Cr. zu, wies aber seine Mitarbeiter darauf hin, im Falle einer Aufdeckung müsse jeder für sich kämpfen, die Siemens AG könne sie dann nicht decken. Gi. unterzeichnete darauf am 3. August 2001 vereinbarungsgemäß den Auftrag an das Konsortium unter Beteiligung von Siemens-PG.

Schon wegen der zwischenzeitlich erfolgten Auflösung des in Liechtenstein unterhaltenen Kontengeflechts musste die Zahlung der für die Erteilung des Auftrags "Repowering" vereinbarten Bestechungssumme auf einem anderen Wege erfolgen als im Fall "La Casella". Die Angeklagten nutzten hierfür die aus der früheren verdeckten Kasse der KWU AG übernommenen Mittel der Stiftung Gastelun. Am 10. August 2001 transferierte der Angeklagte V. den damit aufgebrauchten Rest des Stiftungsvermögens auf ein Konto der Firma TCS in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Von dort wiederum überwies er nach Anweisung des Angeklagten K. in der Zeit von August 2001 bis Januar 2002 nach und nach die vereinbarten Bestechungssummen auf das von Gi. und Cr. bezeichnete Konto in Abu Dhabi (Fall II.2 der Urteilsgründe). Die Siemens AG erwirtschaftete aus den beiden Aufträgen einen Gesamtgewinn in Höhe von 103,8 Mio. € vor Steuern.

IV. Seit Mai 2003 ermittelte die italienische Justiz gegen Gi. u.a. wegen der Entgegennahme der von Siemens-PG gezahlten Bestechungsgelder. Dem lag die Einschätzung zu Grunde, dass Gi. nach italienischem Strafrecht als Amtsträger im Sinne von Art. 357 Abs. 2 des italienischen Strafgesetzbuches anzusehen sei, weil Enelpower wegen der indirekten Beherrschung durch den italienischen Staat und ihrer Tätigkeit auf dem Energiesektor eine öffentliche Verwaltungsfunktion wahrnehme (UA S. 33/34).

Die Ermittlungen der italienischen Strafverfolgungsbehörden wurden in der Folge auch auf die Siemens AG selbst sowie auf zwei Mitarbeiter des Geschäftsbereichs PG, darunter auch der Zeuge B., ausgedehnt. Durch Urteil des Landgerichts Mailand vom 25. Juni 2006 wurden in einem abgekürzten Verfahren die beiden Mitarbeiter wegen Amtsträgerbestechung jeweils zu Bewährungsstrafen verurteilt. Gegen die Siemens AG wurden wegen Unterlassens der Einführung und wirksamen Umsetzung von Organisations- und Managementmodellen, die geeignet waren, Straftaten in der Art der begangenen zu verhindern, eine Geldstrafe von 500.000 € und ein Verbot des Vertragsschlusses mit der öffentlichen Verwaltung für die Dauer von einem Jahr verhängt. Zugleich wurde gegen sie die Abschöpfung eines Gewinns in Höhe von 6.121.000 € angeordnet.

Unter dem Druck der laufenden Ermittlungen hatte sich die Siemens AG bereits im Jahr 2003 mit der Enel S.p.A. auf umfangreiche Ausgleichsleistungen geeinigt, deren Wert das Landgericht mit 113 Mio. € beziffert hat.

Nach einer internen Untersuchung, bei der der Angeklagte K. wahrheitswidrig angegeben hatte, von Zahlungen an Gi. und Cr. aus verdeckten Kassen und den zu Grunde liegenden Absprachen keine Kenntnis gehabt zu haben, beschloss der Zentralvorstand der Siemens AG wegen der unzureichenden Umsetzung der Compliance-Richtlinien in dessen Geschäftsbereich am 14. Juni 2004 die Auflösung des Anstellungsvertrages mit dem Angeklagten K. unter Gewährung von Übergangs- und Ruhebezügen. Wäre ihm der volle Umfang des Fehlverhaltens des Angeklagten bekannt gewesen, so wäre statt der Auflösung die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages erfolgt.

B.

I. Das Landgericht hat das Handeln der Angeklagten in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe (Schmiergeldzahlungen an Gi. und Cr.) - unter Beschränkung der Verfolgung des Angeklagten V. auf die Vorwürfe der Bestechung und der Beihilfe hierzu gemäß § 154a Abs. 2 StPO - jeweils als Bestechung im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 299 Abs. 2 StGB bzw. als Beihilfe hierzu gewürdigt und zur Begründung ausgeführt, diese Vorschrift habe, auch schon vor Einfügung von § 299 Abs. 3 StGB im August 2002, die Bestechung ausländischer Angestellter erfasst, unabhängig davon, ob durch die Schmiergeldzahlungen deutsche Mitbewerber benachteiligt wurden.

II. Die Schmiergeldzahlungen aus der verdeckten Kasse im Fall II.1 der Urteilsgründe (Auftrag "La Casella") hat das Landgericht zudem als tateinheitlich begangene Untreue des Angeklagten K. in der Tatvariante des Treubruchs bewertet.

Ebenso erfüllten nach Auffassung der Kammer auch die Übernahme, die Fortführung und der allmähliche Verbrauch der von der KWU herrührenden verdeckten Kasse durch den Angeklagten K. (Fall II.3 der Urteilsgründe) den Treubruchstatbestand der Untreue. Im Verhältnis zur Auszahlung der Bestechungsgelder an Gi. und Cr. im Fall "Repowering" (Fall II.2 der Urteilsgründe) ging das Landgericht - entgegen der Anklage und seinem Eröffnungsbeschluss - von tatmehrheitlicher Begehung aus.

III. Eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 334 StGB in Verbindung mit den Vorschriften des EUBestG (Gesetz zu dem Protokoll vom 27. September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 10. September 1998, BGBl II 2340, zuletzt geänd. durch Ges. vom 21. Juli 2004, BGBl I 1763) oder des IntBestG (Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 10. September 1998, BGBl II 2327) hat das Landgericht verneint.

IV. Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer besonders schwere Fälle der Untreue (§ 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) deshalb nicht angenommen, weil vom Vorsatz des Angeklagten K. jeweils nur der Eintritt einer Vermögensgefährdung, nicht aber der eines "Effektivschadens" umfasst gewesen sei.

V. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Nebenbeteiligte hat das Landgericht auf § 73 Abs. 3, § 73a StGB gestützt. Das Doppelverfolgungsverbot nach Art. 54 SDÜ stehe nicht entgegen, weil es sich bei der durch das italienische Urteil vom 25. Juni 2006 angeordneten Gewinnabschöpfung nicht um eine strafähnliche Maßnahme, sondern um einen kondiktionsartigen Ausgleich gehandelt habe.

C.

I. Die Revision des Angeklagten K.

Die Revision des Angeklagten K. führt, soweit er wegen Untreue verurteilt worden ist, zur Aufhebung der Strafaussprüche (Fälle II.1 und II.3 der Urteilsgründe). Soweit er wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr verurteilt worden ist, führt seine Revision zu einer Änderung des Schuldspruchs (Fall II.1 der Urteilsgründe) bzw. zu einer Aufhebung des Urteils (Fall II.2 der Urteilsgründe). Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Angeklagten K. in den Fällen II.1 und II.3 wegen Untreue zu Lasten der Siemens AG verurteilt.

a) Das Landgericht hat die Verurteilung insoweit allerdings auf unterschiedliche rechtliche Annahmen gestützt, ohne dass die Grundlagen der Differenzierung sich aus den Urteilsgründen hinreichend deutlich ergeben. Im Fall II.1 ("La Casella") hat es die Tathandlung einer Untreue im Sinne der Treubruchvariante des § 266 Abs. 1 StGB in den Zahlungen der Schmiergeldsummen an Cr. und Gi. gesehen. Den vom Tatbestand vorausgesetzten Vermögensnachteil hat das Landgericht hier darin gesehen, dass der als Gegenleistung für die Schmiergeldzahlungen erlangte vertragliche Anspruch einschließlich der Gewinnerwartung wegen der Gesetzwidrigkeit der Bestechungshandlungen anfechtbar und daher in seinem wirtschaftlichen Wert gemindert gewesen sei (UA S. 56); hierdurch sei ein Schaden der Siemens AG in Form eines Gefährdungsschadens entstanden.

Im Fall II.3 hat das Landgericht wohl angenommen, eine tatbestandliche Untreue liege schon in dem pflichtwidrigen Unterlassen, der Siemens AG als Vermögensinhaberin die Existenz der auf verdeckten Konten in Liechtenstein vorhandenen Geldmittel zu offenbaren; durch die hierdurch bewirkte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit sei der Treugeberin auch in diesem Fall ein Gefährdungsschaden entstanden (UA S. 57). Die Auszahlung der Bestechungsleistungen in Höhe von insgesamt 2.987.000 € und 483.990 US-$ an Cr. und Gi., durch welche der Bestand der Kasse, der ursprünglich 12 Mio. Schweizer Franken betragen hatte, im Fall II.2 "aufgebraucht" wurde, hat das Landgericht, anders als im Fall II.1, nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Untreue gewürdigt. Bei der Strafzumessung hat es in beiden Fällen dem Angeklagten mildernd zu Gute gehalten, dass er mit seinen Taten letztlich einen Vorteil für die Siemens AG erwirtschaften wollte und daher zwar eine Vermögensgefährdung, nicht jedoch den Eintritt eines endgültigen Vermögensschadens gebilligt habe (UA S. 71).

b) Diese rechtliche Würdigung erweist sich zwar in ihrem Ergebnis als richtig; hingegen ist die Begründung nicht tragfähig. Der Angeklagte K. als kaufmännischer Leiter des Geschäftsbereichs PG hat sich in beiden Fällen der Untreue durch Unterlassen schuldig gemacht.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Tatbestand der Untreue - in der Variante des Missbrauchs- oder Treubruchstatbestands - erfüllt sein kann, wenn Angestellte einer juristischen Person des Privatrechts, insbesondere auch einer Kapitalgesellschaft, dieser ohne wirksame Einwilligung Vermögenswerte entziehen, um sie nach Maßgabe eigener Zwecksetzung, wenn auch möglicherweise im Interesse des Treugebers zu verwenden. Für die hier zunächst erforderliche Feststellung einer § 266 Abs. 1 StGB unterfallenden Pflichtverletzung kommt es auf einen mittelbar oder "letztlich" erzielten Vermögenszuwachs bei dem zu betreuenden Vermögen insoweit nicht an; dies könnte vielmehr allenfalls bei der Feststellung eines Vermögensnachteils von Bedeutung sein.

Vorliegend ist für die Beurteilung hinsichtlich beider Fälle (II.1 und II.3 der Urteilsgründe) gleichermaßen darauf abzustellen, dass der Angeklagte es unterließ, die von ihm vorgefundenen, auf verdeckten, nicht unter dem Namen der Treugeberin geführten Konten verborgenen Geldmittel seiner Arbeitgeberin zu offenbaren, indem er sie als Aktiva in die Buchführung einstellen ließ und so den Anforderungen der Bilanzwahrheit genügte. Zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten als für die kaufmännische Leitung des Geschäftsbereichs verantwortlichem Bereichsvorstand gehörte es offensichtlich, seiner Arbeitgeberin bislang unbekannte, ihr zustehende Vermögenswerte in erheblicher Höhe zu offenbaren und diese ordnungsgemäß zu verbuchen. Diese Pflicht hat der Angeklagte verletzt.

Sowohl im Hinblick auf das vom Angeklagten bereits vorgefundene Kontengeflecht bei liechtensteinischen Banken (Fall II.1) als auch hinsichtlich der ihm von dem Zeugen Dr. W. offenbarten von der KWU AG herrührenden Schmiergeldkasse in der Schweiz (Fall II.3) lag das Schwergewicht der Pflichtwidrigkeit nicht bei einzelnen Verwaltungs- oder Verschleierungshandlungen des Angeklagten, ebenso nicht erst in einzelnen Vermögensverfügungen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Maßgabe jeweils neuer Entscheidungen, sondern schon in dem Unterlassen der Offenbarung durch ordnungsgemäße Verbuchung der Geldmittel. Entgegen der Annahme des Landgerichts war der strafrechtliche Vorwurf daher in beiden Fällen, unbeschadet einzelner aktiver Verwaltungshandlungen namentlich im Fall II.3, an ein Handeln durch Unterlassen gem. § 13 Abs. 1 StGB anzuknüpfen. Dass der Unrechtsgehalt dieses Verhaltens dem eines aktiven Tuns entsprach, steht angesichts der konkreten Pflichtenstellung des Angeklagten außer Zweifel. Darauf, dass das Landgericht demgegenüber nur unklar zwischen einem aktiven Tun durch "Zustimmen zur Überweisung" im Fall II.1 (UA S. 55) und einem "Verbrauchen" der Geldmittel im Fall II.3 durch das Unterlassen unterschieden hat, "gemäß § 667 BGB alles herauszugeben, was er in Ausführung seines Auftrags erlangte" (UA S. 56), ohne jedoch auf dieses Unterlassen § 13 StGB anzuwenden, kommt es nicht an.

bb) Dass die Vermögenswerte auf den verdeckten Konten verborgen wurden, um sie bei gegebenem Anlass zur Leistung von Bestechungszahlungen an Dritte und damit möglicherweise im mittelbaren wirtschaftlichen Interesse der Treugeberin zu verwenden, steht einer Pflichtwidrigkeit nicht entgegen.

An einer wirksamen Einwilligung der Treugeberin, welche eine Pflichtwidrigkeit hätte ausschließen können (insoweit zutr. Saliger/Gaede HRRS 2008, 57, 69; vgl. auch Dierlamm in MünchKommStGB § 266 Rn. 129; Fischer StGB 55. Aufl. § 266 Rn. 49 ff.; Kindhäuser in NKStGB 2. Aufl. § 266 Rn. 66 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rn. 38; jew. m.w.N.), fehlte es. Dabei kann es dahin stehen, ob und in welchem Umfang etwa eine auf § 76 Abs. 1 AktG gestützte Befugnis des Zentralvorstands der Siemens AG zu einer entsprechenden Einwilligung durch § 93 AktG auf Grund normativer Bindungen ausgeschlossen gewesen wäre (vgl. auch BGHSt 34, 379, 384 f.; 35, 333, 337; 49, 147, 158).

Darauf kommt es hier nicht an, denn eine ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des Zentralvorstands hat das Landgericht nicht festgestellt. Im Gegenteil hatte dieser den Angeklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Akquisition von Aufträgen die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten seien und Schmiergelder nicht gezahlt werden dürften. Der Angeklagte K., der für die Umsetzung der Compliance-Vorschriften in seinem Unternehmensbereich zuständig war, hatte im Jahr 1999 selbst Rundschreiben an nachgeordnete Mitarbeiter veranlasst, in denen diese auf das arbeitsvertragliche Verbot jeglicher Schmiergeldzahlungen ausdrücklich hingewiesen wurden. Mit diesen Vorgaben war - entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Rönnau in FS für Tiedemann 2008 S. 713, 721 Fn. 38) - erkennbar nicht erst die Zahlung von Bestechungsgeldern, sondern auch schon das Unterhalten von verdeckten Kassen zum Zweck solcher Zahlungen ausdrücklich untersagt; für eine konkludente Billigung oder eine mutmaßliche Einwilligung fehlt es schon deshalb an einer Grundlage. Soweit die Verteidigung des Angeklagten geltend gemacht hat, es habe sich bei den entsprechenden Compliance-Vorschriften um eine "bloße Fassade" gehandelt, der kein ernst gemeintes Verbot zugrunde gelegen habe, widerspricht dies den Feststellungen (UA S. 37 f.), deren Rechtsfehlerhaftigkeit die Revision nicht aufgezeigt hat. Auch eine Billigung durch den Aufsichtsrat der Siemens AG ist nicht ersichtlich; eine Zustimmung durch eine Hauptversammlung liegt fern. Die Annahme, eine Treupflichtverletzung scheide im vorliegenden Fall aus, weil eine "Schattenkasse ... mit Kenntnis des Geschäftsherrn" vorgelegen habe (Saliger/Gaede aaO 67 ff.), findet im angefochtenen Urteil keine Grundlage.

cc) Durch die Pflichtwidrigkeiten sind der Treugeberin des Angeklagten in beiden Fällen Vermögensnachteile im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB entstanden. Anders als das Landgericht angenommen hat, kam es hierbei nicht auf die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung an. Es ist daher im Ergebnis unschädlich, dass das Landgericht im Fall II.1 die Annahme eines Schadens auf die Erwägung gestützt hat, der von ihm als - grundsätzlich einen Schaden ausschließende - Kompensation des Vermögensverlusts durch Schmiergeldzahlung angesehene Vergütungsanspruch aus dem Vertragsabschluss "La Casella" sei wegen seiner Anfechtbarkeit konkret gefährdet gewesen (UA S. 56). Ebenso unschädlich ist die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte habe im Fall II.3 durch "Halten der schwarzen Kasse" nur eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bewirkt und in beiden Fällen nur eine solche Gefährdung, nicht aber den Eintritt eines "effektiven Vermögensschadens" billigend in Kauf genommen (UA S. 55 f.). Darauf, dass der auf diese Feststellung gestützte Schuldspruch der Rechtsprechung des Senats zu den Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands der Untreue in Fällen so genannter Gefährdungsschäden wohl widerspricht (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/06 = BGHSt 51, 100, 120 ff. [dazu Bernsmann GA 2007, 219, 229 ff.; Ransiek NJW 2007, 1727, 1729; Saliger NStZ 2007, 545, 549 ff.]; Senatsbeschluss vom 25. Mai 2007 - 2 StR 469/06 = NStZ 2007, 704 [dazu Schlösser NStZ 2008, 397 f.]; ebenso BGH, Beschluss vom 2. April 2008 - 5 StR 354/07 = BGHSt 52, 182; dagegen aber BGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 1 StR 488/08 = NJW 2008, 2451 [dazu Klötzer/Schilling StraFo 2008, 305 ff.; Rübenstahl NJW 2008, 2454 f.]; vgl. auch Nack StraFo 2008, 277 ff.) kommt es nicht an, weil in beiden Fällen kein Gefährdungsschaden, sondern ein endgültiger Vermögensschaden eingetreten ist.

(1) Indem der Angeklagte Geldvermögen der Siemens AG in den verdeckten Kassen führte und der Treugeberin auf Dauer vorenthielt, entzog er diese Vermögensteile seiner Arbeitgeberin endgültig. Diese konnte auf die verborgenen Vermögenswerte keinen Zugriff nehmen. Die Absicht, die Geldmittel - ganz oder jedenfalls überwiegend - bei späterer Gelegenheit im Interesse der Treugeberin einzusetzen, insbesondere um durch verdeckte Bestechungszahlungen Aufträge für sie zu akquirieren und ihr so mittelbar zu einem Vermögensgewinn zu verhelfen, ist hierfür ohne Belang. Dass die Mittel in der verdeckten Kasse zunächst noch vorhanden sind, ist mit Fällen nicht vergleichbar, in denen ein Treupflichtiger eigene Mittel jederzeit bereit hält, um einen pflichtwidrig verursachten Schaden auszugleichen (BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233; NStZ-RR 2004, 54; Rönnau aaO S. 732 f.; Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rn. 139; vgl. aber auch Fischer aaO Rn. 75). Beim Unterhalten einer verdeckten Kasse wie im vorliegenden Fall hält der Treupflichtige nicht eigenes Vermögen zum Ersatz bereit, sondern hält Geldvermögen seines Arbeitgebers verborgen, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen.

(2) Überdies sind bei der Schadensfeststellung auch normative Erwägungen zu berücksichtigen. Die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens obliegt dem Vermögensinhaber, im Fall einer Kapitalgesellschaft dessen zuständigen Organen. Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen Arbeitnehmer kann der Eintritt eines Vermögensschadens nicht dadurch ausgeschlossen sein, dass der Täter beabsichtigt (oder dies behauptet), die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch "letztlich" ein Vermögensvorteil entstehen könnte. Das gilt namentlich dann, wenn dieser Vorteil nur durch einen seinerseits gesetz- oder sittenwidrigen und ggf. strafbaren Einsatz der Mittel erzielt werden könnte.

(3) Der Entziehung des Vermögenswerts steht in diesem Fall keine schadensverhindernde unmittelbare Kompensation gegenüber. Der schadensersatzrechtliche Ausgleichsanspruch gegen den Täter ist nach ständiger Rechtsprechung kein der Schadensentstehung entgegen stehender Vorteil. Anders als in Fällen so genannter Haushaltsuntreue oder in verdeckten Kassen geführter Mittel im Bereich der öffentlichen Verwaltung spielen hier aber auch Fragen der Zweckerreichung (vgl. etwa BGHSt 43, 293, 299) oder der Einschränkung haushaltsrechtlicher Dispositionsmacht (vgl. etwa BGHSt 40, 287, 296 f.) keine Rolle. Eine dem Treugeber zugute kommende Gegenleistung oder ein durch die pflichtwidrige Handlung anderweitig unmittelbar herbeigeführter ausgleichender Vermögensvorteil liegt im Fall des verdeckten Führens einer Schmiergeldkasse nicht vor (anders Kempf in FS für Hamm, 2008, S. 255, 260 f.). Weder die vage Chance, aufgrund des Mitteleinsatzes zu Bestechungszwecken später einmal einen möglicherweise im Ergebnis wirtschaftlich vorteilhaften Vertrag abzuschließen, noch gar die bloße Absicht des Täters, die entzogenen Mittel für solche Zwecke zu verwenden, stellen einen zur Kompensation geeigneten gegenwärtigen Vermögensvorteil dar (wohl anders, aber zu weit OLG Frankfurt NStZ-RR 2004, 244, 245).

(4) Die dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit über die veruntreuten Vermögensteile stellt für den Treugeber daher nicht nur eine ("schadensgleiche") Gefährdung des Bestands seines Vermögens dar, sondern einen endgültigen Vermögensverlust, der, wenn er vorsätzlich verursacht wurde, zur Vollendung des Tatbestands der Untreue und zu einem Vermögensnachteil in Höhe der in der verdeckten Kasse vorenthaltenen Mittel führt. Die Verwendung der entzogenen und auf verdeckten Konten geführten Geldmittel ist nur eine Schadensvertiefung; das Erlangen von durch spätere Geschäfte letztlich erzielten Vermögensvorteilen durch den Treugeber ist, nicht anders als eine Rückführung der entzogenen Mittel, allenfalls eine Schadenswiedergutmachung. Soweit der Senat im Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/06 - (BGHSt 51, 100, 113 f.) das "bloße" Führen einer verdeckten Kasse nur als schadensgleiche Vermögensgefährdung angesehen hat, hält er hieran nicht fest.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine "bloße" Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit des Treugebers über Vermögensteile dürfe nicht als Schaden angesehen und der Vermögensschaden nicht mit der Pflichtverletzung gleichgesetzt werden (vgl. etwa Saliger/Gaede aaO 70). Die Bewertung als "bloße" Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit trifft nicht zu, wenn dem Treugeber Mittel endgültig entzogen oder vorenthalten werden. Ein Vermögensschaden kann nicht unabhängig von der konkreten Fallkonstellation oder Fallgruppe pauschal mit der Begründung verneint werden, dem Vermögensinhaber fehle, wenn er infolge von Manipulationen des Treunehmers von Vermögenswerten keine Kenntnis und auf sie keinen Zugriff erlange, "nur" die Dispositionsmöglichkeit. Denn die Möglichkeit zur Disposition über das eigene Vermögen gehört zum Kern der von § 266 StGB geschützten Rechtsposition. Dass die pflichtwidrige Handlung und die Schadensentstehung inhaltlich und zeitlich zusammenfallen, ist im Übrigen eine je nach Fallkonstellation häufige und unvermeidliche Lage, die für sich allein der Feststellung eines Nachteils gleichfalls nicht entgegensteht.

dd) Am Vorsatz des Angeklagten bestehen weder hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit in beiden Fällen noch hinsichtlich des so verstandenen ("endgültigen") Vermögensschadens Zweifel. Auf die in der Literatur diskutierte Bedeutung der "guten Absichten" des Angeklagten kommt es auch insoweit ebenso wenig an wie auf die Frage, wie ein "Gefährdungsschaden" hier zu berechnen wäre (vgl. dazu einerseits Nack StraFo 2008, 277 ff.; andererseits Fischer StraFo 2008, 269 ff.; dazu auch Schünemann NStZ 2008, 430 ff.).

ee) Der spätere Verbrauch der Mittel, der durch die Auszahlung an Gi. und Cr. im Fall "Repowering" abgeschlossen wurde, stellte angesichts des Fortdauerns der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen - anders als das Landgericht im Gegensatz zur Anklage und seinem eigenen Eröffnungsbeschluss meint - keine neue Tat dar, sondern beendete die mit Übernahme der verdeckten Kasse bereits vollendete Untreue des Angeklagten.

2. Demgegenüber hat der Angeklagte entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts den Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB nicht verwirklicht. Schmiergeldzahlungen im ausländischen Wettbewerb, durch die deutsche Mitbewerber nicht benachteiligt wurden, wurden im Tatzeitraum von Januar 2000 bis Januar 2002 von § 299 Abs. 2 StGB a.F. nicht erfasst:

a) Nach der obergerichtlichen, weitgehend zivilrechtlichen Rechtsprechung zu der bis 1997 geltenden Vorläufernorm des § 299 Abs. 2 StGB, dem § 12 Abs. 1 UWG, wurden Bestechungshandlungen, die sich ausschließlich gegen den ausländischen Wettbewerb richteten, vom Schutzbereich der Vorschrift nicht erfasst (vgl. BGH NJW 1968, 1572, 1574 f.; OLG Karlsruhe BB 2000, 635 f.; weit. Nachw. bei Haft/Schwoerer in FS für Weber, 2004, S. 367, 374 f.; Vormbaum in FS für Schroeder, 2006, S. 649, 656; Rönnau in Achenbach/Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. S. 76, 109 Fn. 271). Dahinter stand der wettbewerbsrechtliche Gedanke, es sei Unternehmen, die auf Auslandsmärkten in einem Wettbewerb standen, an welchem sich keine deutschen Wettbewerber beteiligten, nicht zuzumuten, auch in solchen Ländern den strengeren deutschen Wettbewerbsregeln unterworfen zu sein, die vor Ort ansonsten gar keine Anwendung fänden. Diese Auslegung entsprach der ganz herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. die Nachw. bei Vormbaum aaO S. 656 f.; Rönnau aaO Fn. 270; Saliger/Gaede HRRS 2008, 57, 62 Fn. 24).

b) Die nahezu wortgleiche Überführung der Regelung des § 12 Abs. 1 UWG in den § 299 Abs. 2 StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) sollte nach der Begründung zum Gesetzentwurf am sachlichen Gehalt der Norm nichts ändern (BTDrucks. 13/5584 S. 15; so auch BGHSt 46, 310, 316 f.; 49, 214, 229).

c) An der beschränkten Anwendbarkeit des § 299 Abs. 2 StGB auf Taten, die sich gegen den inländischen Wettbewerb richteten, änderte auch das Inkrafttreten der Gemeinsamen Maßnahme 98/742/JI des Rates der Europäischen Union betreffend die Bestechung im privaten Sektor vom 22. Dezember 1998 (ABl. L 358 vom 31. Dezember 1998 S. 2) nichts.

aa) Diese ordnete in Art. 3 Abs. 1 an, jeder Mitgliedstaat habe die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Strafbarkeit einer vorsätzlichen Handlung sicherzustellen, "durch die jemand einer Person im Rahmen ihrer geschäftlichen Aufgaben unmittelbar oder über einen Mittelsmann irgendeinen unbilligen Vorteil für sich selbst oder für einen Dritten als Gegenleistung dafür verspricht, anbietet oder gewährt, dass diese Person unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt". Die von den Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen sollten auf Verhaltensweisen angewendet werden, die eine Verzerrung des Wettbewerbs, zumindest im gemeinsamen Markt, mit sich bringen oder mit sich bringen könnten und die auf Grund einer regelwidrigen Vergabe oder einer regelwidrigen Ausführung eines Vertrags eine wirtschaftliche Schädigung Dritter zur Folge haben oder zur Folge haben könnten (Art. 3 Abs. 2 Satz 2).

bb) Die Gemeinsame Maßnahme, die später durch den Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der Bestechung im Privaten Sektor vom 22. Juli 2003 (ABl. L 192 vom 31. Juli 2003 S. 54) abgelöst wurde, erforderte keine andere Auslegung des § 299 Abs. 2 StGB durch die nationalen Gerichte. Das vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Gebot gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung nationalen Rechts (EuGH, Urt. vom 16. Juni 2005 - Rs. C-105/03, NJW 2005, 2839, 2840 f.) ist jedenfalls auf die hier maßgebliche Gemeinsame Maßnahme 98/742/JI nicht übertragbar (so auch Saliger/Gaede aaO 65 f.; Schuster/Rübenstahl wistra 2008, 201, 205 f.; aA Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rn. 55; Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 428 f.). Aus dem Vergleich zwischen den Umsetzungsregelungen in Art. 9 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI einerseits und Art. 8 der Gemeinsamen Maßnahme 98/742/JI andererseits folgt, dass letzterer keine Bindungswirkung zukam, die über eine Verpflichtung der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Einbringung in das nationale Gesetzgebungsverfahren hinausgegangen wäre: Art. 9 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses gab den Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Maßnahmen zu seiner Umsetzung vor dem 22. Juli 2005 zu treffen und bis zu diesem Zeitpunkt den Wortlaut der Umsetzungsbestimmungen ihres nationalen Rechts den zuständigen Organen der EU mitzuteilen, eine Verpflichtung, die ggf. auch eine gesetzgeberische Tätigkeit der nationalen Parlamente umfassen musste. Nach Art. 8 Abs. 1 der Gemeinsamen Maßnahme hingegen oblag es den Mitgliedstaaten lediglich, innerhalb von zwei Jahren geeignete Vorschläge zur Umsetzung zu unterbreiten, die von den zuständigen Stellen der Union im Hinblick auf ihre Annahme geprüft werden sollten, eine Verpflichtung, die gesetzgeberische Tätigkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten vor der Prüfung durch die zuständigen Stellen der Union also gerade ausschloss und sich mithin zunächst an die Regierungen der Mitgliedstaaten richtete. Für dieses Verständnis spricht auch der Umstand, dass die spätere Ablösung der Gemeinsamen Maßnahme durch den Rahmenbeschluss 2003/568/JI ausdrücklich durch dessen größere rechtliche Bindungswirkung motiviert war (vgl. dazu die Begründung des Königreichs Dänemark in Ratsdokument Nr. 9953/02 ADD 1, S. 3 f. u. 12). Hinzu kommt, dass die Gemeinsame Maßnahme durch ihre inhaltliche Ausgestaltung in Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 2 Satz 2, 4 Abs. 1 u. 2, 6, 7 Abs. 1 Buchst. b den Mitgliedstaaten erhebliche Umsetzungsspielräume eröffnete, deren Ausgestaltung im Einzelnen nicht von vornherein abgeschätzt werden konnte. War aber für ein nationales Gericht zwischen Erlass der Gemeinsamen Maßnahme und der Befassung des nationalen Gesetzgebers mit ihrer Umsetzung - die in Deutschland erst mit Inkrafttreten des § 299 Abs. 3 StGB am 30. August 2002 erfolgte - nicht absehbar, ob überhaupt und mit welchem Ergebnis eine solche Befassung des Parlaments zukünftig erfolgen würde, konnte es für in der Zwischenzeit begangene Taten die den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielräume nicht selbst durch eine geänderte, unionsrechts- oder maßnahmenkonforme Auslegung nationalen Strafrechts zu Lasten eines Angeklagten ausfüllen.

cc) Auch im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB könnte eine solche Ausdehnung des Schutzzwecks des § 299 Abs. 2 StGB ohne gesetzliche Grundlage bedenklich sein (vgl. hierzu BVerfG NJW 2007, 1666 ff.; Saliger/Gaede aaO 63 f.).

d) Der Auffassung des Senats steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes vom 22. August 2002, durch das der § 299 Abs. 3 StGB eingefügt worden war, eine Einbeziehung ausländischen Wettbewerbs in den Schutzbereich der Norm auch auf der Grundlage der bis dahin geltenden Fassung zumindest für möglich gehalten hatte (BTDrucks. 14/8998 S. 9 f.). In der Begründung des Gesetzentwurfs wurde ausgeführt, eine ausdrückliche "Klärung" des Anwendungsbereichs des § 299 StGB sei deshalb geboten, weil die Vorschrift "in der Auslegung durch die überwiegende Lehre den Anforderungen der Gemeinsamen Maßnahme nicht entspricht", mit anderen Worten bis zum Zeitpunkt dieser Klärung in einem anderen Sinne ausgelegt worden war (so auch Vormbaum aaO S. 654; Saliger/Gaede aaO 62; aA Diemer/Krick in MünchKommStGB § 299 Rn. 28).

Ein den § 299 Abs. 2 StGB einschränkendes Verständnis lag auch einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen an die Obersten Finanzbehörden der Länder vom 10. Oktober 2002 (BStBl I 1031, 1033) zu Grunde. Danach war bei § 299 StGB zu beachten, dass damit zunächst nur der Wettbewerb deutscher Unternehmen geschützt gewesen und der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erst durch das Anfügen eines Absatzes 3 an § 299 StGB mit Wirkung vom 30. August 2002 auf Handlungen im ausländischen Wettbewerb ausgedehnt worden sei mit der Folge, dass bis zu diesem Zeitpunkt im ausländischen Wettbewerb gezahlte Schmiergelder grundsätzlich steuerlich abzugsfähig seien.

3. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe (nur) wegen Untreue führt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einsatzstrafe. Darüber hinaus waren die Strafaussprüche in den Fällen II.1 und II.3 der Urteilsgründe auch deshalb aufzuheben, weil das Landgericht es unterlassen hat, sich mit der Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung nach § 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB auseinanderzusetzen. Die Aufhebung der Einzelstrafen bedingt auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.

II. Die Revision des Angeklagten V.

Die Revision des Angeklagten V. führt, soweit das Urteil ihn betrifft, zur Aufhebung des Schuldspruchs und Zurückverweisung der Sache. Die Schmiergeldzahlungen des Angeklagten K. erfüllten aus den unter C.I.2 erörterten Gründen nicht den Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Daher scheidet auch eine Strafbarkeit des Angeklagten V. wegen Beihilfe zu diesem Delikt aus. Ein Freispruch des Angeklagten durch den Senat kam jedoch nicht in Betracht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass in einer neuen Hauptverhandlung nach Wiedereinbeziehung der ursprünglich angeklagten, jedoch gemäß § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Untreuevorwürfe eine entsprechende Verurteilung erfolgen wird.

III. Die Revision der Staatsanwaltschaft

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt, soweit das Urteil den Angeklagten K. betrifft, zur Aufhebung und Zurückverweisung hinsichtlich des Strafausspruchs in den Fällen II.1 und II.3 der Urteilsgründe sowie hinsichtlich des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

a) Die Begründung, mit der das Landgericht in den Fällen II.1 u. II.3 einen besonders schweren Fall der Untreue durch Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes gemäß § 266 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB abgelehnt hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Landgerichts lag in den Fällen der Untreue jeweils nicht nur eine Vermögensgefährdung, sondern der Eintritt eines endgültigen Schadens vor. Was das in Liechtenstein geführte Kontengeflecht im Fall II.1 anbelangt, hat der Angeklagte einen Schaden in Höhe der auf diesen Konten verborgenen Gelder herbeigeführt. Insoweit sind in der neuen Hauptverhandlung ergänzende Feststellungen zum Volumen der dort geführten verdeckten Kasse zu treffen, wobei von einem Mindestbestand von 2,65 Mio. €, die für den Auftrag "La Casella" entnommen wurden, auszugehen sein wird. Die im Fall II.3 aus der Schweizer Kasse stammende, nach Liechtenstein übertragene Summe belief sich auf 12 Mio. Schweizer Franken.

b) Erfolglos rügt die Revision hingegen, der Angeklagte K. habe sich gem. § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB in Verbindung mit Art. 2 § 1 Nr. 2 IntBestG strafbar gemacht.

aa) Cr. und Gi. waren keine "Amtsträger eines ausländischen Staates" im Sinne des Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. a IntBestG, obschon beide durch die italienischen Strafverfolgungsbehörden als Amtsträger ("pubblico ufficiale") im Sinne des Art. 357 des Codice penale italiano behandelt worden waren.

Zwar soll nach verbreiteter Ansicht in der Literatur der Begriff des "Amtsträgers eines ausländischen Staates" im Sinne des Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. a IntBestG nach dem Recht des Staates zu bestimmen sein, in dem der Betreffende tätig ist (Krause/Vogel RIW 1999, 488, 492; Pelz StraFo 2000, 302, 303; Taschke StV 2001, 78, 79; Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung 2007 S. 405). Das würde jedoch zur Schaffung eines Blanketttatbestandes führen, dessen Ausfüllung allein dem jeweiligen ausländischen Gesetzgeber überantwortet wäre. Deshalb soll nach anderer, auch vom Generalbundesanwalt vertretener Auffassung der Amtsträgerbegriff unter entsprechender Anwendung der Merkmale des deutschen Amtsträgerbegriffs in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bestimmen sein (Korte in MünchKommStGB § 334 Rn. 7). Hiergegen spricht allerdings, dass Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. a IntBestG das Erfordernis einer Stellung, die der eines solchen deutschen Amtsträgers entspricht, im Gegensatz zu dem zeitgleich in Kraft getretenen Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EUBestG (dazu unten C.III.1.c) gerade nicht ausdrücklich vorsieht. Eine dritte, vorzugswürdige Auffassung stellt deshalb darauf ab, dass die Vorschriften des IntBestG auf der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 17. Dezember 1997 (BGBl 1998 II 2329) beruhen und die OECD selbst mehrmals verdeutlicht hat, dass die Begriffsbestimmungen des OECD-Abkommens als autonome Definitionen zu verstehen seien, welche ohne Rückgriff auf das Heimatrecht des jeweiligen Amtsträgers auszufüllen seien. So hat die OECD diejenigen Staaten, die den Amtsträgerbegriff nicht autonom umgesetzt, sondern auf das fremde Landesrecht verwiesen hatten (Mexiko, Belgien, Portugal), kritisiert und aufgefordert, ihre Gesetze zu ändern (vgl. die OECD-Landesberichte "Report on the application of the convention on combating bribery of foreign public officials in international business transactions and the 1997 recommendation on combating bribery in international business transactions" für Mexiko - Phase 2 - vom 2. September 2004, S. 11; für Belgien - Phase 2 - vom 21. Juli 2005, S. 36; für Portugal - Phase 2 - vom 14. März 2007, S. 43; s. auch Pieth in Dölling Hdb. der Korruptionsprävention Kap. 9 Rn. 24 f.).

Auszugehen ist deshalb vom Amtsträgerbegriff des Art. 1 Abs. 4 des OECD-Übereinkommens, wobei wegen der spezielleren Regelungen in Art. 2 § 1 Nr. 1 u. 3, § 2 IntBestG die Bereiche der Legislative, der Justiz und des Militärs auszunehmen sind. Für den verbleibenden Personenkreis ist nach Art. 1 Abs. 4 Buchst. a des OECD-Übereinkommens der Begriff des Amtsträgers zu definieren als "eine Person, die in einem anderen Staat durch Ernennung oder Wahl ein Amt im Bereich der ... Verwaltung ... innehat" (Möhrenschlager in Dölling aaO Kap. 8 Rn. 352; Schuster/Rübenstahl wistra 2008, 201, 203). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine Amtsträgereigenschaft Cr. s und Gi. s im Sinne des IntBestG, denn es fehlt im Sinne einer solchen autonomen Bestimmung des Amtsträgerbegriffs am Merkmal der Wahl oder Ernennung.

bb) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass weder Cr. noch Gi. im Sinne des Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. b IntBestG Personen waren, die beauftragt waren, für ein öffentliches Unternehmen mit Sitz im Ausland oder sonst öffentliche Aufgaben für einen ausländischen Staat wahrzunehmen.

Zwar handelte es sich sowohl bei ENEL Produzione als auch bei Enelpower um "öffentliche Unternehmen" im Sinne dieser Vorschrift. Nach der Definition der amtlichen Auslegungshilfe in Nr. 14 der "Erläuterungen zu dem Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" (BTDrucks. 13/10428 S. 23, 24) waren beide Unternehmen deshalb öffentliche, weil sie in Folge der Mehrheitsbeteiligung des italienischen Staates an der ihrerseits sie beherrschenden Konzernmutter Enel S.p.A. mittelbar von der öffentlichen Hand beherrscht wurden.

Damit waren Cr. und Gi. zwar in öffentlichen Unternehmen im Sinne des IntBestG tätig, sie waren jedoch nicht mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut. Nach Nr. 12 der Erläuterungen umfasst der Begriff "öffentliche Aufgaben" alle Handlungen im öffentlichen Interesse, die im Auftrag des anderen Staates vorgenommen werden. Nach Nr. 15 der Erläuterungen gilt ein Angestellter eines öffentlichen Unternehmens als eine Person, die derartige öffentliche Aufgaben wahrnimmt, dies jedoch nur dann, wenn das Unternehmen in dem betreffenden Markt nicht auf einer normalen geschäftlichen Grundlage tätig ist, das heißt auf einer Grundlage, die der eines privatwirtschaftlichen Unternehmens ohne bevorzugende Subventionen oder sonstige Vorrechte im Wesentlichen gleichkommt.

In diesem Sinne erfüllten weder ENEL Produzione noch Enelpower öffentliche Aufgaben. Der ursprünglich erteilte staatliche Auftrag auf dem Gebiet der Stromerzeugung war dem EnelKonzern mit der Abschaffung des Konzessionssystems und der Liberalisierung des Erzeugermarktes in Folge des "Bersani-Dekrets" zum 1. April 1999 entzogen worden. Ab diesem Zeitpunkt handelten auf dem Gebiet der italienischen Stromversorgung nur noch die mit der Stromübertragung und dessen Verteilung befassten Unternehmen auf der Grundlage eines ihnen von staatlicher Seite erteilten Auftrages. Demgegenüber waren ENEL Produzione und Enelpower, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, im Jahr 2000 als einer von mehreren im Wettbewerb stehenden Marktteilnehmern bei der Stromproduktion in Italien bzw. als international tätiger Kraftwerksbauer auf dem jeweiligen Markt ohne Monopolstellung und ohne bevorzugende Subventionen oder sonstige Vorrechte auf einer normalen geschäftlichen Grundlage tätig (vgl. auch Schuster/Rübenstahl aaO 204).

c) Dahin stehen kann, in welchem Verhältnis das IntBestG und das EUBestG zueinander stehen. Denn nicht zu beanstanden ist auch die rechtliche Würdigung des Landgerichts, wonach sich die Angeklagten nicht wegen Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB in Verbindung mit Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EUBestG strafbar gemacht haben. Nach der letztgenannten Vorschrift steht für die Anwendung des Bestechungstatbestandes ein Amtsträger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union einem deutschen Amtsträger nur gleich, soweit seine Stellung derjenigen eines Amtsträgers im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB entspricht. Weder Gi. s noch Cr. s Stellung entsprachen jedoch derjenigen eines deutschen Amtsträgers im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, da es sich weder bei Enelpower S.p.A. noch bei ENEL Produzione S.p.A. um eine einer Behörde gleichgestellte "sonstige Stelle" handelte (vgl. zu den Kriterien für die Annahme einer "sonstigen Stelle" BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 49, 214, 219; 50, 299, 303; BGH NStZ 2008, 560, 561 f.).

2. Soweit das angefochtene Urteil den Angeklagten V. betrifft, war es auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben, weil nach Zurückverweisung der Sache der nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedene Untreuevorwurf wieder einzubeziehen sein wird und eine entsprechende Verurteilung möglich ist. Die neu entscheidende Kammer wird ggf. zu prüfen haben, ob über die angeklagte Beihilfehandlung hinaus auch eine täterschaftliche Beteiligung V.s an den Untreuedelikten des Mitangeklagten K. in Betracht kommt, weil sich etwa aus seinem Beratervertrag eine eigene Verpflichtung zur Betreuung von Vermögensinteressen der Siemens AG ergab.

3. Erfolglos bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft, soweit sie die Anordnung eines höheren Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte erstrebt, weil die Anordnung von Wertersatzverfall wegen Fehlens einer Anknüpfungstat keinen Bestand hat.

IV. Die Revision der Nebenbeteiligten

Die Revision der Nebenbeteiligten führt zur Aufhebung und zum Wegfall der Anordnung des Wertersatzverfalls. Die Voraussetzungen der Anordnung des Wertersatzverfalls gegen einen Drittbeteiligten nach § 73 Abs. 3, § 73a StGB liegen nicht vor. Der Angeklagte K. hat zwar in zwei Fällen den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB, nicht aber diejenigen der Bestechung nach § 299 Abs. 2 StGB oder nach § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB in Verbindung mit Art. 2 § 1 Nr. 2 IntBestG oder mit Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EUBestG erfüllt. Somit handelte er nicht im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB "für einen anderen", sondern fügte im Gegenteil dem Vermögen der Nebenbeteiligten, deren Vermögensinteressen er zu wahren gehabt hätte, jeweils einen Nachteil zu. Damit fehlt es an einem Anknüpfungsdelikt für die Verhängung einer Maßnahme nach den §§ 73 ff. StGB.

D.

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, von der Möglichkeit nach § 472b Abs. 3 StPO Gebrauch zu machen, die notwendigen Auslagen der Nebenbeteiligten, soweit deren Revision erfolgreich war, der Staatskasse oder einem anderen Beteiligten aufzuerlegen (vgl. Franke in KK 5. Aufl. § 472b Rn. 2). Soweit hingegen die Revision der Staatsanwaltschaft erfolglos eine höhere Verfallsanordnung erstrebt hat, richtet sich die Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 473 Abs. 1, 2 Satz 1 StPO.


[Hinweis der Redaktion: Im Tenor der Entscheidung ist bereits die "Klarstellung" durch Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2008 berücksichtigt.]

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1100

Externe Fundstellen: BGHSt 52, 323; NStZ 2009, 151; NStZ 2009, 95; StV 2009, 21, 246

Bearbeiter: Karsten Gaede