HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

November 2015
16. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

NS-Propaganda im Internet, § 86a StGB und deutsches Strafanwendungsrecht

Zugleich Besprechung von BGH 3 StR 88/14 = HRRS 2014 Nr. 1113

Von Dr. Frank Zimmermann, München[*]

I. Einleitung und Ausgangssachverhalt

Strafanwendungsrechtliches Neuland ist das Internet angesichts der mittlerweile seit knapp 20 Jahren andauernden Diskussionen[1] über die Geltung einzelstaatlichen Rechts in diesem Medium nicht mehr. Gleichwohl stellt der grenzüberschreitende Charakter des Internets das deutsche Strafrecht doch noch immer vor Herausforderungen. Insbesondere zeigt sich dies bei der Frage, wo der Tatort von im Internet begangenen Delikten liegt. Dies ist schon allgemein für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts (vgl. §§ 3, 9 StGB) von zentraler Bedeutung. Umso mehr gilt dies bei einzelnen Tatbeständen, die explizit eine Deliktsbegehung im Inland voraussetzen. Hierzu zählt auch das Verwenden und Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Da solche Äußerungsdelikte meist keinen Erfolg im klassischen Sinne aufweisen, stellt sich häufig die Frage, inwieweit ein Tatort in Deutschland über § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB, also das Vorliegen eines inländischen Erfolgsorts begründet werden kann. Ebenso bereitet der scheinbar so klare Begriff des Handlungsorts (§ 9 Abs. 1 Var. 1 StGB) Schwierigkeiten, wenn Personen mittels des Internets grenzüberschreitend agieren. Mit seinem Beschluss vom 19. August 2014 (BGH 3 StR 88/14) hat der BGH erheblich zur Klärung dieser Aspekte beigetragen. Gleichzeitig wirft die Ent-

scheidung aber neue Probleme auf, die von grundlegender Bedeutung für das Strafanwendungsrecht der § 3 ff. StGB sind.

Der zu besprechenden Entscheidung lag – soweit hier von Interesse[2] – folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte hatte von einem Computer in Tschechien aus auf dem Video-Portal "Youtube" eine Plattform mit dem Namen "Arische Musikfraktion" angelegt und darauf u.a. Abbildungen von Hakenkreuzen eingestellt. Diese Seite war für mindestens drei Monate in Betrieb und wurde während dieses Zeitraums wenigstens zwei Mal von Deutschland aus durch Internetnutzer aufgerufen. Der Angeklagte hatte dabei als Betreiber stets die Möglichkeit, auf die Plattform zuzugreifen, d.h. die darauf befindlichen Inhalte zu entfernen.

II. Rechtliche Bewertung durch den BGH und kritische Würdigung

§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB gilt nur für Handlungen, die im Inland begangen werden. Vorschriften, welche ansonsten häufig den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts auf Auslandstaten erweitern – in Betracht käme bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB namentlich der auf das aktive Personalitätsprinzip gestützte § 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB –, werden dadurch verdrängt. Wo nun der Begehungsort liegt, bestimmt sich nach § 9 Abs. 1 StGB, der hierfür unterschiedliche Varianten bereithält. Der Senat konnte sich im vorliegenden Fall primär auf die Frage konzentrieren, ob durch das Hochladen der Nazi-Symbole ein Handlungs- oder Erfolgsort in Deutschland begründet worden war. Daneben hatte er sich damit zu befassen, ob eine Unterlassensstrafbarkeit darauf gestützt werden konnte, dass der Angeklagte die Inhalte nicht (von einem Computer in Deutschland aus) von der Internet-Plattform entfernt hatte.

1. Kein Erfolgsort bei abstrakten Gefährdungsdelikten – Abgrenzung von BGHSt 46, 212

Aufmerksamkeit verdient die Entscheidung in erster Linie deshalb, weil der BGH darin erstmals[3] zu der in der Literatur umstrittenen Frage Stellung bezogen hat, ob abstrakte Gefährdungsdelikte einen Erfolgsort haben, so dass die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts über § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB begründet werden kann. Die überwiegende Ansicht im Schrifttum verneint dies mit der Begründung, dass die Strafbarkeit bei diesen Delikten bereits allein an die Vornahme der (abstrakt) gefährlichen Handlung anknüpft, eine von dieser losgelöste Veränderung in der Außenwelt also gerade nicht erforderlich sei.[4] Demgegenüber führt die Gegenauffassung[5] insbesondere zwei Argumente an: Zum einen sei auch abstrakten Gefährdungsdelikten die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos immanent, welches als äußerlicher Umstand einen "Erfolg" im Sinne des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB darstelle. Zum anderen würde der vom Gesetzgeber durch die Schaffung eines abstrakten Gefährdungsdelikts intendierte, vorverlagerte Rechtsgüterschutz bei im Ausland bewirkten Handlungen ausgehöhlt, wenn deutsches Strafrecht nicht über § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB zur Anwendung gebracht werden könnte. Eine dritte, differenzierende Sichtweise bemüht sich ebenfalls um eine von der Kategorie der Erfolgsdelikte losgelöste Bestimmung des "Erfolgs" in § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB. Namentlich hat Sieber vorgeschlagen, darunter auch einen "Tathandlungserfolg" zu fassen, der etwa darin bestehen könne, dass der Täter bestimmte Inhalte an ein Computersystem in Deutschland übermittle und sie dadurch hier zugänglich mache.[6]

Der BGH hatte in einer früheren Entscheidung zwar eine explizite Festlegung vermieden, aber doch jedenfalls die Vermutung genährt, er stehe der zweiten Auffassung nahe:[7] In BGHSt 46, 212 ff. (sog. Fall Toeben) hatte er sich mit einer gem. § 130 Abs. 1 und 3 StGB strafbaren "Auschwitzlüge" zu befassen, welche von Australien aus im Internet veröffentlicht worden war. In der damaligen Entscheidung stufte der 1. Strafsenat § 130 Abs. 1 und 3 StGB zwar grundsätzlich als abstrakte Gefährdungsdelikte ein. Darin, dass die Vorschriften zusätzlich zur Tätigung der betreffenden Aussage deren Eignung zur Stö-

rung des öffentlichen Friedens verlangen, sah er aber gleichwohl einen Erfolg im Sinne des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB (sog. "abstrakt-konkretes" oder "potenzielles" Gefährdungsdelikt). Da dieser nach seiner Ansicht in Deutschland eingetreten war, hielt er deutsches Strafrecht im damaligen Fall für anwendbar. Hierauf gründete die Kritik, dass dadurch sehr viele irgendwo auf der Welt getätigte Äußerungen mit – nach hiesigem Verständnis – volksverhetzendem Inhalt der Strafdrohung des § 130 Abs. 1 und 3 StGB unterworfen wären. Dies wäre aber sowohl völkerrechtlich[8] als auch mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Justiz[9] und nicht zuletzt im Hinblick auf ein (evtl. grundrechtlich verankertes) Vertrauen des Äußernden auf Straflosigkeit[10] problematisch.

In der hier besprochenen Entscheidung erteilte der 3. Strafsenat der Ansicht, die einen Erfolgsort auch bei "reinen" abstrakten Gefährdungsdelikten bejaht, dagegen nun eine klare Absage: Erfolg im Sinne des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB sei nur eine "von der tatbestandsmäßigen Handlung räumlich und/oder zeitlich abtrennbar[e]Außenweltsveränderung".[11] Da § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ein solches abstraktes Gefährdungsdelikt sei, habe er folglich keinen Erfolgsort. Damit verweigerte der Senat zugleich den in der Literatur unternommenen Versuchen die Anerkennung, welche § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einem potenziellen Gefährdungsdelikt umdeuten wollen[12] – was angesichts fehlender Anhaltspunkte im Wortlaut auch nur schwer begründbar erscheint. Dem Einwand, die bei abstrakten Gefährdungsdelikten gewollte Ausdehnung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes werde so unterlaufen, hielt er entgegen, dass gerade eine so starke Vorverlagerung der Strafbarkeit eine Einschränkung des Geltungsbereichs umso plausibler mache.[13] Diese Argumentation überzeugt: Wenn der Gesetzgeber sich entscheidet, die Anforderungen an die Strafbarkeit eines Verhaltens in einem bestimmten Punkt herabzusetzen, löst dies keinen Automatismus in dem Sinne aus, dass nun auch alle anderen Voraussetzungen möglichst großzügig zu handhaben wären. Dies wäre mit der strafbarkeitsbegrenzenden Funktion jedes einzelnen Tatbestandsmerkmals und letztlich dem Ultima-ratio-Gedanken unvereinbar. Im Ergebnis kommt der Senat den Kritikern der Toeben-Entscheidung auf diese Weise ein gutes Stück entgegen und beugt einer zu weitgehenden und unpraktikablen Ausdehnung der deutschen Strafgewalt auf Internetsachverhalte vor.[14]

Nicht einfach zu vereinbaren ist diese Lösung freilich mit der Herangehensweise des BGH bei anderen Typen von Gefährdungsdelikten. Nicht nur hinsichtlich potenzieller Gefährdungsdelikte wie § 130 Abs. 1 und 3 StGB (Fall Toeben, s.o.), sondern auch hinsichtlich konkreter Gefährdungsdelikte – insoweit in Übereinstimmung mit der ganz h.L. – hält er nämlich das Vorliegen eines Erfolgs im Sinne des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB durchaus für möglich.[15] Legt man streng die oben wiedergegebene Definition aus der hier besprochenen Entscheidung zugrunde, mag dies widersprüchlich erscheinen. Denn selbst eine konkrete Gefahr ist nichts anderes als eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass das weitere Geschehen einen bestimmten Verlauf nehmen wird. Es geht also eigentlich nur um die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Außenweltsveränderung – eingetreten sein muss diese noch gar nicht. Auch räumlich und/oder zeitlich abtrennbar ist die konkrete Gefahr von der Handlung nicht immer ohne Weiteres; man denke etwa an § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB: Rast ein betrunkener Autofahrer auf einen Passanten zu, der nur mit Glück noch ausweichen kann, lässt sich die konkrete Gefahr schwerlich von der Handlung des Täters losgelöst denken.[16] Immerhin aber ist mit der konkreten Gefahr ein Zustand gemeint, bei dem es nur noch vom Zufall – und damit von äußeren Umständen – abhängt, ob das geschützte Gut verletzt wird.[17] Dies impliziert, dass objektiv eine Lage eingetreten ist, in welcher die weitere Entwicklung des Geschehens nicht mehr in erster Linie vom Handeln des Täters abhängt. Mit dieser Begründung lässt sich eine von der Täterhandlung trennbare "Außenweltveränderung" bei konkreten Gefährdungsdelikten wohl bereits bejahen. Dies ist insofern unschädlich, als ein so stark zugespitzter Zustand regelmäßig nicht an mehreren Orten gleichzeitig eintritt, so dass eine übermäßige Expansion des deutschen Strafrechts nicht zu befürchten ist. Eher gibt die aktuelle Entscheidung Anlass, die Lösung bei abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikten wie § 130 Abs. 1 und 3 StGB zu überdenken. Denn die Eignung zur Friedensstörung ist nach der Fassung dieses Tatbestands gerade kein äußerlich eintretender Zustand, sondern ein bloßes Attribut der Tathandlung, und von dieser folglich nicht trennbar.[18] Dafür, dass der BGH bereit sein wird, seine Rechtsprechung insoweit zu revidieren, gibt es allerdings keinen Anhaltspunkt. Solange dies so bleibt, wird man mit einem nicht komplett homogenen Verständnis des "Er-

folgs" gem. § 9 Abs. 1 Var. 3 bei den unterschiedlichen Tatbeständen leben müssen und – angesichts des zumindest bei abstrakten Gefährdungsdelikten nunmehr erheblich eingeschränkten Geltungsbereichs – auch können.

2. Handlungsort entspricht auch bei Internettaten dem Aufenthaltsort

Seine restriktive Linie führt der Senat in seinen Ausführungen zum Vorliegen eines Handlungsorts (§ 9 Abs. 1 Var. 1 StGB) in Deutschland fort. Dieser werde bei aktivem Tun durch den Aufenthaltsort des (Allein-) Täters bestimmt. Entgegen einer vereinzelten Entscheidung des KG[19] und einigen Stimmen in der Literatur[20] verzichtet der Senat also darauf, einen Handlungsort schon überall dort anzunehmen, wo die Handlung wahrnehmbar ist oder irgendeine Folge zeitigt. Dies mag auf den ersten Blick ein wenig antiquiert wirken, da es technisch heute problemlos möglich ist, über weite Distanzen zu "handeln": Manipuliert beispielsweise A von einem Computer in den USA aus die auf dem Rechner des B in Deutschland gespeicherten Daten, liegt der Handlungsort im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB nach der Lösung des Senats allein in den USA. Gleichwohl verdient dieses enge Verständnis des Handlungsortes volle Zustimmung, da eine andere Interpretation stets das Risiko mit sich brächte, einen Handlungsort über Umstände zu begründen, die der Handlung nicht unmittelbar anhaften. Es drohte also eine Vermischung der in § 9 Abs. 1 StGB unterschiedenen Konzepte von Handlungs- und Erfolgsort.[21] Insbesondere aber vermeidet der Aufenthaltsort als Anknüpfungspunkt eine noch weitere Ausdehnung der nationalen Strafgewalt – er bietet sich deshalb auch trefflich als zentrales Kriterium einer internationalen Regelung zur Vermeidung bzw. Auflösung von Jurisdiktionskonflikten an.[22]

Friktionen mag das vom BGH nun gewählte enge Verständnis aber möglicherweise im Hinblick auf die bisherige Herangehensweise bei der mittelbaren Täterschaft verursachen. Denn ein Handlungsort soll für den mittelbaren Täter nach ganz h.M. auch überall dort begründet sein, wo der Tatmittler tätig wird.[23] Es ließe sich deshalb durchaus hinterfragen, ob ähnliche Zurechnungsfragen nicht auch dann angestellt werden können, wenn der Täter statt eines menschlichen Werkzeugs ein – vielleicht noch viel zuverlässigeres – technisches nützt; man denke etwa an eine Tötung mittels einer per "Joystick" gesteuerten Kampfdrohne. Da das StGB aber die menschliche Handlung zur zentralen Bewertungseinheit macht, lässt es sich wohl rechtfertigen, die (zwar nicht im strafrechtlichen Sinn verantwortliche, aber doch menschliche) Handlung des Tatmittlers als strafanwendungsrechtlichen Anknüpfungspunkt anzuerkennen, den automatisierten Abschluss eines technischen Vorgangs wie bei einer Drohne dagegen nicht. Auch wenn man dies anders sehen sollte, sprechen die genannten Gründe aber dafür, eher den Handlungsort bei der mittelbaren Täterschaft enger zu verstehen, anstatt ihn beim Einsatz technischer Hilfsmittel zu erweitern.

3. Unterlassensstrafbarkeit bei pflichtwidrigem Vorverhalten im Ausland?

Nachdem der Senat das Vorliegen eines Erfolgsorts und eines Begehungshandlungsorts verneint hatte, wendete er sich der Frage zu, ob nicht möglicherweise ein strafbares Unterlassen (§§ 86a Abs. 1 Nr. 1, 13 StGB) in Deutschland stattgefunden hatte. Ein Anknüpfungspunkt hierfür bestand grundsätzlich, weil der Angeklagte die Inhalte nicht von Deutschland aus wieder gelöscht hatte, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Gleichwohl lehnte der Senat eine Unterlassensstrafbarkeit ab. Ob abstrakte Begehungsdelikte überhaupt durch Unterlassen begehbar sind und ob vorsätzliches Verhalten eine Garantenpflicht kraft Ingerenz auslösen kann, ließ er dabei offen. Denn es fehle "angesichts der objektiven Tatbestandslosigkeit des Verhaltens jedenfalls an der eine Garantenstellung begründenden Pflichtwidrigkeit". Hieran wird deutlich, dass die Fragen, die sich insoweit stellen, nicht allein solche des Strafanwendungsrechts sind. Vielmehr betreffen sie primär die Unterlassensdogmatik, insbesondere die Voraussetzungen einer Garantenpflicht aus Ingerenz.

Betrachtet man die Lösung des Senats zunächst vom Ergebnis her, ist sie auf den ersten Blick konsequent, würde doch sonst das Streben nach einer Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB konterkariert. Allerdings greift die dafür vorgebrachte Begründung zu kurz:

Sie baut darauf auf, dass die Tatbegehung im Inland bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ein echtes Tatbestandsmerkmal sei. Wie sogleich noch zu diskutieren sein wird, ist dies trotz der gesonderten Erwähnung dieser Voraussetzung in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht selbstverständlich (näher unten III.1.). Letztlich bedarf diese Frage hier jedoch noch keiner Entscheidung. Denn auch wenn man die Voraussetzung der Inlandstat als strafanwendungsrechtliche Sonderregelung und nicht als Tatbestandsmerkmal versteht, schränkt sie doch jedenfalls den Geltungsbereich des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ein. Damit begrenzt sie zugleich die Reichweite der in dieser Vorschrift begründeten Pflicht, keine Symbole verfassungswidriger Organisationen zu verwenden oder zu verbreiten. Unabhängig davon, wo man die Voraussetzung der Inlandstat im Deliktsaufbau des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB verortet, führt

ihr Fehlen deshalb dazu, dass die Verwendung der fraglichen Symbole nicht pflichtwidrig im Sinne eines Verstoßes gegen § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist.

Dies kann jedoch nicht mehr als ein Zwischenergebnis sein. Eine erste Folgefrage muss lauten, ob die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens stattdessen aus anderen Vorschriften, einschließlich dem am Handlungsort geltenden tschechischen Recht abgeleitet werden könnte. Selbst wenn das Veröffentlichen von Nazi-Symbolen in Tschechien straflos war, könnte es dort unter bestimmten Voraussetzungen als verboten und insofern pflichtwidrig angesehen werden. Dies wäre zum einen denkbar, wenn eine Strafbarkeit objektiv gegeben ist und nur an spezifischen subjektiven Voraussetzungen scheitert,[24] zum anderen ließe sich auch auf außerstrafrechtliche Untersagungsnormen (etwa im Medienrecht) rekurrieren. Sollte eine solche ausländische Regelung existieren, die einen vergleichbaren Schutzzweck verfolgt wie die deutsche Norm,[25] spräche nichts dagegen, eine Ingerenzgarantenstellung zu bejahen.[26]

Zweitens ist, um die handelnde Person zum Ingerenzgaranten zu machen, jedenfalls nicht ausnahmslos ein pflichtwidriges Vorverhalten erforderlich. So wollen einige Stimmen in der Literatur komplett auf das Kriterium der Pflichtwidrigkeit verzichten.[27] Auch wenn man so weit nicht gehen mag, kann doch beispielsweise[28] nach weitgehend anerkannter Sichtweise das ursprünglich sorgfaltsgemäße Inverkehrbringen von Produkten, die sich erst später als gefährlich erweisen, eine Garantenstellung begründen.[29] Dies müsste – ohne dass dieser Aspekt soweit ersichtlich bereits erörtert worden wäre – auch in grenzüberschreitenden Konstellationen gelten. Bringt also etwa ein chinesischer Unternehmer in seinem Heimatstaat ein Nahrungsmittel in Umlauf, das später von Dritten nach Deutschland weiterverkauft wird, so wird auch diesen Unternehmer eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, falls später die Gesundheitsschädlichkeit des Produkts offenkundig wird. Es stellt sich aber die Frage, ob die hier untersuchte Konstellation wirklich mit Fällen der strafrechtlichen Produkthaftung vergleichbar ist. Denn anders als der Nahrungsmittelproduzent im obigen Beispiel würde jemand, der verbotene Inhalte auf eine Internetseite hochgeladen hat, nicht für eine Verletzung von Individualrechtsgütern verantwortlich gemacht, die als unerwünschte Folge aus der zunächst erlaubten Schaffung eines Risikos resultiert. Vielmehr würde die Unterlassensstrafbarkeit bei diesem abstrakten Gefährdungsdelikt allein durch das – dem deutschen Strafgesetz nicht unterworfene – Vorverhalten begründet. Dies spricht dafür, hier eine Garantenpflicht abzulehnen.

Zusammengefasst ist dem Senat also insoweit zuzustimmen, als er das Vorliegen eines nach deutschem Recht pflichtwidrigen Vorverhaltens verneint hat. Auch erweist es sich im konkreten Fall als unschädlich, dass er nicht der Frage nachgegangen ist, ob unabhängig von der Pflichtwidrigkeit des Vorverhaltens eine Unterlassensstrafbarkeit in Betracht gekommen wäre. Jedoch hätte der Klärung bedurft, ob die Handlung des Angeklagten nicht möglicherweise durch das am Handlungsort geltende Recht als unerlaubt anzusehen war und deshalb eine Ingerenzgarantenstellung hätte begründen können.

III. Weitergehende Fragestellungen

1. Zugehörigkeit des Merkmals "Inlandstat" zum Tatbestand

Soeben ist bei den Ausführungen zur Unterlassensstrafbarkeit bereits angeklungen, dass die dogmatische Einordnung des Merkmals "Inlandstat" Schwierigkeiten bereitet. Die Vorschrift des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist insofern atypisch, als sie ausdrücklich verlangt, dass die Tat im Inland begangen wird. Normalerweise wird dies nur im Rahmen der §§ 3, 9 StGB relevant, wenn die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts zu klären ist. Einigkeit besteht zwar darüber, dass die Voraussetzung der Inlandstat in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB sich inhaltlich nach § 9 StGB bemessen muss, wo der Ort der Tat allgemein definiert wird.[30] Wie gesehen bewirkt die Voraussetzung deshalb, dass eine Strafbarkeit von Auslandstaten namentlich über § 7 StGB (selbst bei Vorliegen der Tatortstrafbarkeit) nicht begründet werden kann. Im Folgenden soll nun aber der Frage nachgegangen werden, wo diese Voraussetzung im Deliktsaufbau des § 86a anzusiedeln ist. Denn dies ist im Hinblick auf die Regeln des Strafanwendungsrechts in den §§ 3 ff. StGB sehr umstritten: Zwar bejaht eine im Vordringen befindliche

Ansicht deren Unrechtsrelevanz und ordnet sie als ganz normale Tatbestandsmerkmale ein, auf die sich auch der Vorsatz beziehen müsse.[31] Von der bislang noch als herrschend bezeichneten Ansicht hingegen werden sie nicht als unrechtsbegründende Merkmale des Tatbestands verstanden, sondern als "objektive (Vor-) Bedingungen der Strafbarkeit".[32] Auch die Rechtsprechung hält bislang daran fest, dass die Geltungsbereichsvoraussetzungen nicht unrechtskonstitutiv seien.[33] Auf dieser Grundlage ist ein Irrtum grundsätzlich komplett irrelevant, nur in Ausnahmefällen kommt ein Verbotsirrtum gem. § 17 in Betracht, wenn dem Täter aufgrund seiner Unkenntnis von der Anwendbarkeit des deutschen Rechts auch das Unrechtsbewusstsein fehlt.[34]

Vor dem Hintergrund dieses Streits ist es bemerkenswert, dass der Senat im vorliegenden Fall die Voraussetzung der Begehung im Inland in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB kurzerhand zum Tatbestandsmerkmal erklärt. Da der Gesetzgeber dieses Merkmal dort in einem Atemzug mit den übrigen Voraussetzungen des objektiven Tatbestands aufgeführt hat, erscheint diese Sichtweise zwar durchaus naheliegend.[35] In Anbetracht der gerade in letzter Zeit verstärkt aufgekommenen Diskussion ist es aber schon überraschend, dass der Senat hierfür auf jegliche Begründung verzichtet. Denn ganz eindeutig ist die Situation nicht: Als bei der Schaffung des § 86a StGB in seiner heutigen Form im Jahr 1968 das Erfordernis der Tatbegehung im Inland eingefügt wurde, verstand der Gesetzgeber dies nämlich offenbar noch als strafanwendungsrechtliche Sonderregelung.[36] Außerdem ließe sich dies auch aus der Funktion des Merkmals folgern und argumentieren, wenn jenes auf eine Einschränkung der §§ 3 ff. StGB abziele, müsse es auch deren Normcharakter als Strafanwendungsrecht teilen.

Da der Senat nicht näher begründet hat, weshalb das Merkmal der Inlandstat bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB zum Tatbestand gehören soll, stellt sich nun aber vor allem die Frage, was dies für die dogmatische Einordnung der allgemeinen Regeln in den §§ 3 ff. StGB bedeutet. Man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man davon ausgeht, dass die Entscheidung den Stimmen in der Literatur, welche diese als Tatbestandsmerkmale interpretieren, zusätzlichen Rückenwind verschaffen dürfte. Zwar wollte der Senat sicher nicht stillschweigend eine so grundlegende Änderung der Rechtsprechung einleiten. Aber es wirkt doch eher zufällig, ob die Voraussetzung einer Inlandstat nur allgemein in den §§ 3 ff. StGB geregelt ist oder daneben zusätzlich in einer speziellen BT-Vorschrift auftaucht. Dass sie je nach dem Ort ihrer Normierung eine so gänzlich andere Funktion haben soll, an die sich eine gegensätzliche Behandlung von Irrtumsfällen anschließt, ist deshalb schwer nachvollziehbar. Auch die Verneinung einer Ingerenzgarantenpflicht – also einer Tatbestandsvoraussetzung des unechten Unterlassungsdelikts – bei einem im Ausland vorgenommenen und deshalb von § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfassten Vorverhalten (s.o. II.3.) weckt zumindest Zweifel an der These, der Handlungsort sei gänzlich ohne Unrechtsrelevanz.

Jedenfalls aber lässt sich festhalten, dass auf der Grundlage der vorliegenden Entscheidung ein Täter sich nicht gem. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar macht, wenn er nicht weiß, dass durch seine Handlung verbotene Kennzeichen im Inland verwendet werden.[37] Zwar wird der Einzeltäter regelmäßig Kenntnis davon haben, wo er sich aufhält und deshalb den diesbezüglichen Vorsatz aufweisen. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen dies nicht so selbstverständlich ist, beispielsweise wenn mehrere Mittäter über die Kennzeichen verfügen und nur einer sich dazu entschließt, sie auf deutschem Staatsgebiet zu verwenden. Anders als im allgemeinen Strafanwendungsrecht (wo in vergleichbaren Fällen die Zurechnung eines inländischen Tatorts nach h.M. dazu führt, dass auf alle Mittäter deutsches Strafrecht anwendbar ist[38]) käme es bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB folglich auf den Vorsatz bzgl. des Vorliegens einer Inlandstat an.

2. Verbreiten im Sinne des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB als Erfolgsdelikt

Abschließend soll nun noch ein weiterer Aspekt beleuchtet werden: Der Senat ging davon aus, dass das Einstellen der Hakenkreuze auf die Internet-Plattform die Tatbestandsvariante des öffentlichen Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation erfülle. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Aussage "Strafbarkeit gem. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB nur bei Handlungsort in Deutschland" auf die andere Tatbestandsvariante, d.h. das Verbreiten solcher Kennzeichen, übertragbar ist. Denn ob es sich – wie seit einer Entscheidung des Reichsgerichts[39] angenommen wird[40] – auch insoweit um

ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, lässt sich durchaus kritisch hinterfragen. So legt der Wortlaut ("wer ... verbreitet") nahe, dass die betreffenden Symbole durch die Täterhandlung eine Änderung im Hinblick auf einer ihrer Eigenschaften erfahren müssen: Sie sind danach "verbreitet", kommen also häufiger oder auf größerem Gebiet vor als ursprünglich. Darin lässt sich eine von der Tathandlung trennbare Veränderung in der Außenwelt erblicken, mithin ein Erfolg nach der Definition, die der Senat in der hier besprochenen Entscheidung geprägt hat. Hierzu passt, dass "Verbreiten" jedenfalls im Ausgangspunkt eine mit der körperlichen Weitergabe (also einer Veränderung in der Außenwelt) verbundene Tätigkeit meinen soll.[41]

Zu einem abstrakten Gefährdungsdelikt wird die Verbreitungsvariante erst dadurch, dass sie nach h.M. noch sehr viel weiter zu verstehen ist. Insbesondere soll sie seit einer BGH-Entscheidung zur Vorgängernorm des § 86 Abs. 1 StGB auch jedes optische Zugänglichmachen umfassen.[42] Zu Recht wird kritisiert, dass dieses Verständnis schon innerhalb des § 86 Abs. 1 StGB systematisch angreifbar ist, weil der Gesetzgeber dann dort das Zugänglichmachen in Datenspeichern nicht gesondert hätte erfassen müssen.[43] Hinzu kommt aber speziell bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB, dass darin mit dem öffentlichen Verwenden eine zweite Tatvariante existiert, die sich von derjenigen des Verbreitens auf der Grundlage der h.M. kaum abgrenzen lässt.[44] Eine Notwendigkeit, das weite Verständnis des Verbreitens in § 86 StGB auf § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu übertragen, besteht daher nicht.

Um der Tatvariante des Verbreitens in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB einen eigenen Gehalt zu geben, sollte stattdessen in Betracht gezogen werden, sie jedenfalls in dieser Vorschrift als Erfolgsdelikt einzuordnen: Anders als für das Verwenden sollte für das Verbreiten folglich nicht ausreichend sein, dass die betreffenden Kennzeichen zugänglich gemacht werden, so dass die Möglichkeit einer Kenntniserlangung besteht. Vielmehr sollte vorausgesetzt werden, dass sie durch die Tathandlung dergestalt in den Herrschaftsbereich anderer Personen gelangen, dass diese den Inhalt wahrnehmen können und Gelegenheit haben, nach eigenem Gutdünken über die Kennzeichen zu verfügen.[45] Dies ist ganz klassisch der Fall, wenn sie in ausgedruckter Form in Briefkästen eingeworfen werden. Ebenso trifft dies aber zu, wenn solche Kennzeichen in Datenform – namentlich als E-Mail-Anhang – verschickt werden.[46] Auch dies hat zur Folge, dass sie im Anschluss von den Empfängern nach Belieben genutzt werden können.

So verstanden würde sich im vorliegenden Fall nichts daran ändern, dass lediglich die Tatbestandsvariante des Verwendens in Betracht kommt. Die Hakenkreuze wären vom Angeklagten nicht verbreitet worden, da er sie nicht in den Herrschaftsbereich potenzieller Interessenten gebracht hatte. Vielmehr konnten Dritte sie nur auf der vom Angeklagten eingerichteten Seite betrachten und mussten sie sich durch eigenes Tätigwerden (Kopieren oder Herunterladen) verschaffen, um Verfügungsgewalt darüber zu erlangen. Das Entscheidende ist aber: Die Variante des Verbreitens wäre danach ein Erfolgsdelikt, und insoweit ließe sich eine Inlandstat beispielsweise auch annehmen, wenn die Kennzeichen in Massenmails aus dem Ausland an deutsche Empfänger verschickt würden.[47]

IV. Fazit

Die Entscheidung hat Klarheit in Bezug auf zwei besonders intensiv diskutierte Fragen des Strafanwendungsrechts gebracht: Erstens haben abstrakte Gefährdungsdelikte wie das öffentliche Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen Erfolgsort. Zweitens besteht auch bei Internetkriminalität ein Handlungsort nur am Aufenthaltsort des Täters. Die damit einhergehende Einschränkung der deutschen Strafgewalt über Internetsachverhalte ist zu begrüßen und sollte Anlass sein, auch die Herangehensweise bei abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikten zu überdenken. Dagegen liegt ein Schwachpunkt der Entscheidung in den Ausführungen zu einer Ingerenzgarantenstellung wegen eines im Ausland begangenen, in Deutschland nicht strafbaren Vorverhaltens: Der Senat hätte dessen mögliche Pflichtwidrigkeit nach dem Recht des Handlungsorts in Betracht ziehen und sich um eine Abgrenzung zu Fällen der strafrechtlichen Produkthaftung bemühen sollen. Abgesehen hiervon wirft die Entscheidung die Frage auf, ob die Tatvariante des Verbreitens in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB denselben Einschränkungen unterliegt wie diejenige der öffentlichen Verwendung. Es wurde versucht zu zeigen, dass insoweit auch eine Interpretation als Erfolgsdelikt in Betracht kommt und zu sachgerechten Ergebnissen führen würde. Insbesondere aber lädt die für die Entscheidung zentrale Vorschrift des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB mit dem darin enthal-

tenen Merkmal der Inlandstat dazu ein, sich mit der Verortung der Strafanwendungsregeln im Deliktsaufbau auseinanderzusetzen. Denn dass die Tatbegehung im Inland bei diesem speziellen Delikt ein Tatbestandsmerkmal sein soll, das vom Vorsatz umfasst sein muss, wohingegen dieselbe Voraussetzung bei §§ 39 StGB als unrechtsneutral und für den Vorsatz irrelevant angesehen wird, erscheint schwer zu rechtfertigen.


* Der Verfasser ist akademischer Rat a.Z. am Lehrstuhl von Prof. Dr. Helmut Satzger, LMU München. Für zahlreiche anregende Diskussionen und seine wunderbare Gastfreundschaft während meines Forschungsaufenthalts schulde ich Herrn Prof. Dr. Petter Asp, Universität Stockholm, größten Dank.

[1] S. etwa Collardin CR 1995, 618 ff.; Kuner CR 1996, 453 ff.; Sieber JZ 1996, 429, 430.

[2] Nicht näher vertieft werden soll die sich in einem anderen Tatkomplex stellende und vom BGH überzeugend beantwortete Frage, ob ein öffentliches Verwenden gem. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB gegeben ist, wenn ca. 844 "Freunde" auf einem Facebook-Account bestimmte Inhalte einsehen können (ja).

[3] S. aber bereits KG NJW 1999, 3500 ff. Die Frage wurde auch in BGH NStZ-RR 2013, 253 bereits bzgl. § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB angerissen, den der BGH dort ebenfalls als abstraktes Gefährdungsdelikt einstufte. Jedoch verneinte der BGH dort nur einen "inländischen Erfolgsort", schloss also nicht generell aus, dass ein Erfolgsort bei diesem Delikt existieren könne.

[4] Satzger NStZ 1998, 112, 114 f.; ders., Internationales und Europäisches Strafrecht, 7. Aufl. (2015), § 5 Rn. 25 ff.; NK/Böse, 4. Aufl. (2014), § 9 Rn. 11; insoweit auch Cornils JZ 1999, 394, 395, und Schönke/Schröder/Eser, 29. Aufl. (2014), § 9 Rn. 6a und 7a, die aber stattdessen von einem weiteren Handlungsort ausgehen.

[5] Stellvertretend etwa Hecker ZStW 115 (2003), 880, 886 ff.; ders. JuS 2015, 274, 275 f.; Heinrich GA 1999, 72 ff.; ders. NStZ 2000, 533, 534; LK/Werle/Jeßberger, 12. Aufl. (2007), § 9 Rn. 33 f.; AnwK/Zöller, 2. Aufl. (2015), § 9 Rn. 22; Martin ZRP 1992, 19 f.

[6] Sieber NJW 1999, 2065, 2070 ff.; zust. etwa MK/Ambos, 2. Aufl. (2011), § 9 Rn. 34; Hörnle NStZ 2001, 309, 310. Eine Einschränkung will Sieber dadurch erreichen, dass die bloße Abrufbarkeit von auf einem ausländischen Server gespeicherten Inhalten durch Internetnutzer in Deutschland (sog. Pull-Technologien) nicht genügen soll, da hierfür erst noch ein eigenverantwortlicher Entschluss des Nutzers erforderlich sei. Ein solcher Entschluss, die im Internet gegebene Möglichkeit der Kenntnisnahme tatsächlich wahrzunehmen, ist freilich auch dann erforderlich, wenn die Daten auf einem in Deutschland befindlichen Server (oder selbst einem bestimmten Computer) hinterlegt werden. Da die Möglichkeit der Kenntnisnahme – auf die auch Sieber abstellt – unabhängig davon, wo die Daten gespeichert sind, in Deutschland eintritt, erscheint die Einschränkung auf sog. Push-Technologien deshalb schwer begründbar. Zu Einwänden gegen diese technikorientierte Lösung s. auch Busching MMR 2015, 295, 298; Hilgendorf ZStW 113 (2001), 650, 667 f.; AnwK/Zöller (Fn. 5), § 9 Rn. 21; Roegele, Deutscher Strafrechtsimperialismus (2014), S. 135 f.

[7] Vgl. Hörnle NStZ 2001, 509, 510; Becker, NStZ 2015, 83, 84.

[8] Kudlich StV 2001, 397, 399; Hilgendorf ZStW 113 (2001), 650, 674; allgemein Satzger (Fn. 4), § 5 Rn. 47.

[9] Lagodny JZ 2001, 1198, 1199; Koch GA 2002, 703, 707; Hörnle NStZ 2001, 309, 310 f.

[10] Kudlich StV 2001, 397, 398; Matt/Renzikowski/Basak (2013), § 9 Rn. 16; F. Zimmermann, Strafgewaltkonflikte in der Europäischen Union (2014), S. 156 f.; speziell zum Unrechtsbewusstsein im Sinne des § 17 StGB Valerius NStZ 2003, 341, 343 ff.;

[11] S. schon Hilgendorf ZStW 113 (2001), 650, 668 f.

[12] In diese Richtung etwa Reuter, Verbotene Symbole. Eine strafrechtsdogmatische Untersuchung zum Verbot von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in § 86a StGB, Baden-Baden 2005, S. 100 ff., 230, wobei es nach seiner Auffassung darauf nicht ankomme, da beide Alternativen des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der Wahrnehmbarkeit bzw. der Besitzerlangung Dritter ohnehin einen Erfolg im Sinne des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB voraussetzten (S. 240).

[13] S. bereits Satzger NStZ 1998, 112, 115 f.; vgl. auch Roegele (Fn. 6), S. 67 ff., 136 ff.

[14] Zust. auch Busching MMR 2015, 295, 298; Satzger Jura 2015, 1011; ders. (Fn. 4), § 5 Rn. 51a; abl. aber Hecker JuS 2015, 274, 275 f.; Becker NStZ 2015, 83 f.

[15] BGH NJW 1991, 2498; Hilgendorf ZStW 113 (2001), 650, 669; MK/Ambos (Fn. 6), § 9 Rn. 19; Schönke/Schröder/Eser (Fn. 4), § 9 Rn. 6a; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl. (2014), § 9 Rn. 6.

[16] Bei anderen Tatbeständen lässt sich diese Abtrennbarkeit dagegen eher bejahen; beispielsweise kann sich die konkrete Gefahr des Todes bei § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b StGB aus den bei einem Raub erlittenen Verletzungen auch erst entwickeln, wenn dieser bereits längst vollendet ist.

[17] Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, 45. Aufl. (2015), Rn. 42; SSW-StGB/Kudlich (Fn. 15), Vor § 13 Rn. 26.

[18] Ähnlich wohl Schönke/Schröder/Eser (Fn. 4), § 9 Rn. 7a.

[19] KG NJW 1999, 3500, 3502.

[20] S. etwa (mit Unterschieden im Detail) Kuner CR 1996, 453, 454; Cornils JZ 1999, 394, 396 f.; Schönke/Schröder/Eser (Fn. 4), § 9 Rn. 7b; Matt/Renzikowski/Basak (Fn. 10), § 9 Rn. 3, 13 ff.; zur Kritik s. etwa Hilgendorf ZStW 113 (2001), 650, 665 f.

[21] S. bereits Sieber NJW 1999, 2065, 2070; Heinrich NStZ 2000, 533, 534; Reuter (Fn. 12), S. 240; Roegele (Fn. 6), S. 134 ff. Näher AnwK/Zöller (Fn. 5), § 9 Rn. 18 m.w.N.

[22] Eicker , Transstaatliche Strafverfolgung (2004), S. 268 f.; F. Zimmermann (Fn. 10), S. 373 f. (mit Fn. 1183); vgl. auch Böse/Meyer/Schneider, Conflicts of Jurisdiction in Criminal Matters in the European Union Volume 2 (2014), S. 381 ff.; Sinn (Hrsg.), Jurisdiktionskonflikte bei grenzüberschreitender Kriminalität (2012), S. 585 ff.; Schünemann (Hrsg.), Ein Gesamtkonzept für die europäische Strafrechtspflege (2006), S. 5 ff.

[23] BGH wistra 1991, 135; MK/Ambos (Fn. 6), § 9 Rn. 10; LK/Werle/Jeßberger (Fn. 5), § 9 Rn. 14; Satzger (Fn. 4), § 5 Rn. 20; a.A. aber SK/Hoyer (Stand: 148. Lieferung, Januar 2015), § 9 Rn. 5.

[24] In der Tat scheint für die strafrechtliche Beurteilung in Tschechien ausschlaggebend zu sein, ob der Gebrauch eines solchen Kennzeichens politischen Zwecken dient, vgl. http://www.praguepost.com/czech-news/43324-nazi-watches-don-t-violate-law (Stand: 8.9.2015).

[25] Zwar schützt § 86a StGB nach seiner Stellung im Gesetz den (deutschen) demokratischen Rechtsstaat, also ein inländisches Kollektivrechtsgut. Demgegenüber würde eine entsprechende tschechische Norm wohl tschechische Interessen im Blick haben. Dies schließt es aber – anders als bei der Prüfung einer Geltungsbereichsbeschränkung im Strafanwendungsrecht (vgl. dazu LK/Werle/Jeßberger[Fn. 5], Vor § 3 Rn. 271 ff.; Satzger [Fn. 4], § 6 Rn. 1 ff.) – nicht aus, hierauf eine Handlungspflicht in Deutschland zu stützen, weil ein Wiederaufleben nationalsozialistischen Gedankenguts stets auch für benachbarte Staaten gefährlich wäre. Die Argumentation ähnelt insoweit derjenigen bei dem grenzüberschreitenden Inverkehrbringen von Produkten, s. sogleich näher im Haupttext.

[26] A.A. Satzger Jura 2015, 1011 (JK zu §§ 9, 86a StGB), mit dem Argument § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB beschränke die Strafbarkeit gerade auf Inlandstaten. Jedoch dient dies ersichtlich dazu, Konflikte bei abweichenden Wertvorstellungen im Tatortstaat zu vermeiden. Hat die ausländische Verbotsnorm hingegen dieselbe Schutzrichtung (s.o.), gibt es keinen Grund, die Strafbarkeit eines in Deutschland begangenen Unterlassens nicht an das im Ausland vorgenommene Vorverhalten anzuknüpfen.

[27] S. etwa MK/Freund (Fn. 6), § 13 Rn. 129.

[28] Entsprechendes wird zudem für die Teilnahme am Straßenverkehr zumindest erwogen, s. Wessels/Beulke/Satzger (Fn. 17), Rn. 1024; SSW-StGB/Kudlich (Fn. 15), § 13 Rn. 23; a.A. NK/Wohlers/Gaede (Fn. 4), § 13 Rn. 44; LK/Weigend (Fn. 5), § 13 Rn. 46.

[29] BGHSt 37, 106, 116 f.; SSW-StGB/Kudlich (Fn. 15), § 13 Rn. 23; MK/Freund (Fn. 6), § 13 Rn. 123 f.; s. aber auch LK/Weigend (Fn. 5), § 13 Rn. 46, 53.

[30] Einschränkend für den Fall des § 9 Abs. 2 S. 2 StGB aber Reuter (Fn. 12), S. 246 f.; MK/Steinmetz, 2. Aufl. (2012), § 86a Rn. 6.

[31] S. etwa Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts (2011), S. 132 ff.; Schneider, Die Verhaltensnorm im internationalen Strafrecht (2011), S. 81 ff.; Pawlik ZIS 2006, 274, 283 (mit Fn. 85); NK/Böse (Fn. 4), Vor § 3 Rn. 51 f.; Matt/Renzikowski/Basak (Fn. 10), Vor § 3 Rn. 2.

[32] Satzger (Fn. 4), § 5 Rn. 7; SSW-StGB/ders. (Fn. 15), Vor § 3 Rn. 3; MK/Ambos (Fn. 6), Vor § 3 Rn. 3; Schönke/Schröder/Eser (Fn. 4), Vor § 3 Rn. 79; LK/Werle/Jeßberger (Fn. 5), Vor § 3 Rn. 268 und 452; AnwK/Zöller (Fn. 5), Vor § 3 Rn. 2; Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht (2014), § 14 Rn. 66; Safferling, Internationales Strafrecht (2011), § 3 Rn. 5; Schramm, Internationales Strafrecht (2011), 1/5; Roegele, (Fn. 6), S. 12 ff.

[33] BGHSt 27, 30, 34.

[34] BGHSt 44, 52, 60; Eser, in: Roxin/Widmaier (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof. Festgabe aus der Wissenschaft (2000), S. 3, 19 ff.; Valerius NStZ 2003, 341, 343 ff.

[35] So schon – jeweils ohne nähere Begründung – KG NJW 1999, 3500 f.; Heinrich NStZ 2000, 533, 534; Reuter (Fn. 12), S. 231 f.; MK/Steinmetz (Fn. 30), § 86a Rn. 6. Von einer rein deklaratorischen Bedeutung des Inlandstatorts für den Tatbestand neben den Strafanwendungsregeln geht Satzger aus, Jura 2015, 1011 (JK zu §§ 9, 86a StGB).

[36] Die Vorschrift stellte damals noch darauf ab, dass die Handlung "im Geltungsbereich" des StGB begangen wurde; deutlich in diese Richtung auch BT-Drucks. 5/2860, S. 5 f., 13.

[37] Zu diesem Ergebnis kommt auch Reuter (Fn. 12), S. 232.

[38] Satzger (Fn. 4), § 5 Rn. 19; NK/Böse (Fn. 4), § 9 Rn. 5; a.A. SK/Hoyer (Fn. 23), § 9 Rn. 5; krit. auch Valerius NStZ 2008, 121, 123; MK/Ambos (Fn. 6), § 9 Rn. 10.

[39] RGSt 15, 118, 119. Allerdings wurde dies dort damit begründet, dass die für die Entscheidung relevante Strafvorschrift speziell die "gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" bekämpfen sollte und deshalb unabhängig vom Vorliegen eines Erfolgs bereits durch die Verbreitungshandlung verwirklicht sei.

[40] Vgl. etwa LK/Laufhütte/Kuschel, 12. Aufl. (2007), § 86a Rn. 11 i.V.m. § 86 Rn. 19; MK/Steinmetz (Fn. 30), § 86a Rn. 2; NK/Paeffgen (Fn. 4), § 86a Rn. 2. Dagegen bezog sich BGHSt 25, 30, 31 f. lediglich auf die Variante des Verwendens.

[41] LK/Laufhütte/Kuschel (Fn. 40), § 86a Rn. 11 i.V.m. § 86 Rn. 19.

[42] BGHSt 19, 308, 310; LK/Laufhütte/Kuschel (Fn. 40), § 86a Rn. 11 i.V.m. § 86 Rn. 19.

[43] SSW-StGB/Güntge (Fn. 15), § 86 Rn. 10; krit. auch NK/Paeffgen (Fn. 4), § 86 Rn. 25 f.; a.A. etwa MK/Steinmetz (Fn. 30), § 86 Rn. 27.

[44] So auch LK/Laufhütte/Kuschel (Fn. 40), § 86a Rn. 12; ebenso Reuter (Fn. 12), S. 213 ff., und Heinrich NStZ 2000, 533, 534, die daraus allerdings folgern, dass das Körperlichkeitskriterium bei der Variante des Verbreitens beibehalten werden solle, weil alle anderen Fälle ohnehin von der weiteren Variante des Verwendens erfasst würden. Zumindest bzgl. des räumlichen Geltungsbereichs ist die Prämisse von der größeren Reichweite der Verwendungsvariante aber nach der hier besprochenen Entscheidung des BGH nicht mehr zutreffend.

[45] Ähnlich im Ausgangspunkt BGHSt 47, 55, 59 bzgl. des Merkmals des Verbreitens in § 184 StGB a.F.

[46] In diese Richtung auch Hecker JuS 2015, 274 f.; auf einem Körperlichkeitserfordernis beim Verbreiten bestehen dagegen z.B. Reuter (Fn. 12), S. 208, und Heinrich NStZ 2000, 533, 534.

[47] Dies käme somit der Lösung Siebers (NJW 1999, 2065, 2070 ff.) sehr nahe.