HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Aug./Sept. 2012
13. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Nichtöffentlich geführte Selbstgespräche und der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung

Besprechung zu BGH 2 StR 509/10 – Urteil vom 22. Dezember 2011 (LG Köln) = HRRS 2012 Nr. 268

Von Wiss. Ass. Dr. Christian Ernst und Wiss. Mit. Jan Sturm, Bucerius Law School (Hamburg)

I. Das Urteil des BGH vom 22.12.2011

Der Angeklagte tötete nach Erkenntnis des Landgerichts gemeinsam mit seiner Schwester und seinem Schwager seine Ehefrau, weil er als Folge des Streits mit ihr den Kontakt zu dem gemeinsamen Sohn zu verlieren drohte. Im Rahmen einer verdeckten akustischen Überwachungsmaßnahme wurden mehrere Selbstgespräche des Angeklagten aufgezeichnet, die er führte, als er sich alleine in seinem Auto befand. Die in diesem Zusammenhang gemachten Äußerungen des Angeklagten wertete das Landgericht als geständnisgleiches Indiz für die Tötung. Dabei ging es davon aus, dass der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung durch die Verwertung nicht berührt werde. Auf die Revision des Angeklagten hin löste der BGH den Konflikt zwischen Strafverfolgungsinteressen und höchstpersönlichem Bereich dahingehend, dass er für das nichtöffentlich geführte Selbstgespräch ein selbständiges Beweisverwertungsverbot von Verfassungs wegen annahm. Dieses Beweisverwertungsverbot erstreckte er auch auf die Mitangeklagten, obwohl sie nicht unmittelbar von der akustischen Überwachungsmaßnahme betroffen waren.

Die folgende Besprechung beschränkt sich auf eine Auseinandersetzung mit der Annahme des BGH, der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung sei betroffen, und konzentriert sich dabei auf eine verfassungsrechtliche Bewertung. Dazu wird die Rechtsprechung des BVerfG zum Kernbereich privater Lebensgestaltung (II.) sowie die Begründung des BGH für die Annahme des Kernbereichs (III.) dargestellt. Schließlich gilt es zu hinterfragen, ob sich diese Begründung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbaren lässt (IV.).

II. Rechtsprechung des BVerfG zum Kernbereich privater Lebensgestaltung

Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet, dass der Einzelne selbst bestimmen kann, "wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden".[1] Eine staatliche Informationserhebung, die in diesen Bereich des persönlichen Lebens eindringt, stellt sich als Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, sofern nicht ein spezielleres Freiheitsrecht wie etwa Art. 10 GG oder Art. 13 GG vorrangig einschlägig ist. Auch das Abhören, Aufzeichnen und Verwerten eines Selbstgesprächs zählt zu den Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. [2] Zugunsten des Bürgers besteht das Erfordernis einer verhältnismäßigen und insgesamt verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage.[3] Schon seit jeher geht das BVerfG aber darüber hinaus davon aus, dass im Bereich der Grundrechtsausübung "ein letzter unantastbarer Bereich menschlicher Freiheit besteht, der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ist".[4] Auf diesen Kernbereich der privaten Lebensgestaltung kann auch durch überwiegende Allgemeininteressen nicht zugegriffen werden.[5] Das BVerfG verortet ihn typischerweise im allgemeinen Persönlichkeitsrecht, möglich erscheint aber auch die Gewährung eines Kernbereichs durch spezielle Freiheitsrechte.[6] Zur Begründung der Unantastbarkeit des Kernbereichs wird sowohl auf die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG als auch auf die in Art. 1 Abs. 1 GG verbriefte und nach Art. 79

Abs. 3 GG unabänderliche Menschenwürdegarantie verwiesen.[7]

Obwohl der Kernbereich dem Grundrechtsträger einen absoluten Schutz, frei von einer Abwägung mit widerstreitenden Rechten, gewähren soll, lässt sich der Rechtsprechung bislang kaum eine allgemein-generelle Zuordnung konkreter Verhaltensweisen zum Kernbereich entnehmen. Die weitergehende Bestimmung des Kernbereichs – und damit die konkrete Frage, ob Selbstgespräche einem absoluten Schutz unterfallen – bleibt einer Rechtsprechung überlassen, die sich anhand von Einzelfällen schrittweise vorantastet:[8]

Im Mikrozensus-Beschluss stellte das BVerfG heraus, dass dem Einzelnen ein "Innenraum" verbleiben muss, in dem er "sich selbst besitzt" und zu dem "die Umwelt keinen Zutritt hat".[9] Die streitbefangene Repräsentativbefragung zu Urlaubs- und Erholungsreisen sollte unter anderem deshalb nicht diesem geschützten innersten (Intim-) Bereich unterfallen, weil es sich um Informationen handle, die auch ohne eine Befragung zu ermitteln gewesen wären und so der Außenwelt ohnehin zugänglich gewesen seien.[10] Dieses Verständnis des Kernbereichs privater Lebensgestaltung als forum internum setzte das BVerfG bei seiner Auseinandersetzung mit dem Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter fort. Diejenigen Informationen, die ein Klient im Rahmen eines Beratungsgesprächs einem Sozialarbeiter anvertraue, seien schon deshalb nicht dem Kernbereich zuzuweisen, weil der innerste Bereich durch eine freiwillige Informationsmitteilung an einen anderen verlassen werde.[11] Diese Rechtsprechung stellte dem absolut geschützten Kernbereich das Kriterium des Sozialbezugs gegenüber, das bis dahin nicht beim Schutz vor Informationseingriffen, sondern lediglich im Rahmen des Verbots von bestimmten Handlungen und Verhaltensweisen herangezogen worden war.[12] Der Sozialbezug einer Handlung, der deren rechtliche Erfassung erlaubt, war danach schon dann anzunehmen, wenn die Handlung in den Bereich eines anderen Menschen einwirkt und dessen Persönlichkeitssphäre berührt.[13] Diese schematische Sichtweise erleichterte zwar die Bestimmung des Kernbereichs, beschränkte diesen aber gleichzeitig auch auf ein forum internum und berücksichtigte nicht ausreichend, dass der private Rückzugsbereich regelmäßig auch ein soziales und kommunikatives Element enthält.[14]

Dies erkannte das BVerfG in seinem Tonbandaufnahme-Beschluss[15] an. Auch ein Sachverhalt mit kommunikativen Elementen und ausdrücklichem sozialen Bezug könne dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfallen.[16] Allein der Sozialbezug einer Information führt danach nicht schon dazu, dass diese dem Kernbereich vorenthalten sein muss. [17] Durch die Aufhebung der Beschränkung des Kernbereichs auf ein forum internum und damit zusammenhängend die Abkehr von der Betrachtung der äußeren Informationsumstände bedurfte es jedoch eines anderen Abgrenzungsmerkmals. Dieses fand das BVerfG im Inhalt der Information. Darauf aufbauend wies es die geschäftliche Unterredung, die Gegenstand des Tonbandaufnahme-Beschlusses war, mangels höchstpersönlicher Inhalte nicht dem Kernbereich zu.[18]

Diese Zuwendung zum Kriterium des Inhalts der Information bekräftigte das BVerfG im Tagebuch-Beschluss[19]. Erneut betonte es, dass der Mensch notwendigerweise in sozialen Bezügen bestehe und deshalb auch daraus resultierende Informationen prinzipiell zum Kernbereich gehören könnten.[20] Zugleich konkretisierte es das maßgebliche Kriterium des Informationsinhalts. Auch wenn sich die Entscheidungsfindung letztendlich aufgrund einer Stimmengleichheit i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 3 BVerfGG ergab, so war sich der Senat einig, dass Informationen, die in einem unmittelbaren Bezug zu konkreten strafbaren Handlungen stehen, dem unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung nicht angehören.[21] Absoluten Schutz gegenüber staatlichen Eingriffen erlangten damit nur solche Sachverhalte, die für den Staat ohnehin kaum von Interesse waren.[22]

Jenseits des gemeinsamen Ausgangspunkts bestand ein Dissens im Senat. Die vier entscheidungstragenden Richter erkannten die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen eines wegen Mordes an einer Frau Angeklagten an, die mehrere Monate vor den Taten entstanden waren, obwohl diese lediglich allgemeine Aussagen zu dessen gestörtem Verhältnis zu Frauen enthielten. Zum einen spreche schon gegen die Einschlägigkeit des Kernbereichs, dass der Angeklagte durch das schriftliche Niederlegen in einem Tagebuch seine Gedanken aus dem beherrschten Innenbereich entlassen und Zugriffsmöglichkeiten für Dritte geschaffen habe. Dessen ungeachtet wiesen die niedergelegten Ausführungen jedenfalls einen unmittelbaren Straftatenbezug auf.[23] Im Gegensatz zu dieser Auffassung, die faktisch einen mittelbaren Bezug zur konkret strafbaren Handlung ausreichen ließ,[24] verneinten die vier unterlegenen Richter schon aufgrund der zeitlichen Abfolge die Unmittelbarkeit des Straftatenbezugs und ließen sich außerdem dahingehend ein, dass die Frage des Mediums für die Höchstpersönlichkeit der Information keine Rolle spiele.[25]

In der Entscheidung zum Großen Lauschangriff[26] bestätigte das BVerfG die Relevanz des Informationsinhalts. Das Gericht baute nunmehr darauf auf, dass ein absolut geschützter Kernbereich privater Lebensgestaltung auch in sozialen Bezügen existieren kann, es präzisierte aber sein Verständnis zum unmittelbaren Straftatenbezug, der einer Zuordnung von Informationen zum Kernbereich entgegensteht. Erheblich näher an der im Tagebuch-Beschluss noch unterlegenen Auffassung liegend, spricht das BVerfG nun deutlich aus, dass nicht jedwede Verknüpfung zwischen der Information und dem Verdacht einer Straftat genügt.[27] Wenn die Informationen lediglich mögliche Ursachen oder Beweggründe für Straftaten enthalten, reicht dies nicht aus. Der geforderte unmittelbare Straftatenbezug erhält mit diesem Verständnis eine restriktivere Deutung.

Das BVerfG sah sich durch die inhaltsbezogene Vorgehensweise aber mit dem Problem konfrontiert, dass schon die Ermittlung des Inhalts einer Information die Grundrechte und gegebenenfalls den Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt, dieser Schritt aber zur Bewertung des Sozial- und Straftatenbezugs erst notwendig ist.[28] Schon im Vorfeld erfordert dies eine Prognose, ob die Informationsermittlung einen Eingriff in den Kernbereich darstellt. Hierzu entwickelte das BVerfG in seiner Entscheidung zum Großen Lauschangriff Indikatoren, im Einzelnen die Art der überwachten Räumlichkeiten und die Anwesenheit von Personen des höchstpersönlichen Vertrauens als tatsächliche Anhaltspunkte.[29] Diese Indikatoren stellen aber keine eigenständigen Kriterien zur Bestimmung des Kernbereichs, sondern lediglich Hinweise auf den maßgeblichen Inhalt dar.

III. Kernbereichszuordnung in der Rechtsprechung des BGH

An der entscheidenden Bedeutung des Inhalts und insbesondere des unmittelbaren Straftatenbezugs hält das BVerfG bis heute fest.[30] Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung zum Raumgespräch zwar noch toleranter gezeigt und eine Unterhaltung zwischen Eheleuten in der ehelichen Wohnung dem absolut geschützten Kernbereich zugerechnet, ohne einen unmittelbaren Straftatenbezug besonders zu berücksichtigen.[31] Diese Entscheidung erging jedoch vor dem Tagebuch-Beschluss des BVerfG. Im Anschluss daran setzte der BGH die verfassungsrechtlichen Vorgaben weitgehend um und verneinte den Kernbereich wegen eines unmittelbaren Straftatenbezugs in verschiedenen Fällen.[32] Auch der Gesetzgeber hat den Straftatenbezug mittlerweile in § 100c Abs. 4 S. 3 StPO als einen Grund aufgegriffen, der eine Zuordnung zum Kernbereich privater Lebensgestaltung in der Regel ausschließt.

Für Selbstgespräche hat der BGH allerdings in nunmehr zwei Entscheidungen abweichende Maßstäbe etabliert. Bei nichtöffentlich geführten Selbstgesprächen soll nämlich der Inhalt nicht maßgeblich sein, ein unmittelbarer Straftatenbezug soll der Kernbereichszuordnung nicht entgegenstehen. Den Anfang machte der BGH in seiner Entscheidung zur akustischen Wohnraumüberwachung.[33] Hier wurden Selbstgespräche des Angeklagten aufgezeichnet, die er in einem Krankenzimmer führte. Der Inhalt der Selbstgespräche wurde von der Tatsacheninstanz als Belastungsindiz gewertet. Der BGH hat die aufgezeichneten Selbstgespräche als Bestandteil des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung gewertet und deshalb ihre Verwertung zu Beweiszwecken abgelehnt.[34] Auch wenn die Selbstgespräche inhaltlich einen Straftatenbezug aufwiesen, stellte der BGH maßgeblich auf äußere Umstände ab.[35] Da der Angeklagte seine innersten Gedanken nicht wie in einem Tagebuch schriftlich festgehalten habe, bestehe auch nicht die Gefahr einer unkontrollierten Preisgabe, vielmehr trete der Wille zur Geheimhaltung deutlich zu Tage. Aufgrund der fehlenden Verdinglichung sei das Selbstgespräch dem unantastbaren Kernbereich zuzuordnen. Für den notwendigen Sozialbezug sei vor allem auf die Kommunikation mit einer anderen Person abzustellen, dies fehle jedoch gerade in einem Selbstgespräch.

Diese Rechtsprechung setzt der BGH mit dem Urteil vom 22.12.2011 fort. Erneut ist bemerkenswert, dass der BGH ausdrücklich darauf hinweist, dass es bei einem Selbstgespräch nicht entscheidend auf den inhaltlichen Sozialbezug und damit einen Straftatenbezug ankommt, sondern auf äußere Umstände der Informationspreisgabe.[36] Eine Zuordnung zum Kernbereich nahm der BGH dementsprechend anhand der Kriterien Eindimensionalität der Selbstkommunikation, Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation, mögliche Unbewusstheit der Äußerungen im Selbstgespräch, Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken und der Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes vor.[37] Kriterien, die sich auf den Inhalt des Gesprächs beziehen, fehlen vollständig. Sowohl reinen Gedanken als auch Gedankenäußerungen im nichtöffentlichen Selbstgespräch fehle ein Sozialbezug. Letztendlich entscheide deshalb in diesem Bereich der Grundrechtsträger über den Kernbereichsschutz, indem er bestimmte Informationen der Öffentlichkeit zugänglich mache.[38] Es sind damit Situationen denkbar, in denen der BGH trotz vorhandenen Straftatenbezugs den äußeren Informa­tionsumständen den Vorzug gibt und eine Verwertbarkeit der gewonnenen Informationen im Strafprozess verneint.

Dies führt zur Frage, ob diesem Vorgehen die dargestellte Rechtsprechung des BVerfG entgegensteht.

IV. Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung des BVerfG

1. Ausdrückliche Vorgaben des BVerfG zur Behandlung von Selbstgesprächen?

Ob die Verwertung eines nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs eine Grundrechtsverletzung wegen Eingriffs in den Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt, hatte das BVerfG noch nicht zu entscheiden. Gleichwohl nehmen einige Autoren an, dass BVerfG habe in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der akustischen Wohnraumüberwachung (Großer Lauschangriff) auch die Kernbereichszuordnung eines Selbstgespräch dem Vorbehalt unmittelbaren Straftatenbezugs unterstellt.[39] In der Entscheidung heißt es:[40] "Aufzeichnungen oder Äußerungen im Zwiegespräch, die zum Beispiel ausschließlich innere Eindrücke und Gefühle wiedergeben und keine Hinweise auf konkrete Straftaten enthalten, gewinnen nicht schon dadurch einen Gemeinschaftsbezug, dass sie Ursachen oder Beweggründe eines strafbaren Verhaltens freizulegen vermögen. Ein hinreichender Sozialbezug besteht demgegenüber bei Äußerungen, die sich unmittelbar auf eine konkrete Straftat beziehen. Ein Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen hat zur Vermeidung von Eingriffen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu unterbleiben, wenn sich jemand allein oder ausschließlich mit Personen in der Wohnung aufhält, zu denen er in einem besonderen, den Kernbereich betreffenden Vertrauensverhältnis steht – etwa mit Familienangehörigen oder sonstigen engsten Vertrauten – und es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, dass die zu erwartenden Gespräche nach ihrem Inhalt einen unmittelbaren Bezug zu Straftaten aufweisen."

Mit einigem exegetischen Witz argumentieren diese Autoren, die zitierte Passage beziehe das Selbstgespräch ein. Da das Gericht im letzten Satz auch Situationen des Allein­seins in der Wohnung thematisiere und die zweite Satzhälfte von "zu erwartenden Gespräche[n]" handle, müsse das Selbstgespräch mitumfasst sein. Jedoch lässt sich dieser Satzteil zwanglos auch so verstehen, dass er sich lediglich auf die Variante des Zusammen­seins mit Vertrauenspersonen bezieht.[41] Der BGH hat in der Krankenzimmerentscheidung mit Recht festgestellt, dass das Verfassungsgericht bei der Frage eines Sozialbezugs aufgrund straftatbezogenen Inhalts primär auf die Kommunikation mit anderen Personen abgestellt habe.[42]

Eine ausdrückliche entgegenstehende Direktive des Verfassungsgerichts zur Kernbereichszuordnung von Selbstgesprächen liegt also nicht vor.[43] Besteht jedoch eine konzeptionelle Unvereinbarkeit von inhaltsbezogenem Ansatz des BVerfG und der vom BGH etablierten Ausnahme für Selbstgespräche?

2. Der Grund der Kernbereichsausnahme bei unmittelbarem Straftatenbezug

Die folgenden Überlegungen gehen der Frage nach, ob es überzeugende Gründe gibt, bei einem nichtöffentlichen Selbstgespräch den Vorbehalt eines unmittelbaren Straftatenbezuges nicht anzuwenden. Um einen Maßstab für die Antwort zu gewinnen, muss nach dem Grund für den Kernbereichsausschlusses straftatbezogener Äußerungsinhalte gesucht werden. Dabei kommen zwei Begründungsansätze in Frage: Zum einen kann eine Deutung als immanente Grenze des Höchstpersönlichen versucht werden, zum anderen kann der Vorbehalt als externe Begrenzung, nämlich als Aktualisierung von Strafverfolgungsinteressen verstanden werden.

a) Immanente Grenze des Höchstpersönlichen

Folgt schon aus dem positiven Grundgedanken der Kernbereichsfigur jener Vorbehalt als immanente Begrenzung? Dasjenige, was höchstrangige, der Einschränkbarkeit enthobene Bedeutung genießt, ist nach dem verfassungsgerichtlichen Grundansatz die höchstpersönliche Entfaltung des einzelnen Menschen.[44] Was höchstpersönlich ist, beschreibt das BVerfG nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. Es nennt Gefühlsäußerungen, Äußerungen des höchstpersönlichen Erlebens, Ausdrucksformen der Sexualität,[45] das seelsorgliche Gespräch mit einem Geistlichen.[46] Wie schon deutlich wurde[47], ist Höchstpersönlichkeit keine Qualität, die nur Sachverhalte aufweisen, bei denen ein Individuum mit sich allein ist[48] – Höchstpersönlichkeit kann auch eine Qualität von einverständlicher Interaktion sein.[49] Ein

Übergriff in die Rechtssphäre anderer kann dagegen keinen höchstpersönlichen Charakter haben. Das BVerfG drückt diesen Zusammenhang wie folgt aus: Die Kernbereichszuordnung hänge davon ab, ob der Sachverhalt nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters sei, also auch davon, in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berühre.[50] Geboten ist damit eine Unterscheidung zwischen der Beeinträchtigung der Sphäre Dritter durch einen Sachverhalt "aus sich heraus" (immanente Grenze) und dem von außen an einen höchstpersönlichen Sachverhalt herangetragenen öffentlichen Interesse an Kenntnisnahme und Verwertung (woraus keine Begrenzungsmöglichkeit des Höchstpersönlichen resultiert).[51] Höchstpersönlichkeit lässt sich damit nicht reklamieren für ein Verhalten, das andere – insbesondere durch Straftaten – verletzt.

Doch was folgt daraus für eine Äußerung, die eine vergangene Straftat thematisiert? Dass diese nicht dem Kernbereich unterfallen kann, wird in den Entscheidungen des BVerfG zwar postuliert, aber nicht begründet.[52] In einem handfesten Sinne beeinträchtigt ein Tagebucheintrag, ein Selbst- oder Zwiegespräch über eine begangene Tat[53] aus sich heraus keinen anderen[54] – und zwar unabhängig davon, ob die begangene Tat berichtet, bereut oder bejubelt wird. Hinzu kommt, dass – anders als im Rahmen eines Zwiegesprächs – die in einem Selbstgespräch getätigte Äußerung mit dem sich Äußernden keinen eigentlichen Empfänger hat. Der Inhalt der Äußerung kann eine zukünftige Entscheidung nicht beeinflussen, was typisches Merkmal einer Information wäre,[55] weil der sich Äußernde selbst gleichzeitig Informationsträger ist und ihm der Inhalt schon bekannt ist. Mangels eines Empfängers fehlt es einem Selbstgespräch auch insofern an einem sozialen Bezug. Dies spricht der BGH für das Selbstgespräch auch deutlich aus:[56] "Den Gedanken fehlt aus sich heraus die Gemeinschaftsbezogenheit, die jenseits des Kernbereichs der Persönlichkeitsentfaltung liegt. Gleiches gilt für die Gedankenäußerung im nicht öffentlich geführten Selbstgespräch".

Ist der Vorbehalt eines unmittelbaren Straftatenbezugs dann überhaupt als immanente Grenze erklärlich? Dammann will die immanente Grenze des Kernbereichsschutzes für den Sachverhalt, der Gegenstand einer Äußerung ist, auf die Äußerung selbst übertragen. Zur Begründung zieht er den "informationsrechtlichen Grundsatz" heran, "dass Informationen nur soweit schutzwürdig sind wie das Verhalten, auf das sie sich beziehen."[57] Diese Prämisse wird von Dammann allerdings nicht weiter begründet.[58] Selbst wenn man unterstellt, sie wäre richtig, wird sich aus ihr allein nicht ableiten lassen, eine Äußerung über Straftaten falle stets aus dem Kernbereich. Nicht jede Äußerung lässt sich schlicht auf die Informationen reduzieren, die sie über das Tatgeschehen vermittelt. Vielmehr kann auch ein Tagebucheintrag, ein Zwie- oder Selbstgespräch mit unmittelbarem Straftatenbezug Teil einer moralischen Reflexion sein, in einem Zwiegespräch mag die Mitteilung auch ein Vertrauensbeweis oder Selbstinszenierung sein.[59]

Weiter führt möglicherweise der Ansatz, das jeweils gesteigert schutzbedürftige Moment herauszuarbeiten, welches das Führen eines Tagebuchs, das Selbstgespräch oder das Zwiegespräch mit Vertrauenspersonen aufweist.[60] Hinsichtlich des Verfassens eines Tagebuchs sieht Lorenz die "gewissenhafte Selbststabilisierung" als dessen "zentralen materialen Wert" an.[61] Legt man dies zugrunde, kann auch ein Eintrag mit unmittelbarem Straftatenbezug Ausdruck dessen sein, was am Verfassen eines Tagebuchs absolut schutzbedürftig erscheint, insofern der Eintrag nämlich der Auseinandersetzung mit eigener

Schuld dient (ein Teil davon kann auch die Schilderung eines Tathergangs sein).[62] Eine Herausnahme unmittelbar straftatenbezogener Tage­buchinhalte aus dem Kernbereichsschutz lässt sich auf diese Weise nicht erklären, son­dern allenfalls kritisieren. Fragt man mit diesem Ansatz nach dem gesteigert schutzbedürftigen Moment des Selbstgesprächs, so wird man in der neuen BGH-Entscheidung fündig. Der BGH hebt die untrennbare Verbindung von Denken und Sprache hervor, charakterisiert das nichtöffentlich geführte Selbstgespräch als "lautes Denken" und betont, dass Denken eine menschliche Existenzbedingung ist.[63] Auch beim Selbstgespräch ist der Vorbehalt unmittelbaren Straftatenbezuges dann nicht als immanente Grenze erklärlich.[64] Vieles spricht daher dafür, dass der Straftatenbezug als Aktualisierung eines gegenläufigen Interesses und damit als externe Begrenzung verstanden werden muss.

b) Aktualisierung von Strafverfolgungsinteressen

Mehrere Autoren deuten den Vorbehalt als Zugeständnis an Strafverfolgungsinteressen.[65] Häufig wird damit eine Methodenkritik mit einem Zug ins Grundsätzliche verknüpft: Es handle sich bei diesem Vorbehalt um eine Grenzziehung durch kollidierende Interessen, der eine verkappte Abwägung vorausliege.[66] Die Abwägung werde nicht offen durchgeführt, vielmehr werde ihr Ergebnis als Grenze des Kernbereichs ausgegeben, um verbal dessen "absoluten Schutz" hochhalten zu können.[67] Das absolut Geschützte dürfe aber nicht durch Abwägung bestimmt werden.[68] Es kann hier nicht erörtert werden, inwiefern diese Kritik berechtigt ist. Vielmehr soll Folgendes untersucht werden: Lässt sich die abweichende Behandlung von Selbstgesprächen rechtfertigen, wenn sich der Vorbehalt unmittelbaren Straftatenbezugs als Aktualisierung von Strafverfolgungsinteressen darstellt? Prima facie scheint dies problematisch zu sein, da auch an der Verwertbarkeit von Selbstgesprächen ein Strafverfolgungsinteresse besteht.

3. Rechtfertigung einer abweichenden Beurteilung von Selbstgesprächen

Es stellt sich damit die Frage, ob es unter Beachtung des herausgearbeiteten Zwecks des Vorbehalts eines unmittelbaren Straftatenbezugs gerechtfertigt ist, die Aufzeichnung von Selbstgesprächen anders zu beurteilen als sonstige Formen der Informationsermittlung durch den Staat.

a) Geringe Missbrauchsgefahr

Für die abweichende Behandlung von Selbstgesprächen spricht die geringere Möglichkeit des Missbrauchs. Ein Argument gegen den umfassenden, inhaltsunabhängigen Kernbereichsschutz von höchstpersönlichen Äußerungen oder Schriftstücken ist nämlich die damit einhergehende Missbrauchsgefahr.[69] Wollte man den Kernbereichsschutz unabhängig vom Inhalt mit formellen Kriterien verknüpfen, bestünde das Problem, dass sich keine Kommunikations- oder Informationsfixierungsform ausmachen ließe, die ausschließlich höchstpersönlichen Sachverhalten vorbehalten ist[70] – ebenso wenig, wie es möglich erscheint, eine generelle Definition des Höchstpersönlichen zu finden, die für jeden Menschen Geltung beanspruchen kann.[71] Sollte dann aber allein die Bezeichnung als "Tagebuch" oder "persönliches Zwiegespräch mit einer Vertrauensperson" ausreichen, um die darin bewahrten Informationen dem staatlichen Zugriff in absoluter Weise zu entziehen, wäre dies eine allzu leichte Möglichkeit, jegliche schriftliche Aufzeichnungen oder Gespräche den Zwecken der Strafverfolgung zu entziehen.

Auf Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG und des Vorbehalts eines unmittelbaren Straftatenbezugs erscheint es insofern auch nicht inkonsequent, die Verhinderung einer Missbrauchsgefahr als konfligierendes Interesse bei der Bestimmung des absoluten Kernbereichsschutzes heranzuziehen. Immerhin würde gerade ein Kernbereichsschutz, der inhaltsunabhängig von der Bezeichnung des Informationsträgers abhängt, die Strafverfolgungsinteressen erheblich beeinträchtigen. Während beim Tagebuch aber die Gefahr einer missbräuchlichen Bezeichnung als "Tagebuch" und damit eines Verschlusses der Information greifbar ist, sieht die Situation für das Selbstgespräch anders aus:

Im Hinblick auf die Strafverfolgung besteht grundsätzlich kein Risiko, dass ein Selbstgespräch missbraucht wird. In der Kombination von flüchtigem Wort und fehlendem kommunikativem Bezug zu anderen kann das Selbstgespräch kaum einen weitergehenden Nutzen und anderen Sinn und Zweck haben als die höchstpersönliche Aufarbeitung und Verarbeitung bestimmter Erlebnisse. Da sich die Motivation des Informationsträgers aufgrund der Umstände seiner Äußerung nicht darauf beziehen kann, eine Information zu übermitteln oder zu konservieren, besteht auch nicht die Gefahr, einen solchen Vorgang unter dem Vorwand des Höchstpersönlichen vor Strafverfolgungsinteressen zu verbergen. Zwar erscheint es möglich, dass Straftäter Selbstgespräche gerade im Vorfeld von Straftaten zu Übungszwecken nutzen. Sachverhalte, denen es aber dabei an einer höchstpersönlichen Verarbeitungsleistung mangelt, dürften die große Ausnahme sein.

b) Mangelnde Verständlichkeit

Der BGH führt an, dass das Selbstgespräch, anders als das Zwiegespräch, nicht auf Verständlichkeit angelegt sei, was eine abweichende Beurteilung rechtfertige.[72] Einerseits kann aber auch Formen der Kommunikation mit anderen oder fixierten Informationen die Verständlichkeit fehlen, andererseits hängt die Verständlichkeit von der konkreten Äußerung ab. So kann ein Selbstgespräch auch einen kohärenten Vortrag enthalten, wenn etwa eine Aussage vorbereitet wird. Das typische Selbstgespräch wird aber kein vergleichbares Niveau an Verständlichkeit aufweisen wie ein Zwiegespräch. Exemplarisch zeigt dies auch die Entscheidung des BGH.

Dass der BGH mit der fehlenden Verständlichkeit einen erweiterten Kernbereichsschutz von Selbstgesprächen begründet, könnte Ausdruck eines geschmälerten Beweiswertes von Selbstgesprächen sein: Weil das Selbstgespräch nicht auf Verständlichkeit angelegt ist, treten mitunter nur Fragmente von Gedanken nach außen. Zwar verfolgt der Kernbereichsschutz nicht die Intention, untaugliche Beweismittel auszuscheiden. Doch wird eine Subsumtion unter den Vorbehalt unmittelbaren Straftatenbezugs häufig nicht möglich sein, sofern sich nämlich den nach außen tretenden Splittern nicht entnehmen lässt, ob eine Äußerung über eine konkrete Straftat vorliegt oder ob der Betroffene Wünsche, Ängste, Imaginationen äußert. Eine solche Unsicherheit besteht bei Formen der Kommunikation mit anderen sowie fixierten Informationen nicht in gleichem Maße.

c) Möglichkeit unwillkürlich auftretender Bewusstseinsinhalte

Die Unverständlichkeit einer Gedankenäußerung kann außerdem Ausdruck eines unwillkürlich auftretenden Bewusstseinsinhalts sein.[73] Auch insoweit handelt es sich aber um eine generalisierende Umschreibung: In manchen Selbstgesprächen werden unwillkürlich auftretende Bewusstseinsinhalte artikuliert, in anderen nicht.[74] Ein kategorischer Unterschied lässt sich freilich aufzeigen: Wer einen Gedanken einem anderen mitteilen will, hat Anlass zu überdenken, wie seine Äußerung wirkt; gegebenenfalls wird er den Gedanken für sich behalten. Einer solchen Prüfung unterwirft sich nicht, wer sich allein glaubt. Eher als bei Formen der Kommunikation mit anderen und fixierten Informationen ist ein Selbstgespräch auch für den sich Äußernden nicht steuerbar und ermöglicht Dritten einen Einblick in das forum internum, das nach der Rechtsprechung dem absoluten Kernbereich zuzuordnen ist. Der BGH bezeichnet dies als die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken beim Selbstgespräch und führt diesen Gesichtspunkt als eines seiner fünf Argumente der Kernbereichszuordnung an.[75]

d) Vertrauen des sich Äußernden

Ein weiterer Unterschied zwischen Tagebuch und Zwiegespräch einerseits sowie nichtöffentlichem Selbstgespräch andererseits besteht darin, dass derjenige, der ein Selbstgespräch führt, in weitergehender Weise darauf vertrauen kann, dass niemand von seiner Äußerung Notiz nehmen wird. Der BGH weist darauf hin, dass für denjenigen, der ein nichtöffentliches Selbstgespräch führt, das Risiko einer Außenwirkung der spontanen Äußerung nahezu ausgeschlossen ist, unabhängig davon, ob diese in seiner Wohnung, seinem Auto oder an einem vergleichbaren Ort getätigt wird.[76] Dies liegt an zwei Eigenheiten nichtöffentlich geführter Selbstgespräche: Zum einen nehmen andere Personen als die sich selbst Äußernden den Inhalt des Selbstgesprächs grundsätzlich nicht wahr.[77] Zum anderen fehlt es dem Selbstgespräch, anders als der Aufzeichnung in einem Tagebuch, an einer Fixierung. Das gesprochene Wort ist flüchtig und kann im Nachhinein nicht wieder unmittelbar eingesehen werden, allenfalls von demjenigen wiedergegeben werden, der es gehört hat. Die Fixierung einer Information, sei es durch eine Verschriftlichung oder auf andere Weise, erhöht die Möglichkeit der Kenntnisnahme Dritter erheblich. Ebenso liegt es bei einem Zwiegespräch, weil der Gesprächspartner den Inhalt des Gesprächs ohne Zutun des sich Äußernden weitergeben kann. Diese Risiken kann der ursprüngliche Informationsträger erkennen. Der BGH knüpft in seiner jetzigen Entscheidung an diese weitestgehend berechtigte faktische Erwartung an ("niemand kann mich hören") und sichert diese rechtlich in einer absoluten Weise ab. Das Selbstgespräch findet mit einer Person des höchsten Vertrauens statt, nämlich mit sich selbst.

V. Ergebnis

Die oben entwickelten Kriterien vermögen die inhaltsunabhängige und damit abweichende Beurteilung der Kernbereichszugehörigkeit von nichtöffentlich geführten Selbstgesprächen generell zu tragen. Zwar mag es im Einzelfall auch Selbstgespräche geben, bei denen die

oben genannten Kriterien ganz oder teilweise nicht erfüllt sind. Immerhin spricht aber die Rechtssicherheit dafür, das nichtöffentlich geführte Selbstgespräch generell dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen. Dieser Gewinn an Rechtssicherheit hat zwei Facetten: Für den Rechtsanwender ergibt sich eine handhabbare Leitlinie und für den Grundrechtsträger ist nur ein Kernbereichsschutz effektiv, auf dessen Bestand er auch uneingeschränkt vertrauen kann.


[1] BVerfGE 65, 1 (41 f.) m.w.N.; 80, 367 (373). Vgl. umfassend für die Entwicklung des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung Dammann, Der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung (2011), S. 23 ff. m.w.N.

[2] BGH NJW 2012, 945 Tz. 14 = HRRS 2012 Nr. 268; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. (2010), Art. 2 Rn. 174, 179 f.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 11. Aufl. (2011), Art. 2 Rn. 53; zur Differenzierung zwischen staatlicher Kenntnisnahme und Verwertung Lorenz GA 1992, 254 (260).

[3] Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: 64. EL 2012, Art. 2 Rn. 181.

[4] BVerfGE 6, 32 (41).

[5] BVerfGE 6, 32 (41); 34, 238 (246); 35, 202 (220); 80, 367 (373); Jarass, in: ders./Pieroth (Fn.  2 ), Art. 2 Rn. 62; vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, 2. Aufl. (2004), Art. 2 Abs. 1 Rn. 87; vgl. außerdem die Nachweise unten Fn. 66.

[6] Vgl. BVerfGE 109, 279 (318) = HRRS 2004 Nr. 170; BVerfG NJW 2007, 1865 Tz. 18 = HRRS 2007 Nr. 128; Dammann (Fn. 1), S. 26 f.

[7] BVerfGE 6, 32 (41); 27, 1 (6); 27, 344 (350 f.); 32, 373 (378); 34, 238 (245); 80, 367 (373 f.).

[8] So ausdrücklich BVerfGE 34, 238 (248). Ausführlich zur Darstellung der folgenden Entwicklung Dammann (Fn. 1), S. 36 ff.

[9] BVerfGE 27, 1 (6) unter Verweis auf Wintrich, Die Problematik der Grundrechte (1957), S. 15 f.

[10] BVerfGE 27, 1 (8).

[11] BVerfGE 33, 367 (377).

[12] Dammann (Fn. 1), S. 37.

[13] BVerfGE 6, 389 (433).

[14] Steltzer, Das Wesensgehaltsargument und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1991), S. 52; Dammann (Fn. 1), S. 37; Schulz, Änderungsfeste Grundrechte (2008), S. 107.

[15] BVerfGE 34, 238.

[16] BVerfGE 34, 238 (245 ff.).

[17] Vgl. Lammer, Verdeckte Ermittlungen im Strafprozeß (1992), S. 75.

[18] BVerfGE 34, 238 (248).

[19] BVerfGE 80, 367.

[20] BVerfGE 80, 367 (374).

[21] BVerfGE 80, 367 (375).

[22] So auch Enders, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), GG, Stand: 37. EL 2012, Art. 1 Rn. 88; Gusy, in: FS Folz (2003), S. 103 (105 f.).

[23] BVerfGE 80, 367 (376).

[24] So auch Dammann (Fn. 1), S. 42.

[25] BVerfGE 80, 367 (381).

[26] BVerfGE 109, 279.

[27] BVerfGE 109, 279 (319); vgl. Dammann (Fn. 1), S. 43.

[28] Kritik an der Rspr. daher im Sondervotum der Richterinnen Jäger und Hohmann-Dennhardt, BVerfGE 109, 382 (383) sowie bei Lammer (Fn. 17), S. 79; Lepsius Jura 2005, 433 (439); P. Tiedemann, Menschenwürde als Rechtsbegriff, 2. Aufl. (2010), S. 395; Dammann (Fn. 1), S. 49 f., der von fehlender "Eingriffsresistenz" spricht.

[29] BVerfGE 109, 279 (320 ff.).

[30] BVerfGE 113, 348 (391) = HRRS 2005 Nr. 718; BVerfG NJW 2009, 2431 Tz. 90 = HRRS 2009 Nr. 800.

[31] BGHSt 31, 296 (300).

[32] BGH NStZ 1995, 79 (80 f.); NStZ 1998, 635; NStZ 2000, 383; NJW 2009, 2463 Tz. 29 f. = HRRS 2009 Nr. 745; vgl. BGH NJW 1998, 3284 (3286).

[33] BGHSt 50, 206 = HRRS 2005 Nr. 722.

[34] BGHSt 50, 206 (210).

[35] BGHSt 50, 206 (212 ff.).

[36] BGH NJW 2012, 945 Tz. 16.

[37] BGH NJW 2012, 945 Tz. 14.

[38] BGH NJW 2012, 945 Tz. 15, 19.

[39] Ein solches Verständnis der Ausführungen des BVerfG findet sich bei Dammann (Fn. 1), S. 106 f.; Kolz NJW 2005, 3248 (3249). Vgl. auch Rogall, in: FS G. Fezer (2008), S. 61 (68 ff., insbes. 70 bei Fn. 51), der seine Überlegungen zu § 100c Abs. 4 S. 3 StPO anstellt, dabei aber auf BVerfGE 109, 279 (319) Bezug nimmt und annimmt, die Anwendung des Vorbehalts eines unmittelbaren Straftatenbezugs auch auf Selbstgespräche entspreche den Vorstellungen des BVerfG.

[40] BVerfGE 109, 279 (319 f.), Gliederungspunkte ausgespart.

[41] Des Weiteren könnte man versuchen, aus der Verwendung von "Äußerungen im Zwiegespräch" einerseits und "Äußerungen" andererseits zu schlussfolgern, dass das BVerfG auch Selbstgespräche einbeziehe, wenn es nur von "Äußerungen" spreche. Angesichts des Kontextes liegt es aber näher, "Äußerungen" als zusammenfassende Bezeichnung für "Aufzeichnungen und Äußerungen im Zwiegespräch" zu verstehen.

[42] BGHSt 50, 206 (212).

[43] In der Kammerentscheidung BVerfG NJW 2007, 2753 Tz. 47 = HRRS 2007 Nr. 646 wird das Urteil BGHSt 50, 206 sogar als Beispiel fachgerichtlicher Konkretisierung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erwähnt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BGH findet sich a.a.O. freilich nicht.

[44] Vgl. BVerfGE 109, 279 (313).

[45] BVerfGE 109, 279 (313).

[46] BVerfGE 109, 279 (322).

[47] S. o. II.

[48] BVerfGE 109, 279 (319).

[49] Siehe insbesondere Podlech, in: Alternativ-Kommentar GG, 3. Aufl., Stand: GW 2001, Art. 2 Abs. 1 Rn. 53, 38 (dort das folgende Zitat): "Privatheit ist keine Sache des isoliert gedachten Individuums, die durch Kommunikation mit anderen, die durch einen Sozialbezug verloren geht. Privatheit ist eine mögliche Eigenschaft des Umgangs mit anderen." Siehe auch BVerfGE 109, 279 (314, 319); 80, 367 (374).

[50] BVerfGE 109, 279 (314); vgl. BVerfGE 80, 367 (374); vgl. auch Baldus JZ 2008, 218 (223).

[51] Diese Differenzierung unterlässt Rogall, in: FS G. Fezer (Fn. 39), S. 61 (75). Nach ihm verliert das Höchstprivate seinen Charakter "auch durch das öffentliche Interesse, das an seiner Kenntnisnahme besteht". Gegen eine derartige Argumentation Lammer (Fn. 17), S. 98.

[52] Baldus JZ 2008, 218 (224); Schulz (Fn. 14), S. 107.

[53] Für die Planung einer Tat wird man anderer Meinung sein können, da es sich insoweit um die Vorbereitung einer Rechtsverletzung handelt, vgl. Schulz (Fn. 14), S. 108; Guttenberg NJW 1993, 567 (572). – Jedenfalls eine Verwendung zu Gefahrenabwehrzwecken wird im Ergebnis weithin nicht als Kernbereichsverletzung angesehen: Lammer (Fn. 17), S. 138; Lindemann JR 2006, 191 (198); vorsichtig ("allenfalls zum Zwecke der Gefahrenabwehr") Kolz NJW 2005, 3248 (3249); umfangr. Nw. bei Dammann (Fn. 1), S. 125-133; auch eine präventive Nutzung ablehnend Ellbogen NStZ 2006, 180.

[54] Zum Tagebuch Amelung NJW 1990, 1756; allgemein zu Manifestationen des forum internum, die nicht zur Kenntnisnahme bestimmt sind, Lammer (Fn. 17), S. 97 f.; zu Gesprächen und Aufzeichnungen Lindemann JR 2006, 191 (197 f.).

[55] Vgl. Hoffmann-Riem, in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft (2000), S. 9 (12); Schoch, in: VVDStRL 57 (1998), 158 (166 f.); Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 2 (2008), § 20 Rn. 18.

[56] BGH NJW 2012, 945 Tz. 15; ebenso schon BGHSt 50, 206 (213); zustimmend Jahn/Geck JZ 2012, 561 (564).

[57] Dammann (Fn. 1), S. 190 (Hervorhebungen ausgelassen); ähnlich, wenngleich nicht so explizit Warg NStZ 2012, 237 (239).

[58] Es findet sich nur der Hinweis auf Podlech, in: Alternativ-Kommentar GG (Fn. 49), Art. 2 Abs. 1 Rn. 37, der dort im Jahr 2001 in Kritik der Sphärentheorie der Rechtsprechung schreibt (Nw. ausgelassen): "Daß diese Konzeption[scil. Sphärentheorie]nicht unmodifiziert einer Interpretation des Grundrechts zugrunde gelegt werden kann, zeigt[…]der Umstand, daß das BVerfG die Formel vom ,unantastbaren Bereich‘ zwar ritual-ähnlich wiederholt[…], aber bis auf einen Fall, in dem die Berufung auf den unantastbaren Kernbereich auch nicht entscheidend wurde, auch nur beispielhaft angegeben hat, welches menschliche Verhalten hierunter fallen könnte. Dies ist nicht verwunderlich. Die langjährige Datenschutzdiskussion um die Kategorisierung personenbezogener Informationen als sensibel oder nichtsensibel hat zu dem Ergebnis geführt, daß es kein Verhalten und somit auch keine Information über ein solches Verhalten gibt, für das nicht im Einzelfall Situationen angebbar sind, die einen hoheitlichen Eingriff legitim erscheinen lassen und für welchen Eingriff auch bereits jetzt schon Rechtsgrundlagen bestehen." Vgl. auch Schulz (Fn. 14), S. 107.

[59] Vgl. auch Schulz (Fn. 14), S. 108.

[60] Vgl. Lorenz GA 1992, 254 (259).

[61] Lorenz GA 1992, 254 (271). In diese Richtung auch Schulz (Fn. 14), S. 107 f.

[62] Vgl. Baldus JZ 2008, 218 (224).

[63] BGH NJW 2012, 945 Tz. 15 unter Verweis auf Tönnies, Selbstkommunikation (1994), S. 16.

[64] Das Selbstgespräch wird vom BGH – über die Nichtanwendbarkeit des Vorbehalts eines unmittelbaren Straftatenbezugs hinaus – völlig inhaltsunabhängig als kernbereichszugehörig charakterisiert, was in der Konsequenz der weitgehenden Parallelisierung mit dem bloßen Denken liegt. Inwiefern – wie in der Krankenzimmerentscheidung – auch emotional aufgeladene Überlegungen zu alternativen Tötungsmethoden im Nachgang der Tat als höchstpersönliche, absoluten Schutzes bedürftige Äußerungen anzusehen sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Höchstpersönlichkeit verneinend Rogall, in: FS G. Fezer (Fn. 39), S. 61 (67); bejahend BGHSt 50, 206 (212 f.), zustimmend Ellbogen NStZ 2006, 180: "Der BGH hat das Selbstgespräch zutreffend diesem Bereich zugeordnet, da E mit diesem versucht hat, seine Probleme zu verarbeiten und innere Spannungen abzubauen."

[65] Dammann (Fn. 1), S. 51 m.w.N.; Braun jurisPR-ITR 8/2012 Anm. 5; vgl. Lorenz GA 1992, 254 (264); Baldus JZ 2008, 218 (224).

[66] Lorenz GA 1992, 254 (264); Braun jurisPR-ITR 8/2012 Anm. 5; Dammann (Fn. 1), S. 51, s. auch S. 196; vgl. auch Baldus, JZ 2008, 218 (224); die Debatte wird auch im größeren Kontext hinsichtlich der Menschenwürde geführt, siehe aus neuester Zeit nur Baldus AöR, Bd. 136 (2011), 529 ff.

[67] Vgl. Dammann (Fn. 1), S. 244, vgl. ferner S. 196.

[68] Methodische Kritik bei Braun jurisPR-ITR 8/2012 Anm. 5, der aber den "abwägungsgleiche[n]Zuschnitt" durch das BVerfG im Ergebnis für weitgehend nicht zu beanstanden hält. Baldus tritt für Methodenehrlichkeit ein, ist aber in der Sache durchaus für eine abwägende Behandlung in Ausnahmefällen (JZ 2008, 218[227]); Dammann (Fn. 1), zusammenfassend S. 248-250, hält die Annahme eines rechtlich relevanten Kernbereichs privater Lebensgestaltung (d.h. als Kategorie menschlichen Verhaltens, das absolut vor Abwägung und Eingriff geschützt ist) gar für verfassungswidrig.

[69] Vgl. Dammann (Fn. 1), S. 109.

[70] BVerfGE 80, 367 (374 f.).

[71] Nachdrücklich Podlech, in: Alternativ-Kommentar GG (Fn. 49), Art. 2 Abs. 1 Rn. 39 f.; vgl. Lammer (Fn. 17), S. 79.

[72] BGH NJW 2012, 945 Tz. 18.

[73] Vgl. BGHSt 50, 206 (213); BGH NJW 2012, 945 Tz. 18.

[74] Der BGH stellt dies mit dem "jedenfalls auch" (BGH NJW 2012, 945 Tz. 18) wohl selbst in Rechnung.

[75] BGH NJW 2012, 945 Tz. 14.

[76] Siehe BGH NJW 2012, 945 Tz. 15.

[77] Siehe oben IV. 2. a).