HRR-Strafrecht

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2003
4. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH

I. Materielles Strafrecht

1. Schwerpunkt Allgemeiner Teil des StGB


Entscheidung

BGH 1 StR 403/02 - Urteil vom 12. Februar 2003 (LG Nürnberg-Fürth)

BGHSt; Heimtücke (Arglosigkeit des Erpressers; Mord); Notwehr gegen eine Erpressung (gegenwärtiger Angriff; Erforderlichkeit; Gebotenheit; Verhältnismäßigkeit; Absichtsprovokation; Tatbestand der Provokation; Beschränkung sozialethischer Einschränkungen auf Evidenzfälle; Chantage); Beweiswürdigung (Widersprüche; Lücken; Gesamtwürdigung).

§ 211 Abs. 2 StGB; § 32 StGB; § 253 StGB; § 261 StPO

1. Der Erpresser ist in einer von ihm gesuchten Konfrontation mit dem Erpressten gegenüber einem wehrenden Gegenangriff des Erpressten auf sein Leben regelmäßig nicht arglos im Sinne des Mordmerkmals der Heimtücke, wenn er in dessen Angesicht im Begriff ist, seine Tat zu vollenden und zu beenden und damit den endgültigen Rechtsgutsverlust auf Seiten des Erpressten zu bewirken. (BGHSt)

2. Zur Notwehr gegen eine Erpressung. (BGHSt)

3. Die Frage, ob ein Mensch arglos ist, beurteilt sich grundsätzlich nach seiner tatsächlich vorhandenen Einsicht in das Vorhandensein einer Gefahr. Dass er einen tätlichen Angriff in Rechnung gestellt hat, kann sich allein schon aus seinem eigenen vorausgegangenen Verhalten ergeben (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13). Ist in einem Fall eine Notwehrlage aufgrund eines gegenwärtigen rechtswidrigen erpresserischen Angriffs durch den später Getöteten gegeben, der aktuell nicht nur im Fortwirken einer erpressungstypischen Dauergefahr besteht, sondern darüber hinaus in einer konkreten Tathandlung im Angesicht des Opfers, die unmittelbar die Verletzung eines beachtlichen Rechtsguts des Opfers besorgen lässt, so gilt: Es ist regelmäßig der Angreifer, der durch sein Verhalten einen schützenden oder trutzwehrenden Gegenangriff herausfordert, mag dieser sich nun im Rahmen des durch Notwehr Gerechtfertigten halten oder deren Grenzen überschreiten. Für die Frage der Arglosigkeit ist letzteres unerheblich. (Bearbeiter)

4. Der gesteigerte Unwert des Mordmerkmal der Heimtücke wird durch ein gesteigertes Maß an Tücke kennzeichnet (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13). (Bearbeiter)

5. Notwehr ist nicht darauf beschränkt, die Verwirklichung der gesetzlichen Merkmale des Tatbestandes abzuwenden. Sie ist zum Schutz gegen den Angriff auf ein bestimmtes Rechtsgut zugelassen. Dieser Angriff kann trotz Vollendung des Delikts noch fortdauern und deshalb noch gegenwärtig sein, solange die Gefahr, die daraus für das bedrohte Rechtsgut erwächst, entweder doch noch abgewendet werden kann oder bis sie umgekehrt endgültig in den Verlust umgeschlagen ist. Nur im Falle des endgültigen Verlustes handelt es sich etwa bei einem Angriff auf Eigentum und Besitz beweglicher Sachen für den Berechtigten nicht mehr um die Erhaltung der Sachherrschaft, sondern um deren Wiedererlangung, für die Gewaltanwendung jedenfalls nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Notwehr zugelassen ist. (Bearbeiter)

6. Ein nicht bloß geringes Risiko, dass ein milderes Verteidigungsmittel fehlschlägt und dann keine Gelegenheit mehr für den Einsatz eines stärkeren Verteidigungsmittels bleibt, braucht der Angegriffene zur Schonung des rechtswidrig Angreifenden nicht einzugehen. Auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang muss er sich nicht einlassen (vgl. nur BGH StV 1999, 143; BGH NStZ 2001, 591, jew. m.w.N.). Allerdings hat der Verteidigende grundsätzlich, wenn ihm mehrere wirksame Mittel zur Verfügung stehen und er Zeit zur Auswahl und zur Einschätzung der Gefährlichkeit hat, dasjenige Mittel zu wählen, das dem Angreifer am wenigsten gefährlich ist. (Bearbeiter)

7. Eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter findet bei der Notwehr grundsätzlich nicht statt. Liegt kein Fall des Missbrauchs des Notwehrrechts wegen geringen Gewichts des angegriffenen Rechtsguts vor, gilt bei solcher Ausgangslage der Grundsatz, dass das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht. (Bearbeiter)

8. Hinzutretende andere Tatmotive schließen den Verteidigungswillen nicht aus. Eine Rechtfertigung kommt nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann in Betracht, wenn neben der Abwehr eines Angriffs auch andere Ziele verfolgt werden, solange sie den Verteidigungszweck nicht völlig in den Hintergrund drängen. (Bearbeiter)

9. Zu den Grundsätzen der sozialethischen Einschränkung des Notwehrrechts und zu einer wegen der Besonderheiten des Falles abgelehnten Einschränkung des Notwehrrechts im Fall der "Chantage". (Bearbeiter)

10. Ein rechtlich erlaubtes Tun - wie etwa das Öffnen der Wohnungstür gegenüber einem unbekannten Bewaffneten (BGH NStZ 1993, 332, 333) - führt nicht ohne weiteres zur Einschränkung des Notwehrrechts, auch wenn der Täter wusste oder wissen musste, dass der andere durch dieses Verhalten zu einem rechtswidrigen Angriff veranlasst werden könnte (so schon BGH NStZ 1993, 332, 333). Entscheidend ist nicht, ob der später Angegriffene die Entwicklung vorhersehen konnte, sondern - mit Blick auf das Rechtsbewährungsinteresse - ob der Angreifer sich durch das vorwerfbare Verhalten des von ihm Angegriffenen provoziert fühlen konnte. Die bloß fahrlässige oder gar leichtfertige Herbeiführung einer Notwehrlage führt nicht zu einer Einschränkung des Maßes der gebotenen Verteidigung. (Bearbeiter)

11. Auch demjenigen, der früher eine strafbare Handlung begangen hat, steht grundsätzlich ein uneingeschränktes Notwehrrecht zur Seite, wenn er in anderem Zusammenhang selbst Opfer einer Straftat wird. Er hat nicht etwa deshalb, weil die gegen ihn gerichtete Tat vom Täter an seine gegen die Rechtsgüter Dritter begangene eigene Straftat angeknüpft wird, einen Status minderen Rechts, der Erpresser nicht deswegen einen größeren, im Ergebnis nicht notwehrfähigen Freiraum für seinen Rechtsbruch. (Bearbeiter)

12. Durch eine Gesamtschau und die Gewichtung verschiedener Umstände verlöre das Notwehrrecht seine Konturenschärfe. Es muss geeignet bleiben, in den einschlägigen, oft durch die Plötzlichkeit der Entwicklung charakterisierten Fällen des Lebens dem rechtlichen Laien ohne weiteres überschaubare, grundsätzlich einfache Richtschnur für das Handeln zu sein. Allzu differenzierte Erwägungen würden seinem Zweck widerstreiten, so dass Einschränkung nur in Evidenzfällen anzuerkennen sind. (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 4 StR 484/02 - Urteil vom 6. März 2003 (LG Paderborn)

(Versuchter) Totschlag; Notwehr (Messerstiche; Prüfungspflicht bei Teilrechtfertigung für die ersten Stiche/Tathandlungen; Erforderlichkeit bei lebensgefährlichen Messerstichen).

§ 212 StGB; § 32 StGB; § 22 StGB

1. Auch wenn die erste Tathandlung (hier: ein Stich) gerechtfertigt gewesen ist, kann die Berufung auf das Notwehrrecht für die weiteren Tathandlungen versagen, wenn der Angriff dadurch bereits abgewehrt war (vgl. BGHR StGB § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit 3 und 11 und Angriff 3; BGH NStZ-RR 1999, 40 f.). Die Strafbarkeit wegen der weiteren Tathandlungen muss das Gericht prüfen.

2. Nach der Rechtsprechung dürfen lebensgefährliche Messerstiche, zumal solche in den Brust- und Bauchbereich, solange der Angreifer nicht seinerseits das Leben des Verteidigers unmittelbar bedroht, nur als letztes Mittel der Verteidigung eingesetzt werden; Voraussetzung der Rechtfertigung ist grundsätzlich, dass schonendere Möglichkeiten der Verteidigung nicht in gleicher Weise die Gefahr zu beseitigen vermögen (BGHSt 42, 97, 100 m.w.N.).


Entscheidung

BGH 2 StR 239/02 - Urteil vom 14. März 2003 (LG Aachen)

Fahrlässige Körperverletzung (Unterlassenskomponente der Fahrlässigkeit; Sorgfaltspflicht; Infektion - hier Hepatitis B; Operation; Arzt); Abgrenzung von Tun und Unterlassen (Schwerpunkt; sozialer Handlungssinn; Handeln lege artis); Strafzumessung (Tagessatzhöhe; Schätzung); Schweigepflicht (teilweise Entbindung eines Steuerberaters von der Schweigepflicht; nemo tenetur; Schweigerecht; Teilschweigen; teilweise Wahrnehmung eines Verfahrensrechts).

§ 13 StGB; § 40 Abs. 2 StGB; § 223 StGB; § 229 StGB; § 261 StPO; § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO; Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG

1. Die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen ist eine Wertungsfrage, die nicht nach rein äußeren oder formalen Kriterien zu entscheiden ist, sondern eine normative Betrachtung des Täterverhaltens unter Berücksichtigung des sozialen Handlungssinns verlangt. Maßgeblich ist insofern, wo der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt (vgl. BGHSt 6, 46, 59; 40, 257, 265; BGH NStZ 1999, 607).

2. Im Fall einer als Chirurg trotz eigener Infektiösität durchgeführten Operation, die zur Infektion des Patienten führt, ist der Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten Verhaltens schon in der Vornahme der Operation zu sehen. Ob sie als solche lege artis erfolgt ist, ist insoweit ohne Belang, da ein Chirurg mit hochgradig ansteckender Infektion generell nicht operieren darf, so dass schon die Durchführung der Operation im infektiösen Zustand als strafrechtlich relevantes Tun anzusehen ist.

3. Die bei Fahrlässigkeitsdelikten häufig im Unterlassen von Sorgfaltsvorkehrungen bestehende "Unterlassenskomponente" selbst ändert nichts am aktiven Begehungscharakter einer Verhaltensweise.

4. Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt ergeben sich bei der fahrlässigen Straftat aus den Anforderungen, die bei Betrachtung der Gefahrenlage "ex ante" an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind. Nachträgliche wissenschaftliche Erkenntnisse bleiben außer Betracht (BGH NStZ 2000, 2754, 2758).

5. Der Senat lässt offen, ob eine teilweise Entbindung eines Steuerberaters von der Schweigepflicht - analog dem sogenannten Teilschweigen - grundsätzlich im Rahmen der Beweiswürdigung verwertbar war (vgl. insbesondere BGHSt 20, 298) oder ob aus der teilweisen Wahrnehmung eines prozessualen Rechts keine negativen Schlüsse gezogen werden dürfen (vgl. BGHSt 45, 363 und 45, 367).


Entscheidung

BGH 4 StR 88/03 - Beschluss vom 11. März 2003 (LG Stralsund)

Rücktritt vom Versuch (fehlgeschlagener Versuch; Freiwilligkeit; Rücktritt bei mehreren Beteiligten); Beweiswürdigung (Erörterungsmangel); Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte / Nichtrevidenten.

§ 24 StGB; § 267 StPO; § 261 StPO; § 357 StPO

1. Sieht der Angeklagte nicht aus einem sittlich billigenswerten Motiv von der weiteren Verfolgung seines erpresserischen Vorhabens ab, schließt dies die Freiwilligkeit nicht aus (st. Rspr.; BGHSt 35, 184, 186). Nichts anderes gilt hinsichtlich des Umstandes, dass der Angeklagte erst auf die Aufforderung eines Mitangeklagten an seinem ursprünglichen Vorhaben nicht mehr festhielt (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 3, 6).

2. Es kann ausreichend sein, wenn ein Beteiligter mit dem die Tatvollendung verhindernden Rücktritt eines anderen einverstanden ist (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 2 Verhinderung 2).

2. Schwerpunkt Besonderer Teil des StGB


Entscheidung

BGH GSSt 2/02 - Beschluss vom 4. Februar 2003 (LG Marburg)

BGHSt; Raub (Verwendung einer Waffe; geladene Schreckschusspistole / Schreckschusswaffe; gefährliches Werkzeug; Waffenrecht); schwere räuberische Erpressung; gefährliche Körperverletzung; Diebstahl mit Waffen; Rückwirkungsverbot (nulla poena sine lege; Rechtsprechungsänderung; Vertrauensschutz).

Art. 103 Abs. 2 GG; Art. 7 EMRK; § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 244 Abs. 1 StGB; § 250 Abs. 1 StGB; § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 253 StGB; § 255 StGB

1. Wer bei einer Raubtat das Opfer mit einer geladenen Schreckschusswaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt, bedroht, verwendet eine Waffe und erfüllt damit den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. (BGHSt)

2. Was als Waffe im Sinne des § 250 StGB zu gelten hat, wird im Strafgesetzbuch nicht geregelt. Der Inhalt dieses Rechtsbegriffs ist zu bestimmen im Einklang mit dem allgemeinen Sprachgebrauch auch unter Berücksichtigung seiner Wandelbarkeit je nach dem Fortschritt der Waffentechnik in Anlehnung an die in den Waffengesetzen enthaltenen Grundvorstellungen über eine Schusswaffe, wenn auch nicht in unmittelbarer Abhängigkeit davon. Die Begriffsbestimmungen des Waffengesetzes, das den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt, bieten dabei aber eine gewisse Orientierung. (Bearbeiter)

3. Waffe im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 1 StGB, ebenso wie etwa in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, ist derjenige körperliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und seinem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGHSt 44, 103, 105; 45, 92, 93; BGH NStZ 1999, 301, 302). Soweit dies die Einordnung der Schreckschusswaffe als Waffe im Sinne des Strafrechts verhindert, hält der BGH hieran nicht mehr fest (Bearbeiter)

4. Der Begriff des Verwendens einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt nicht voraus, dass der Einsatz des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen anderer begründet (BGHSt 45, 92, 93). Der Begriff der Waffe erfährt keine Einschränkung dadurch, dass die nach Beschaffenheit und Zustand des Tatmittels bei bestimmungsgemäßer Verwendung gegebene Gefährlichkeit aufgrund anderer Umstände der Tatsituation für den konkreten Einzelfall ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann (BGHSt aaO S. 93). (Bearbeiter)

5. Die Änderung der Rechtsprechung zur Schreckschusswaffe ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie stellt als geänderte Auslegung eines Tatbestandsmerkmals keine rückwirkende Anwendung einer neuen gesetzlichen Regelung zu Lasten des Täters dar (vgl. BVerfG NJW 1995, 125 f.). Die Grundsätze des Rückwirkungsverbots und des Vertrauensschutzes hindern die Gerichte nicht, bestimmte Sachverhalte aufgrund neuer Erkenntnisse abweichend von der bisherigen Rechtsprechung zu bewerten. (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 4 StR 228/02 - Urteil vom 20. Februar 2003 (LG Gießen)

BGHSt; Gefährdung des Straßenverkehrs; gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (Sperrwirkung; Pervertierung eines Verkehrsvorgangs zu einem Eingriff); Schädigungsvorsatz; Gefährdungsvorsatz; vorsätzlicher Unfall; Tateinheit.

§ 315 b StGB; § 315 c StGB; § 52 StGB

1. Im fließenden Straßenverkehr wird ein Verkehrsvorgang nur dann zu einem Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB "pervertiert", wenn zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass es mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz - etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug - missbraucht wird. (BGHSt)

2. Ein bloß vorschriftswidriges Verkehrsverhalten fällt anderenfalls nicht unter § 315 b StGB, sondern ggf. unter § 315 c StGB. Insoweit kommt § 315 c StGB eine Sperrwirkung zu. (Bearbeiter)

3. Der Senat ändert seine Rechtsprechung zu den Anforderungen für eine Pervertierung eines Verkehrsvorgangs zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr insoweit, als zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommen muss, dass das Fahrzeug mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug missbraucht wird. Erst dann liegt eine - über den Tatbestand des § 315 c StGB hinausgehende - verkehrsatypische "Pervertierung" des Verkehrsvorgangs zu einem gefährlichen "Eingriff" in den Straßenverkehr im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB vor. (Bearbeiter)

4. Der Annahme eines Unfalls im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB steht es nicht entgegen, wenn ein Unfallbeteiligter ein Schadensereignis selbst vorsätzlich herbeigeführt hat (Bekräftigung von BGHSt 24, 382 ff.) (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 1 StR 549/02 - Beschluss vom 26. März 2003 (LG Hechingen)

Inbrandsetzung von Sachen juristischer Personen (Einwilligung; offensichtliche Überschreitung der Vertretungsmacht; Missbrauch; Rechtfertigung).

§ 306 StGB

1. Bei der Inbrandsetzung von Sachen juristischer Personen (§ 306 Abs. 1 StGB) obliegt die Erteilung der Einwilligung demjenigen Vertretungsorgan, zu dessen Geschäftsbefugnissen die Verfügung über die Sache gehört. (BGH)

2. Die Einwilligung ist aber unwirksam, wenn der Vertreter damit seine Vertretungsmacht offensichtlich missbraucht. Das gilt auch dann, wenn die Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbeachtlich ist. (BGH)

3. Bei der einfachen Brandstiftung nach § 306 StGB schließt die Einwilligung des Eigentümers die Rechtswidrigkeit der Tat aus (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB § 308 Abs. 1 aF Fremdeigentum 1 m. Nachw.). Sie kann auch durch einen Stellvertreter des Eigentümers erteilt werden (RGSt 11, 345, 348). (Bearbeiter)

4. Evidenter Missbrauch liegt vor, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht für den Geschäftsgegner erkennbar unter Verletzung oder Überschreitung seiner Befugnisse im Innenverhältnis gebraucht (vgl. BGH NJW 1999, 2883). (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 4 StR 96/03 - Beschluss vom 1. April 2003 (LG Stralsund)

Sexueller Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person; Beweiswürdigung (Anforderungen an die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit bei geistig behinderten Personen; eigene Sachkunde; sachverständige Beratung).

§ 179 StGB; § 261 StPO; § 72 StPO

1. Widerstandsunfähig im Sinne des § 179 StGB ist, wer aus den in Absatz 1 der Vorschrift genannten Gründen keinen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen bilden, äußern oder durchsetzen kann (BGHSt 36, 145, 147).

2. Allein die Feststellung einer § 20 StGB unterfallenden geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung genügt nicht, um die Annahme der Widerstandsunfähigkeit im Sinne des § 179 StGB zu begründen.

3. Es erscheint bereits fraglich, ob die eigene Sachkunde des Gerichts überhaupt ausreichen kann, die Frage einer auf einem psychischen Defekt beruhenden Widerstandsunfähigkeit im Sinne des § 179 StGB sicher zu beantworten. Es muss sachkundig belegt sein, dass der Betroffene aufgrund seiner diagnostizierten geistigen Behinderung psychisch widerstandsunfähig gegenüber den sexuellen Übergriffen des Angeklagten war. Dass der "persönliche Eindruck" vom Geschädigten in der Hauptverhandlung eine Aussage über dessen Widerstandsfähigkeit in sexuellen Angelegenheiten schwerlich zulässt, liegt auf der Hand.


Entscheidung

BGH 3 StR 391/02 - Beschluss vom 11. Februar 2003 (LG Duisburg)

Täterschaft und Teilnahme beim Sichverschaffen von Falschgeld (Mitgewahrsam; Mittäterschaft; Beihilfe; Provision); Urteilsgründe; Tenorierung.

§ 146 StGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 27 StGB; § 267 StPO

1. Mittäter des Sichverschaffens von Falschgeld kann nur derjenige sein, der das Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung in seine (Mit-)Verfügungsgewalt bringt (BGHSt 3, 154, 156; 44, 62). Allein das Ingangsetzen und die Vermittlung eines zwischen Dritten abgewickelten Falschgeldgeschäfts genügt für eine mittäterschaftliche Verwirklichung des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht, auch wenn sich der Vermittler für seine Tätigkeit eine Provision von einem der Partner des Geschäfts verspricht.

2. Bei mehrfacher - teils vollendeter, teils versuchter - Verwirklichung eines Straftatbestandes, der in den einzelnen Fällen noch mit unterschiedlichen anderen Delikten tateinheitlich zusammentrifft, empfiehlt es sich, in der Entscheidungsformel jede Tat einzeln zu bezeichnen und nur dann unter Angabe der Zahl der tatmehrheitlichen Tatbegehungen zusammenzufassen, wenn die rechtliche Bezeichnung der Einzeltaten identisch ist.

3. Wird eine Tatserie abgeurteilt, ist es ratsam, in den Urteilsgründen für die einzelnen Taten im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung eigene einheitliche Ordnungsziffern zu vergeben und diese bei Beweiswürdigung, rechtlicher Würdigung sowie Strafzumessung weiterzuverwenden und nicht mit anderen Ordnungsmerkmalen - etwa denjenigen der Anklage - zu vermischen.


Entscheidung

BGH 3 StR 471/02 - Beschluss vom 28. Januar 2003 (LG Duisburg)

Inverkehrbringen von Falschgeld (Versuch; unmittelbares Ansetzen; eigener Gewahrsam; Gewahrsamsaufgabe).

§ 147 StGB; § 22 StGB; § 23 StGB

Der Täter bringt Falschgeld in den Verkehr, wenn er es derart aus seinem Gewahrsam entlässt, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des Falschgelds zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Willen zu verfahren (BGH NStZ 1986, 548 m. w. N.). Ein Versuch des Inverkehrbringens kommt daher erst dann in Betracht, wenn der Täter Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung unmittelbar in eine derartige Gewahrsamsaufgabe einmünden sollen. Bietet der Täter einem potentiellen Abnehmer Falschgeld an bzw. führt er mit diesem Verhandlungen über dessen Abgabe, setzt er zum Inverkehrbringen des Geldes nur dann unmittelbar an, wenn er es in eigener Verfügungsgewalt hat und in der Lage wäre, im Falle der Annahme seines Angebots bzw. des Erfolgs der Verhandlungen die Übergabe des Geldes tatsächlich unmittelbar vorzunehmen. Befindet sich das Falschgeld dagegen im Gewahrsam eines Dritten, von dem es erst zur Übergabe an den Abnehmer beschafft werden müsste, oder soll der Dritte die Gewahrsamsübertragung selbst durchführen, liegt in dem Angebot an den bzw. in den Verhandlungen mit dem potentiellen Abnehmer noch kein Versuch des Inverkehrbringens von Falschgeld.


Entscheidung

BGH 4 StR 522/02 - Beschluss vom 11. Februar 2003 (LG Halle)

Tateinheit; Tatmehrheit; Konkurrenz; räuberischer Angriff auf Kraftfahrer; Vorwegvollzug (Drogenmissbrauch in Justizvollzugsanstalten); Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte (Nichtausschließbarkeit der Strafmilderung).

§ 52 StGB; § 53 StGB; § 316 a StGB; § 67 StGB; § 357 StPO

1. Das Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs beim räuberischen Angriff auf Kraftfahrer verlangt, dass der Täter eine Gefahrenlage ausnutzt, die dem fließenden Straßenverkehr eigentümlich ist. Macht sich der Täter lediglich die eingeschränkten Abwehrmöglichkeiten des Tatopfers durch die räumliche Enge eines Fahrzeugs zu Nutze, so genügt dies zur Erfüllung des Tatbestands des § 316 a Abs. 1 StGB nicht.

2. Die Anordnung des Vorwegvollzugs einer Freiheitsstrafe vor einer Entziehungstherapie kann nicht damit begründet werden, dass angesichts der Situation in Justizvollzugsanstalten, wo Drogengenuss jederzeit möglich sei, die Erfolglosigkeit einer vorher vollzogenen Therapiemaßnahme von vornherein feststehe. Dies widerspräche der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 67 Abs. 1 StGB, wonach möglichst umgehend mit der Behandlung des süchtigen oder kranken Rechtsbrechers begonnen werden soll, weil dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspreche.

3. Gemäß § 357 StPO ist die Revision bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen bereits dann auf den Mitangeklagten zu erstrecken, wenn sich eine Auswirkung der Gesetzesverletzung zum Nachteil des Mitangeklagten nicht ausschließen lässt.


Entscheidung

BGH 4 StR 527/02 - Urteil vom 20. März 2003 (LG Stendal)

Abgrenzung der Mittäterschaft vom Mittäterexzess (Zurechnung; gemeinsamer Tatentschluss); gefährliches Werkzeug (Turnschuh, beschuhter Fuß; individuelle Empfindlichkeit des Opfers).

§ 25 Abs. 2 StGB; § 16 StGB; § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 250 Abs. 1 Nr. 1 c StGB

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Frage, ob der Schuh am Fuß als ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGHR StGB § 223 a Abs. 1 Werkzeug 3 m.w.N.). Insbesondere bedarf hierzu näherer Ausführungen zur Beschaffenheit des Schuhes (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1989, 920). Auch Turnschuhe der heute üblichen Art können durchaus geeignet sein, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH NStZ 1999, 616 f. m.w.N.).


Entscheidung

BGH 1 StR 507/02 - Urteil vom 11. März 2003 (LG München)

Diebstahl (Mitgewahrsam; Angestellter; Hilflosigkeit; Verhältnis des besonders schweren Falles des Diebstahles zum bewaffneten Diebstahl; Konkurrenzen); Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende (Beurteilungsspielraum; sichere Prognose der unmöglichen Nachreife).

§ 242 StGB; § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB; § 244 Abs. 1 StGB; § 52 StGB; § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG

1. Ein Angestellter, der allein eine Kasse zu verwalten und über deren Inhalt abzurechnen hat, hat in der Regel Alleingewahrsam am Kasseninhalt (BGH NStZ-RR 2001, 268).

2. Gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG ist auf einen Heranwachsenden Jugendstrafrecht anzuwenden, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand. Das JGG geht bei der Beurteilung des Reifegrades nicht von festen Altersgrenzen aus, sondern es stellt auf eine dynamische Entwicklung des noch jungen Menschen zwischen 18 und 21 Jahren ab. Einem Jugendlichen gleichzustellen ist der noch ungefestigte und prägbare Heranwachsende, bei dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam sind. Hat der Angeklagte dagegen bereits die einen jungen Erwachsenen kennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem Jugendlichen gleichzustellen und auf ihn ist allgemeines Strafrecht anzuwenden. Dabei steht die Anwendung von Jugendstrafrecht oder allgemeinem Strafrecht nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme; § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG stellt keine Vermutung für die grundsätzliche Anwendung des einen oder anderen Rechts dar. Nur wenn dem Tatrichter, dem bei der Entscheidung dieser Frage ein weites Ermessen eingeräumt ist, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten Zweifel verbleiben, muss er die Sanktionen dem Jugendstrafrecht entnehmen (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2001 - 1 StR 211/01 = BGH NJW 2002, 72 ff. m.w.N.).

3. Der Grund der Hilflosigkeit des Opfers ist für § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB ohne Bedeutung. Daher fällt es auch unter das Regelbeispiel, wenn der Täter eine von ihm selbst aus anderen Gründen herbeigeführte Hilflosigkeit des Opfers für einen auf Grund eines neuen Entschlusses begangenen Diebstahl ausnutzt.

4. Läge bewaffneter Diebstahl vor, würde § 243 StGB dahinter zurücktreten (BGHSt 33, 50, 53 m.w.N.). Dies stünde der strafschärfenden Berücksichtigung des Umstandes, dass zugleich ein Hilfloser bestohlen wurde, nicht entgegen (vgl. BGHSt 21, 183, 185).


Entscheidung

BGH 4 StR 414/02 - Beschluss vom 21. Januar 2003 (LG Stendal)

Versuchte Freiheitsberaubung (unmittelbares Ansetzen; kurze Dauer der Beeinträchtigung; Subsidiarität, wenn die Freiheitsberaubung nur das Mittel zur Tat ist); Vergewaltigung (Regelbeispiele; mildernder Umstand der vorherigen länger andauernden intimen Beziehung; Strafzumessung).

§ 22 StGB; § 239 StGB; § 177 Abs. 2 StGB; § 46 StGB

1. Eine zeitlich nur unerhebliche Beeinträchtigung der Fortbewegungsfreiheit reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 239 Abs. 1 StGB nicht aus.

2. Wenn die Freiheitsberaubung nur das tatbestandsmäßige Mittel zur Begehung eines anderen Delikts bildet, kommt § 239 StGB als das allgemeine Delikt nicht zur Anwendung.

3. Hat zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten vor der Vergewaltigung eine länger andauernde intime Beziehung bestanden, ist dies ein wesentlicher strafmildernder Umstand (vgl. BGH StV 1998, 76).


Entscheidung

BGH 4 StR 336/02 - Beschluss vom 14. Januar 2003 (LG Bielefeld)

Vorsätzlich unterlassene Konkursantragstellung oder Vergleichsantragstellung (Anforderungen an die Feststellung einer objektiven Überschuldung; Bewertung: Liquidationswerte; dingliche Belastungen auf Grundstücken der Gesellschaft; eigenkapitalersetzende Darlehen); vorsätzlicher Bankrott; zweckwidrige Verwendung von Baugeld; rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (Strafzumessung; Einzelstrafen).

§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG; § 64 Abs. 1 Satz 1 und 2 GmbHG; § 32a GmbHG; Art. 103 EGInsO; § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) StGB; § 130a Abs. 1 HGB; § 130b Abs. 1 HGB; § 177a Satz 1 HGB; § 5 GSB; § 1 GSB; Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; § 46 StGB

1. Die Berechnung der Überschuldung auf der Grundlage von Liquidationswerten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn zwischen der Tatzeit und der Veräußerung der verkehrswertvariablen Immobilien ein erheblicher Zeitabstand lag.

2. Dingliche Belastungen auf Grundstücken, mindern nicht den Wert von Grundstücken, soweit sie für ohnehin passivierte Verbindlichkeiten der von der Insolvenz betroffenen Gesellschaft bestellt wurden.

3. Nach der bisherigen Rechtsprechung sind Bauträger, Generalunternehmer und Generalübernehmer hinsichtlich des Teils der ihnen als Vergütung gezahlten Beträge, die bei wirtschaftlicher Betrachtung den ihnen nachgeordneten Unternehmen gebühren, einem Treuhänder angenähert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie darüber bestimmen, wie diese vom Bauherrn erhaltenen Gelder weiter verwendet werden und insoweit die volle Verfügungsgewalt über das Baugeld zur Finanzierung der Handwerkerleistungen haben (vgl. BGHSt 46, 373, 378; anders allerdings zum Teilunternehmer BGHZ 143, 301, 303 ff. unter Hinweis auf das Analogieverbot).

4. Baugeld im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB sind nur Geldbeträge, die zum Zwecke der Bestreitung der Kosten eines Baues in der Weise gewährt werden, dass zur Sicherung der Ansprüche des Geldgebers eine Hypothek oder eine Grundschuld an dem zu bebauenden Grundstück dient oder die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück erst nach gänzlicher oder teilweiser Herstellung des Baues erfolgen soll. Baugeld im Sinne des § 1 GSB ist nicht notwendigerweise der gesamte Betrag eines anlässlich des Baus gewährten Darlehens.

5. Eine konkret zu bestimmende Strafmilderung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK hat nicht nur bei der Gesamtstrafenbildung, sondern auch bei den ausgesprochenen Einzelstrafen zu erfolgen (vgl. BGH NStZ 2002, 589, 590).