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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 130

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1519/14, Beschluss v. 30.11.2016, HRRS 2017 Nr. 130


BVerfG 2 BvR 1519/14 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 30. November 2016 (OLG Hamm / LG Bochum)

Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Justizvollzugsanstalt (Beeinträchtigung des Resozialisierungsanspruchs; Abbruch sozialer Bindungen; Verlust der Arbeitsmöglichkeit; Rechtfertigung der Verlegungsentscheidung; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Fehlverhalten eines Dritten nur ausnahmsweise tauglicher Verlegungsgrund; zerrüttetes Verhältnis zwischen Anstaltsarzt und Gefangenem wegen jahrelanger Falschbehandlung); effektiver Rechtsschutz bei der Rechtsbeschwerde (Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Entbehrlichkeit einer Nachprüfung bei erkennbar singulären Rechtsfehlern; konkrete Anhaltspunkte gegen eine Wiederholungsgefahr); Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis bei typischerweise kurzfristig erledigten Maßnahmen; tiefgreifender Grundrechtsverstoß).

Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; § 8 Abs. 1 StVollzG; § 65 Abs. 1 StVollzG; § 109 StVollzG; § 116 Abs. 1 StVollzG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, so greift dies - insbesondere wegen des damit verbundenen Abbruchs aller in der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen - in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein und kann auch seinen Resozialisierungsanspruch beeinträchtigen. Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist.

2. Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen einer Rechtfertigung und müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Das Fehlverhalten eines Dritten kann allenfalls in besonderen Ausnahmefällen und nur dann als Verlegungsgrund herangezogen werden, wenn zuvor auf den Regelbrüchigen eingewirkt worden ist, damit dieser den Verstoß unterlässt.

3. Das Resozialisierungsgebot verbietet die Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt worden ist, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg entgegen den Regeln ärztlicher Kunst behandelt hat (Folgeentscheidung zu BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 2 BvR 922/11 [= HRRS 2012 Nr. 1003]). Zumindest wäre hier zuvor festzustellen gewesen, ob die schwerwiegende Falschbehandlung des Gefangenen nicht durch eine Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können.

4. Zwar kann die Nachprüfung einer strafvollzugsrechtlichen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 116 Abs. 1 StVollzG) auch bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird. Allerdings verlangt Art. 19 Abs. 4 GG in derartigen Fällen, dass konkrete tatsächliche Umstände die Prognose rechtfertigen, die Strafvollstreckungskammer werde den Rechtsfehler künftig vermeiden; eine bloße Vermutung genügt insoweit nicht.

5. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde besteht bei tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtseingriffen fort, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen kann. Hierunter fällt die Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Anstalt jedenfalls dann, wenn dadurch der Betroffene seinen Arbeitsplatz und seine Kontakte in der Anstalt verliert und die Entscheidung über Vollzugslockerungen wesentlich verzögert und erschwert wird.

Entscheidungstenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 <BGBl I S. 581, ber. S. 2088 und 1977 I S. 436>, im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84 <89>).

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines „subkulturellen Verhaltens“ den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die „Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert“ werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs „Behandlung“ in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel <Hrsg.>, StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 130

Bearbeiter: Holger Mann