HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Dezember 2006
7. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen


Aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Wiederaufnahme in Strafsachen

Zugleich Rezension zu: Klaus Marxen / Frank Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 2. Aufl. Heidelberg 2006. *

Von wiss. Mitarb. Sascha Ziemann, Universität Frankfurt am Main.

I. Zur Situation der zu Unrecht Verurteilten

Nicht nur aus der Politik ist bekannt, dass es Menschen und Schicksale gibt, die keine Lobby haben. Zu dieser Gruppe zählen auch die zu Unrecht Verurteilten. Das Strafverfahren findet irgendwann einen rechtskräftigen Abschluss und muss es natürlich auch finden, selbst auf die Gefahr hin, dass ein „Schuldiger“ freigesprochen oder ein „Unschuldiger“ verurteilt worden ist[1]. Zur Korrektur in Rechts­kraft erwachsener Fehlurteile steht als außerordentlicher Rechtsbehelf das Wiederaufnahmeverfahren bereit (§§ 359 ff. StPO), das in Ausnahmefällen und aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gestattet (zu Gunsten des Verurteilten großzügiger als zu Ungunsten eines Freigesprochenen[2]). Wiederaufnahmeanträge haben jedoch nur eine niedrige Erfolgsquote. Zu einem großen Teil ist dies der durchgängig

restriktiven Haltung der Gerichte geschuldet[3]. Zu einem nicht geringen Teil aber auch der Komplexität des Wiederaufnahmeverfahrens, das sich in vielen Punkten deutlich vom Rechtsmittelverfahren unterscheidet. Unerlässlich für eine erfolgreiche Wiederaufnahme ist daher ein engagierter Strafverteidiger, der neben Berufserfahrung und Sachkunde über einen starken Durchhaltewillen verfügt[4]. Es ist bezeichnend, dass das Wiederaufnahmerecht im Jahr 2004 von der journalistischen „Initiative Nachrichtenaufklärung“ auf die Top10-Liste der „am meisten vernachlässigten Themen und Nachrichten“ gesetzt wurde[5]. Die Situation ist in der Tat „höchst unbefriedigend“, wie die Verfasser des hier zu besprechenden Buches „Die Wiederaufnahme in Strafsachen“ schreiben (M/T, Rn. 1) – und die Verfasser haben sich nichts weniger als die „Veränderung der Rechtsanwendungspraxis“ auf die Fahnen geschrieben (M/T, Rn. 3).

II. Zur Neuauflage von „Marxen/Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen (2006)“

Das nunmehr in zweiter Auflage (2006) vorliegende Gemeinschaftswerk von Klaus Marxen (Strafrechtslehrer an der Berliner Humboldt-Universität und Richter am Kammergericht) und Frank Tiemann (Vorsitzender Richter am LG Potsdam) ist ein moderner Klassiker des Wiederaufnahmerechts. Im Umfang ist das Buch nur unwesentlich angewachsen (um 10 Prozent auf nunmehr 221 Seiten). Gleichwohl verlangte das Alter der Vorlauflage (1993) nach einer vollständigen Überarbeitung des Handbuchs. Als redaktionelle Neuerungen sind zwei Abschnitte anzuzeigen: die Kommentierung des 1998[6] neu geschaffenen Wiederaufnahmegrundes nach § 359 Nr. 6 StPO für die Wiederaufnahme bei Verstößen gegen die EMRK (M/T, Rn. 272 ff.)[7] sowie ein Abschnitt über die Entschädigung des Verurteilten nach erfolgreicher Wiederaufnahme des Verfahrens nach StrEG[8] (M/T, Rn. 554 ff.). Die Gesetzeslage im Wiederaufnahmerecht ist mit Ausnahme des erwähnten § 359 Nr. 6 StPO unverändert; der breit angelegte Reformversuch seitens der SPD-Fraktion 1996 scheiterte[9], die Fortführung der Reform wurde auf ungewisse Zeit vertagt. Die Mehrheit der neuen Literatur bildeten Neukommentierungen (AK, HK, LR, SK, KK, KMR)[10]. Die neuere Rechtsprechung ist im Vergleich zu anderen strafprozessualen Teilgebieten einigermaßen übersichtlich: Wichtig, weil äußerst selten, sind einige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf dem Gebiet des Wiederaufnahmerechts[11]. Erwähnenswert sind zudem einige Entscheidungen der Oberlandesgerichte[12] sowie zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts[13].

III. Aktuelle Entwicklungen und Problemfälle

Zur Besprechung im Einzelnen seien einige aktuelle Entwicklungen des Wiederaufnahmerechts herausgegriffen und unter Verarbeitung neuerer Rechtsprechung kritisch gewürdigt.[14]

1. Wiederaufnahme zur Schuldspruchänderung (BGH v. 20.12.2002)

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2002[15] (vgl. M/T, Rn. 70, 108 ff.) gestattete der BGH die teilweise Wiederaufnahme propter falsa zur Änderung eines tateinheitlichen Schuldspruchs, obwohl diese aufgrund der absoluten Strafandrohung der beiden angegriffenen rechtskräftigen Verurteilungen – Völkermord in Tateinheit mit Mord in 30 Fällen – schon von vornherein nichts am Strafausspruch ändern konnte (sog. „Schuldspruchänderung“).

Der zugrundeliegende Sachverhalt beschäftigte sich mit der vom BGH[16] im Grundsatz bestätigten rechtskräftigen Verurteilung eines bosnischen Serben wegen Völkermordes in Tateinheit mit Mord in 30 Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und besonderer Schuldschwere[17]. Das Tatgericht OLG Düsseldorf hatte es als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführer in erheblichem Maße bei sog. „ethnischen Säuberungen“ in Bosnien beteiligt war, bei denen im Jahre 1992 30 Personen der muslimischen Bevölkerungsgruppe ge­tötet worden waren. In der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Verurteilung wegen Völkermordes in Tateinheit mit Mord in 20 (von insgesamt 30) Fällen aufgrund einer falschen Zeugenaussage i.S.v. § 359 Nr. 2 StPO zustande gekommen sei und daher insoweit eine Wiederaufnahme zuzulassen sei. Während das OLG Düsseldorf den Wiederaufnahmeantrag ablehnte, gab der 3. Senat des BGH im Jahr 2002 der gegen die Ablehnung erhobenen Beschwerde statt und ließ eine Wiederaufnahme zu. Nach Meinung des Senats stehe einer „Schuldspruchänderung“ weder das allgemeine Verbot der Strafmaßwiederaufnahme aus § 363 Abs. 1 entgegen[18], noch stehe es generell in Widerspruch zu Systematik und Wertstruktur des Wiederaufnahmerechts[19]. Die Bedeutung der ungewohnt wiederaufnahmefreundlichen Entscheidung des BGH für die Weiterentwicklung des Wiederaufnahmerechts ist angesichts der atypischen Fallkonstellation noch nicht abzusehen (ebenso M/T, Rn. 111 f.). So ist zunächst ungeklärt, inwieweit der BGH mit der Schuldspruchänderung ein neues Wiederaufnahmeziel geschaffen hat oder schaffen wollte. Marxen/Tiemann bejahen dies (M/T, Rn. 70, 108 ff.) und widmen der Schuldspruchänderung einen eigenen Abschnitt als „speziell zulässiges Antragsziel“ (M/T, Rn. 108 ff.)[20]. Dabei verzichten sie jedoch darauf, das neue Wiederaufnahmeziel in den Kanon der bisher zulässigen Wiederaufnahmeziele dogmatisch einzuordnen. Sieht man einmal vom Notbehelf der prozessualen Selbständigkeit ab, dessen sich der BGH bedient, zeigt sich die Schuldspruchänderung der Sache nach als eine Teil-Freisprechung von tateinheitlicher Verurteilung[21]. Nur unter diesem Gesichtspunkt lässt sich eine anschlussfähige wiederaufnahmerechtliche Lösung finden. Der Wertcharakter des Konflikts ist damit freilich nicht in Frage gestellt[22]. Marxen/Tiemann ziehen hier zur Lösung dieses Wertkonflikts zutreffend die nach Einzelfallgesichtspunkten zu bestimmende „Unerträglichkeit“ einer Aufrechterhaltung der unrichtigen Entscheidung heran (M/T, Rn. 109).[23] Die Verfasser bejahen sie für den vorliegenden Fall, da der unrichtige Schuldspruch den Verurteilten „in besonders schwerem Maße“ belaste (M/T, Rn. 110)[24]. Einer Verallgemeinerungsfähigkeit stehen Marxen/Tiemann gleichwohl zu Recht skeptisch gegenüber (M/T, Rn. 111 f. u. die Fußn. 203, 205)[25], zumal in den meisten Fällen nicht nur eine bloße Änderung des Schuldspruchs, sondern zugleich eine Änderung des Strafausspruchs erstrebt wird (M/T, Rn. 112). Inwieweit die neuerdings in der Literatur hervorgehobene eigenständige Bedeutung des Schuldspruchs[26] gegenüber Strafe und Strafausspruch daran etwas zu ändern vermag, bleibt abzuwarten.

2. Rehabilitation durch Wiederaufnahme (BVerfG v. 8. März 2006)

Weitgehend ungeklärt ist zudem, inwieweit das Wiederaufnahmerecht etwas zur Rehabilitation des zu Unrecht Verurteilten beitragen kann[27]. Die vom BGH mit der „Schuldspruchänderung“ zwecks Rehabilitierung eingeschlagene wiederaufnahmefreundliche Linie hat sich in der neueren Rechtsprechung nicht fortsetzen können (s.

oben III.1). Diese ist in Sachen Rehabilitation deutlich zurückhaltend, wie die ablehnende Entscheidung des OLG Köln[28] von 2005 zeigt, die im März 2006 durch eine ausführlich begründete Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt wurde.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes[29] von 2006 lag der folgende Sachverhalt zugrunde: 1944 waren in Aachen zwei Jugendliche als mutmaßliche Plünderer aufgegriffen worden und durch ein militärische Standgericht zum Tode verurteilt und erschossen worden. Nachdem ein 1952 von den Eltern eingeleitetes Ermittlungsverfahren erfolglos eingestellt worden war, stellten 2003 abermals Angehörige der beiden Hingerichteten Anträge auf Rehabilitierung. Die Staatsanwaltschaft Aachen erteilte den Antragstellern eine Bescheinigung, wonach die Todesurteile des Standgerichts von 1944 nach den Vorschriften des NS-AufhG aufgehoben worden seien. Zur Erzielung einer über die Aufhebung hinausgehenden Rehabilitierung stellten die Angehörigen beim LG Aachen einen Antrag auf Wiederaufnahme mit dem Ziel, die beiden hingerichteten Jugendlichen unter Aufhebung der Urteile freizusprechen. Das LG Aachen hat die Wiederaufnahme zugelassen, der hiergegen seitens der Staatsanwaltschaft eingelegten Beschwerde wurde vom OLG Köln[30] 2005 entsprochen und eine Wiederaufnahme verworfen. Die im gleichen Jahr erhobene Verfassungsbeschwerde zum BVerfG[31] wurde 2006 durch Kammerbeschluss nicht zur Entscheidung angenommen[32]. Trotz der Nichtannahme hat sich die 2. Kammer des 3. Senats – ohne dazu verpflichtet zu sein[33] – ausführlich mit dem inhaltlichen Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt[34].

Das Bundesverfassungsgericht verhält sich gegenüber einer Rehabilitation durch Wiederaufnahme zurückhaltend. So hat das Gericht die Argumentation des OLG Köln bestätigt, dass mit der Urteilsaufhebung der erforderliche „Anfechtungsgegenstand“ entfallen sei und „gegen ein nicht mehr existierendes Urteil gedanklich-begrifflich“ kein Wiederaufnahmeverfahren mehr stattfinden könne[35] Was auf den ersten Blick formaljuristisch wirkt, ist dogmatisch gesehen die Folge einer fehlenden allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzung der Wiederaufnahme, nämlich des statthaften Anfechtungsgegenstands[36]. § 1 NS-AufhG führt kraft Gesetzes zur Aufhebung der Entscheidung und zur endgültigen Einstellung des zugrundeliegenden Verfahrens[37]. Da nach §§ 359, 362 StPO nur „rechtskräftige Urteile“ im Wege der Wiederaufnahme angefochten werden können, fehlt es insoweit – wie das BVerfG richtig bemerkt – an einem statthaften Anfechtungsgegenstand, wodurch ein Wiederaufnahmeantrag unzulässig ist.

Weniger formal erscheint dagegen das Argument des Bundesverfassungsgerichtes, dass das mit dem Strafurteil verbundene sozial-ethische Unwerturteil durch die Beseitigung der Standgerichtsurteile nach dem NS-AufhG öffentlich aufgehoben worden sei[38] und insoweit einem Rehabilitierungsinteresse der Betroffenen aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend Genüge getan sei.[39] Die „Nichteinräumung der Chance, freigesprochen zu werden“, müsse als „Wille des Gesetzgebers hingenommen werden“.[40] Dem Gesetzgeber komme von Verfassungs wegen ein weiter Gestaltungsraum zu, der erst dann pflichtwidrig ausgestaltet werde, „wenn die gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich“ zur Erreichung des Schutzziels sind[41] Wie oben bereits ausgeführt, führt § 1 NS-AufhG nicht nur zur formell-rechtlich rehabilitierenden Beseitigung des Strafurteils, sondern durch die Beseitigung des sozial-ethischen Unwerturteils auch zu einer materiell-rechtlichen Rehabilitation[42]. Durch diese „volle Rehabilitierung“ (so das BVerfG[43]) ist auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Grundlage entzogen, zwecks materiell-rechtlicher Rehabilitation eine Freisprechung im Wege der Wiederaufnahme zu verlangen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für eine pauschale Aufhebung von NS-Strafurteilen kraft Gesetzes und gegen eine Einzelfallprüfung, etwa im Wege der Wiederaufnahme entschieden.[44] Dass es sich dabei um eine „Schlußstrichlösung“ handelt, die mitunter dem Einzelfall nicht immer gerecht wird, wurde allseits in Kauf genommen[45] und lässt sich wohl aus justizpraktischen

Gründen[46] und mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht kritisieren[47]. Zumal man darüber hinaus an der Geeignetheit des Wiederaufnahmeverfahrens zu der erstrebten Rehabilitation zweifeln kann.[48] Das Wiederaufnahmeverfahren hat beispielsweise den Nachteil, dass es nach § 370 Abs. 2 StPO grundsätzlich zu einer Erneuerung der Hauptverhandlung führt.[49] Und diese ist 60 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes mit etlichen Schwierigkeiten verbunden: Verlorene od. unvollständige Gerichtsakten, schwierige Beweislage)[50]. Ausnahmen mag es allenfalls in den seltenen Fällen geben, in denen die günstige Beweissituation Anlass zu einer sofortigen Freisprechung ohne neue Hauptverhandlung gibt (§ 371 Abs. 2 StPO) gibt.[51] Allerdings setzt die sofortige Freisprechung die Zustimmung der Staatsanwaltschaft voraus, die nach Nr. 171 Abs. 1 S. 2 RiStBV[52] nur ausnahmsweise erteilt wird (etwa wenn die „Unschuld klar zutage tritt“ oder wenn eine Erneuerung der Hauptverhandlung „wegen der besonderen Umstände des Falles unzweckmäßig ist“[53]). Dass diese Anweisungen zu restriktiv sind und das Rehabilitationsinteresse des Verurteilten nicht genügend beachten, liegt auf der Hand[54], zumal nach Nr. 171 Abs. 2 RiStBV auch zu berücksichtigen ist, dass der Verurteilte ein »berechtigtes Interesse daran hat, dass seine Ehre in öffentlicher Verhandlung wiederhergestellt wird.« Hieraus sollte zumindest folgen, dass das Gericht den Verurteilten vor einer Erneuerung der Hauptverhandlung hört[55]. Der abschlägigen Entscheidung des BVerfG ist daher inhaltlich zuzustimmen. Die Aufhebung der Standgerichtsurteile kraft Gesetzes rehabilitiert die Hingerichteten sowohl formell-rechtlich als auch materiell-rechtlich. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist damit weder formal zulässig noch inhaltlich begründet.

3. Wiederaufnahme zur Änderung des Strafmaßes (§ 363 StPO und OLG Stuttgart v. 09.07.2003)

Ein seit langem diskutiertes Problem ist die Wiederaufnahme mit dem Ziel einer Strafmilderung (sog. „Strafmaßwiederaufnahme“, vgl. M/T, Rn. 86 ff.[56]). Eine Wiederaufnahme mit dem Ziel einer Strafmilderung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller die Anwendung eines „anderen Strafgesetzes“ abstrebt. Begehrt er dagegen eine Entscheidung aufgrund desselben Strafgesetzes, ist dies unzulässig (vgl. § 363 Abs. 1 StPO). Zur Konkretisierung des „anderen Strafgesetzes“ bedient sich die h.M. der Unterscheidung zwischen benannten und unbenannten strafschärfenden und strafmildernden) Strafänderungsgründen.[57] Allein tatbestandlich vertypte, „benannte Strafänderungsgründe“ (wie z.B. § 23 Abs. 2 od. § 27 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB) rechtfertigen eine Wiederaufnahme[58] (mit Ausnahme der verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, vgl. § 363 Abs. 2 StPO). Lediglich als Strafzumessungsgesichtspunkte ausgestaltete „unbenannte Strafänderungsgründe“ (wie z.B. der „besonders schwere Fall“ nach § 212 Abs. 2 StGB od. der „minder schwere Fall“ bei § 249 Abs. 2 StGB) rechtfertigen dagegen keine Wiederaufnahme; Einzelheiten sind freilich umstritten[59]. Marxen/Tiemann halten die – soeben referierten – bisherigen Systematisierungsansätze der h.M. für „untauglich“ und erheben die Forderung, dass „die Strafmaß-Wiederaufnahme (…) auf neue Grundlagen gestellt werden (muss).“ (M/T, Rn. 87[60]). So dürfe die Wiederaufnahme nicht von der oft zufälligen Entscheidung des Gesetzgebers abhängig gemacht werden, einen Strafänderungsgrund tatbestandlich zu vertypen oder – in steigender Tendenz – unvertypt zu lassen und nur als Strafzumessungsgesichtspunkt auszugestalten (M/T, Rn. 88)[61]. Gerade das Vordringen der Regelbei-

spielsmethode sprenge nach Meinung der Verfasser endgültig das Schema der „Unterteilung nach benannten und unbenannten Strafänderungsgründen“ (M/T, Rn. 87)[62]. Der von Marxen/Tiemann vertretene Lösungsvorschlag stellt die Strafmaßwiederaufnahme in der Tat auf eine neue Grundlage. Zunächst wiederholen sie ihre schon in der Vorauflage geäußerten Bedenken zur Verfassungswidrigkeit des § 363 Abs. 1 StPO (M/T, Rn. 89).[63] Die Verfasser wörtlich „Ein Gesetz, das – wie auch immer es angewendet wird – nur zur Folge haben kann, dass wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich behandelt werden, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.“ (M/T, Rn. 89 a.E.). Brauchbar sei allein das – der Sache nach zutreffende – Motiv des Gesetzgebers, die Wiederaufnahme für den Bereich der Strafzumessung nicht uneingeschränkt zu gestatten (M/T, Rn. 90). Als Folge votieren sie für die Einführung des „Wesentlichkeitsprinzips“ als Abgrenzungskriterium für die Strafmaßwiederaufnahme (M/T, Rn. 90), d.h. „ein Strafmilderungsgrund (…) wird nur dann zulässig geltend gemacht, wenn im Einzelfall mit einer wesentlich milderen Strafzumessungsentscheidung zu rechnen ist.“ (M/T, Rn. 90)[64] Die vorgeschlagene Lösung klingt auf den ersten Blick plausibel, trägt aber den entscheidenden Makel, dass sie nicht mit der Gesetzeslage in Einklang zu bringen ist[65]. Die Regelung des § 363 Abs. 1 StPO ist durch den Gesetzgeber – insoweit eindeutig – gerade nicht nach dem Wesentlichkeitsprinzips ausgestaltet worden[66]. Anders als etwa bei der Maßregelwiederaufnahme nach § 359 Nr. 5 StPO arbeitet § 363 Abs. 1 über „formell-generali­sierende“ Kriterien und nicht über „materiell-individuali­sierende“ Kriterien.[67] Es mag gute Gründe geben für eine Einführung des Wesentlichkeitsprinzips de lege ferenda[68]; de lege lata aber muss § 363 Abs. 1 StPO der Ausgangspunkt jeder dogmatischen Lösung sein[69]. Dass durch das Erfordernis des „anderen Gesetzes“ „formell-generali­sierende“ Kriterien zur Anwendung kommen, ist der richtige Ansatz­punkt der durch die h.M. vorgenommenen Unterscheidung zwischen benannten und unbenannten Strafänderungsgründen. Die Entscheidung darüber, ob ein vom Bewertungsakt des Tatrichters „objektivierter Ansatz“ [70] vorliegt, ist eine Frage der Reichweite des richterlichen Entscheidungs- und Bewertungsspielraums. Dass hier generell ein Trend zu einer zunehmenden Kontrolldichte von Strafzumessungsentscheidungen zu verzeichnen ist (M/T, Rn. 88)[71], ist richtig, präjudiziert aber nicht deren wiederaufnahmerechtliche Behandlung[72]. Das von Frister/Deiters[73] vorgeschlagene Kriterium der Strafrahmenverschiebung könnte weiterhelfen, verlangt aber mit Blick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Normierung von Strafrahmenverschiebungen weitergehende Anstrengungen.

Zum Schluss ein Blick auf die neuere Rechtsprechung auf dem Gebiet der Strafmaßwiederaufnahme. Besondere Beachtung verdient hier die Entscheidung des OLG Stuttgart[74] aus dem Jahr 2003 (Fall „Pizzabäcker“[75]). Zum Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin war vom Tatgericht wegen heimtückischen und gemeinschaftlich begangenen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht hatte es erwiesen angesehen, dass die Ehefrau ihren Geliebten mit der Ermordung ihres Ehemanns beauftragt hat. Entgegen der ursprünglichen Planung engagierte der Liebhaber jedoch keinen Auftragskiller, sondern lockte den Ehemann, einen Pizzeriabetreiber, durch eine fingierte Pizzabestellung an den Tatort und tötete diesen aus dem Hinterhalt mit zwei Kopfschüssen. In der Wiederaufnahme vor dem LG Heilbronn machte die Verurteilte geltend, ein über Jahre

andauerndes Ehe­martyrium durchlitten zu haben, das die Annahme „außergewöhnlicher Umstände“ im Sinne der Rechtsprechung des Großen Senats des BGH[76] rechtfertige. Das Wiederaufnahmegericht hat die Wiederaufnahme abgelehnt, die hiergegen beim OLG Stuttgart erhobene Beschwerde wurde verworfen.

Zur Begründung der abgelehnten Wiederaufnahme führte das OLG Stuttgart aus: Die übergesetzliche Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch den Großen Senat des BGH, die in direkter Anwendung eine Wiederaufnahme gestattet, sei mangels gesetzlicher Regelung des minder schweren Falls für § 211 StGB rein rechtstechnisch[77] zu verstehen und könne im vorliegenden Fall einem benannten Strafmilderungsgrund nicht gleichgestellt werden[78]. Dadurch dass „außergewöhnliche Umstände“ sich erst aufgrund einer „umfassenden Gesamtwürdigung des Tatgeschehens und der zur Tat hinführenden Umstände ergäben“[79]), seien diese vielmehr unbenannten Strafmilderungsgründen gleichzustellen[80]. Aufgrund dieser Nähe zu den unbenannten Strafmilderungsgründen sei eine Wiederaufnahme analog § 363 Abs. 1 StPO ausgeschlossen[81].

4. Wiederaufnahme bei EMRK-Verstößen (§ 359 Nr. 6 StPO)

Der 1998[82] neu geschaffene Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 6 StPO ermöglicht die Wiederaufnahme bei Verstößen gegen die EMRK, insofern sie zuvor durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR[83]) festgestellt worden sind (M/T, Rn. 272 ff.)[84]. Es gibt vereinzelte Bestrebungen, den Anwendungsbereich des § 359 Nr. 6 StPO auf solche Fälle auszudehnen, in denen es um durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) festgestellte Verstöße gegen sonstiges Gemeinschaftsrecht geht.[85] In einer Entscheidung von 2004 hat das OLG Karlsruhe[86] diesen Bestrebungen eine Absage erteilt, insofern es sich um eine Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung einer Richtlinie (Art. 234 EGV) handelt.[87] Eine andere Position vertritt das LG Ravensbrück[88], das zur Korrektur „offensichtlicher“ Konventionsverstöße eine analoge Anwendung in Betracht zieht.[89] In Übereinstimmung mit Marxen/Tiemann ist dies schon mit Blick auf den insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers[90] abzulehnen, trotz des Grundsatzes der konventionsfreundlichen Ausgestaltung des innerstaatlichen Rechts die Wiederaufnahme nicht für „schlechthin jede Konventionsverletzung“ zuzulassen (M/T, Rn. 275).

5. Wiederaufnahme bei Verfassungswidrigkeit von Normen oder Auslegungen (§ 79 I BVerfGG)

§ 79 Abs. 1 BVerfGG enthält einen eigenständigen Wiederaufnahmegrund, der die Wiederaufnahme gegenüber Strafurteilen gestattet, die auf einer vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz oder nichtig erklärten Rechtsnorm (Alt. 1 und 2) oder einer verfassungswidrigen Auslegung einer Norm beruhen (Alt. 3)[s. M/T, Rn. 511 ff.][91]. Marxen/Tiemann sehen eine „Tendenz zu einer eher großzügigen Anwendung“ des § 79 I BVerfGG (M/T, Rn. 520). Als Beleg führen sie eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1996 an[92]. Dort ging es um die nachträgliche Geltendmachung des vom BVerfG[93] für MfS-(= Stasi)Agenten entwickelten verfassungsrechtlichen Strafmilderungsgrundes im Wege der Wiederaufnahme. Nach dem BGH soll die Wiederaufnahme analog § 79 Abs. 1 Alt. 3 BVerfGG „in den seltenen Fällen“ möglich sein, „in denen der Tatrichter diesen Strafmilderungsgrund auch der Sache nach entweder überhaupt nicht berücksichtigt oder in seiner generellen Tragweite grundsätzlich verkannt hat“[94].

Neben dieser Entscheidung gibt es weitere, die an dieser Stelle kurz dargestellt werden: Im Grundsatz zugelassen[95] wird eine Wiederaufnahme nach § 79 Abs. 1 Alt. 3

BVerfGG in der Frage der Wiederaufnahme von Strafurteilen im Anschluß an die Sitzblockade-Entscheidung des BVerfG[96]. Allerdings scheiterte die Wiederaufnahme in der Praxis zum Teil daran, dass die Gerichte sich auf die sog. „Zweite-Reihe-Recht­sprechung“ des BGH[97] berufen[98]. Danach sei zwar eine erweiternde Auslegung des Gewaltbegriffs in § 240 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit Sitzblockaden verfassungswidrig (Art. 103 Abs. 2 GG), daraus folge aber nicht zugleich, dass Sitzblockaden generell keine gewaltsamen Nötigungen mehr sein könnten. Insbesondere sei bei den im Rahmen der Kolonnenbildung entstehenden Hindernisse von einem nicht nur psychischen Zwang auf die an der Weiterfahrt gehinderten Fahrzeugführern auszugehen[99]. Die „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“ des BGH selbst rechtfertige allerdings nach einer Entscheidung des BVerfG[100] von 2002 keine Wiederaufnahme nach § 79 Abs. 1 BVerfGG. Der Wiederaufnahmegrund gem. § 79 Abs. 1 BVerfGG verlange die „verbindliche Verwerfung einer nicht verfassungskonformen Auslegung“, welche im Fall der sog. „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“ „bisher nicht vom BVerfG für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden“ sei[101]. Die vereinzelten Vorstöße im Schrifttum[102], den Anwendungsbereich des § 79 Abs. 1 BVerfGG auch auf Verstöße gegen sonstiges – primäres oder sekundäres – Gemeinschaftsrecht zu erweitern[103], hat das OLG Karlsruhe[104] im Jahr 2004 unter Hinweis auf die bereits fehlende planwidrige Regelungslücke zurückgewiesen. Marxen/Tiemann begrüßen die Entscheidung und lehnen sowohl die analoge Anwendung auf Verstöße gegen die EMRK ohne vorherige Feststellung durch den EGMR[105] als auch auf Verstöße gegen sonstiges EU-Recht ab (vgl. M/T, Rn. 275[106]).

IV. Fazit

Das Handbuch von Marxen/Tiemann gehört in die Hand eines jeden, der sich professionell mit dem Wiederaufnahmerecht beschäftigen möchte. Dem Strafverteidiger bieten Marxen/Tiemann einen umfassenden Überblick über die komplexe Materie des Wiederaufnahmerechts. Die Praxisnähe des Buches bezeugen detaillierte Verfahrenshinweise sowie ein lehrreiches Kapitel 3 über die „Vorbereitung eines Wiederaufnahmeantrags zugunsten des Verurteilten“ (M/T, S. 141 ff.). Auch ein vertieftes wissen­schaftliches Interesse wird durch die systematische Darstellung und den umfangreichen Fußnotenapparat bestens bedient. Überaus nützlich und hervorzuheben ist an dieser Stelle der beigegebene Apparat (insbes. Paragraphenregister, Stichwortverzeichnis). Der „Marxen/Tie­mann“ bewährt sich damit auch in der Neuauflage als ein moderner Klassiker des Wiederaufnahmerechts und sei wärmstens zur Anschaffung empfohlen.


* Reihe: Praxis der Strafverteidigung, Bd. 17), kart., 221 S., ISBN 3-8114-2320-7, € 39,– (im folgenden abgekürzt „M/T“).

[1] Zu den Ursachen von Fehlurteilen s. nur Peters, Fehlerquellen im Strafprozeß. Eine Untersuchung der Wiederaufnahmeverfahren in der Bundesrepublik Deutschland, 3 Bde., 1970–1974. – Zu Strategien des Umgangs mit Fehlverurteilungsrisiken s. Erb, Zur „Legitimation“ von Fehlverurteilungsrisiken, in: Hanack (Hrsg.), FS f. Peter Rieß z. 70. Geburtstag, 2002, S. 77–92.

[2] Zur ungünstigen Wiederaufnahme s. M/T, 2006, Rn. 292 ff. sowie jüngst Loos, Überzogener Schutz des Angeklagten bei der ungünstigen Wiederaufnahme im Strafverfahren? In: Amelung u.a. (Hrsg.), FS f. Hans-Ludwig Schreiber z. 70. Geburtstag, 2003, S. 277–287.

[3] Hierzu bereits Alsberg, Justizirrtum und Wiederaufnahme, Hamburg 1913.

[4] Zur Praxis des Strafverteidigers in der Wiederaufnahme Strate, Der Verteidiger in der Wiederaufnahme, in: StV 1999, S. 228–235; Stern, Zur Verteidigung des Verurteilten in der Wiederaufnahme, in: NStZ 1993, S. 409–414.

[5] Vgl. ›www.nachrichtenaufklaerung.de‹ unter dem Titel „Zu hohe Hürden für Wiederaufnahmeverfahren“. – Zu Chancen und Risiken der Presseberichterstattung im Bereich des Wiederaufnahmeverfahrens s. Hamm, Große Strafprozesse und die Macht der Medien. Eine Vorlesungsreihe im Wintersemester 1995/96, 1997, S. 108 ff.; Tillmanns, Urteilssponsoring - Gefahr für den fair trial? In: ZRP 1999, S. 339–345 (beide anhand der Verfahren Monika Böttcher/Weimar u. Vera Brühne). Speziell zum Strafverfahren Böttcher/Weimar s. Zwiehoff (Hrsg.), Er oder sie? Der Strafprozeß Böttcher/Weimar. Prozeßberichte 1987 bis 1999 von Gisela Friedrichsen u. Gerhard Mauz, 2001.

[6] Ges. zur Reform des strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens v. 09.07.1998, BGBl. I 1998, S. 1802.

[7] Zu § 359 Nr. 6 StPO s. unten III.4.

[8] Ges. über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen v. 08.03.1971 (BGBl. I 1971, S. 157); zuletzt geändert d. Ges. v. 13.12.2001 (BGBl. I 3574, S. 3577), abgedruckt im Anhang von Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, Anhang A 5.

[9] Gesetzentwurf v. 29.01.1996 (BT-Drucks. 13/3594): Gescheiterte Erweiterung der Wiederaufnahme zugunsten (unter Einführung des Wesentlichkeitsprinzips bei der Strafmaßwiederaufnahme) und Beschränkung der Wiederaufnahme zu Ungunsten auf § 211 und § 220a StGB a.F. – Hierzu M/T, 2006, Rn. 92.

[10] „AK“: Alternativ-Kommentar (Loos, Bd. 3, 1996), „HK“: Heidelberger Kommentar (Krehl, 3. Aufl. 2001), „LR“: Löwe/Rosenberg (Gössel, 25. Aufl. 1997), „SK“: Systematischer Kommentar (Frister/Deiters, Stand: Dez. 2002, Jan. 2003), „KK“: Karlsruher Kommentar (Schmidt, 5. Aufl. 2003), „KMR“: Kleinknecht/Müller/Reit­berger (Eschelbach, Stand: März 2003).

[11] BGH, Beschl. v. 20.12.2002 = BGHSt 48, 153 („Schuldspruchänderung“; dazu unten III.1); BGH, Beschl. v. 28.11.1996 = BGHSt 42, 314; 42, 324 („MfS-Agenten“; s. unten III.5).

[12] OLG Köln, Beschl. v. 18.02.2005 („Wiederaufnahme trotz Rehabilitation nach NS-AufhG“; s. unten III.2); OLG Stuttgart, Beschl. v. 09.07.2003 („Geltendmachung außergewöhnlicher Umstände beim Heimtücke-Mord“; dazu unten III.3); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.08.2004 („Wiederaufnahme bei durch den EuGH festgestelltem Verstößen gegen Gemeinschaftsrecht, § 359 Nr. 6 StPO“; s. unten III.4); sowie Entscheidungen einiger Oberlandesgerichte zur „Wiederaufnahme von Strafurteilen im Anschluss an die Sitzblockade-Entscheidung des BVerfG, § 79 I BVerfGG“ (s. unten III.5).

[13] BVerfG, Beschl. v. 26.02.2002 („Wiederaufnahme der Zweite-Reihe-Recht­sprechung des BGH zu § 240 StGB, § 79 I BVerfGG“, s. unten III.5).

[14] Weitere, hier nicht näher behandelte Problemfälle sind z.B. die „Wiederaufnahme bei Beschlüssen“ (M/T, 2006, Rn. 29 ff.) oder die Frage einer „erweiterten Darlegungspflicht bei Widerruf eines Geständnisses“ (M/T, Rn. 242 f., hierzu jüngst Hellebrand, Geständniswiderruf und Wiederaufnahmeverfahren – Gedanken zu Urteilsabsprachen unter dem Aspekt des Wiederaufnahmerechts, in: NStZ 2004, S. 413–420).

[15] BGH, Beschl. v. 20.12.2002 – StB 15/02 = BGHSt 48, 153, NJW 2003, 1261, NStZ 2003, 678 m. Anm. Loos, JR 2003, 515 m. Anm. Gössel („Schuldspruchänderung“). Ausführlich Ziemann, Die „Schuldspruchänderung“ im Wiederaufnahmerecht. Zugleich Besprechung von BGHSt 48, 153, in: JR 2006 (H. 10), S. 409–415.

[16] BGH, Urt. v. 30.04.1999 = BGHSt 45, 65, NJW 2000, 2517.

[17] OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.1997.

[18] BGH, NJW 2003, 1261, 1261 f.; zust. Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 410.

[19] BGH, NJW 2003, 1261, 1262; anders Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 413 ff. m.w.N.

[20] Im Gegensatz zu den „allgemein-zulässigen Antragszielen“ (Freisprechung, Strafmilderung, Maßregelentscheidung), s. M/T, 2006, Rn. 24 ff.

[21] Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 411 f.

[22] Hierzu Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 413 ff.

[23] Ebenso Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 414 f.

[24] Zust. SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 363, Rn. 17; A.A. Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 414.

[25] Zurückhaltend SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 363, Rn. 17; s. auch Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 414 f.; anders wohl Loos, (Fn. 15), NStZ 2003, S. 681.

[26] Wichtige Vorarbeiten bei Schork, Ausgesprochen schuldig. Dogmatische und metadogmatische Untersuchungen zum Schuldspruch, 2004.

[27] Bei Marxen/Tiemann finden sich nur wenige allgemeine Hinweise zum Rehabilitationsinteresse im Wiederaufnahmerecht (M/T, 2006, Rn. 16 f.); gleichwohl bildet das Rehabilitationsinteresse ein wichtiges Argumentationstopos der Verf. (z.B. beim Problem der Verjährung: „Das Recht auf Rehabilitierung verjährt nicht“[M/T, Rn. 17]). – Zum Rehabilitationsgedanken im Wiederaufnahmerecht s. jetzt ausführlich Ziemann, Zum Rehabilitationsgedanken im Wiederaufnahmerecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften u. Rechtsphilosophie Frankfurt am Main (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2007, S. 661–680; für das Rechtsmittelrecht Krack, Rehabilitierung des Beschuldigten im Strafverfahren, 2002.

[28] OLG Köln, Beschl. v. 18.02.2005 – 2 Ws 540/04 = NStZ-RR 2006, 61 (nur LS) („Wiederaufnahme trotz Rehabilitation nach NS-AufhG“); abrufbar im Internet über ›www.justiz.nrw.de‹.

[29] BVerfG, Beschl. v. 08 . 03 . 2006 – 2 BvR 486/05 (2. Kammer des 2. Senats)[Nichtannahmebeschluss], zit. nach Absatznummern, ›www.bundesverfassungsgericht.de‹.

[30] S. die Nachw. in Fn. 28.

[31] S. die Nachw. in Fn. 29.

[32] § 93a II BVerfGG. – Zur Bedeutung von Nichtannahmeentscheidungen der Kammern des BVerfG s. Uerpmann, Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung, in: Badura (Hrsg.), FS 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, 2001, Bd. 1, S. 673–693. Ausgewählte Kammerentscheidungen werden seit neuestem bei C.F. Müller veröffentlicht (hrsg. vom Verein der Richter des BVerfG, 2004 ff.).

[33] Vgl. § 93d I S. 3 BVerfGG. Die Kammer verfolgt damit offenbar das Ziel, die Akzeptanz der Nichtannahme beim Rechtssuchenden zu gewährleisten.

[34] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 37–114.

[35] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 40 f.; so schon OLG Köln (Fn. 30), Abs.-Nr. 43.

[36] Hierzu KK-Schmidt, (Fn. 10), Vor § 359 Rn. 10 ff.; M/T, 2006, Rn. 20 ff. – Umstritten ist allerdings die Wiederaufnahme gegen rechtskräftige Beschlüsse, s. hierzu M/T, 2006, Rn. 29 ff.

[37] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 90. Beseitigt wird zudem das mit dem Strafurteil verbundene sozialethische Unwerturteil (BVerfG [Fn. 29], Abs.-Nr. 86). Zur Frage, inwieweit der Verurteilte statt dessen oder darüber hinaus einen Anspruch auf Freisprechung im Wege der Wiederaufnahme hat, s. sogleich.

[38] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 91.

[39] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 104.

[40] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 79; ebenso OLG Köln (Fn. 30), Abs.-Nr. 70.

[41] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 84.

[42] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 90. – Zu den verschiedenen Arten von Rehabilitation s. Ziemann (Fn. 27), S.  663 ff.

[43] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 111.

[44] S. etwa die Begr. des Entwurfs bei BT-Drucks. 13/10013, S. 6. Hierzu BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 91 ff.

[45] So wurde das mit großer Mehrheit verabschiedete NS-AufhG v. 1998 durchweg als ein Fortschritt in der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland begrüßt (s. Rudolph, Die vergessenen Opfer der NS-Justiz, in: NJW 1999, S. 102–104).

[46] Nach der Schätzung der Berliner Justizsenatorin Peschel-Gutzeit aus dem Jahr 1997 – d. h. vor der Einführung des NS-AufhG 1998 – sollen allein in Berlin etwa 200.000 NS-Unrechtsurteile in Kraft gewesen sein. Zit. nach Vogl, Stückwerk und Verdrängung: Wiedergutmachung nationalsozialistischen Strafjustizunrechts in Deutsch­land, 1997, S. 217 m. Fußn. 452.

[47] Umso wichtiger wird in diesen Fällen eine rehabilitierende Presseberichterstattung. – Im vorliegenden Fall hatte der Generalstaatsanwalt in Köln die „völlige Rehabilitation“ der hingerichteten Jugendlichen sowohl durch eine Presseerklärung gegenüber der Öffentlichkeit als auch durch ein persönliches Schreiben an die Angehörigen hervorgehoben. Einzelheiten bei BVerfG (Fn. 29), Abs.‑Nr. 16 ff.

[48] S. BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 96 f.; ebenso Vogl, (Fn. 46), 1997, S. 198.

[49] So auch allg. Nettersheim, Die Aufhebung von Unrechtsurteilen der NS-Strafjustiz. Ein langes Kapitel der Vergangenheitsbewältigung, in: FS Rieß (Fn. 1), 2002, S. 933–949, S. 938.

[50] BVerfG (Fn. 29), Abs.-Nr. 101 f.; ebenso Nettersheim, (Fn. 49), FS Rieß, 2002, S. 944. – Mal abgesehen von der allzu häufigen Zurückhaltung der Wiederaufnahmegerichte bei der Rehabilitation von Opfern der NS-Justiz, s. hierzu Vogl, (Fn. 46), 1997, S. 198 ff.

[51] Zu den Voraussetzungen M/T, 2006, Rn. 440 ff.

[52] Abgedruckt im Anhang zu Meyer-Goßner, (Fn. 8), A 15.

[53] Nr. 171 Abs. 2 RiStBV.

[54] Ebenso M/T, 2006, Rn. 447.

[55] So richtig M/T, 2006, Rn. 447; KK-Schmidt, (Fn. 10), § 371 Rn. 5. Eine Zustimmung des Verurteilten wird man insoweit nicht voraussetzen müssen (KK-Schmidt, aaO.; Meyer-Goßner, (Fn. 8), § 371 Rn. 9). Inwieweit die Erneuerung der Hauptverhandlung auch gegen den Willen des Verurteilten geschehen kann, ist umstritten (abl. M/T, 2006, aaO.; zust. SK-Frister/Deiters,[Fn. 10], § 371 Rn. 11).

[56] Hierzu schon die Vorauflage M/T, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 1. Aufl. 1993, Rn. 66; Marxen/Tiemann, Die Korrektur des Rechtsfolgenausspruchs im Wege der Wiederaufnahme, in: StV 1992, S. 534–537, S. 535 f.

[57] S. nur Meyer-Goßner, (Fn. 8), § 363, Rn. 3 ff.

[58] Lackner/Kühl, StGB, 25. Aufl. 2004, § 46 Rn. 7.

[59] Aktueller Überblick über die Kasuistik bei KMR-Eschelbach, (Fn. 10), § 363 Rn. 28 ff. Problematisch sind vor allem die benannten od. unbenannten besonders schweren Fälle (Regelbeispiele, z.B. § 243 StGB)[vgl. M/T, 2006, Rn. 86 ff.]. Hierzu jüngst Rieß, Zur Wiederaufnahmefähigkeit bei Verurteilungen auf Grund der Anwendung von Regelbeispielen, in: Dölling/Erb (Hrsg.), FS f. Karl Heinz Gössel z. 70. Geburtstag, 2002, S. 657–668; KMR-Eschelbach, (Fn. 10), § 363 Rn. 30 ff.

[60] S. schon die Vorlauflage M/T, (Fn. 56), 1993, Rn. 87; sowie Marxen/Tiemann, (Fn. 56), StV 1992, S. 535. Für eine Neuordnung stimmen auch SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 363 Rn. 13; KMR-Eschelbach, (Fn. 10), § 363 Rn. 35.

[61] So schon Marxen/Tiemann, (Fn. 56), StV 1992, S. 535 l.Sp.

[62] Zur Regelbeispielstechnik jüngst Eisele, Die Regelbeispielmethode im Strafrecht. Zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Tatbestand, 2004 (leider ohne Ausführungen zum Wiederaufnahmerecht).

[63] So bereits in der Vorauflage M/T, (Fn. 56), 1993, Rn. 89.

[64] Hervorheb. im Orig.; so schon M/T in der Vorauflage, (Fn. 56), 1993, Rn. 90; ebenso der gescheiterte Gesetzentwurf v. 1996, s. oben Fn. 9.

[65] Mal abgesehen von der Frage der praktischen Einlösbarkeit des „Wesentlichkeitsprinzips“ auf dem hochkomplexen Gebiet der Strafzumessung. Desgleichen Rieß, (Fn. 59), FS Gössel, 2002, S. 667 Fußn. 68. S. gleichwohl die Konkretisierungsvorschläge bei M/T, 2006, Rn. 91.

[66] Zur Entstehungsgeschichte des § 363 I StPO (des früheren § 403 RStPO) s. Ziemann, (Fn. 15), JR 2006, S. 410 mit Fußn. 18 bis 21.

[67] Zu dieser Unterscheidung Meyer, Wiederaufnahmereform. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Reform des Rechts der Wiederaufnahme des Strafverfahrens, 1977, S. 140 ff.

[68] Neben M/T etwa Wasserburg, Zur Notwendigkeit einer Reform der Wiederaufnahme des Strafverfahrens, in: ZRP 1997, S. 412–416, S. 415 r.Sp.; Peters, Strafprozeß, 4. Aufl. 1985, S. 677.

[69] § 363 I StPO für nicht verfassungsmäßig zu erklären, ist nicht überzeugend und wenig aussichtsreich. Dies gilt umso mehr, als das BVerfG schon die – der Sache nach stärker zu kritisierende – Regelung des § 363 II StPO (Ausschluss der Wiederaufnahme zur Geltendmachung von verminderter Schuldfähigkeit, § 21 StGB) für verfassungsgemäß gehalten hat (BVerfGE 5, 22 = NJW 1956, 1026). Kritisch zu § 363 II StPO: M/T, 2006, Rn. 98; ebenso KMR-Eschelbach, (Fn. 10), § 363 Rn. 41 f.; SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 363 Rn. 21 f.; Peters, (Fn. 68), S. 677.

[70] Rieß, (Fn. 65), FS Gössel, 2002, S. 664 f.

[71] Für das Revisionsrecht s. Barton, Kennzeichen u. Effekte der modernen Revisionsrechtsprechung. Führt die Materialisierung des Strafrechts auf den Weg nach Pappenheim? In: StV 2004, S. 332–340; s. auch schon Peters, Der Wandel im Revisionsrecht, in: Hassenpflug (Hrsg.), FS f. Karl Schäfer z. 80. Geburtstag, 1980, S. 137–153.

[72] Für strukturelle Anleihen aus dem Revisionsrecht Rieß, Möglichkeiten u. Grenzen einer Reform des Rechts der Wiederaufnahme im Strafverfahren, NStZ 1994, S. 153–159, S. 155 f.

[73] SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 363 Rn. 14 ff.; ebenso KMR-Eschelbach, (Fn. 10), § 363 Rn. 35. Kritik von M/T, 2006, Rn. 88 u. Fußn. 161 auf S. 31, Marxen/Tiemann, (Fn. 56), StV 1992, S. 535 r.Sp.

[74] OLG Stuttgart, Beschl. v. 09.07.2003 – 4 Ws 95/03 (Fall „Pizzabäcker“); zit. nach JURIS und Absatznummern (Abs.-Nr.). Die Beschwerdeführerin ist im Februar 2004 begnadigt worden.

[75] Der Fall hatte eine große Medienöffentlichkeit. Anlass war eine vom WDR im April 2003 unter dem Titel „Fenster zur Freiheit – Hoffnung für eine Lebenslängliche“ gesendete Dokumentation aus der Sicht der Verurteilten, die „bundesweit zu einer Welle der Solidarisierung mit der Beschwerdeführerin“ geführt hat (so die Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 15.07.2003).

[76] Im Anschluss an BGH (GS), Beschl. v. 19.05.1981 – GSSt 1/81 = BGHSt 30, 105; NJW 1981, 1965.

[77] OLG Stuttgart, (Fn. 74), Abs.-Nr. 21. – Zur sog. „Rechtsfolgenlösung“ des BGH s. nur Neumann, in: Nomos-Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2005, Vor § 211 Rn. 148 f.

[78] OLG Stuttgart, (Fn. 74), Abs.-Nr. 15.

[79] OLG Stuttgart, (Fn. 74), Abs.-Nr. 18 (im Anschluss an BGH, NStZ 1995, 231).

[80] OLG Stuttgart, (Fn. 74), Abs.-Nr. 19. Im Ergeb. ebenso OLG Bamberg, Beschl. v. 25.01.1982 (= NJW 1982, 1714), die allerdings die qualitative und quantitative Nähe zur Strafmilderung aufgrund verminderter Schuldfähigkeit annehmen und daher die Wiederaufnahme analog § 363 II StPO ablehnen (abl. KMR-Eschelbach,[Fn. 10], § 363 Rn. 43).

[81] OLG Stuttgart, (Fn. 74), Abs.-Nr. 10 u. 19.

[82] S. die Hinw. oben Fn. 6.

[83] Zum Beispiel im Wege einer Individualbeschwerde nach Art. 34 EMRK, die der deutschen Verfassungsbeschwerde vergleichbar ist.

[84] Zu den Voraussetzungen des § 359 Nr. 6 StPO s. nur KK-Schmidt, (Fn. 10), § 359 Rn. 38 ff.

[85] Abl. M/T, 2006, Rn. 275; HK-Krehl, (Fn. 10), § 359, Rn. 32; de lege ferenda für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Urteile des EuGH SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 359 Rn. 88.

[86] OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.08.2004 – 3 Ws 182/04 (= Justiz 2005, 21).

[87] Ebenso Meyer-Goßner, (Fn. 8), § 359 Rn. 52.

[88] LG Ravensbrück, Beschl. v. 04.09.2000 (= NStZ-RR 2001, 115).

[89] Abl. M/T, 2006, Rn. 275; SK-Frister/Deiters, (Fn. 8), § 359 Rn. 75; Meyer-Goßner, (Fn. 8), § 359 Rn. 52; KK-Schmidt, (Fn. 10), § 359 Rn. 39.

[90] BT-Drucks. 13/10333, S. 4.

[91] Gute Übersicht zu § 79 I BVerfGG bei KK-Schmidt, (Fn. 10), Vor § 359 Rn. 16 ff.

[92] BGH, Beschl. v. 28.11.1996 – StB 12/96 und StB 13/96 („MfS-Agenten“, BGHSt 42, 314 = NStZ 1997, 140; BGHSt 42, 324 = NStZ 1997, 142 mit Anm. Dehn).

[93] BVerfGE 92, 277 = NJW 1995, 1811.

[94] BGH, NStZ 1997, 142 (LS). Zust. SK-Frister/Deiters, (Fn. 10), § 359 Rn. 83.

[95] OLG Koblenz, Beschl. v. 14.08.1997 (= NStZ-RR 1998, 44); LG Trier, Beschl. v. 18.11.1996 (= NStZ-RR 1997, 174); OLG Koblenz, Beschl. v. 14.08.1997 (= NStZ-RR 1998, 44); OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.07.1996 (Die Wiederaufnahme scheiterte in casu am nicht statthaften Wiederaufnahmegegenstand „Beschluss“, s. oben III.1).

[96] BVerfG v. 10.01.1995 = BVerfGE 92, 1 ff., NJW 1995, 1141 („Sitzblockade“). Zur Wiederaufnahmeproblematik im Anschluss an diese Entscheidung s. Graßhof, Auswirkungen der neuen Sitzblockade-Entscheidung des BVerfG – Wiederaufnahme aller bisherigen Verfahren oder nur der nach der ersten verfassungsgerichtlichen Entscheidung ergangenen Strafurteile? NJW 1995, S. 3085–3090[der eine Wiederaufnahme bei Verstößen gegen Art. 103 II GG ablehnt]; und die Erwiderung von Angerer/Stumpf, NJW 1996, S. 2216.

[97] BGH, Beschl. v. 20.07.1995 – 1 StR 126/95 (= NJW 1995, 2643).

[98] OLG München, Beschl. v. 20.11.1996 (= StraFo 1997, 46); KG Berlin, Beschl. v. 25.06.1997 – 1 AR 589/97, 3 Ws 291/97 u.a.; KG Berlin, Beschl. v. 28.05.1997 (= NStZ-RR 1998, 11).

[99] BGH, NJW 1995, S. 2643 (2643).

[100] BVerfG, Beschl. v. 26.02.2002 – 2 BvR 175/97 u.a.[Nichtannahmebeschluss], 3. Kammer des 2. Senats (= NJW 2002, 2308).

[101] BVerfG, NJW 2002, S. 2308 (2309).

[102] Jokisch, Gemeinschaftsrecht und Strafverfahren. Die Überlagerung des deutschen Strafprozeßrechts durch das europäische Gemeinschaftsrecht; dargestellt anhand ausgewählter Problemfälle, 2000, S. 225 ff.; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts. Eine Untersuchung zum Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Strafrecht, 2001, S. 670 ff.

[103] In doppelter Erweiterung der neu geschaffenen Regelung in § 359 Nr. 6 StPO: Zum einen über einen Verstoß gegen die EMRK hinaus: durch die Ausweitung auf primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht (vgl. Satzger,[Fn. 102], 2001, S. 682). Zum anderen unabhängig von einer Feststellung des Verstoßes durch den EGMR: durch Einbeziehung von Entscheidungen des EuGH (Einzelheiten bei Satzger, a.a.O., S. 682 f.). – Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion von 1996 hatte ursprünglich ebenfalls den Vorschlag einer Wiederaufnahme für Verstöße gegen sonstiges Gemeinschaftsrecht enthalten, der aber im Fortgang des parlamentarischen Verfahrens wieder zurückgezogen wurde (s. den Hinw. in BT-Drucks. 13/10333, S. 4; Einzelheiten bei Jokisch, [Fn. 102], 2000, S. 215 ff.). Durchgesetzt hat sich durch die Einführung des § 359 Nr. 6 letztlich nur die durch den EuGH festgestellte Konventionswidrigkeit.

[104] OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.08.2004 (= Justiz 2005, 21); s. auch oben III.4 (zu § 359 Nr. 6 StPO).

[105] So aber Satzger, (Fn. 102), S. 682 f.

[106] Anders Jokisch, (Fn. 102), 2000, S. 226 f.; Satzger, (Fn. 102), 2001, S. 681 ff.