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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 801

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 406/21, Urteil v. 08.06.2022, HRRS 2022 Nr. 801


BGH 5 StR 406/21 - Urteil vom 8. Juni 2022 (LG Berlin)

BGHSt; potenzieller Fortbewegungswille als Schutzgut der Freiheitsberaubung (potenzielle persönliche Bewegungsfreiheit; tatbestandsausschließendes Einverständnis; List und Täuschung; Einführung der Versuchsstrafbarkeit; Verhältnis zur Nötigung).

§ 239 StGB

Leitsätze

1. Bezugspunkt für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis in eine Freiheitsberaubung im Sinne des § 239 StGB ist der potentielle Fortbewegungswille. (BGHSt)

2. § 239 StGB schützt die potentielle persönliche Bewegungsfreiheit. In sie wird auch dann eingegriffen, wenn der von der Tathandlung Betroffene sich gar nicht wegbewegen will. Entscheidend ist allein, ob es ihm unmöglich gemacht wird, seinen Aufenthalt nach eigenem Belieben zu verändern. Ausschlaggebend ist mithin nur, ob der Betroffene sich ohne die vom Täter ausgehende Beeinträchtigung seiner Bewegungsmöglichkeit fortbegeben könnte, wenn er es denn wollte. Ob er seine Freiheitsbeschränkung überhaupt realisiert, ist danach ohne Belang. (Bearbeiter)

3. Ein im natürlichen Sinn zur Änderung seines Aufenthaltsorts fähiger Mensch wird nur dann nicht seiner Freiheit im Sinne des § 239 StGB beraubt, wenn er (auch) damit einverstanden ist, dass er sich selbst dann nicht fortbewegen könnte, wenn er das wollte. Ist ihm dies hingegen (hier: aufgrund von List und Täuschung des die Bewegungsfreiheit aufhebenden Täters) nicht bewusst, ist es ohne Belang, dass er sich aktuell gar nicht fortbewegen will. Ein durch List oder Täuschung erschlichenes Einverständnis des Betroffenen in eine ihm nicht bewusste Freiheitsentziehung stellt sich somit lediglich als ein Mittel zur leichteren Begehung der Freiheitsberaubung durch Verhinderung des zu erwartenden Widerstands des Betroffenen dar, das nicht zu einem Ausschluss des objektiven Tatbestands des § 239 Abs. 1 StGB führen kann. (Bearbeiter)

4. Seiner (Bewegungs-)Freiheit ist objektiv betrachtet derjenige beraubt, der sich aufgrund des Verhaltens eines Dritten nicht wegbewegen kann, wenn er dies wollte. Eine als Zwang empfundene Willensbeugung wohnt dem Begriff der Freiheitsberaubung in objektiver Hinsicht nicht inne. Anders als die Nötigung im Sinne des § 240 StGB setzt der äußere Tatbestand des § 239 StGB nicht voraus, dass einem anderen ein von diesem nicht gewolltes Verhalten aufgezwungen wird. Opfer einer Freiheitsberaubung kann danach nicht nur derjenige sein, der gegen seinen aktuellen Willen zu einem Verbleiben an einem Ort bestimmt wird. (Bearbeiter)

5. Mit dem hohen Gut der persönlichen Bewegungsfreiheit, das durch die Einführung der Versuchsstrafbarkeit noch an Gewicht gewonnen hat (vgl. § 239 Abs. 2 StGB), wäre es nicht in Einklang zu bringen, die Freiheitsberaubung als einen bloßen Spezialfall der milder sanktionierten Nötigung zu behandeln. Sie ist vielmehr ein eigenständiges Delikt mit eigenen Voraussetzungen, das den Einzelnen umfassend vor der Entziehung seiner Fortbewegungsfreiheit schützen soll. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten und der Generalstaatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. März 2021 werden verworfen.

Die Angeklagten haben die Kosten ihrer jeweiligen Rechtsmittel zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Generalstaatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten im Fall A.II. der Urteilsgründe wegen Freiheitsberaubung zu Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten B. und I. hat es von zwei weiteren Tatvorwürfen freigesprochen (Fälle B.I. und II. der Urteilsgründe).

Die Angeklagten wenden sich mit ihren jeweils auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Rechtsmitteln gegen ihre Verurteilungen; der Angeklagte D. rügt zudem die Verletzung formellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft greift mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen die Freisprüche der Angeklagten B. und I. an; im Fall A.II. erstrebt sie zusätzlich die Verurteilung des Angeklagten D. wegen Beihilfe zur schweren Freiheitsberaubung. Die Revisionen haben keinen Erfolg.

A. Revisionen der Angeklagten I.

Betreffend die Verurteilung der Angeklagten wegen Freiheitsberaubung hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Die Angeklagte I. ist die Mutter der Geschädigten H. B., der Angeklagte B. deren Bruder und der Angeklagte D. ihr Onkel. Der Angeklagte Ba. ist ein Freund der Angeklagten B. und D. Sie stammen alle aus Tschetschenien, sind russische Staatsbürger und leben seit geraumer Zeit in B. .

Im Oktober 2018 heiratete die damals 21 Jahre alte H. B. einen Mann tschetschenischer Abstammung nach islamischen Recht und zog zu dessen ebenfalls in B. wohnender Familie. Diese lebte - ebenso wie ihr Mann und ihre eigene Familie - streng nach traditionellen tschetschenischen Werte- und Rollenverständnissen, während das Leben der jungen Frau wesentlich von westlicher Weltanschauung geprägt war. Sie fühlte sich deshalb zunehmend eingeengt. Anfang Januar 2019 floh sie aus der Wohnung und zeigte ihren Mann wegen Vergewaltigung und Körperverletzung an. Dabei teilte sie mit, dass dieser beabsichtige, sich am Jihad in Syrien zu beteiligen. Eine Rückkehr zu ihrem Mann lehnte sie trotz nachdrücklicher Forderungen ihrer Familie ab.

Ihr Verhalten wurde bei den beteiligten Familien, aber auch in der tschetschenischen Diaspora allgemein als elementarer Bruch tschetschenischer Wert- und Rollenvorstellungen betrachtet. Sie sah sich vor allem aus der Familie ihres Mannes und ihres Vaters Rufen nach Ahndung ihres Verhaltens ausgesetzt, die in Todesdrohungen gipfelten. Gegen den Willen ihrer Angehörigen wurde sie deswegen zeitweise von der Polizei zu ihrem Schutz an einem unbekannten Ort untergebracht.

Im August 2019 beschlossen die Angeklagten I., B. und D., die Geschädigte H. B. zunächst nach Georgien und anschließend von dort aus zusammen mit ihrer jüngeren Schwester nach Tschetschenien zu bringen. Sie sollte zum einen „aus der Schusslinie“ genommen, zum anderen zu einer den tschetschenischen Traditionen entsprechenden Lebensführung gebracht werden. Da den Angeklagten bewusst war, dass die Geschädigte sich dem nicht freiwillig beugen würde, spiegelten sie ihr vor, in Polen persönlich russische Pässe beantragen zu müssen. Tatsächlich sollte sie - auch um den sie suchenden deutschen Behörden ihren Verbleib zu verheimlichen - mit dem Auto zum Flughafen nach K. und dann mit dem Flugzeug nach Georgien gebracht werden. Die Flugtickets besorgte der in den Plan eingeweihte Angeklagte Ba. .

In der Nacht vom 27. zum 28. August 2019 brachten die vier Angeklagten die gutgläubige H. B. und deren Schwester mit dem Auto des Angeklagten B. von B. nach K. D. und Ba. kam dabei die Aufgabe zu, die Verbringung der ahnungslosen Geschädigten abzusichern; Ba. löste zudem den Angeklagten B. als Fahrer ab. H. B. saß während der mehrstündigen Fahrt eingerahmt von Angeklagten auf der Rückbank. Bei kurzen Fahrtpausen durfte sie sich - indes stets unter den Augen der Angeklagten - im näheren Umkreis des Autos bewegen; im Falle eines Fluchtversuchs waren die Angeklagten bereit einzugreifen. Ihnen war bewusst, dass sich die Geschädigte - „jedenfalls“ solange das Auto in Bewegung war - nicht entfernen konnte. Sie wussten, dass sie sich der Reise bei Kenntnis der wahren Pläne widersetzt und bei nächster Gelegenheit das Weite oder die Hilfe Dritter gesucht hätte.

Am K. er Flughafen begleiteten die Angeklagten die weiterhin nichts ahnende Geschädigte bis zur Flugabfertigung und Passkontrolle. Dadurch wollten sie verhindern, dass diese auf sich aufmerksam machen oder um Hilfe bitten können würde, falls sie im letzten Moment Kenntnis von dem tatsächlichen Reiseziel erlangte. Während D. und Ba. mit dem Auto nach B. zurückkehrten, flogen die beiden Mitangeklagten I. und B. mit der Geschädigten und deren Schwester nach Ku. in Georgien. H. B. war sich auch beim Start des Flugzeugs noch nicht über das tatsächliche Ziel und den Zweck der Reise im Klaren.

Nach der Landung erkannte sie, dass sie nicht in Polen, sondern in Georgien war. Angesichts dieser Lage fügte sie sich in ihr Schicksal und fuhr mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer Schwester mit Bus und Taxi in ein bereits gemietetes Ferienhaus in einer georgischen Urlaubsregion, ohne dass Zwang auf sie ausgeübt werden musste. Spätestens am darauffolgenden Tag erklärte sie allerdings lautstark, nach B. zurückkehren zu wollen. Daraufhin schlug der Angeklagte B. sie mit einem Gummischlauch und einem Holzstock, nahm ihr Reisepass und Mobiltelefon ab und erteilte ihr einen drei- oder viertägigen Hausarrest, um eine telefonische Kontaktaufnahme der jungen Frau mit deutschen Polizeibehörden und ihre Rückkehr nach Deutschland zu unterbinden.

Nachdem ihre Mutter Kenntnis von erneuten Vorbereitungen einer Rückkehr nach Deutschland erlangt hatte, verprügelte sie ihre Tochter mit einem Stock.

2. Das Landgericht hat die Verbringung der Geschädigten von B. über K. nach Ku. für alle Angeklagten als Freiheitsberaubung auf andere Weise als durch Einsperren gewertet (§ 239 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB). Das Einverständnis der Geschädigten in die Autofahrt, den Flug und den damit verbundenen Verlust der Fortbewegungsfreiheit ließe die Tatbestandsmäßigkeit nicht entfallen, weil es durch eine List erschlichen worden sei.

II.

Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.

1. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte D. die Verwertung von Chats von seinem nach Gefahrenabwehrrecht sichergestellten Mobiltelefon rügt, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Sicherstellung des ausgelesenen Mobiltelefons nicht zulässig gewesen sei. Insofern teilt er einen Auswertungsbericht des Landeskriminalamts vom 2. Oktober 2020 mit, wonach er das Mobiltelefon im Zuge einer gefahrenabwehrenden Maßnahme am 21. September 2019 freiwillig herausgegeben hatte. Zudem trägt er den Bescheid des Polizeipräsidenten in B. vom 3. März 2020 vor, mit dem sein - indes inhaltlich nicht mitgeteilter - Widerspruch vom 17. Oktober 2019 gegen die Sicherstellung zurückgewiesen wurde. Weitere Informationen zu der gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahme ergeben sich lediglich mittelbar aus Unterlagen und Beschlüssen, die eine strafprozessuale Durchsuchung des Beschwerdeführers vom 14. Januar 2020 betreffen, bei dem ein anderes als das in Rede stehende Mobiltelefon sichergestellt wurde.

Auf dieser Grundlage ist der Senat nicht in der Lage, die für eine strafprozessuale Verwendung (§ 161 StPO) und Verwertung (§ 261 StPO) anderweitig erhobener Beweismittel grundsätzlich erforderliche Rechtmäßigkeit der gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung des Mobiltelefons zu überprüfen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 83). Insbesondere unterlässt es die Revision, den Widerspruch vom 17. Oktober 2019 gegen die Sicherstellung sowie deren Anlass und Umstände konkret vorzutragen.

Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, dass sich ein Protokoll über die gefahrenabwehrrechtliche Durchsuchung und Sicherstellung vom 21. September 2019 „den Akten … nicht entnehmen“ lasse, hat er nicht dargetan, welche Bemühungen er entfaltet hat, um diese Unterlagen bei der zuständigen Polizeibehörde zu erlangen (vgl. § 29 Abs. 1 VwVfG und § 4 Abs. 1 Berliner IFG). Dazu wäre er aber im Rahmen seines Revisionsvortrags verpflichtet gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 328; vom 23. Februar 2010 - 4 StR 599/09, BGHR StPO § 338 Nr. 8 Akteneinsicht 2).

2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen stand. Insbesondere hat das Landgericht dem durch List und Täuschung erschlichenen Einverständnis der Geschädigten H. B. zu Recht keine tatbestandsausschließende Bedeutung beigemessen.

a) Gemäß § 239 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und Teilen der Literatur schützt § 239 StGB die potentielle persönliche Bewegungsfreiheit. In sie wird auch dann eingegriffen, wenn der von der Tathandlung Betroffene sich gar nicht wegbewegen will. Entscheidend ist allein, ob es ihm unmöglich gemacht wird, seinen Aufenthalt nach eigenem Belieben zu verändern. Ausschlaggebend ist mithin nur, ob der Betroffene sich ohne die vom Täter ausgehende Beeinträchtigung seiner Bewegungsmöglichkeit fortbegeben könnte, wenn er es denn wollte. Ob er seine Freiheitsbeschränkung überhaupt realisiert, ist danach ohne Belang (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 1960 - 1 StR 212/60, BGHSt 14, 314, 316; vom 6. Dezember 1983 - 1 StR 651/83, BGHSt 32, 183, 188; LK/Schluckebier, StGB, 12. Aufl., § 239 Rn. 5; MüKoStGB/Wieck-Noodt, 4. Aufl., § 239 Rn. 3; siehe auch Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 239 Rn. 1 ff.; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 239 Rn. 1).

bb) Eine im Schrifttum weit verbreitete Meinung sieht darin eine - angesichts der durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) eingeführten Versuchsstrafbarkeit der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 2 StGB) - nicht (mehr) gerechtfertigte Vorverlegung des Vollendungszeitpunkts. Von § 239 StGB sei nur die aktuelle Fortbewegungsfreiheit geschützt. Seiner Freiheit wäre danach nur derjenige beraubt, der sich zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt wegbewegen will, aber nicht kann. Es handle sich bei dem Straftatbestand des § 239 StGB letztlich um einen Spezialfall der Nötigung (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 239 Rn. 4 f.; siehe auch SKStGB/Wolters, 8. Aufl., § 239 Rn. 3; NKStGB/Sonnen, 5. Aufl., § 239 Rn. 8 f.; AnwKStGB/Zimmermann, 3. Aufl., § 239 Rn. 3; Matt/Renzikowski/Eidam, StGB, 2. Aufl., § 239 Rn. 2; BeckOK StGB/Valerius, 53. Ed., § 239 Rn. 7).

cc) Der Senat sieht keinen Anlass, von der bisherigen Auslegung des Tatbestands der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) durch den Bundesgerichtshof abzuweichen.

(1) Für die hierfür maßgebliche Bestimmung des geschützten Rechtsguts spricht der Wortlaut der Norm. Seiner (Bewegungs-)Freiheit ist objektiv betrachtet derjenige beraubt, der sich aufgrund des Verhaltens eines Dritten nicht wegbewegen kann, wenn er dies wollte. Eine als Zwang empfundene Willensbeugung wohnt dem Begriff der Freiheitsberaubung in objektiver Hinsicht nicht inne. Anders als die Nötigung im Sinne des § 240 StGB setzt der äußere Tatbestand des § 239 StGB nicht voraus, dass einem anderen ein von diesem nicht gewolltes Verhalten aufgezwungen wird. Opfer einer Freiheitsberaubung kann danach nicht nur derjenige sein, der gegen seinen aktuellen Willen zu einem Verbleiben an einem Ort bestimmt wird (vgl. insofern zur Nötigung BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2004 - 2 BvR 568/04, NStZ 2005, 30).

(2) Mit dem hohen Gut der persönlichen Bewegungsfreiheit (vgl. Dürig/Herzog/Scholz/Di Fabio, GG, 95. EL, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Rn. 3 ff.), das durch die Einführung der Versuchsstrafbarkeit noch an Gewicht gewonnen hat (vgl. LK/Schluckebier, StGB, 12. Aufl., § 239 Rn. 10), wäre es nicht in Einklang zu bringen, die Freiheitsberaubung als einen bloßen Spezialfall der milder sanktionierten Nötigung zu behandeln. Sie ist vielmehr ein eigenständiges Delikt mit eigenen Voraussetzungen, das den Einzelnen umfassend vor der Entziehung seiner Fortbewegungsfreiheit schützen soll (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 1993 - 1 StR 652/92, BGHR StGB § 239 Abs. 1 Freiheitsberaubung 2; vom 31. Mai 1960 - 1 StR 212/60, BGHSt 14, 314, 316; 22 23 24 siehe aber auch BGH, Urteil vom 15. Oktober 1981 - 4 StR 461/81, BGHSt 30, 235, 236). Dies wird durch systematische Erwägungen gestützt. Die Straftat der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) wiegt nach dem in den jeweiligen Strafrahmen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers schwerer als die Nötigung (§ 240 StGB) und steht im Strafgesetzbuch vor ihr. Mit der Einordnung als bloßer Spezialfall des § 240 StGB ließe sich dies kaum vereinbaren.

(3) Die Einführung der Strafbarkeit des Versuchs der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 2 StGB) gibt keinen Anlass für eine andere Auslegung. Zum einen zeigt die vorliegende Konstellation, dass der umfassende strafrechtliche Schutz vor der Entziehung der Bewegungsfreiheit dadurch nicht gewährleistet wäre. Erschleicht der Täter das Einverständnis des Betroffenen mit der Freiheitsentziehung wie hier durch List und Täuschung, fehlte es - bei einer Beschränkung des Schutzgutes auf die aktuelle Bewegungsfreiheit - am Tatentschluss (§ 22 StGB) hinsichtlich des Merkmals der Freiheitsberaubung. Denn nach der Vorstellung des Täters will sich der Betroffene aufgrund der Täuschung aktuell nicht wegbewegen. Zum anderen verbleibt für den Versuch der Freiheitsberaubung auch dann ein Anwendungsbereich, wenn man das geschützte Rechtsgut in der potentiellen Bewegungsfreiheit sieht. Lockt der Täter den Betroffenen in ein Zimmer, um ihn darin einzuschließen, macht er sich wegen eines (fehlgeschlagenen) Versuchs der Freiheitsentziehung strafbar, wenn ihm das Einschließen etwa mangels passenden Schlüssels oder wegen Gegenwehr des Geschädigten nicht gelingt. Zudem bleiben Fälle einer Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs denkbar.

(4) Nach alledem ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und den ihm folgenden Teilen der Literatur der Vorzug zu geben, wonach § 239 StGB den Schutz der potentiellen persönlichen Bewegungsfreiheit bezweckt. Das bedeutet, dass der Tatbestand lediglich ein Handeln gegen den potentiellen Fortbewegungswillen voraussetzt.

dd) Daraus folgt, dass ein im natürlichen Sinn zur Änderung seines Aufenthaltsorts fähiger Mensch (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. Dezember 1983 - 1 StR 651/83, BGHSt 32, 183, 188 f.; SKStGB/Wolters, 8. Aufl., § 239 Rn. 3) nur dann nicht seiner Freiheit im Sinne des § 239 StGB beraubt wird, wenn er (auch) damit einverstanden ist, dass er sich selbst dann nicht fortbewegen könnte, wenn er das wollte. Ist ihm dies hingegen - etwa wie hier aufgrund von List und Täuschung des seine Bewegungsfreiheit aufhebenden Täters - nicht bewusst, ist es ohne Belang, dass er sich aktuell gar nicht fortbewegen will. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Ob ein Einverständnis tatbestandsausschließend ist, muss in Bezug auf das jeweils geschützte Rechtsgut des inmitten stehenden Straftatbestands beurteilt werden. Setzt der Tatbestand ein Handeln gegen den Willen des Berechtigten voraus (z.B. § 123 StGB), schließt dessen durch Täuschung erschlichenes Einverständnis den Tatbestand aus, da dann ein Handeln gegeben ist, das - wenn auch durch List herbeigeführt - dem Willen des Berechtigten entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1997 - 1 StR 527/96, NJW 1997, 1516, 1517; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schittenhelm, StGB, 30. Aufl., § 123 Rn. 22; siehe auch SSWStGB/Rosenau, 5. Aufl., Vor 32 ff. Rn. 43). Bezugspunkt für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis in eine Freiheitsberaubung im Sinne des § 239 StGB ist der potentielle Fortbewegungswille. Nötig ist mithin, dass sich der Betroffene der Freiheitsentziehung und der Freiheitsentziehende über das Ausmaß und die Dauer der Freiheitsentziehung einig sind (vgl. für einen solchen Fall BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 - 1 StR 652/92, BGHR StGB 27 28 § 239 Abs. 1 Freiheitsberaubung 2; siehe auch SKStGB/Wolters, aaO Rn. 9). Ahnt der Betroffene hingegen nicht, dass er sich selbst dann nicht fortbewegen könnte, wenn er dies wollte, ist der Tatbestand des § 239 StGB mit Blick auf das geschützte Rechtsgut der potentiellen Bewegungsfreiheit erfüllt. Ein durch List oder Täuschung erschlichenes Einverständnis des Betroffenen in eine ihm nicht bewusste Freiheitsentziehung stellt sich somit lediglich als ein Mittel zur leichteren Begehung der Freiheitsberaubung durch Verhinderung des zu erwartenden Widerstands des Betroffenen dar, das nicht zu einem Ausschluss des objektiven Tatbestands des § 239 Abs. 1 StGB führen kann (ebenso LK/Schluckebier, aaO Rn. 31; AnwKStGB/Zimmermann, aaO Rn. 4; MüKoStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 36; Lackner/Kühl, aaO Rn. 5; aA Matt/Renzikowski/Eidam, aaO Rn. 14; vgl. auch Fischer, aaO Rn. 12: wirksame Einwilligung; BeckOK StGB/Valerius, aaO Rn. 5: wirksames Einverständnis; Schönke/Schröder/Eisele, aaO Rn. 3).

b) Gemessen daran hat das Landgericht die Angeklagten aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht der Freiheitsberaubung nach § 239 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen.

aa) Die Geschädigte H. B. war ihrer potentiellen Bewegungsfreiheit mit Antritt der Autofahrt in B. bis zum Ende der Flugreise objektiv durchgehend beraubt im Sinne des § 239 Abs. 1 StGB.

(1) Die Wertung des Landgerichts, die Geschädigte habe sich „jedenfalls“ nicht entfernen können, solange das Auto in Bewegung war, und sei daher ihrer Bewegungsfreiheit beraubt gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - 4 StR 366/04, BGHR StGB § 239 Abs. 1 Freiheitsberaubung 9; vom 19. September 1991 - 1 StR 509/91, NStZ 1992, 33, 34). Angesichts ihrer Sitzposition im Auto zwischen zwei Angeklagten, ihrer durchgehenden Bewachung durch die Angeklagten, die bereit waren, Fluchtversuche - wie die Geschehnisse in Georgien belegen - mit roher Gewalt zu unterbinden (vgl. hierzu LK/Schluckebier, aaO Rn. 17; AnwKStGB/Zimmermann, aaO Rn. 7; MüKoStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 26; Fischer, aaO Rn. 8), hätte sie sich weder bei kurzen Fahrtpausen noch bei einem verkehrsdingten Halt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - 4 StR 366/04, BGHR StGB § 239 Abs. 1 Freiheitsberaubung 9) oder am Flughafen entfernen können. Für den Flug nach Georgien selbst liegt dies auf der Hand (vgl. auch BGH, Beschluss vom 31. Januar 1967 - 5 StR 659/66, BGHSt 21, 188). Entgegen den Revisionen stellen weder die kurzen Pausen während der Autofahrt von B. nach K. noch der Aufenthalt am K. er Flughafen bis zum Besteigen des Flugzeugs eine für den Tatbestand des Dauerdelikts des § 239 StGB relevante Zäsur dar.

(2) Wie oben dargestellt ist es im Hinblick auf die von § 239 StGB geschützte potentielle Bewegungsfreiheit ohne Belang, dass die Geschädigte sich während der Reise nicht von den Angeklagten wegbewegen wollte. Angesichts ihrer Fluchtbemühungen nach der Kenntniserlangung des wahren Reisezwecks und -ziels ist das Landgericht indes rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Geschädigte ohne die List und Täuschung der Angeklagten den Willen gehabt hätte, sich ihrer Verbringung (unter objektiv freiheitsberaubenden Umständen) nach Georgien zu entziehen.

bb) Die innere Tatseite der Freiheitsberaubung wird von den Feststellungen getragen. Insbesondere wussten die Angeklagten danach, dass die Geschädigte sich „jedenfalls“ bei der Autofahrt nicht entfernen konnte und sich nur aufgrund der Täuschung der Reise nicht widersetzte. Die mittäterschaftliche Tatbegehung (§ 25 Abs. 2 StGB) hat das Landgericht für alle Angeklagten tragfähig begründet.

3. Der Strafausspruch weist zwar einen Rechtsfehler auf. Es benachteiligt die Angeklagten aber nicht, dass das Landgericht von einem zu milden Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu drei statt fünf Jahren) ausgegangen ist.

B. Revisionen der Generalstaatsanwaltschaft

Den Angeklagten B. und I. war in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 3. Juli 2020 zudem zur Last gelegt worden, die Geschädigte nach der Landung des Flugzeugs in Georgien am 28. August 2019 ohne Unterbrechung bis zum 11. Oktober 2019 in dem schon vor Reiseantritt angemieteten Ferienhaus gefangen gehalten und sich damit wegen schwerer Freiheitsberaubung strafbar gemacht zu haben (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB). Dem Angeklagten B. hatte die Generalstaatsanwaltschaft zudem u.a. vorgeworfen, seine Schwester in diesem Zeitraum mit einem Gummischlauch geschlagen zu haben, um sie einzuschüchtern und von der Flucht abzuhalten, weshalb er sich auch der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) strafbar gemacht habe. Dem Angeklagten D. war über die mittäterschaftlich begangene Freiheitsberaubung hinaus vorgeworfen worden, durch seine Handlungen bis zum Abflug in K. Beihilfe zu der von den Mitangeklagten B. und I. in Georgien begangenen schweren Freiheitsberaubung geleistet zu haben (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 27 StGB).

Des weiteren hatte die Generalstaatsanwaltschaft den Angeklagten B. und I. in der vorbenannten Anklageschrift zur Last gelegt, Ende 2019 übereingekommen zu sein, die Geschädigte H. B. unter einem Vorwand von W. nach Georgien zu verbringen und dort mit einem ihr unbekannten Mann zu verheiraten, der sie dauerhaft in Georgien festhalten sollte. Sie hatte den beiden Angeklagten deshalb eine Verabredung zu einem 34 35 36 37 Verbrechen einer schweren Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 30 Abs. 2 StGB) vorgeworfen. Auch insoweit hatte das Landgericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

I.

Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:

1. Nach der Ankunft in Georgien fügte sich die Geschädigte zunächst dem Willen der Angeklagten. Sie konnte sich außerhalb des nicht besonders gesicherten Hauses und in der Ortschaft grundsätzlich frei bewegen. Da H. B. jedoch nicht von ihrem Ziel abließ, nach B. zurückzureisen, kam es in der Folge zu mehreren Übergriffen auf sie. Ihr Bruder schlug sie im Rahmen eines Streits mit einem Stock und einem Gummischlauch. Zudem erteilte er ihr einen drei- bis viertägigen Hausarrest. Auch von ihrer Mutter wurde sie aus Verärgerung über ihr widerspenstiges Verhalten mit einem Stock geschlagen. Nachdem die geplante Weiterreise nach Tschetschenien an fehlenden Ausweispapieren gescheitert war, wurde die Familie schließlich am 13. Oktober 2019 nach Polen abgeschoben. Die Angeklagten B. und I. kehrten sodann nach B. zurück; H. B. blieb in W. .

2. Nachdem die Angeklagten B. und I. zwischenzeitlich erörtert hatten, die in W. verbliebene H. B. umzubringen, kamen sie um den Jahreswechsel von 2019 auf 2020 überein, die junge Frau erneut nach Georgien zu verbringen, um sie mit einem „strengen Mann“ zu verheiraten. Ihnen war allerdings klar, dass H. B. sich der Reise in Kenntnis ihres wahren Grundes widersetzen würde, da sie in Polen einen Mann kennengelernt hatte, den sie heiraten wollte. Sie stellten ihr daher zum Schein die von ihr gewünschte Hochzeit in Aussicht, gaben jedoch vor, zuvor noch einmal nach Georgien reisen zu müssen. Am Morgen des 10. Januar 2020 flog die Angeklagte I. mit ihrer Tochter von W. nach Georgien. Noch am gleichen Tag traf auch der Angeklagte B. ein. Die geplante Weiterfahrt scheiterte jedoch an georgischen Behörden. Die Angeklagten hielten gleichwohl bis zu ihrer Verhaftung am 18. Januar 2020 an ihrem Plan fest. Das Landgericht konnte nicht feststellen, dass die Vorstellung der Angeklagten darauf gerichtet war, die Geschädigte in Georgien länger als eine Woche einzusperren oder in anderer Weise der Bewegungsfreiheit zu berauben.

II.

Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Revisionen der Generalstaatsanwaltschaft sind unbegründet.

1. Angesichts der rechtsfehlerfrei festgestellten Zäsur zwischen der Ankunft am Flughafen in Ku. und der Freiheitsberaubung in Form des gegen die Geschädigte H. B. verhängten Hausarrestes in dem georgischen Ferienort hat das Landgericht aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen unter Beachtung der Kognitionspflicht (§ 264 StPO) zu Recht angenommen, dass eine schwere Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1, 3 Nr. 1 StGB) nicht vorliegt und es für die übrigen festgestellten Straftaten in dem Ferienhaus an der notwendigen Anknüpfung für die Anwendung des deutschen Strafrechts (§§ 3 ff. StGB) fehlt. Denn danach haben die russischen Angeklagten strafbare Handlungen in Bezug auf die inmitten stehenden Vergehen zum Nachteil der russischen Geschädigten ausschließlich in Georgien begangen.

Eine schon in Deutschland getroffene und damit dem deutschen Strafrecht unterfallende (§§ 3, 9 StGB) Verabredung zu einem Verbrechen der schweren Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 30 Abs. 2 StGB) hat das Landgericht nicht feststellen können. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass es angesichts des tatsächlichen Geschehens in dem Ferienort (höchstens viertägiger Hausarrest) den Schluss auf eine Verabredung der Angeklagten zu einer schweren Freiheitsberaubung nicht zu ziehen vermochte. Die insofern von der Generalstaatsanwaltschaft ausgemachten Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung liegen - was der Generalbundesanwalt schon in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat - nicht vor (vgl. zum eingeschränkten Prüfungsmaßstab nur BGH, Urteile vom 15. Dezember 2021 - 3 StR 441/20; vom 10. Juni 2021 - 5 StR 377/20).

Eine Beihilfe des Angeklagten D. zur schweren Freiheitsberaubung der Mitangeklagten (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 27 StGB) ist mangels Haupttat nicht gegeben. Zu einer etwaigen Verabredung zu einem Verbrechen der schweren Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 30 Abs. 2 StGB) gilt das zu den Mitangeklagten B. und I. Gesagte.

2. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist auch im Zusammenhang mit der zweiten Georgienreise im Januar 2020 eine in Deutschland getroffene Verabredung der Angeklagten B. und I. zu einem Verbrechen einer schweren Freiheitsberaubung zum Nachteil der zu dieser Zeit in Polen lebenden H. B. (§ 239 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 30 Abs. 2 StGB) nicht gegeben. Soweit die Beschwerdeführerin insofern weitere Feststellungen vermisst, hat der Generalbundesanwalt zu Recht darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler aufzuzeigen vermochte.

Auch die Ablehnung einer Verurteilung wegen Verschleppung zur Zwangsheirat (§ 237 Abs. 2 StGB) weist keinen Rechtsfehler auf. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verschleppung ins Ausland der Begehung einer Tat nach § 237 Abs. 1 StGB dient, also der Nötigung zur Ehe mit den dort genannten Nötigungsmitteln (SSWStGB/Schluckebier, 5. Aufl., § 237 Rn. 8; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 237 Rn. 18). Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht nicht treffen können; die Beweiswürdigung ist auch insofern frei von Rechtsfehlern. Es kommt danach nicht darauf an, ob eine Straftat nach § 237 Abs. 2 StGB eine Verschleppung aus Deutschland voraussetzt (vgl. hierzu BT-Drucks. 17/4401, S. 12 f.; MüKoStGB/Wieck-Noodt, 4. Aufl., § 237 Rn. 34; NK/Sonnen, StGB, 5. Aufl., § 237 Rn. 26; SKStGB/Wolters, 9. Aufl., § 234a Rn. 4, § 237 Rn. 10; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 237 Rn. 4).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 801

Bearbeiter: Christian Becker