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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 795

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 21/21, Urteil v. 02.06.2021, HRRS 2021 Nr. 795


BGH 3 StR 21/21 - Urteil vom 2. Juni 2021 (LG Köln)

BGHSt 66, 137; Begriff der kriminellen Vereinigung (übergeordnetes gemeinsames Interesse; Abgrenzung zu individuellen Einzelinteressen; bezweckte Begehung von Straftaten; Abgrenzung zur Bande; Gesamtwürdigung); Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot durch Mehrfachmilderung; Geldwäsche; Begünstigung.

§ 129 StGB; § 257 StGB; § 261 StGB; § 50 StGB; § 46 Abs. 3 StGB

Leitsätze

1. Unter die Legaldefinition der kriminellen Vereinigung können auch Tätergruppierungen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität ebenso wie sonstige Zusammenschlüsse aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität fallen. Erforderlich hierfür ist neben den sonstigen Voraussetzungen, dass der Zusammenschluss ein übergeordnetes gemeinsames Interesse verfolgt. Lediglich individuelle Einzelinteressen der Mitglieder der Gruppierung genügen nicht. Das gemeinsame Interesse muss insbesondere über die bezweckte Begehung der konkreten Straftaten und ein Handeln um eines persönlichen materiellen Vorteils willen hinausgehen. (BGHSt)

2. Zur Ermittlung des für eine Vereinigung konstitutiven übergeordneten gemeinsamen Interesses können im Rahmen einer Gesamtwürdigung die äußeren Tatumstände herangezogen werden. (BGHSt)

3. Ein übergeordnetes gemeinsames Interesse liegt bei Zusammenschlüssen zur Verfolgung weltanschaulich-ideologischer, religiöser oder politischer Ziele regelmäßig bereits mit Blick hierauf vor. Bei der gemeinsamen Begehung von Taten, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind und damit letztlich vor allem dem jeweils beteiligten Individuum wirtschaftliche Vorteile bringen sollen, ist dies allerdings nicht ohne Weiteres in gleicher Weise der Fall. Bei der zur Feststellung erforderlichen Gesamtwürdigung gilt im Einzelnen:

a) Zu berücksichtigen sind insbesondere der Umfang und das Ausmaß genutzter - gegebenenfalls auch grenzüberschreitender - organisatorischer Strukturen sowie sachlicher Mittel, eine festgelegte einheitliche Willensbildung, eine interne Sanktionierung von Verstößen gegen gemeinschaftliche Regeln, die Anzahl der Mitglieder, ein von den konkreten Personen losgelöster Bestand, eine etwaige Gemeinschaftskasse, die Beanspruchung quasistaatlicher Autorität und die Einflussnahme auf grundlegende gesellschaftliche oder hoheitliche Akteure.

b) Je ausgeprägter solche Kriterien vorliegen, desto eher lässt sich der Schluss ziehen, dass es den einzelnen Personen - gerade im Bereich allgemeiner, auf Gewinnerzielung ausgerichteter Kriminalität - nicht lediglich um ihre individuellen Vorteile, sondern um weitergehende Ziele geht wie beispielsweise den eigenständigen Fortbestand der Organisation um ihrer selbst willen oder ein spezifisches Machtstreben.

c) Da eine Gesamtbetrachtung geboten ist, müssen nicht sämtliche Merkmale in besonderer Weise vorliegen. Entscheidend ist, ob sie insgesamt den Schluss auf die Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses und die damit einhergehende vereinigungstypische Dynamik zulassen. Bedienen sich die Täter beispielsweise ausschließlich des eingerichteten Gewerbebetriebs eines (auch) legal am Markt operierenden Unternehmens, dessen Geschäftszweck nicht primär in der Begehung von Straftaten liegt, vermag allein ein hoher betrieblicher Organisationsgrad den Rückschluss auf ein übergeordnetes Interesse nicht zu begründen. (Bearbeiter)

4. Genügten bereits übereinstimmende Einzelinteressen für die Annahme eines Vereinigungsinteresses im Sinne des § 129 Abs. 2 StGB, wäre ein solches bei der Verwirklichung eines Bandentatbestandes angesichts des übereinstimmenden Willens zu künftiger Straftatbegehung regelmäßig gegeben. Ein sich daraus ergebender weitgehender Gleichlauf von Bande und Vereinigung fügt sich nicht in die Gesamtsystematik des materiellen Strafrechts ein. Denn die bloße Mitgliedschaft in einer Bande ist nicht strafbar, sondern das Handeln als Bandenmitglied lediglich ein Qualifikationsmerkmal oder ein Regelbeispiel für besonders schwere Fälle und demgemäß kein strafbegründendes, sondern strafschärfendes Merkmal. Demgegenüber stellt § 129 Abs. 1 StGB die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als solche unter Strafe. (Bearbeiter)

5. Gemäß § 50 StGB darf bei der Strafrahmenwahl ein Umstand, der mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 StGB ist (hier: Schadenswiedergutmachung im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs), nur einmal berücksichtigt werden. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 20. März 2020 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit

es den Angeklagten Ö. betrifft, aa) in den Fällen 1 und 3, bb) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 2, die Gesamtstrafe und die einen Betrag von 2.875 € übersteigende Einziehung,

der Angeklagte J. freigesprochen worden ist,

gegen den Einziehungsbeteiligten Ö. die einen Betrag von 1.850 € übersteigende Einziehung angeordnet worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Staatsschutzkammer tätige andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten Ö. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Amtsanmaßung, wegen Geldwäsche in Tateinheit mit versuchter Geldwäsche und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten J. hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegenüber dem Angeklagten Ö. in Höhe von 12.465 € sowie gegenüber einem Einziehungsbeteiligten in Höhe von 2.850 € angeordnet und weitere Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision in Bezug auf den Angeklagten Ö. gegen den Schuldspruch in zwei Fällen sowie den gesamten Strafausspruch und in Bezug auf den Angeklagten J. gegen den Teilfreispruch. Zudem hat sie sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt. Die beschränkte Revision hat hinsichtlich des Angeklagten Ö. mit Ausnahme der Beanstandungen zur Strafzumessung bei den Betäubungsmitteldelikten, hinsichtlich des Angeklagten J. insgesamt Erfolg.

A.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I. Im Jahr 2017 schlossen sich ein Freund der Familie des Angeklagten Ö. und zwei weitere Personen in der Türkei zusammen, um sich telefonisch gegenüber älteren, in Deutschland lebenden Menschen als Polizeibeamte auszugeben und diese unter Vortäuschung einer Gefahrenlage zur Herausgabe von Vermögenswerten zu bewegen. Die Täter wollten sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Gewicht verschaffen. Hierzu mieteten sie Büroräume an und beschafften sich die erforderliche technische Ausrüstung. Sie setzten ihnen loyale Personen zur Abholung der Beute ein, die an ebenfalls einbezogene ?Logistiker? weitergegeben wurde. Der Angeklagte Ö. sagte in Kenntnis der Vorgehensweise zu, sich ab Winter 2017/2018 als ?Abholer? jederzeit verfügbar zu halten. Er sollte als Entlohnung einen kleineren Anteil aus der Beute und Fahrtkosten erhalten.

Entsprechend dem allgemein vereinbarten Vorgehen brachte ein in der Türkei ansässiges Mitglied der Gruppierung am 18. Oktober 2018 eine 91jährige W. dazu, Bargeld und Gegenstände im Wert von 17.190 € zur vermeintlichen Sicherstellung durch Polizeibeamte in einer Tasche vor ihre Wohnungstür zu legen. Der entsprechend instruierte Angeklagte Ö. nahm die Dinge an sich, übergab sie am Folgetag an einen ?Logistiker? und erhielt 200 € von dem Bargeld (Fall 1).

II. Vor ähnlichem Hintergrund packte am 5. November 2018 eine 91jährige K. Schmuck und Bargeld im Wert von 1.400 € in eine Einkaufstasche. Der Angeklagte Ö. gab sich auf Vorgabe des Hintermannes als der namentlich angekündigte Polizeibeamte aus und erhielt die Tüte. Später zahlten ihm Abnehmer, die der Mittäter geschickt hatte, für den Schmuck 100 € (Fall 2).

III. Nachdem ein anderes Mitglied der Gruppierung auf entsprechende Weise am 1. Dezember 2018 Bargeld in Höhe von 41.000 € und zwei Goldbarren erlangt hatte, fragte in derselben Nacht der mit dem Angeklagten Ö. bekannte Hintermann, ob beide Angeklagte am nächsten Tag in die Türkei fliegen und ihm 20.000 € bringen könnten. Der Angeklagte Ö., der sich dachte, dass das Geld aus einer Betrugstat stammen könnte, und dies billigend in Kauf nahm, holte 21.000 € in F. ab und zahlte weisungsgemäß 1.000 € auf sein Girokonto ein; später leitete er den Betrag auf ein Sparbuch des Einziehungsbeteiligten weiter. Am 3. Dezember 2018 begab er sich mit dem weiteren Angeklagten zum Flughafen in D., um pro Person 10.000 € in die Türkei auszuführen. Der Angeklagte J. glaubte den Angaben, das Geld sei für die Familie des Freundes ?bestimmt in Deutschland?. Nach Passieren der Zollkontrolle wurden sie ohne Offenlegung des verdeckt geführten Ermittlungsverfahrens kontrolliert; das Bargeld wurde sichergestellt und an die Geschädigte zurückgezahlt (Fall 3).

IV. Der Angeklagte Ö. erwarb am 16. November 2018 rund ein Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 6,49 Prozent Tetrahydrocannabinol, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen (Fall 4).

V. Zwischen dem 16. November 2018 und dem 10. Dezember 2018 erwarb der Angeklagte Ö. weitere 100 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9,4 Prozent Tetrahydrocannabinol (Fall 5).

VI. In den beiden Wochen nach dem 16. November 2018 hielt sich der Angeklagte Ö. in der Wohnung des Angeklagten J. auf, dessen Eltern und Schwester sich im Urlaub befanden. Für anwesende Freunde stellte er mindestens dreißig Tütchen zu je einem Gramm Marihuana in einer Schale kostenlos zum Konsum zur Verfügung. Der Angeklagte J. wusste und nahm in Kauf, dass der Mitangeklagte die Abwesenheit der Eltern ausnutzte, um aus der Wohnung heraus Geschäfte zu initiieren.

Der Angeklagte Ö. erwirtschaftete durch den Verkauf von Teilmengen des Marihuanas 2.875 €. Aus diesen Erlösen überwies er 1.850 € auf das Sparbuch des Einziehungsbeteiligten. Am 10. Dezember 2018 wurden im Keller seiner Großmutter zwei Restmengen von 805 Gramm und 63,75 Gramm sichergestellt.

VII. Der Angeklagte Ö. machte nach seiner Festnahme über seinen Tatbeitrag hinausgehende Angaben zu anderen Mitgliedern der Gruppierung. Zur Schadenswiedergutmachung zahlte er für die im Fall 1 Geschädigte 8.600 € und für die im Fall 2 Geschädigte 1.400 €.

VIII. Soweit dem Angeklagten J. zur Last gelegt worden ist, im Fall 3 dem Angeklagten Ö. vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener Geldwäsche Hilfe geleistet zu haben, hat das Landgericht ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte J. entgegen dem Vorwurf der Anklage nicht um die deliktische Herkunft des Geldes gewusst habe.

B.

I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam hinsichtlich des Angeklagten Ö. auf die Fälle 1 und 3 sowie den Ausspruch über die Einzelstrafen in den verbleibenden Fällen und die Gesamtstrafe, hinsichtlich des Angeklagten J. auf den Teilfreispruch beschränkt.

Wie sich aus der Revisionsbegründung ergibt (vgl. zur Auslegung BGH, Urteil vom 20. August 2020 - 3 StR 94/20, juris Rn. 20 mwN), greift die Beschwerdeführerin entgegen ihrem insofern weitergehenden Antrag die Einziehungsentscheidungen nicht an, soweit sie nicht von dem beanstandeten Schuldspruch in den Fällen 1 und 3 berührt werden. Im Übrigen ist für die Möglichkeit einer Teilanfechtung die Frage ohne Bedeutung, ob die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle 4 und 5 durch das Landgericht zutrifft (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 - 3 StR 88/18, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 6 Rn. 7 mwN), da sich das Rechtsmittel in Bezug auf beide Taten lediglich gegen den Strafausspruch wendet (s. BGH, Urteile vom 14. Mai 1996 - 1 StR 149/96, juris Rn. 4; vom 28. März 2018 - 2 StR 176/17, juris Rn. 20; KKStPO/Gericke, 8. Aufl., § 344 Rn. 10 aE) und diese von der Anklage umfasst sind (zur Prüfung von Verfahrensvoraussetzungen bei Revisionsbeschränkungen BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349).

II. Die Revision hat den Angeklagten Ö. betreffend Erfolg hinsichtlich der Fälle 1 und 3 sowie des Strafausspruchs in Fall 2. Dagegen sind die in den Fällen 4 und 5 festgesetzten Einzelstrafen nicht zu beanstanden.

1. Der Schuldspruch in Fall 1 allein wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges hat keinen Bestand, weil eine tateinheitliche Verurteilung weder wegen Amtsanmaßung noch wegen Bildung krimineller Vereinigungen nach den bislang getroffenen Feststellungen auszuschließen und die - insoweit nicht beschränkte - Anklage damit nicht im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO erschöpft worden ist (vgl. zur Kognitionspflicht etwa BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - 2 StR 291/18, NStZ 2019, 614 Rn. 14 f. mwN).

a) Einer Strafbarkeit des Angeklagten Ö. wegen in Mittäterschaft - oder gegebenenfalls als Gehilfe - begangener Amtsanmaßung gemäß § 132 Alt. 1, § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1 StGB steht nicht von vornherein entgegen, dass er mit der Geschädigten nicht unmittelbar in Kontakt trat, sondern lediglich die Beute vor der Wohnungstür an sich nahm. Bei der Amtsanmaßung handelt es sich nicht um ein eigenhändiges Delikt. Die Anrufe der türkischen Bandenmitglieder können nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zugerechnet werden, sofern deren Voraussetzungen im Einzelnen gegeben sind (vgl. insgesamt näher BGH, Beschlüsse vom 14. April 2020 - 5 StR 37/20, BGHSt 64, 314 Rn. 7 ff. mwN; vom 9. September 2020 - 2 StR 304/20, NStZ-RR 2021, 10, 11).

b) Eine Verurteilung des Angeklagten zudem wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung oder deren Unterstützung (§ 129 Abs. 1 Satz 1, 2 StGB) hat das Landgericht nicht in den Blick genommen, obschon die getroffenen Feststellungen dazu Anlass geboten haben.

aa) Eine Vereinigung ist nach § 129 Abs. 2 StGB in der Fassung des seit dem 22. Juli 2017 geltenden Vierundfünfzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2440) ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11275 S. 11). Danach müssen ein organisatorisches, ein personelles, ein zeitliches und ein interessenbezogenes Element gegeben sein.

Zuvor hatte die Rechtsprechung unter einer - im Strafgesetzbuch nicht näher definierten - Vereinigung einen auf eine gewisse Dauer angelegten, freiwilligen organisatorischen Zusammenschluss von mindestens drei Personen verstanden, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (s. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 23 mwN; vgl. bereits zur ?Verbindung? RG, Urteil vom 23. Februar 1931 - 2 D 834/30, JW 1931, 3667). Im Vergleich dazu wurde der Vereinigungsbegriff durch die genannte Legaldefinition bewusst ausgeweitet, indem die Anforderungen an die Organisationsstruktur und die Willensbildung abgesenkt wurden. Es sollen nunmehr nicht nur Personenzusammenschlüsse erfasst werden, deren Mitglieder sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen, sondern auch hierarchisch organisierte Gruppierungen mit bloßer Durchsetzung eines autoritären Anführerwillens ohne ?Gruppenidentität?. Indes muss ein organisierter Zusammenschluss von Personen bestehen, was zumindest eine gewisse Organisationsstruktur sowie in gewissem Umfang instrumentelle Vorausplanung und Koordinierung erfordert. Notwendig ist darüber hinaus das Tätigwerden in einem übergeordneten gemeinsamen Interesse. Wenngleich die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung auf der Grundlage der Legaldefinition nicht erfordert, dass sich der Täter in das ?Verbandsleben? der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die Tathandlung doch eine gewisse einvernehmliche Eingliederung des Täters in die Organisation voraus (s. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 207 mwN; vom 7. Mai 2019 - AK 13/19, juris Rn. 14).

Wie bereits nach der früheren Rechtslage können Tätergruppierungen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität ebenso wie sonstige Zusammenschlüsse aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität auch unter den neuen Begriff der kriminellen Vereinigung fallen (vgl. BT-Drucks. 18/11275 S. 11; BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 42). Erforderlich hierfür ist neben den weiteren aufgezeigten Voraussetzungen wie dargelegt, dass der Zusammenschluss ein übergeordnetes gemeinsames Interesse verfolgt. Lediglich individuelle Einzelinteressen der Mitglieder der Gruppierung genügen nicht. Das gemeinsame Interesse muss insbesondere über die bezweckte Begehung der konkreten Straftaten und ein Handeln um eines persönlichen materiellen Vorteils willen hinausgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2021 - AK 3 und 4/21, juris Rn. 24; Urteile vom 14. Juni 2018 - 3 StR 585/17, BGHSt 63, 138 Rn. 22; vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 42; LG Köln, Beschluss vom 9. November 2020 - 101 Qs 72/20, NStZ-RR 2021, 74 ff.; BT-Drucks. 18/11275 S. 11; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 40 f.; SKStGB/Stein/Greco, 9. Aufl., § 129 Rn. 15; SSWStGB/Lohse, 5. Aufl., § 129 Rn. 18; s. auch Montenegro, GA 2019, 489, 502; Martin, Kriminalistik 2018, 269, 271). Ein solches Interesse liegt bei Zusammenschlüssen zur Verfolgung weltanschaulich-ideologischer, religiöser oder politischer Ziele regelmäßig bereits mit Blick hierauf vor (vgl. beispielsweise BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 3 und 4/21, NStZ-RR 2021, 136, 137; vom 3. September 2020 - AK 22/20, juris Rn. 16; vom 22. Juli 2020 - AK 17/20, juris Rn. 22; vom 6. Februar 2020 - AK 1/20, NStZ-RR 2020, 245). Bei der gemeinsamen Begehung von Taten, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind und damit letztlich vor allem dem jeweils beteiligten Individuum wirtschaftliche Vorteile bringen sollen, ist dies allerdings nicht ohne Weiteres in gleicher Weise der Fall. Zur Ermittlung des für eine Vereinigung konstitutiven übergeordneten gemeinsamen Interesses können im Rahmen einer Gesamtwürdigung die äußeren Tatumstände herangezogen werden.

Hierzu gilt im Einzelnen:

(1) Nach dem Wortlaut des § 129 Abs. 2 StGB nF setzt eine Vereinigung einen Zusammenschluss ?zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses? voraus. Danach reicht, wie vor allem der Begriff ?übergeordnet? zeigt, das bloße Zusammentreffen von mehreren Einzelinteressen nicht aus, selbst wenn diese ähnlich sind. Vielmehr ergibt der Normtext, dass ein gemeinschaftlicher Zweck den eigenen Zielen vorrangig sein muss.

(2) Die Gesetzessystematik spricht ebenfalls dagegen, dass gleichgerichtete, von verschiedenen Personen verfolgte Ziele bereits ein übergeordnetes gemeinsames Interesse darstellen. Ein solches weites Verständnis ließe eine stimmige Normenanwendung in Bezug auf sonstige Regelungen des materiellen Strafrechts nicht zu, die das Zusammenwirken mehrerer Personen zum Gegenstand haben. Dies gilt insbesondere für eine Abgrenzung zur Bande (vgl. bereits BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 29; zur bewaffneten Gruppe im Sinne des § 127 StGB s. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - 3 StR 585/17, BGHSt 63, 138 Rn. 14 ff.).

Der in einer Vielzahl von Vorschriften (§ 146 Abs. 2, § 152a Abs. 3, § 152b Abs. 2, § 184b Abs. 2, § 184c Abs. 2, § 232 Abs. 3 Nr. 3, § 233 Abs. 2 Nr. 4, § 236 Abs. 4 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244a Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2, § 253 Abs. 4, § 260 Abs. 1 Nr. 2, § 260a Abs. 1, § 261 Abs. 5, § 263 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, § 265e Nr. 2, § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4, § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 4, § 275 Abs. 2, § 284 Abs. 3 Nr. 2, § 300 Satz 2 Nr. 2, § 303b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, § 335 Nr. 3 StGB) verwendete Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Ein ?gefestigter Bandenwille? oder ein ?Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse? ist nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 325).

Genügten bereits übereinstimmende Einzelinteressen für die Annahme eines Vereinigungsinteresses im Sinne des § 129 Abs. 2 StGB nF, wäre ein solches bei der Verwirklichung eines Bandentatbestandes angesichts des übereinstimmenden Willens zu künftiger Straftatbegehung regelmäßig gegeben. Da die übrigen Anforderungen an eine Vereinigung durch die Legaldefinition der Vereinigung gegenüber der früheren Rechtsprechung herabgesetzt wurden (vgl. BT-Drucks. 18/11275 S. 11; BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 3 und 4/21, NStZ-RR 2021, 136, 137 mwN; vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 206, 207), hätte dies zur Folge, dass eine Bande häufig, wenn nicht gar im Regelfall auch eine Vereinigung darstellt. Dem steht nicht das Erfordernis einer gewissen Organisation als taugliches Abgrenzungskriterium entgegen, weil eine Bande zumeist eine - in der Gesetzesbegründung für ausreichend erachtete - gewisse, ?möglicherweise nur rudimentäre? Organisationsstruktur aufweisen wird. Dementsprechend sieht § 98a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StPO die Tätigkeit als Bandenmitglied gerade als ein Beispiel für organisiertes Handeln an.

Ein sich daraus ergebender weitgehender Gleichlauf von Bande und Vereinigung fügt sich nicht in die Gesamtsystematik des materiellen Strafrechts ein (vgl. auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schittenhelm, StGB, 30. Aufl., § 129 Rn. 4a). Insoweit darf der grundlegende strukturelle Unterschied nicht aus dem Blick geraten, dass die bloße Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar ist, sondern das Handeln als Bandenmitglied lediglich ein Qualifikationsmerkmal oder ein Regelbeispiel für besonders schwere Fälle und demgemäß kein strafbegründendes, sondern strafschärfendes Merkmal darstellt. Demgegenüber stellt § 129 Abs. 1 StGB die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als solche unter Strafe (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 29).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus der beabsichtigten Begehung von Straftaten für sich genommen ebenfalls kein übergeordnetes gemeinsames Interesse (ebenso LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 40; anders Zöller, KriPoZ 2017, 26, 33; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 129 Rn. 14). Ansonsten käme den unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen des übergeordneten gemeinsamen Zweckes nach § 129 Abs. 2 StGB nF und der Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten nach § 129 Abs. 1 StGB jeweils keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zum ?Verschleifungsverbot? BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2015 - 2 BvR 2558/14 u.a., NJW 2015, 2949 Rn. 62 mwN).

Ohne dass es in der Sache maßgebend darauf ankommt, ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht ergänzend zu bemerken, dass gemäß § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG für Straftaten nach § 129 StGB grundsätzlich besondere Strafkammern bei den Landgerichten, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig sind und mithin über nahezu sämtliche Bandentaten mit Ausnahme von Betäubungsmitteldelikten entscheiden müssten, sofern die Verfolgung nicht bereits bis zur Entscheidung über die Zulassung der Anklage gemäß § 154a StPO beschränkt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1980 - StB 32/80, BGHSt 29, 341, 343 ff.; vom 13. September 2011 - 3 StR 196/11, BGHSt 57, 3 Rn. 23 mwN).

(3) Die sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Erwägungen bei Neufassung des § 129 StGB bestätigen, dass neben der - möglicherweise nur rudimentären - Organisationsstruktur gerade das Tatbestandsmerkmal der Verfolgung eines übergeordneten Interesses zur Unterscheidung zwischen Bande und Vereinigung dienen soll (s. BT-Drucks. 18/11275 S. 11; vgl. zuvor bereits BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 44 aE).

Dem würde ein zu weites Verständnis dieses übergeordneten Interesses, das damit gleichsam leerliefe, nicht gerecht.

Dabei ist einerseits zu beachten, dass der Gesetzgeber die Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI vollständig umsetzen wollte. Er ist über diese sogar noch bewusst insofern hinausgegangen, als nicht nur solche Zusammenschlüsse erfasst sind, die auf materielle Vorteile abzielen. Andererseits hat er zugrunde gelegt, dass eine kriminelle Vereinigung ?mehr verlangt als die bloße Übereinkunft von mindestens drei Personen, miteinander bestimmte Straftaten begehen zu wollen? (BT-Drucks. 18/11275 S. 11). Hierbei hat er sich davon leiten lassen, dass ein übergeordnetes gemeinsames Ziel für den Bereich der organisierten Wirtschaftskriminalität in dem von den Mitgliedern der Vereinigung über den Willen zur gemeinsamen Begehung von Straftaten geteilten gemeinsamen Gewinn- oder Machtstreben liege, ?das sich in der Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, der Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder dem (Versuch) der Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft? zeige (BT-Drucks. 18/11275 S. 11; ähnlich auch die Definition der Organisierten Kriminalität nach Nr. 2.1 der Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität vom 29. Januar 1991). Insgesamt hat er danach ersichtlich nicht angenommen, dass bereits in der geplanten Begehung von (Wirtschafts-)Straftaten ein gemeinsames Interesse liege, da ansonsten die zuvor genannten Beispiele entbehrlich gewesen wären (s. auch SSWStGB/Lohse, 5. Aufl., § 129 Rn. 21; anders Knaupe, Die unionsrechtskonforme Auslegung des bundesdeutschen Strafrechts, 2020, S. 591 f.).

(4) Schließlich gebietet der Gesetzeszweck keine abweichende Auslegung. So begegnet die Strafvorschrift des § 129 StGB der Gefährlichkeit durch eine vereinigungsspezifische Dynamik (vgl. zur früheren Rechtslage BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, BGHSt 56, 28 Rn. 31 mwN; nunmehr BT-Drucks. 18/11275 S. 10), die über eine bloße gemeinsame, auf Wiederholung angelegte Tatbegehung wie bei der Bande hinausgeht. Der Rahmenbeschluss 2008/841/JI, dessen Umsetzung die Legaldefinition dient, ist ebenfalls nicht auf eine allgemeine Strafverfolgung des Zusammenschlusses mehrerer Personen ausgerichtet, sondern zielt insbesondere auf eine Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität ab (vgl. Erwägungsgrund 1 des Rahmenbeschlusses). Diese wird, soweit sie nicht ohnehin bereits durch sonstige Strafvorschriften abgedeckt ist, hinreichend erfasst.

(5) Im Ergebnis ist folglich aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob sich mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses oder lediglich zur Durchsetzung ihrer gegebenenfalls gleichgerichteten Individualinteressen zusammengeschlossen haben. Hierbei können verschiedene objektive, bereits zuvor genannte Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. Hierzu zählen insbesondere der Umfang und das Ausmaß genutzter - gegebenenfalls auch grenzüberschreitender - organisatorischer Strukturen sowie sachlicher Mittel, eine festgelegte einheitliche Willensbildung, eine interne Sanktionierung von Verstößen gegen gemeinschaftliche Regeln, die Anzahl der Mitglieder, ein von den konkreten Personen losgelöster Bestand, eine etwaige Gemeinschaftskasse, die Beanspruchung quasistaatlicher Autorität und die Einflussnahme auf grundlegende gesellschaftliche oder hoheitliche Akteure. Je ausgeprägter solche Kriterien vorliegen, desto eher lässt sich der Schluss ziehen, dass es den einzelnen Personen - gerade im Bereich allgemeiner, auf Gewinnerzielung ausgerichteter Kriminalität - nicht lediglich um ihre individuellen Vorteile, sondern um weitergehende Ziele geht wie beispielsweise den eigenständigen Fortbestand der Organisation um ihrer selbst willen oder ein spezifisches Machtstreben. Da eine Gesamtbetrachtung geboten ist, müssen nicht sämtliche Merkmale in besonderer Weise vorliegen. Entscheidend ist, ob sie insgesamt den Schluss auf die Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses und die damit einhergehende vereinigungstypische Dynamik zulassen. Bedienen sich die Täter beispielsweise ausschließlich des eingerichteten Gewerbebetriebs eines (auch) legal am Markt operierenden Unternehmens, dessen Geschäftszweck nicht primär in der Begehung von Straftaten liegt, vermag allein ein hoher betrieblicher Organisationsgrad den Rückschluss auf ein übergeordnetes Interesse nicht zu begründen.

Ein solcher Ansatz fügt sich in mehrfacher Hinsicht in die rechtliche Konzeption ein. Die Gesetzesbegründung misst dem Organisationsgrad eine indizielle Bedeutung für das übergeordnete Interesse zu, indem sie ausdrücklich davon ausgeht, ein gemeinsames Gewinn- oder Machtstreben könne sich in der Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen zeigen (s. BT-Drucks. 18/11275 S. 11). Zudem kommt in Betracht, die das erforderliche Mindestmaß übersteigende Organisationshöhe bei Feststellung des übergeordneten Interesses zu berücksichtigen, zumal die Anforderungen an das eigenständige Tatbestandsmerkmal des organisierten Zusammenschlusses bewusst abgesenkt wurden. So ist es grundsätzlich möglich, aus äußeren Umständen Rückschlüsse auf subjektive Tatbestandsmerkmale zu ziehen. Im Übrigen setzt ein übergeordnetes gemeinsames Interesse faktisch den Bestand von Regeln voraus, nach denen sich ein solches bildet (vgl. zur Willensbildung auch LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 40; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 23 f.). Liegen solche Strukturen in ausgeprägtem Maße vor, kann dies darauf hindeuten, dass sie tatsächlich entsprechend genutzt werden.

bb) Nach diesen Maßstäben ergeben sich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 2 StPO bislang nicht, sind aber nach den bisherigen Feststellungen nicht von vornherein völlig auszuschließen.

Welche Ziele die an der Gruppierung beteiligten, namentlich die in der Türkei handelnden, Personen verfolgten, hat die Strafkammer bisher nicht weiter aufgeklärt. Allein die bislang festgestellte Anmietung von Büroräumen, die Beschaffung technischer Ausrüstung und die Ausrichtung auf eine längere Dauer reichen nicht aus, um das für eine Vereinigung erforderliche übergeordnete gemeinsame Interesse annehmen zu können. Indes könnten sie in Zusammenschau mit etwaigen zusätzlichen Indizien wie einer Gemeinschaftskasse, näheren Vorgaben für eine einheitliche Willensbildung und der Zahl der beteiligten Personen von Bedeutung sein. Insgesamt erscheint es in der konkreten Fallkonstellation letztlich als nicht generell unmöglich, die bereits vorhandenen ersten Anknüpfungstatsachen um weitere für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Gesichtspunkte zu ergänzen.

c) Da zum einen die Amtsanmaßung sowie die Bildung krimineller Vereinigungen nicht im Sinne des § 265 Abs. 1 StPO in der zugelassenen Anklage oder einem Hinweis angeführt waren und zum anderen die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine kriminelle Vereinigung nicht tragen, scheidet eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat aus.

Für den Fall, dass nach dem durch ein neues Tatgericht zu klärenden Sachverhalt eine kriminelle Vereinigung anzunehmen sein sollte, wäre darüber hinaus im Einzelnen zu prüfen, wo die Vereinigung örtlich einzuordnen ist und ob es gegebenenfalls einer Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB bedarf (vgl. dazu näher 35 36 37 38 BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, BGHSt 57, 14 Rn. 14 ff.).

2. Der Schuldspruch in Fall 3 kann nicht bestehen bleiben, weil eine Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (s. zuvor) sowie wegen Begünstigung nicht geprüft worden ist und nach den getroffenen Feststellungen eine Verurteilung wegen - zur vollendeten Geldwäsche in Tateinheit stehender - versuchter Geldwäsche ausscheidet.

a) Täter einer Begünstigung nach § 257 Abs. 1 StGB ist derjenige, der einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern. Für eine solche Absicht muss es dem Täter - unabhängig vom Beweggrund seines Tuns - darauf ankommen, im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzmäßigen, durch die Vortat beeinträchtigten Zustandes zu verhindern oder zu erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1953 - 3 StR 718/52, BGHSt 4, 107, 108 f.; Beschluss vom 7. April 2020 - 6 StR 34/20, NStZ-RR 2020, 175). Eine Begünstigung kann mit Hehlerei in Tateinheit stehen (s. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 230/97, NStZ-RR 1997, 359; Beschluss vom 10. November 2020 - 3 StR 308/20, juris; kritisch zu § 261 StGB nF Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045, 1046; Jahn, BT-Rechtsausschuss Protokoll-Nr. 19/117, 93, 119 f.).

Die Strafkammer hat eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Begünstigung und die dafür erforderliche Vorteilssicherungsabsicht nicht erwogen. Die von ihr zugrunde gelegten Feststellungen zum bedingten Vorsatz des Angeklagten hat sie auf dessen Geständnis gestützt. Indes hat sie sich nicht damit auseinandergesetzt, ob darüber hinaus ein direkter Vorsatz gegeben war. Hierzu hätte angesichts der von ihr dargelegten Beweislage, insbesondere überwachter Telefongespräche und der weiteren Umstände, Anlass bestanden.

Im Übrigen ergibt sich nicht, dass eine Begünstigung aus anderen Gründen, etwa nach § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB, nicht infrage kommt; der Angeklagte war an der Vortat nicht beteiligt.

b) Die rechtliche Einordnung der Geldwäschetaten begegnet Bedenken. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe sich zum einen durch Verschaffung der 21.000 € wegen vollendeter Geldwäsche (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF) und in Tateinheit damit durch das Passieren der Zollkontrolle der versuchten Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB aF) strafbar gemacht.

aa) Der Tatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB ist nach dem erstinstanzlichen Urteil durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327 ff.) grundlegend neu gefasst worden (vgl. dazu BT-Drucks. 19/24180 S. 21; kritisch etwa Bülte, BT-Rechtsausschuss Protokoll-Nr. 19/117, 31, 54; Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045, 1048 f.). Zudem hat sich der Strafrahmen für das Grunddelikt insofern geändert, als er nicht mehr bei einer erhöhten Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe beginnt, sondern allgemein Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. Vor diesem Hintergrund ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB das mildeste Gesetz anzuwenden (zur Beachtung im Revisionsverfahren vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1975 - 2 StR 681/74, BGHSt 26, 94).

bb) Nach der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage reicht für die Tatmodalität des Gefährdens der Ermittlung der Herkunft und des Auffindens jede Aktivität aus, die den Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf den Gegenstand zu verhindern trachtet, namentlich auch der Transport von Bargeld (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 StR 384/15, wistra 2016, 191 Rn. 11 mwN). Demnach kann der bis zur Sicherstellung des Geldes fortlaufende Transport eine einheitliche Tat darstellen (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 27. März - 2 StR 561/18, NJW 2019, 2182 Rn. 21; vom 27. November 2018 - 5 StR 234/18, BGHSt 63, 268 Rn. 24 mwN). Eine Verwirklichung des Auffangtatbestandes des § 261 Abs. 2 StGB aF tritt dahinter zurück (s. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2018 - 3 StR 626/17, wistra 2019, 235 Rn. 19; Urteil vom 12. Juli 2016 - 1 StR 595/15, wistra 2017, 66 Rn. 30).

cc) In § 261 Abs. 1 StGB nF ist ein Gefährdungstatbestand im zuvor dargelegten Sinne nicht mehr enthalten. Allerdings stellt § 261 Satz 1 Nr. 2 StGB nF das Verbringen eines aus einer rechtswidrigen Tat herrührenden Gegenstandes in der Absicht unter Strafe, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln (vgl. Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045, 1049; Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330, 337). Mit einer solchen Absicht hat sich das Landgericht - nach der damaligen Rechtslage folgerichtig - nicht befasst.

Unabhängig davon tragen die bisherigen Feststellungen jedoch ein Verwahren im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF, nachdem der Angeklagte die Herkunft des Geldes zu dem Zeitpunkt gekannt hatte, zu dem er es erlangte (vgl. zu bedingtem Vorsatz nach § 261 Abs. 2 aF BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 - 1 StR 536/16, juris Rn. 29 mwN; MüKoStGB/Neuheuser, 3. Aufl., § 261 Rn. 76; zum Begriff des Verwahrens BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - 2 StR 281/18, NJW 2019, 1311 Rn. 39 mwN). Dagegen erfordert ein Sich-Verschaffen gemäß § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB nF ebenso wie bei § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF, dass der Täter eine eigentümerähnliche Verfügungsgewalt im Wege abgeleiteten Erwerbs erhält (s. BT-Drucks. 19/24180 S. 31; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2015 - 5 StR 541/14, NZWiSt 2015, 272 Rn. 5; entsprechend zu § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB BGH, Urteil vom 24. März 1998 - 1 StR 558/97, BGHSt 44, 62, 65 f.; zu § 259 Abs. 1 StGB BGH, Urteil vom 10. Oktober 2018 - 2 StR 564/17, BGHSt 63, 274 Rn. 9 mwN). Eine solche eigene Verfügungsgewalt ergibt sich angesichts der Botenstellung des Angeklagten nicht.

c) Eine abschließende Beurteilung durch den Senat scheidet aus, da bereits aufgrund der nicht rechtsfehlerfrei abgelehnten Begünstigung ein neues Tatgericht unter Beachtung des § 2 Abs. 3 StGB (vgl. zu den Maßstäben BGH, Urteil vom 4. Juli 2018 - 5 StR 46/18, NStZ 2018, 652, 653 mwN) über den Fall zu befinden haben wird.

3. Der Ausspruch über die Einzelstrafe für Fall 2 ist wegen Missachtung des Doppelverwertungsverbotes gemäß § 50 StGB rechtsfehlerhaft.

Das Landgericht ist von einem minder schweren Fall des gewerbsmäßigen Bandenbetruges nach § 263 Abs. 5 StGB ausgegangen und hat diesen Strafrahmen wegen Täter-Opfer-Ausgleichs sowie Aufklärungshilfe doppelt gemildert (§ 46a Nr. 1, § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB). Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen hat es zur Begründung eines minder schweren Falles mildernd berücksichtigt, dass sich der Angeklagte bei Tochter und Schwiegersohn der Geschädigten entschuldigt und den materiellen Schaden vollständig zurückgezahlt hat.

Dies steht nicht mit § 50 StGB in Einklang. Danach darf bei der Strafrahmenwahl ein Umstand, der mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 StGB ist, nur einmal berücksichtigt werden (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 10. September 1986 - 3 StR 287/86, BGHR StGB § 50 Mehrfachmilderung 1). Die bereits für den geringeren Strafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB herangezogene Entschuldigung und Schadenswiedergutmachung stellen gerade die Voraussetzungen für den zusätzlich angenommenen, zu einer weiteren Milderung führenden Täter-Opfer-Ausgleich dar. Eine solche doppelte Heranziehung bei Bestimmung des Strafrahmens lässt § 50 StGB nicht zu.

Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne die Berücksichtigung der § 46a Nr. 1 StGB begründenden Umstände einen minder schweren Fall nicht angenommen hätte.

4. Die für die Fälle 4 und 5 verhängten Einzelstrafen sind nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet keinen Bedenken, dass die Strafkammer bei der Begründung ihrer Strafzumessungsentscheidung nicht strafschärfend herangezogen hat, dass der Angeklagte gewerbsmäßig handelte.

a) Die Strafzumessung ist Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, aufgrund der Hauptverhandlung die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt. Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägungen ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen. Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Aus dem Umstand, dass ein für die Zumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, das Tatgericht habe ihn nicht gesehen oder nicht gewertet. Einen durchgreifenden Rechtsfehler stellt es indes dar, wenn das Tatgericht bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) erkennbar außer Betracht lässt (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 4. April 2019 - 3 StR 31/19, juris Rn. 15 mwN).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Strafzumessung in den Fällen 4 und 5 ohne Rechtsfehler. Auch wenn ein gewerbsmäßiges Handeln im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG beim Vorliegen des Verbrechenstatbestandes des § 29a Abs. 1 Satz 2 BtMG Bedeutung haben kann (s. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 - 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57, 58), ist dem nicht zwangsläufig bestimmendes Gewicht beizumessen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 - 4 StR 274/18, juris Rn. 10 mwN). Nach den dargelegten Grundsätzen und den konkreten Umständen war die Strafkammer hier nicht verpflichtet, ein gewerbsmäßiges Handeln in den Urteilsgründen anzuführen.

5. Darüber hinausgehende durchgreifende Beanstandungen haben sich - auch zu Lasten des Angeklagten (§ 301 StPO) - nicht ergeben.

Die zuvor dargelegten Rechtsfehler haben die Aufhebung der Fälle 1 und 3, der Einzelstrafe im Fall 2 und der Gesamtstrafe zur Folge. Dies führt dazu, dass die Grundlage für die Einziehungsentscheidung entfallen ist, soweit sie die bei den Taten 1 und 3 erlangten Beträge betrifft. Im verbleibenden Umfang ist die Anordnung nicht angefochten und kann bestehen bleiben.

III. Die den Teilfreispruch des Angeklagten J. betreffende Revision greift durch. Das Landgericht hat eine vorsätzliche Beihilfe zur Geldwäsche des Angeklagten Ö. abgelehnt, da der Angeklagte J. nicht von der deliktischen Herkunft des Geldes gewusst habe. Damit ist die Anklage nicht erschöpft (vgl. zur Kognitionspflicht BGH, Urteil vom 20. September 2018 - 3 StR 195/18, juris Rn. 35 mwN). Erwägungen zu einer etwaigen Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche fehlen.

1. Nach § 261 Abs. 5 StGB aF, § 261 Abs. 6 Satz 1 StGB nF kann sich auch derjenige strafbar machen, der leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen aus einer rechtswidrigen Tat herrührenden Gegenstand handelt (zur Verfassungsmäßigkeit des § 261 Abs. 5 StGB aF BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/16, BGHSt 43, 158, 165 ff.; kritisch zur neuen Gesetzeslage Gazeas, NJW 2021, 1041 Rn. 30). Einer Strafbarkeit eines bloß leichtfertig handelnden Teilnehmers wegen Beihilfe steht entgegen, dass der Gehilfenvorsatz gemäß § 27 Abs. 1 StGB die Verwirklichung der nach ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundlagen hinreichend konkretisierten Haupttat umfassen muss (vgl. allgemein BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 4 StR 297/20, NStZ-RR 2021, 78, 79; zur Leichtfertigkeit MüKoStGB/Neuheuser, 3. Aufl., § 261 Rn. 102). Dabei ist indes zu beachten, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 261 StGB teils solche Handlungen als täterschaftlich eingeordnet hat, bei denen es sich nach allgemeinen strafrechtlichen Regeln um Beihilfe handeln würde; danach ist Täter, wer selbst in vollem Umfang tatbestandsmäßig handelt, wenngleich er ganz oder überwiegend im Interesse eines anderen tätig wird (s. BGH, Urteil vom 15. August 2018 - 5 StR 100/18, wistra 2019, 29 Rn. 41 mwN).

2. Die Gründe des angefochtenen Urteils verhalten sich weder zu einer etwaigen Leichtfertigkeit des Angeklagten J. noch zu einer Einordnung als Täter. Da er 10.000 € an sich nahm, um das Geld für jemand anderen in die Türkei zu bringen, erschließt sich nicht, dass er es nicht zumindest im Sinne des § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF, § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF verwahrte (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - 2 StR 281/18, NJW 2019, 1311 Rn. 39 mwN).

Zudem ist nach den getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen, dass er die rechtswidrige Herkunft leichtfertig nicht erkannte. Dies ist der Fall, wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus einer Katalogtat im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB aF nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder großer Unachtsamkeit außer Acht lässt (s. BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 - 1 StR 536/16, wistra 2018, 43 Rn. 20 mwN; s. auch BGH, Urteil vom 8. September 2011 - 1 StR 38/11, BGHR AO § 378 Leichtfertigkeit 5 Rn. 17). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hätte angesichts der Gesamtumstände näherer Prüfung bedurft.

IV. Die Aufhebung des Urteils in Bezug auf Fall 3 ist insoweit auf den nicht revidierenden Einziehungsbeteiligten zu erstrecken (zur Anwendung auf Einziehungsbeteiligte BGH, Beschluss vom 6. März 2019 - 3 StR 286/18, wistra 2019, 420 Rn. 15; Urteil vom 11. November 2020 - 1 StR 328/19, juris Rn. 21 mwN). Sie ist im Sinne des § 357 Satz 1 StPO zugunsten des Angeklagten erfolgt, da eine neue Tatsachenverhandlung als Vorteil anzusehen ist (s. KKStPO/Gericke, 8. Aufl., § 357 Rn. 3). Sie bezieht sich auch auf den Nebenbeteiligten, weil die Grundlage für die ihn betreffende Einziehung in Höhe von 1.000 € entfallen ist. Einen entsprechenden Betrag erhielt er vom Angeklagten Ö. aus der Gesamtsumme von 21.000 €. Dies berührt die weitergehende Einziehung im Umfang von 1.850 € nicht, die aus Erlösen der Fälle 4 und 5 resultiert.

V. Mit der Teilaufhebung des Urteils hat sich die zugleich eingelegte Kostenbeschwerde erledigt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2019 - 3 StR 400/18, juris Rn. 12; vom 10. Dezember 2002 - 4 StR 451/02, juris Rn. 5; vom 18. März 2014 - 3 StR 1/14, juris Rn. 7).

VI. Für die neue Verhandlung und Entscheidung ist gemäß § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG eine Staatsschutzkammer zuständig. Dies gilt auch für die damit im Sinne der §§ 2 f. StPO gemeinsam anhängigen weiteren Taten (vgl. KG, Beschluss vom 9. Mai 2012 - [3] 161 Ss 49/12 [41/12], NStZ-RR 2013, 57; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 74a Rn. 3). Eine Ausnahmekonstellation nach § 74a Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 GVG, in der dem Angeklagten neben dem Vereinigungsdelikt ein in Tateinheit stehender Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last liegt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 196/11, BGHSt 57, 3 Rn. 18 ff.), ist nicht gegeben.

VII. Der Senat weist für das weitere Verfahren darauf hin, dass die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73, 73c StGB verbundene Vermögenseinbuße keinen Strafmilderungsgrund darstellt (s. BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623 und 624/17, juris Rn. 17; vom 12. März 2020 - 4 StR 537/19, juris Rn. 12 mwN). Ebenso wenig sind im Allgemeinen etwaige Verstöße gegen das Verfahrensrecht bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (s. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 3 StR 97/11, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Verfahrensverstöße 2; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. September 2016 - 1 StR 154/16, NJW 2016, 3670 Rn. 29 ff.).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 795

Externe Fundstellen: BGHSt 66, 137; NJW 2021, 2813; NStZ 2022, 606; StV 2021, 714; StV 2022, 520

Bearbeiter: Christian Becker