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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 422

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 291/19, Beschluss v. 12.02.2020, HRRS 2020 Nr. 422


BGH 2 StR 291/19 - Beschluss vom 12. Februar 2020 (LG Wiesbaden)

Untreue (Entziehung von Vermögenswerten: Schwerpunkt der Pflichtwidrigkeit; Vermögensnachteil: schadensgleiche Vermögensgefährdung, schwarze Kassen); rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (keine Auswirkung der Aufhebung des Urteils im Strafausspruch).

Art. 2 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 1 EMRK; § 266 Abs. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Eine Strafbarkeit wegen Untreue - in der Variante des Missbrauchs- oder Treubruchstatbestands - kann gegeben sein, wenn der Angestellte einer juristischen Person, insbesondere auch einer Kapitalgesellschaft, dieser ohne wirksame Einwilligung Vermögenswerte entzieht, um sie nach Maßgabe eigener Zwecksetzung, wenn auch möglicherweise im Interesse des Treugebers, zu verwenden. Zum Kernbereich einer Vermögensbetreuungspflicht eines Angestellten mit eigenständiger Dispositionsmacht über fremdes Vermögen gehört es auch, seiner Arbeitgeberin verborgene Geldmittel auf verdeckten, nicht unter ihrem Namen geführten, Konten zu offenbaren. Das Schwergewicht der Pflichtwidrigkeit liegt in diesem Fall regelmäßig nicht auf einzelnen Verwaltungs- und Verschleierungshandlungen des Treunehmers, sondern in dem Unterlassen der Offenbarung durch ordnungsgemäße Verbuchung der Geldmittel.

2. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann bereits durch das Einrichten und Führen einer solchen sog. schwarzen oder verdeckten Kasse eintreten, ohne dass es auf die Grundsätze einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ankommt. Maßgeblich ist, ob die Treugeberin nach der konkreten Ausgestaltung der verdeckten Kasse auf diese nicht mehr zugreifen kann und die ausgegliederten Vermögenswerte damit nicht nur in ihrem wirtschaftlichen Wert gemindert, sondern der Treugeberin dauerhaft entzogen sind. Dies kommt nicht nur in Betracht, wenn die Kasse ohne Kenntnis des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und unter Verstoß gegen Unternehmensrichtlinien eingerichtet und geführt wird, sondern auch bei bewusstem Ausschluss der Kontrolle und Aufsicht durch die Gesellschaftsorgane. Die dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit der Treugeberin über die Vermögenswerte stellt einen endgültigen Vermögensverlust dar, der zur Vollendung des Tatbestands der Untreue und zu einem Vermögensnachteil in Höhe der in der verdeckten Kasse vorenthaltenen Mittel führt; die Verwendung der entzogenen Mittel ist danach nur eine Schadensvertiefung und ihre Rückführung allenfalls Schadenswiedergutmachung.

3. Die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht im Strafausspruch erfasst grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation der bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 20. März 2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus hat es bestimmt, dass drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte seit 1993 Geschäftsführer der D. K. mbH (im Folgenden: D. K.), einer Tochtergesellschaft der Z. -AG (im Folgenden: Z.), mit dem Aufgabengebiet einer steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung insbesondere von Konzerngesellschaften der Z. -Gruppe, sowie seit 1999 zudem Steuersyndikus der Z. Die D. K. betreute u.a. die T. GmbH (im Folgenden: T.), ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Z. Zwischen der T. und der Z. bestand seit 2003 ein - in seinen Einzelheiten nicht näher festgestellter - Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag.

Die D. K. führte im Rahmen der Betreuung der T. ein Treuhandkonto bei der C. AG in S. „02 - D. K. GmbH Anderkonto T.“ (im Folgenden: Konto …02), auf welchem „Rückstellungen gebucht“ wurden, die „aufgelöst“ werden sollten, weil sie regelmäßig zu hoch ausfielen. „Im Zuge von Rückstellungsverbrauchen“ veranlasste der Angeklagte im Januar 2005, dass das verbleibende Guthaben nicht auf ein Konto der T., sondern auf ein durch ihn zuvor eingerichtetes Treuhandkonto bei der C. S. „04 - D. K. GmbH Anderkonto Z. -AG (Deutschland)“ (im Folgenden: Konto …04) übertragen wurde. Die Rückstellungen wurden „ergebnisneutral aufgelöst, indem die freiwerdenden Gelder […] auf das Konto …04 […] transferiert wurden. Auf diese Weise wurde das Ergebnis der T. geglättet und waren die Rückstellungen in ihrer Buchhaltung nicht mehr vorhanden“. Diese Handhabung, die auf einer Idee des Angeklagten beruhte, war mit der Geschäftsführung der T. nicht abgesprochen, da sich die Verantwortlichen der T. aus Sicht des Angeklagten dafür nicht interessierten. Das Konto …04 hatte der Angeklagte ursprünglich für die Abwicklung im Zusammenhang von Einladungen u.a. von Sponsoren anlässlich der Olympischen Spiele von Athen mit Wissen des zuständigen Mitglieds des Finanzvorstands der Z. eingerichtet. Über die weitere Verwendung dieses Anderkontos hatte dieser allerdings keine Kenntnis. Er überwachte die Führung solcher Anderkonten auch nicht.

Allein aus den Überträgen von dem Konto …02 ergab sich auf dem Konto …04 ein Guthaben in Höhe von insgesamt 692.300 €. Bereits in dem aus Sicht der Strafkammer verjährten Zeitraum im Jahr 2005 tätigte der Angeklagte Barabhebungen in Höhe von insgesamt 400.000 € von dem Konto …04. Von April bis September 2009 hob er weitere Barbeträge in Höhe von zweimal 1.000 €, einmal 5.000 € und einmal 7.500 € (Fälle II.1 bis II.4 der Urteilsgründe) von dem Konto ab, um nach eigenem Gutdünken „hier und da etwas Gutes“ zu tun. Belege für etwaige Aufwendungen verwahrte er nicht. Die Bewegungen des Kontos …04 wurden von einer Mitarbeiterin der D. K. in einer Excel-Tabelle erfasst; im Falle ihrer Abwesenheit wurde sie teilweise durch den Prokuristen der D. K. bei dieser Tätigkeit vertreten.

Im Oktober 2009 ließ der Angeklagte das auf dem Konto …04 noch befindliche Guthaben „in Höhe von 497.656,32 €“ auf das kurz zuvor auf seinen Namen eingerichtete Treuhandkonto der D. K. bei der C. S. „83 - L. -AG“ (im Folgenden: Konto …83) überweisen, wobei sich an der Handhabung und der Verfügungsberechtigung gegenüber dem Konto …04 nichts ändern sollte. Ausweislich eines Formulars zur „Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten - Anlage zur Eröffnung von zusätzlichen Unterkonten“ sollte die Z. wirtschaftlich Berechtigte des neuen Treuhandkontos sein. Anlass für die Einrichtung dieses Treuhandkontos waren geänderte Richtlinien der C. AG zur Führung von Anderkonten, die nicht auf eine juristische Person, sondern einen Berufsträger lauten sollten. Die Kontobewegungen wurden wiederum in einer Excel-Tabelle durch dieselbe Mitarbeiterin der D. K. erfasst.

Von diesem Konto bewirkte der Angeklagte Ende 2009 drei Barabhebungen in Höhe von zweimal 1.000 € und einmalig 7.500 € (Fälle II.5, II.6 und II.8 der Urteilsgründe). Das Bargeld deponierte er in einem privaten, auf seinen Namen laufenden Schließfach, von dem neben ihm nur seine älteste Tochter wusste, die auch Zugang dazu hatte. Das Geld war „als Verwendungsmasse für eventuelle besonderen Fälle“ gedacht, die jedoch niemals eintraten. Weiterhin veranlasste der Angeklagte im November 2009 die Abbuchung von 425.727,50 € (Fall II.7 der Urteilsgründe), um 17,5 kg Gold zu erwerben, das er in einer Schachtel ebenfalls in dem vorgenannten Schließfach verwahrte, an der ein Zettel mit der Aufschrift angebracht war „Melden bei D. K., falls mir etwas passiert“ und in der sich ein weiterer Zettel befand mit dem Hinweis: „Dieses Gold gehört der Z.“.

Im Hinblick auf sein Anfang 2011 anstehendes Ausscheiden aus dem Konzern wollte der Angeklagte das Konto …83 auflösen. Aus diesem Grund hob er von diesem im Januar 2011 zweimal 5.000 € und je einmalig 7.500 € sowie 10.000 € (Fälle II.9 bis II.12 der Urteilsgründe) ab und legte die betreffenden Bargeldbeträge wiederum in sein privates Schließfach, um sie später einer nicht konkret feststehenden Vertrauensperson des Z. -Konzerns zurückzugeben. Ein neuer, womöglich „von außen“ kommender Geschäftsführer der D. K. sollte nach seiner Vorstellung nicht gleich über verschiedene „Dinge“ des Z. -Konzerns Bescheid wissen und keine Kenntnis von dem Konto …83 erhalten. Der Angeklagte suchte das Gespräch mit seinem Fachvorgesetzten in der Schweiz, um diesen über die Existenz des Kontos zu informieren. Ein solches Gespräch kam indes nicht zustande.

Ende Februar 2011 schied der Angeklagte aus der Z. aus und legte die Geschäftsführung der D. K. nieder. Auf seinen Wunsch kam es im April 2011 zu einem Treffen zwischen ihm, dem amtierenden Finanzvorstand der Z. sowie einem weiteren Vertreter der Z. -Gruppe, um „die Sache zu bereinigen“. Zwei Tage später übergab der Angeklagte die erworbenen 17,5 kg Gold, dessen Wert auf 600.632,20 € gestiegen war, und 71.928 € in bar - inklusive Kontoführungsgebühren in Höhe von 316,57 € aus eigenen Mitteln - in den Büroräumen der Z. -Gruppe Deutschland in F. .

Bereits im Dezember 2007 und Dezember 2009 hatte der Angeklagte als Geschäftsführer der D. K. den Ausgleich zweier an die D. K. gerichteter Rechnungen einer T., A. - und mbH (im Folgenden: TA.), deren Mitgesellschafter er war, über 17.250 € (Fall II.13 der Urteilsgründe) und 15.863,40 € (Fall II.14 der Urteilsgründe) veranlasst, obwohl diese, wie er wusste, nicht leistungsunterlegt waren. Er handelte in dem Ansinnen, auf diese Weise sein Privatvermögen zu vermehren.

Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als jeweils selbstständige Untreuetaten gemäß § 266 Abs. 1 1. Alt. StGB gewürdigt. In den Fällen II.1 bis II.4 der Urteilsgründe habe er unter Verletzung der ihm als Geschäftsführer der D. K. obliegenden Pflicht, deren Vermögensinteressen sowie die ihrer Mandanten - der T. und weiterer Gesellschaften der Z. -Gruppe - zu wahren, durch die Barabhebungen von dem Konto …04 unmittelbar die T., „welcher das Guthaben infolge der Rückstellungsauflösungen primär zustand“ und „mittelbar“ auch die Z. als Begünstigte des Gewinnabführungsvertrages mit der T. geschädigt. Indem der Angeklagte in den Fällen II.5 bis II.12 von dem Konto …83 Bargeld abgehoben bzw. Gold erworben und dieses in seinem privaten Schließfach deponiert habe, habe er auch dort pflichtwidrig „der T. bzw. Z.“ einen Vermögensschaden zugefügt, da die Vermögenswerte „zum Zeitpunkt der Kontoabhebungen, spätestens mit Beginn ihrer Verwahrung in dem privaten Schließfach des Angeklagten dem Gesamtvermögen der Z. -Gruppe für nicht absehbare Zeit und damit bereits endgültig entzogen“ gewesen seien.

II.

Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung führt aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe, der Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe.

1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.13 und II.14. Hingegen bieten sie in den Fällen II.1 bis II.12 keine ausreichende Grundlage für die revisionsrechtliche Prüfung des Schuldspruchs. Sie belegen nicht, dass sich der Angeklagte in zwölf tatmehrheitlichen Fällen der Untreue strafbar gemacht hat.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit wegen Untreue - in der Variante des Missbrauchs- oder Treubruchstatbestands - gegeben sein kann, wenn der Angestellte einer juristischen Person, insbesondere auch einer Kapitalgesellschaft, dieser ohne wirksame Einwilligung Vermögenswerte entzieht, um sie nach Maßgabe eigener Zwecksetzung, wenn auch möglicherweise im Interesse des Treugebers, zu verwenden (Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 („Siemens“), BGHSt 52, 323, 333 Rn. 36; BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 490/16, juris Rn. 40, NStZ 2018, 105, 107 f.; vgl. auch Senat, Urteil vom 21. Oktober 1994 - 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287, 296; BGH, Beschluss vom 27. August 2014 - 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36). Zum Kernbereich einer Vermögensbetreuungspflicht eines Angestellten mit eigenständiger Dispositionsmacht über fremdes Vermögen gehört es auch, seiner Arbeitgeberin verborgene Geldmittel auf verdeckten, nicht unter ihrem Namen geführten, Konten zu offenbaren (vgl. Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 333 f. Rn. 37; insoweit zustimmend Bosch, JA 2009, 233, 234; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 783). Das Schwergewicht der Pflichtwidrigkeit liegt in diesem Fall regelmäßig nicht auf einzelnen Verwaltungs- und Verschleierungshandlungen des Treunehmers, sondern in dem Unterlassen der Offenbarung durch ordnungsgemäße Verbuchung der Geldmittel (Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 38; vgl. auch Senat, Urteile vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05 („Kanther“), BGHSt 51, 100, 112 Rn. 41; vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 276 ff. Rn. 30 f.; MüKo-StGB/Dierlamm, 3. Aufl., § 266 Rn. 139; Brand, NJW 2010, 3463; kritisch Bernsmann, GA 2009, 296, 304; Satzger, NStZ 2009, 297, 300 f.; Saliger, NStZ 2007, 545, 546 f.; differenzierend Rönnau, StV 2009, 246, 247).

Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann bereits durch das Einrichten und Führen einer solchen sog. schwarzen oder verdeckten Kasse eintreten, ohne dass es auf die Grundsätze einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ankommt (Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff. Rn. 42 ff.; vgl. ferner Senat, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff. Rn. 40 ff.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2018 - 1 StR 234/17, GmbHR 2019, 401, 404 f. Rn. 49 ff.; insoweit zustimmend Ransiek, NJW 2009, 95; kritisch BeckOK-StGB/Wittig, 45. Ed., § 266 Rn. 57.1; LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 180; Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, StGB, 2. Aufl., § 266 Rn. 200a f.; NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl., § 266 Rn. 121b; MüKo-StGB/Dierlamm, aaO, Rn. 248; Rönnau, aaO, 248 f.; Satzger, aaO, 302 ff. je mwN). Maßgeblich ist, ob die Treugeberin nach der konkreten Ausgestaltung der verdeckten Kasse auf diese nicht mehr zugreifen kann und die ausgegliederten Vermögenswerte damit nicht nur in ihrem wirtschaftlichen Wert gemindert, sondern der Treugeberin dauerhaft entzogen sind (vgl. BGH, Urteile vom 23. Oktober 2018 - 1 StR 234/17, GmbHR 2019, 401, 405 Rn. 59 f.; vom 27. August 2014 - 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; ferner Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 2 StR 308/16, juris Rn. 21; Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 284 Rn. 44; BGH, Urteil vom 6. September 2016 - 1 StR 104/15, juris Rn. 36). Dies kommt nicht nur in Betracht, wenn die Kasse ohne Kenntnis des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und unter Verstoß gegen Unternehmensrichtlinien eingerichtet und geführt wird, sondern auch bei bewusstem Ausschluss der Kontrolle und Aufsicht durch die Gesellschaftsorgane (vgl. Senat, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff. Rn. 41 ff.). Die dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit der Treugeberin über die Vermögenswerte stellt einen endgültigen Vermögensverlust dar, der zur Vollendung des Tatbestands der Untreue und zu einem Vermögensnachteil in Höhe der in der verdeckten Kasse vorenthaltenen Mittel führt; die Verwendung der entzogenen Mittel ist danach nur eine Schadensvertiefung und ihre Rückführung allenfalls Schadenswiedergutmachung (Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 338 Rn. 46; vgl. ferner Senat, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 284 Rn. 45; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2014 - 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; vom 30. September 2010 - 5 StR 259/10, NStZ 2011, 160, 161; vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, juris Rn. 11).

b) Hieran gemessen belegen die Urteilsfeststellungen nicht, dass sich der Angeklagte in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe wegen Untreue in zwölf tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht hat.

Die Strafkammer hat sich durch die Annahme einer lediglich „mittelbaren“ Schädigung der Z. den Blick darauf verstellt, dass es sich bei der T. und der Z. um selbständige Rechtsgutsträger handelt und die Rechtsverhältnisse sowie die wirtschaftliche Berechtigung an den verschiedenen Anderkonten nur unzureichend festgestellt. Damit bleibt aber offen, ob die von der Strafkammer der Verurteilung zugrunde gelegten Geldentnahmen als jeweils einzelne Tathandlung geeignet waren, einen Vermögensschaden zum Nachteil der T. bzw. der Z. als eigenständige Rechtssubjekte zu begründen.

aa) Eine Untreue zum Nachteil der T. wird durch die Feststellungen nicht getragen.

Zwar traf den Angeklagten als Geschäftsführer der mit der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung der T. betrauten D. K. gegenüber der T. eine Vermögensbetreuungspflicht. Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass die von dem Angeklagten veranlassten zwölf - naheliegenderweise pflichtwidrigen ? Geldentnahmen eine Minderung des Vermögens dieser Gesellschaft zur Folge hatten.

Die Strafkammer hat keine Feststellung dazu getroffen, dass die T. wirtschaftliche Berechtigte des Kontos …04 bzw. des Kontos …83 war. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um einen Schaden zum Nachteil der T. zu belegen. Hiergegen könnte sprechen, dass das Konto …04 mit „D. K. GmbH Anderkonto Z. -AG“ bezeichnet war. Auch das weitere Verhalten des Angeklagten deutet darauf hin, dass er dieses Anderkonto, das lediglich in einer Nebenbuchführung - in Gestalt einer Excel-Tabelle - der D. K. erfasst war, als verdeckte bzw. schwarze Kasse für die Z. führte. Denn auch das Konto …83 auf das 2009 die noch vorhandene Valuta des Kontos …04 übertragen wurde, trug den Namen“ L. -AG (Deutschland)“, wobei die Z. ausweislich des vorerwähnten Abklärungsformulars wirtschaftliche Berechtigte des Kontos …83 sein sollte. Durch die Umbuchung vom Konto …04 auf das Konto …83 sollte sich keine Änderung an der Handhabung und der Verfügungsberechtigung ergeben. In die Schachtel, in der der Angeklagte das mit Mitteln des Kontos …83 erworbene Gold aufbewahrte, hatte er einen Zettel mit dem Hinweis eingelegt: „Dieses Gold gehört der Z. “. Letztlich sah sich auch der Angeklagte hinsichtlich der bei seinem Ausscheiden im Jahre 2011 noch vorhandenen Vermögenswerte gegenüber der Z. und nicht gegenüber der T. verantwortlich. Eine Schädigung der T. durch die einzelnen Geldentnahmen hat die Strafkammer damit nicht festgestellt.

Die Strafkammer hat auch nicht erkennbar in den Blick genommen, dass bereits dem Abfluss von 692.300 € von dem für die T. geführten Konto …02 auf das Konto …04 im Jahr 2005 möglicherweise ein rechtmäßiger Vermögenstransfer der T. in Richtung der Z. zu Grunde lag, was ebenfalls für eine wirtschaftliche Berechtigung der Z. am Konto …04 sprechen könnte. Die Urteilsgründe lassen offen, welche betriebswirtschaftlichen Vorgänge zu dieser Überweisung führten. Allein der Hinweis, dass liquide Mittel aus freigewordenen Rückstellungen ohne Wissen der Geschäftsführung der T. von dem Konto …02 transferiert wurden, erklärt nicht, wie die Rückstellungen bei der T. „ergebnisneutral aufgelöst“ und das Ergebnis der T. „geglättet“ wurden. Damit kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Angeklagten veranlasste Überweisung von dem Konto …02 auf das Konto …04 ihre betriebswirtschaftliche Rechtfertigung in einer Gewinnabführung aufgrund des festgestellten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der T. und der Z. oder in der Erfüllung von Erstattungsansprüchen der Muttergesellschaft (Z.) gegenüber der Tochtergesellschaft (T.) hatte.

bb) Die Urteilsfeststellungen belegen auch keine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue in zwölf Fällen zum Nachteil der Z. .

(1) Zwar oblag dem Angeklagten als deren Steuersyndikus eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Z. Die Urteilsgründe legen auch nahe, dass die Anderkonten …04 und …83 wirtschaftlich für die Z. geführt wurden; sicher festgestellt ist dies indes nicht. Vielmehr hat die Strafkammer die von beiden Konten veranlassten Vermögensabflüsse als unmittelbare Schädigung der T. und lediglich - im Hinblick auf den Gewinnabführungsvertrag - als mittelbare Schädigung der Z. gewertet.

(2) Selbst wenn die Z. wirtschaftliche Berechtigte der Anderkonten …04 und … 83 wäre, hätte die Strafkammer einen möglicherweise maßgeblichen Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue zum Nachteil der Z. verkannt. Denn den Angeklagten traf in diesem Fall mit dem von ihm veranlassten Transfer der frei gewordenen Gelder vom Konto …02 auf das Konto …04 die Pflicht, die Z. über den von ihm veranlassten Geldeingang in Höhe von 692.300 € auf dem für sie geführten Anderkonto zu informieren, indem er dafür Sorge trug, dass die liquiden Mittel der Z. zugeführt und als Aktiva in ihre Buchführung eingestellt wurden, um so den Anforderungen an die Bilanzwahrheit zu genügen und den zuständigen Organen der Z. den Zugriff auf diese Barmittel zu eröffnen. Dabei liegt es nahe, dass es zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten als Steuersyndikus der Z. gehörte, seiner Arbeitgeberin bislang unbekannte, ihr zustehende Vermögenswerte zu offenbaren und für deren ordnungsgemäße Verbuchung zu sorgen. Das Schwergewicht der Pflichtverletzung des Angeklagten lag damit möglicherweise nicht erst auf den einzelnen Geldabflüssen, sondern schon auf dem Unterlassen der Offenbarung und der ordnungsgemäßen Zuführung sowie Verbuchung der Geldmittel im Vermögensbestand der Z. (vgl. Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 38; ferner BGH, Beschluss vom 6. September 2016 - 1 StR 104/15, juris Rn. 36). Es erscheint auch keineswegs ausgeschlossen, dass durch die unterbliebene Offenbarung des Mittelzuflusses auf das Konto …04 ein endgültiger Schaden in Höhe der verborgenen Mittel eingetreten ist, so dass sich die nachfolgenden Geldabflüsse nicht mehr als eigenständige Untreuetaten zum Nachteil der Z. darstellen (vgl. Senat, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 46; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2014 - 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; vom 30. September 2010 - 5 StR 259/10, NStZ 2011, 160, 161).

c) Zutreffend hat das Landgericht hingegen die Taten II.13 und II.14 als zwei - weitere - tatmehrheitliche Fälle der Untreue des Angeklagten bewertet.

Indem der Angeklagte als Geschäftsführer der D. K. im Dezember 2007 und im Dezember 2009 wissentlich den Ausgleich von - nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen - zwei nicht leistungsunterlegten Rechnungen der TA. zu Lasten der D. K. veranlasste, hat er letzterer pflichtwidrig einen Vermögensnachteil in Höhe des jeweiligen Rechnungsbetrags im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt. Bereits im Hinblick auf die zeitlich weit auseinanderliegenden Verhaltensweisen und Schadenseintritte geschah dies auch durch zwei rechtlich selbstständige Handlungen gemäß § 53 Abs. 1 StGB.

2. Die Aussprüche zu den Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe haben keinen Bestand. Die Strafkammer hat die Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB unerörtert gelassen, obwohl dies nach den getroffenen Feststellungen angesichts der naheliegenden Möglichkeit einer Schadenswiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB veranlasst war (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 1 StR 634/09, NStZ-RR 2010, 147). Denn nach der Wertung der Strafkammer hat der Angeklagte den „verursachten Schaden […] von insgesamt 510.340,90 €“, errechnet aus der Summe der durch die vierzehn abgeurteilten Taten erfolgten Geldabflüsse, „nicht nur früh und vollends wiedergutgemacht, sondern ihn sogar über Gebühr - mit einem Mehrwert von 162.219,30 € - aus[ge]glich[en]“. Bei dieser Sachlage stellt es einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs - auch bezogen auf die D. K. ? gemäß § 46a Nr. 2 StGB nicht erkennbar in den Blick genommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 - 4 StR 419/16, NStZ-RR 2017, 107 mwN zu § 46a Nr. 1 StGB). Der Erörterungsmangel bedingt die Aufhebung der verbliebenen Einzelstrafen; der Entfall sämtlicher Einzelstrafen entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.

3. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der - für sich rechtsfehlerfreien - Kompensation der bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138 Rn. 8; Beschlüsse vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, juris Rn. 13; vom 16. März 2016 - 1 StR 402/15, juris Rn. 21).

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 422

Externe Fundstellen: NJW 2020, 3473; NStZ 2020, 544; StV 2020, 760

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner