hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 1150

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 BGs 125/16, Beschluss v. 11.11.2016, HRRS 2016 Nr. 1150


BGH 1 BGs 125/16 (1 ARs 1/16) - Beschluss vom 11. November 2016

Entscheidung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs über die Erhebung von Beweisen im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses (hier: NSU-Untersuchungsausschuss, Ladung von Edward Snowden als Zeugen; Umfang des Beweiserhebungsrechts; Begriff der Beweiserhebung: Vollzug eines Beweisbeschlusses; Frist für die gerichtliche Geltendmachung des Beweiserhebungsrechts: keine analoge Anwendung von § 64 Abs. 3 BVerfGG).

§ 17 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 PUAG; § 64 Abs. 3 BVerfGG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat nochmals über den Antrag, die Bundesregierung zu ersuchen, unverzüglich die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu schaffen (insbesondere pass- und ausländerrechtliche Ermöglichung von Einreise und Aufenthalt sowie Zusage eines wirksamen Auslieferungsschutzes) und dem Ausschuss mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie die genannten Voraussetzungen herstellen kann, abzustimmen und ihm - sollte er weiterhin von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses unterstützt werden zumindest mehrheitlich - zuzustimmen.

2. § 17 Abs. 2 PUAG gibt grundsätzlich nur das Recht, zu bestimmen, ob, nicht wie ein Beweis erhoben wird. Anderes gilt jedoch, wenn der Beweis nur auf einem Wege erhoben werden kann.

3. Allein aufgrund der Möglichkeit, die Ladung eines Zeugen könne aus Rechtsgründen nicht möglich sein, ist der Zeuge noch nicht unerreichbar im Sinne des § 17 Abs. 2 PUAG. Zwar entbindet die gesetzliche Ausgestaltung der Beweiserhebung als Minderheitenrecht nach § 17 Abs. 2 PUAG den Ausschuss nicht von der Beachtung verfassungsrechtlicher Grundprinzipien, insbesondere der Grundrechte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Ausschuss a priori von einem Amtshilfeersuchen absehen muss, bei dem die Möglichkeit besteht, dass die ersuchte Stelle die Amtshilfe aus Rechtsgründen ablehnen könnte und insoweit eine vollständige Vorabprüfung vornehmen muss. Eine Pflicht des Ausschusses, von einem Amtshilfeersuchen abzusehen, könnte allenfalls dann bestehen, wenn der Gegenstand desselben eine Handlung darstellte, die augenscheinlich rechtswidrig ist, ohne dass es hierzu auf eine weitere Prüfung oder Einschätzung der ersuchten Stelle ankommt.

4. Die Rechtsschutzmöglichkeit des § 17 Abs. 4 PUAG besteht nicht lediglich, wenn der Erlass eines Beweisbeschlusses abgelehnt wird, sondern auch wenn ein Beweisbeschluss nicht vollzogen wird.

5. Eine Frist für die gerichtliche Geltendmachung des Minderheitenrechts aus § 17 Abs. 2 PUAG sieht das Parlamentarische Untersuchungsausschussgesetztes nicht vor. Die Übertragung einer Fristenregelung aus einem anderen Gesetz würde die Rechtsschutzmöglichkeit des § 17 Abs. 3 PUAG in unzulässiger Weise beschränken. Insbesondere sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Antrags zum Ermittlungsrichter dabei insgesamt weniger restriktiv als die Voraussetzungen des § 64 BVerfGG. Diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers darf nicht durch die isolierte Übertragung der Fristenregelung des § 64 Abs. 3 BVerfGG umgangen werden.

Entscheidungstenor

Der 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat nochmals über Ziffern II.1.a) und b) des von den Antragstellern am 8. Oktober 2015 gestellten Antrags, die Bundesregierung zu ersuchen, unverzüglich die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu schaffen (insbesondere pass- und ausländerrechtliche Ermöglichung von Einreise und Aufenthalt sowie Zusage eines wirksamen Auslieferungsschutzes) und dem Ausschuss mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie die genannten Voraussetzungen herstellen kann (Ausschussdrucksache 423), abzustimmen und ihm - sollte er weiterhin von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses unterstützt werden - zu Ziffern II. 1.a) und b) - zumindest mehrheitlich - zuzustimmen.

Gründe

I.

Das Begehren der Antragsteller richtet sich gegen die Ablehnung eines im 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gestellten Antrags auf Schaffung der Voraussetzungen für den Vollzug eines Beweisbeschlusses.

1. Der 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags wurde am 20. März 2014 eingesetzt, um u.a. zu klären, „ob, in welcher Weise und in welchem Umfang durch Nachrichtendienste der Staaten der sogenannten „Five Eyes“ (der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königsreichs, Kanadas, Australiens und Neuseelands) eine Erfassung von Daten über Kommunikationsvorgänge“ ..., „deren Inhalte sowie sonstige Datenverarbeitungsvorgänge“ ... „von, nach und in Deutschland auf Vorrat oder eine Nutzung solcher auf öffentliche Unternehmen der genannten Staaten oder private Dritte erfasste Daten erfolgte bzw. erfolgt und inwieweit Stellen des Bundes, insbesondere die Bundesregierung, Nachrichtendienste oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik von derartigen Praktiken Kenntnis hatten, daran beteiligt waren, diesen entgegenwirkten und gegebenenfalls Nutzen daraus zogen.“ (B I der BT-Drucks. 18/843) und ferner zu klären, „ob und inwieweit Daten über Kommunikationsvorgänge und deren Inhalte“ ... „von Mitgliedern der Bundesregierung, Bediensteten des Bundes sowie Mitgliedern des Deutschen Bundestages oder anderer Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland, durch Nachrichtendienste der unter I. genannten Staaten nachrichtendienstlich erfasst oder ausgewertet wurden.“ (B II BT-Drucks. 18/843).

Aufgrund eines Beschlusses der Ausschussmehrheit in der Sitzung vom 10. April 2014 nahm die Bundesregierung zu einer möglichen Vernehmung des E. S. als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss mit Schreiben vom 2. Mai 2014 Stellung. Einleitend stellte die Bundesregierung dabei klar, dass eine Prüfung und Stellungnahme nur in allgemeiner Form erfolgen könne, sofern Erkenntnisse zum tatsächlichen Sachverhalt nicht gesichert oder überhaupt nicht vorliegen. Vertiefend führte sie aus, dass im Hinblick auf ihre Unterstützungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss im Rahmen der gebotenen Abwägung auch zu berücksichtigen sei, ob E. S. als Zeuge im Ausland vernommen werden könne und deshalb ihre Weigerung, ihn nach Deutschland einreisen zu lassen, voraussichtlich nicht zur Folge hätte, dass das Beweismittel nicht zur Verfügung stünde. Auch wies die Bundesregierung darauf hin, dass im Falle einer Vernehmung des Zeugen in Deutschland mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die deutschamerikanischen Beziehungen und eine Beeinträchtigung der Kooperation mit US-Sicherheitsbehörden zu rechnen sei. Nachdem die rechtliche Prüfung ergeben habe, dass E. S. - vorbehaltlich der Zustimmung der Behörden des Aufenthaltsstaates - auch im Ausland vernommen werden könne, dürften die außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands gegenüber dem möglichen Interesse des Untersuchungsausschusses an einer Vernehmung E. S. s in Deutschland überwiegen.

Am 8. Mai 2014 beschloss der Untersuchungsausschuss aufgrund des Beweisantrages der Antragsteller vom 2. April 2014 einstimmig, zu dem Untersuchungsauftrag Beweis zu erheben durch Vernehmung des E. S. als Zeugen.

Betreffend den Vollzug des Beweisbeschlusses besteht im Untersuchungsausschuss Uneinigkeit darüber, ob E. S. in Deutschland vor dem Untersuchungsausschuss als Zeuge aussagen soll bzw. dieser an seinem derzeitigen Aufenthaltshort in Russland vernommen werden kann. In diesem Zusammenhang nahm die Bundesregierung auf Fragen des Untersuchungsausschusses in einem weiteren Bericht vom 2. Juni 2014 ergänzend dahingehend Stellung, dass sie weiterhin eine Zeugenvernehmung im Ausland für möglich halte und zur Prüfung der Bewilligung einer Auslieferung an die Vereinigten Staaten noch weitere Fragen an das U.S. Department of Justice gerichtet worden seien, mithin das Bestehen eines Auslieferungshindernisses auf der Grundlage des bislang mitgeteilten Sachverhaltes noch nicht abschließend beurteilt werden könne.

Bereits mit Schreiben vom 19. Mai 2014 hatte der anwaltliche Vertreter E. S. s auf Frage dem Untersuchungsausschuss mitgeteilt, dass er seinem Mandanten davon abrate, sich „von Moskau aus zu äußern“.

Schließlich stellten die Antragsteller am 5. Juni 2014 den Antrag, der Ausschuss möge beschließen, den anwaltlichen Vertreter des Zeugen S. zu ersuchen, mitzuteilen, ob sein Mandant nur für eine Vernehmung in Deutschland zur Verfügung stehe, bejahendenfalls den Zeugen für den 4. Juli 2014 nach Berlin zu laden und die Bundesregierung zu ersuchen, in Erfüllung ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung unverzüglich die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu diesem Termin zu schaffen. Mit Beschluss vom selben Tage wurde dieser Antrag abgelehnt und beschlossen, E. S. zu ersuchen mitzuteilen, ob er für ein (informelles) Gespräch mit dem Vorsitzenden und den Obleuten des Untersuchungsausschusses an seinem momentanen Aufenthaltsort zur Verfügung stehe. Dies wurde durch den anwaltlichen Vertreter des Zeugen unter dem 19. Juni 2014 verneint.

Am 25. Juni 2014 wiederholten die Antragsteller unter anderem ihren Antrag auf Vernehmung des Zeugen in Berlin und Ersuchen der Bundesregierung um Amtshilfe. Dieser Antrag wurde durch Beschluss vom 26. Juni 2014 abgelehnt. Der Untersuchungsausschuss beschloss am selben Tag vielmehr, den Zeugen E. S. am 11. September 2014 mittels audiovisueller Zeugenvernehmung entsprechend § 247a StPO durch Übertragung von seinem zu diesem Zeitpunkt aktuellen Aufenthaltsort in die öffentliche Ausschusssitzung in Berlin zu befragen. Mit Schreiben vom 8. Juli 2014 teilte der anwaltliche Vertreter des Zeugen S. abermals mit, sein Mandant stehe trotz grundsätzlicher Aussagebereitschaft für die avisierte Videovernehmung in Moskau nicht zur Verfügung.

Unter Berufung auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) erhoben die Antragsteller gegen die Ablehnung ihrer Anträge vom 25. Juni 2014 Widerspruch und beantragten am 21. Juli 2014 erneut die Vernehmung des Zeugen S. in Berlin sowie ein entsprechendes Amtshilfeersuchen an die Bundesregierung.

Auch dieser Antrag wurde in der Sitzung vom 11. September 2014 abgelehnt.

Daraufhin wandten sich die Antragsteller an das Bundesverfassungsgericht mit dem Rechtsschutzbegehren, festzustellen, dass sie durch die Weigerung der Bundesregierung, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Zeugenvernehmung E. S. s in Berlin zu schaffen (Antrag zu 1.), sowie aufgrund der Ablehnung der Beweisanträge gerichtet auf Vernehmung des Zeugen in Berlin (Antrag zu 2.) in ihrem Recht aus Art. 44 Abs. 1 GG verletzt seien.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 (BVerfGE 138, 45 ff.) verwarf das Bundesverfassungsgericht die Anträge. Der Antrag zu 1. beziehe sich nicht auf einen tauglichen Angriffsgegenstand, denn die Schreiben der Bundesregierung vom 2. Mai 2014 und 2. Juni 2014 stellten keine rechtserheblichen Maßnahmen im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG dar. Die Einschätzungen der Bundesregierung in den genannten Schreiben seien lediglich vorläufiger Natur, das Schreiben vom 2. Mai 2014 beinhalte nur eine unverbindliche Stellungnahme. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Behandlung eines Amtshilfeersuchens, die Rechte der Antragsteller oder des Antragsgegners berühren könnte, entfalte das Vorgehen der Bundesregierung keine rechtlich relevante Außenwirkung. Auch soweit sich die Antragsteller generell gegen die Weigerung der Bundesregierung wandten, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Zeugenvernehmung des E. S. in Deutschland zu schaffen, sei der Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Unterlassens mangels eines zulässigen Angriffsgegenstandes unzulässig. Solange weder eine Ladung E. S. s zur Zeugenvernehmung nach Deutschland vorliege, noch ein konkretes Amtshilfeersuchen des Antragsgegners abgelehnt worden sei, verdichteten sich die Stellungnahmen der Bundesregierung mit dem Ziel einer bloßen Unterrichtung noch nicht zu einem rechtserheblichen Unterlassen (vgl. BVerfG aaO Rn. 18 bis 33). Hinsichtlich des Antrages zu 2. sei der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht nicht eröffnet. Der Antrag sei dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller die Feststellung begehrten, dass der Antragsgegner die Antragsteller mit der Ablehnung von Verfahrensanträgen vom 25. Juni 2014 und 21. Juli 2014 in ihren Rechten aus Art. 44 Abs. 1 GG verletzt habe. Zwar griffen die Antragsteller im Organstreitverfahren die Ablehnung von Beweisanträgen an, jedoch handle es sich bei den streitgegenständlichen Anträgen vom 25. Juni 2014 und 21. Juli 2014 nicht um Beweisanträge, sondern lediglich um Verfahrensanträge zur Ausgestaltung der weiteren Arbeit des Untersuchungsausschusses. Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich weder aus dem Untersuchungsausschussgesetz, noch könne es im Wege des Organstreits angerufen werden, denn Gegenstand des Antrags sei nicht die Vereinbarkeit einer Maßnahme mit dem Grundgesetz. Die Antragsteller hätten geltend gemacht, ihnen stehe ein Anspruch auf Bestimmung des Zeitpunkts und des Ortes der Zeugenvernehmung zu. Damit machten sie kein in Art. 44 Abs. 1 GG wurzelndes Recht der Ausschussminderheit gegenüber dem Untersuchungsausschuss geltend. Nicht in Streit stehe das aus Art. 44 Abs. 1 GG abzuleitende Beweiserzwingungs- und Beweisdurchsetzungsrecht der qualifizierten Mehrheit im Ausschuss. Die Bestimmung des Vernehmungsortes und des Zeitpunktes der Vernehmung betreffe vielmehr die Modalitäten des Vollzugs eines bereits ergangenen Beweisbeschlusses. Über derartige Verfahrensabläufe entscheide grundsätzlich die jeweilige Ausschussmehrheit nach Maßgabe der §§ 17 ff. PUAG und der sinngemäß anwendbaren Vorschriften der Strafprozessordnung. Nachdem dem Antrag der Antragsteller auf Zeugenvernehmung E. S. s seitens des Antraggegners durch Erlass des Beweisbeschlusses vom 8. Mai 2014 entsprochen worden sei, sei auch das Recht der qualifizierten Minderheit auf angemessene Beteiligung nicht streitgegenständlich (BVerfG aaO Rn. 34 bis 41).

Am 8. Oktober 2015 beantragten die Antragsteller im Untersuchungsausschuss u.a. folgendes (vgl. Ausschussdrucks. 423):

„Der 1. Untersuchungsausschuss möge beschließen:" ...

II.

"1. Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich a) die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu schaffen (insbesondere pass- und ausländerrechtliche Ermöglichung von Einreise und Aufenthalt sowie Zusage eines wirksamen Auslieferungsschutzes) b) dem Ausschuss mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie die genannten Voraussetzungen herstellen kann und c) im Falle einer partiellen oder vollständigen Ablehnung dieses Ersuchens (spätestens bis zum 4. November 2015) die jeweils maßgeblichen Gründe dem Ausschuss schriftlich darzulegen und mitzuteilen.“ … Entsprechend dem Antrag der Ausschussmehrheit (Ausschussdrucks. 425) beschloss der Ausschuss am 15. Oktober 2015, die Bundesregierung zu ersuchen, ihm bis zum 2. November 2015 mitzuteilen, ob zu den Feststellungen, die sie in den dem Ausschuss mit Schreiben vom 2. Mai 2014 und 2. Juni 2014 übermittelten Stellungnahmen getroffen hat, Änderungen eingetreten sind und gegebenenfalls worin diese bestehen. Ferner beschloss der Ausschuss am 5. November 2015 im Kern eine Videovernehmung des Zeugen S. in Moskau am 12. November 2015. Diese Vernehmung konnte nicht durchgeführt werden, da der Zeuge S. bei seiner Haltung, für eine umfassende Vernehmung als Zeuge in Moskau nicht zur Verfügung zu stehen, blieb (vgl. dazu die Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 10. November 2015 und 26. Mai 2016, Anlagen 7 und 8).

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 (Anlage 9) teilte die Bundesregierung mit, dass sich gegenüber ihren Stellungnahmen vom 2. Mai 2014 und 2. Juni 2014 keine Änderungen ergeben haben. Mit Email vom 6. Juni 2016 (Anlage 10) teilte die Bundesregierung mit, der an das US Department of Justice zur Entscheidung über das Ersuchen der US-Behörden auf vorläufige Inhaftnahme des E. S. gerichtete Fragenkatalog sei bislang nicht beantwortet.

2. Die Antragsteller sind der Ansicht, die Ablehnung des beschlussgegenständlichen Antrags durch den Antragsgegner verstoße gegen § 17 Abs. 2 PUAG, da der Antragsgegner zu Unrecht den Vollzug des Beweisbeschlusses vom 8. Mai 2014 verweigere. Der durch den Ausschuss getroffene Beweisbeschluss sei wirksam, insbesondere hinreichend bestimmt. Die Rechtsschutzmöglichkeit des § 17 Abs. 4 PUAG sei auch dann gegeben, wenn die Ausschussmehrheit den Vollzug einer bereits beschlossenen Beweiserhebung verweigere. Dies sei vorliegend gegeben. Inmitten stehe hier nicht nur die Art und Weise des Vollzugs des Beweisbeschlusses. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen E. S. sei aufgrund dessen mehrmals geäußerter eindeutiger Haltung, für eine Vernehmung in Moskau nicht zur Verfügung zu stehen, nur noch in Deutschland möglich. Bei dem durch die Antragsteller begehrten Ersuchen an die Bundesregierung handele es sich daher um keinen Antrag betreffend die Art und Weise des Vollzuges des Beweisbeschlusses, sondern um die Schaffung der unabdingbaren Voraussetzungen für die Durchsetzung der Beweiserhebung. Dem stehe auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Dezember 2014 (BVerfGE 138, 45 ff.) nicht entgegen. Tragend für die Verneinung seiner Zuständigkeit sei lediglich die Feststellung, dass ein „Anspruch auf Bestimmung des Zeitpunktes und des Ortes der Zeugenvernehmung“ nicht als in der „Verfassung wurzelndes Recht“ der Minderheit gelten könne. Keine tragenden Gründe seien die weiteren Bemerkungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen u.a. „über derartige Verfahrensabläufe“ ... „grundsätzlich die jeweilige Ausschussmehrheit nach Maßgabe der §§ 17 ff. PUAG und der sinngemäß anwendbaren Vorschriften der Strafprozessordnung“ entscheide.

Versagungsgründe nach § 17 Abs. 2 PUAG i.V.m. der sinngemäß anzuwendenden Strafprozessordnung lägen nicht vor. Die Beweisaufnahme sei ersichtlich nicht unzulässig, das Beweismittel nach jetzigem Sachstand auch nicht unerreichbar. Vielmehr solle gerade durch das begehrte Verhalten des Ausschusses der Zeuge verfügbar gemacht werden. Eine informelle Befragung des Zeugen anstelle einer förmlichen Zeugenvernehmung sei gegen den Willen der Minderheit zum einen nicht zulässig, zum anderen habe der Zeuge S. erklärt, dass er zu umfassenden Aussagen in Moskau - auch im Rahmen einer informellen Befragung - nicht bereit sei. Demgemäß komme auch eine audiovisuelle Vernehmung des Zeugen in Moskau nicht in Betracht.

Die Antragsteller beantragen daher zu beschließen:

Der 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat nochmals über II. 1. a und b des am 8. Oktober 2015 gestellten Antrages (Ausschussdrucks. 423) abzustimmen und ihm - zumindest mehrheitlich - zuzustimmen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, der Antrag sei bereits unzulässig. Er erweise sich als unstatthaft, zudem fehle das Rechtsschutzbedürfnis. § 17 Abs. 4 PUAG gewährleiste keinen umfassenden Rechtsschutz jeder Minderheit in nicht verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen über die Beweiserhebung, sondern ergänze den verfassungsrechtlichen Rechtsschutz im Organstreit lediglich punktuell. Rechtsschutz sei nur dann gewährleistet, wenn der Untersuchungsausschuss die Erhebung bestimmter Beweise ablehne, bzw. beantragte Zwangsmittel nicht anwende. Zwar vermittle § 17 Abs. 2 PUAG auch einen Vollzugsanspruch, diesem Vollzugsanspruch korrespondiere jedoch kein Rechtsschutzverfahren. Eine erweiternde Auslegung des § 17 Abs. 4 PUAG auf Vollzugsmodalitäten sei aufgrund des numerus clausus der Rechtsbehelfe als Konsequenz des Vorbehalts des Gesetzes für wesentliche prozessuale Weichenstellungen weder zulässig noch geboten. Selbst wenn man davon ausginge, ein Antrag nach § 17 Abs. 4 PUAG sei statthaft, sofern ein Beweisbeschluss missbräuchlich nicht vollzogen würde, würde dies vorliegend dem Antrag nicht zur Zulässigkeit verhelfen. Der Ausschuss habe sich aktiv um einen Vollzug des Beweisbeschlusses durch eine Vernehmung des Zeugen in Moskau bemüht. Den Antragstellern gehe es folglich nur um die Durchsetzung bestimmter Vollzugsmodalitäten. Hierfür stelle jedoch das PUAG keinen selbständigen Rechtsschutz zur Verfügung. Dem Antrag fehle überdies das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag erweise sich als missbräuchlich, weil die Antragsteller ihr materielles Aufklärungsinteresse zwar frühzeitig artikuliert, sich insoweit aber auf eine Zurückstellung der Zeugenladung bis zu einer Klärung der relevanten Rechtsfragen eingelassen hätten. Es erweise sich als treuwidrig, über 20 Monate nach einer prozessualen Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht überraschend dasselbe Rechtsschutzziel nochmals vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs weiterzuverfolgen. Nach so langer Zeit des zumindest duldenden Abwartens hätte der Antragsgegner nicht mehr damit rechnen müssen, dass ein alter - vom Ausschuss vornehmlich aufgrund der Unsicherheit der Rechtslage zurückgestellter - Antrag zum wiederholten Male zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht würde. Zwar kenne das PUAG keine spezifischen Regelungen zu Antragsfristen. Da es sich bei dem Verfahren nach § 17 Abs. 4 PUAG jedoch um einen - einfach gesetzlich verwurzelten - Organstreit handele, sei die Frist des § 64 Abs. 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) entsprechend heranzuziehen. Nach diesen Maßstäben sei der Antrag verfristet. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle auch deshalb, weil das vorliegende Verfahren ein untaugliches Mittel sei, die eigentlichen Rechtsschutzziele der Antragsteller zu erreichen. Die Antragsteller hätten selbst angegeben, mit dem vorliegenden Verfahren lediglich das Zwischenziel zu verfolgen, durch Konkretisierung eines Amtshilfeersuchens behauptete Minderheitenrechte aus Art. 44 Abs. 1 GG gegenüber der Bundesregierung geltend zu machen. Insoweit gehe der Antrag jedoch ins Leere, weil den Antragstellern keine Minderheitenrechte aus Art. 44 GG zustünden. Denn die Antragsteller seien keine einsetzungsberechtigte Minderheit, sondern nur eine Minderheit im Ausschuss, die als solche nicht unmittelbar Trägerin von verfassungsrechtlichen Rechtspositionen ist, die das Grundgesetz nur einsetzungsberechtigten Plenumsminderheiten nach Art. 44 Abs. 1 GG zuweise. Damit würde der Antrag selbst im Erfolgsfall nicht dazu führen, dass sich qua Konkretisierung eines Amtshilfeersuchens verfassungsrechtliche Minderheitenrechte aktualisieren, die dann in konkretisierter Form geltend gemacht werden könnten. Mangels entsprechender Minderheitenrechte wäre die Bundesregierung von vornherein nicht verpflichtet, einem Amtshilfeersuchen nachzukommen, das von der Mehrheit des Ausschusses nicht mitgetragen werde. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Die bisherige Zurückstellung des Begehrens durch die Ausschussmehrheit erweise sich als rechtmäßig. Bei der Frage, ob ein Zeuge in Deutschland oder im Ausland zu vernehmen sei, handele es sich um eine bloße Frage der Verfahrensgestaltung, die zur Verfahrensherrschaft der jeweiligen Ausschussmehrheit gehöre. Hinsichtlich der Modalitäten des Vollzuges komme der Mehrheit im Untersuchungsausschuss ein breiter Beurteilungsspielraum zu. Selbst wenn man mit den Antragstellern einen grundsätzlichen Anspruch auf Vollzug von wirksamen Beweisbeschlüssen annehmen würde, wäre dieser Anspruch nicht verletzt, weil sich vorliegend aus § 17 Abs. 2 PUAG und § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO i.V.m. Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG Gründe ergäben, die ein Absehen von der Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland rechtfertigten. Entgegen der Ansicht der Antragsteller könnten Einwände gegen ein konkretes Beweismittel nach § 17 Abs. 2 PUAG auch gegen den Vollzug eines bereits erlassenen Beweisbeschlusses vorgebracht werden. Der Zeuge S. sei als unerreichbar anzusehen. Die Zeugenvernehmung hänge zum einen von einer rechtlich nicht gebundenen politischen Vorentscheidung der Bundesregierung ab. Die Schaffung der Voraussetzungen für eine Zeugenvernehmung in Deutschland beinhalte auch die Zusage, dass die Bundesrepublik Deutschland Zusicherungen abgebe, den Zeugen nicht an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Eine derartige Zusage sei völkerrechtswidrig. Der Ausschuss sei nicht verpflichtet, die Bundesregierung zu einem Verhalten zu bewegen, das voraussichtlich den Bruch eines völkerrechtlichen Vertrages zur Folge hätte. Der Ausschuss sei im Rahmen etwaiger Amtshilfeersuchen für die Rechtmäßigkeit des ersuchten Exekutivhandels mitverantwortlich, jedenfalls nicht verpflichtet, ein Ersuchen zu stellen, bevor geklärt sei, ob rechtliche Hindernisse einer entsprechenden Zusicherung entgegenstünden. Der Ausschuss sei auch nicht verpflichtet, daran mitzuwirken, dem anderweitig nicht zur Verfügung stehenden Zeugen seine Aussagebereitschaft durch Zusicherung einer nicht erfolgenden Auslieferung „abzukaufen“. Nachdem die Gründe für das Absehen von einer Beweisaufnahme in § 17 Abs. 2 PUAG nicht abschließend geregelt seien, sei vorliegend die Ausnahmeregel des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO, wonach die Ladung eines Zeugen im Ausland unterbleiben könne, wenn diese nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei, anwendbar. Der Ausschuss sei kein politisch neutralisiertes Strafgericht, sondern ungeachtet seines objektiven Aufklärungsauftrages ein Instrument der politischen Auseinandersetzung, in deren Rahmen dann auch politische Erwägungen, die der Deutsche Bundestag treffen kann, Eingang finden dürften. Der Ausschuss dürfe außenpolitische Erwägungen auch ohne vorherige Konsultation der Bundesregierung anstellen. Er sei zumindest berechtigt, Vorsicht walten zu lassen, um mögliche außenpolitische Schäden oder Rechtsverletzungen zu vermeiden. In diesen Fällen könne er entweder auf eine kritische Beweisaufnahme verzichten, wenn nachteilige außenpolitische Folgen wahrscheinlich seien, oder eine Prüfung durch die Regierung abwarten. Die Bundesregierung habe vorliegend bereits eine außenpolitische Einschätzung abgegeben, wonach im Falle einer Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die deutschamerikanischen Beziehungen zu rechnen sei und insbesondere absehbar die - angesichts der derzeitigen terroristischen Bedrohungslagen unverzichtbare - bilaterale Kooperation der Nachrichtendienste erheblich leiden würde. Insoweit bestehe bislang die außenpolitische prekäre Lage fort, in deren Rahmen eine bewusst provokante Zeugenladung in Deutschland nach vertretbarer Bewertung durch die Bundesregierung, der sich der Ausschuss aus Gründen der Vorsicht anschließen könne, erheblichen Schaden anrichten würde, der in keinem Verhältnis zu den absehbar begrenzten Mehrerträgen im Hinblick auf den Aufklärungsauftrag stünden.

Der Antragsgegner beantragt daher, den Antrag als unzulässig, hilfsweise unbegründet zu verwerfen.

3. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die Antragsschrift vom 18. August 2016 nebst Anlagen und die Erwiderung des Vertreters des Antragsgegners vom 7. Oktober 2016 Bezug genommen.

II.

Das Begehren der Antragsteller hat Erfolg. Der Antragsgegner ist verpflichtet, sich nochmals mit Ziffer II. 1. a) und b) des im Tenor genannten Antrags der Antragsteller vom 8. Oktober 2015 zu befassen und ihm - sollte er weiterhin von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses unterstützt werden - in Ziffern II. 1.a) und b) (zumindest) mehrheitlich im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 PUAG zuzustimmen.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er statthaft. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller ist gegeben.

a) Der Antrag ist statthaft.

Nach § 17 Abs. 2 PUAG ist auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses Beweis zu erheben, wenn dies von (mindestens) einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses beantragt wurde und weder die Beweiserhebung unzulässig noch das Beweismittel unerreichbar ist. Lehnt der Untersuchungsausschuss die Beweiserhebung ab, kann (mindestens) ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Beweiserhebung festzustellen, anrufen, § 17 Abs. 4 PUAG.

Die Antragsteller repräsentieren ein Viertel der Mitglieder des Ausschusses.

Die Rechtsschutzmöglichkeit des § 17 Abs. 4 PUAG besteht nicht lediglich, wenn der Erlass eines Beweisbeschlusses abgelehnt wird, sondern auch wenn ein Beweisbeschluss nicht vollzogen wird (Gärditz in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, § 17 Rn. 33; Brocker in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 3. Aufl., § 17 PUAG Rn. 25; vgl. auch BayVerfGH, BayVBl 2007, 171, 172; anders wohl Lenz, NJW 2005, 2495, 2496).

Der Gesetzgeber verwendet in § 17 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 PUAG die Formulierung „Beweiserhebung“. Beweiserhebung bedeutet die Beschaffung von Beweisen (vgl. BayVerfGH, aaO, S. 172). Schon aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich daher, dass nicht nur die Entscheidung, bestimmte Beweise zu erheben, sondern auch der tatsächliche Vollzug der beschlossenen Beweiserhebung durch die Rechtschutzmöglichkeit zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs sichergestellt werden soll.

Auch die Gesetzessystematik, hier die Regelung der Rechte der Ausschussminderheit und die insoweit gegebene Rechtsschutzmöglichkeit in einer Norm sowie die Verwendung des Begriffes „Beweiserhebung“ sowohl in § 17 Abs. 2 PUAG als auch in § 17 Abs. 4 PUAG spricht gegen die Argumentation des Antragsgegners, einem Vollzugsanspruch der Ausschussminderheit aus § 17 Abs. 2 PUAG stünde keine Rechtsschutzmöglichkeit zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gegenüber.

Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Mit dem Recht der Minderheit des Ausschusses auf Erhebung von Beweisen aus § 17 Abs. 2 PUAG und der damit korrespondierenden Rechtsschutzmöglichkeit nach § 17 Abs. 4 PUAG sollte sichergestellt werden, dass das der Minderheit in Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG eingeräumte Recht, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu verlangen, nicht leerläuft (vgl. Maunz/Dürig/Klein, GG, Stand: Juli 2016, Art. 44, Rn. 197/198). Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 8. April 2002 (BVerfGE 105, 197) der Einsetzungsminderheit einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Beweisanträge und grundsätzlich auch des Vollzuges derselben eingeräumt (BVerfGE 105, 197, juris Rn. 102 ff., insbesondere Rn. 109). Mit § 17 Abs. 2 und 4 PUAG hat der Gesetzgeber das, was das Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtlich geboten hält, weitgehend auf einfachgesetzlicher Ebene umgesetzt, hat jedoch über die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinaus die genannten Rechte einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses eingeräumt, gleichgültig, wie sich diese Minderheit zusammensetzt, mithin auch der Minderheit, die als solche eine einsetzungsberechtige Minderheit nicht repräsentiert (vgl. Maunz/Dürig/Klein, aaO Rn. 201). In diesen Fällen sind die Minderheitenrechte nur gesetzlicher, nicht verfassungsrechtlicher Natur und daher nicht im Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzbar. Der Gesetzgeber hat deshalb zur Sicherstellung der Rechte die Rechtschutzmöglichkeit zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs eröffnet (vgl. Maunz/Dürig/ Klein, aaO Rn. 201). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen des einfachrechtlich gewährleisteten Schutzes der nicht einsetzungsberechtigten Minderheit in Abkehr zu dem umfassenderen verfassungsrechtlichen Schutzes der Rechte der einsetzungsberechtigen Minderheit nur die Beschlussfassung der Beweiserhebung, nicht auch den Vollzug derselben durch die Rechtsschutzmöglichkeit zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs sicherstellen wollte, sind nicht ersichtlich.

Zweck der Rechtsschutzmöglichkeit aus § 17 Abs. 4 PUAG ist es - wie vorstehend ausgeführt - die Rechte der Ausschussminderheit auf Beweiserhebung sicherzustellen. Eine Auslegung dahingehend, dass nur die Ablehnung der Beschließung einer von der Ausschussminderheit begehrten Beweiserhebung der Überprüfung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs, nicht auch die Ablehnung des Vollzuges derselben, unterliegt, würde diesem Zweck zuwider laufen. Könnte das Unterlassen des Vollzuges einer auf Antrag der Ausschussminderheit beschlossenen Beweiserhebung keiner gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden, würden das Antragsrecht der Ausschussminderheit und die diesbezügliche Rechtsschutzmöglichkeit faktisch leerlaufen.

Das durch die Antragsteller erstrebte Rechtsschutzziel, die Durchsetzung eines Amtshilfeersuchens an die Bundesregierung, die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu schaffen, betrifft die Frage, ob der Beweisbeschluss des Untersuchungsausschusses vom 8. Mai 2014 vollzogen wird, nicht wie er vollzogen wird (vgl. dazu auch Roßbach, JZ 2014, 975, 978). Denn zu Recht führen die Antragsteller aus, dass angesichts der unter I. dargestellten mehrmaligen Weigerung des Zeugen trotz grundsätzlich bestehender Aussagebereitschaft, für eine Vernehmung oder informelle Befragung - in welcher Form auch immer - an seinem derzeitigen Aufenthaltsort zur Verfügung zu stehen, der Vollzug des Beweisbeschlusses nur durch eine Vernehmung des Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss in Deutschland möglich ist. Auf sämtliche durch den Untersuchungsausschuss angefragten Varianten der Vernehmung beziehungsweise Befragung an seinem derzeitigen Aufenthaltsort hat der Zeuge ablehnend reagiert, zuletzt mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 10. November 2015 und 26. Mai 2016 im Hinblick auf die durch den Ausschuss intendierte Videovernehmung. Die Antragsgegner haben nicht vorgetragen, dass der Zeuge zwischenzeitlich seine Haltung geändert hätte. Eine Erzwingung der Vernehmung oder informellen Befragung des Zeugen an seinem derzeitigen Aufenthaltsort ist rechtlich nicht möglich.

Dieser Bewertung durch das erkennende Gericht stehen keine bindenden Feststellungen aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Dezember 2014 (BVerfGE 138, 45) gegenüber. Vor dem Bundesverfassungsgericht haben die Antragsteller geltend gemacht, der Antragsgegner verstieße durch die Ablehnung seiner Beweisanträge auf Vernehmung des Zeugen S. in Berlin gegen die Rechte der Antragsteller aus Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG, nachdem Ausfluss des verfassungsrechtlichen Minderheitenrechts aus Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG auch die Bestimmung von Ort und Zeit einer bereits beschlossenen Zeugenvernehmung sei (BVerfG, aaO, juris Rn. 17, 21). Das Bundesverfassungsgericht verwarf den diesbezüglichen Antrag der Antragsteller als unzulässig, da diese kein in Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG wurzelndes Recht der Ausschussminderheit gegenüber dem Untersuchungsausschuss geltend machten. Die Bestimmung von Zeit und Ort der Vernehmung eines Zeugen beträfe die Modalitäten des Vollzuges eines Beweisbeschlusses (BVerfG, aaO, juris Rn. 41).

Gegenstand des Rechtsstreits der Parteien vor dem Bundesverfassungsgericht war damit ein anderer als in dem vorliegenden Verfahren, in dem die Durchsetzung eines Ersuchens an die Bundesregierung zur Ermöglichung der Aussage des Zeugen S. vor dem Untersuchungsausschuss in Berlin als einzig verbliebene Möglichkeit zum Vollzug des Beweisbeschlusses vom 8. Mai 2014 erstrebt wird.

Ein ernsthaftes Bemühen des Ausschusses um eine Vernehmung des Zeugen in Moskau kann unterstellt werden. Inwieweit dies für die Zulässigkeit des Antrages von Belang sein könnte, wurde weder näher dargetan, noch ist dies ersichtlich.

b) Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller ist gegeben.

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht im Hinblick auf den Zeitablauf von annähernd 20 Monaten seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Dezember 2014 entfallen.

(1) Eine Frist für die gerichtliche Geltendmachung des Minderheitenrechts aus § 17 Abs. 2 PUAG sieht das Parlamentarische Untersuchungsausschussgesetztes nicht vor. Die Übertragung einer Fristenregelung aus einem anderen Gesetz, hier das Bundesverfassungsgerichtsgesetz, würde die Rechtsschutzmöglichkeit des § 17 Abs. 3 PUAG in unzulässiger Weise beschränken. § 64 BVerfGG spricht im Einzelnen verschiedene Aspekte des Organstreitverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht an, die hauptsächlich auf der Linie von Prozess- oder Sachurteilsvoraussetzungen, also von Zulässigkeitsvoraussetzungen, liegen (Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand: Februar 2016, § 64 Rn. 1), während die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Anrufung des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof nach dem Parlamentarischen Untersuchungsausschussgesetz dort in § 17 Abs. 4 geregelt sind. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Antrags zum Ermittlungsrichter sind dabei insgesamt weniger restriktiv als die Voraussetzungen des § 64 BVerfGG. Diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers darf nicht durch die isolierte Übertragung der Fristenregelung des § 64 Abs. Abs. 3 BVerfGG umgangen werden.

(2) Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ergibt sich auch nicht aus dem durch den Antragsgegner eingewandten Rechtsgedanken der Verwirkung.

Eine Verwirkung prozessualer Befugnisse kommt grundsätzlich auch im Strafrecht in Betracht (BVerfG, BVerfGE 32, 305, juris Rn. 21). Nicht erörtert werden muss daher an dieser Stelle, inwieweit mit Blick auf Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG hier die strafprozessualen Grundsätze Anwendung finden (zur Problematik der normativen Festlegung durch das Parlamentarische Untersuchungsausschussgesetz, was unter sinngemäßer Anwendung der strafprozessualen Grundsätze gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG zu verstehen ist vgl. Maunz/Dürig/Klein, GG, Stand: Juli 2016, Art. 44, Rn. 28/29).

Eine Verwirkung materieller Rechte oder prozessualer Befugnisse kann dann vorliegen, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt. Die Tatsache, dass der Berechtigte sich verspätet auf sein Recht beruft, mithin der Zeitablauf für sich betrachtet, führt jedoch alleine noch nicht zur Verwirkung. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (BVerfG, aaO, juris Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt keine Verwirkung des Antragsrechts gemäß § 17 Abs. 4 PUAG vor.

Die Antragsteller haben auch nach Dezember 2014 durch entsprechende Handlungen klar zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Ziel des Vollzuges des Beweisbeschlusses vom 8. Mai 2014 (durch Vernehmung des Zeugen in Deutschland) weiterverfolgen. Beginnend mit ihrem Antrag vom 8. Oktober 2015 und ihrer weiteren Haltung im Rahmen der Behandlung des Antrages im Ausschuss haben die Antragsteller dies fortlaufend deutlich zum Ausdruck gebracht. Unter dem 26. Mai 2016 hat sich der anwaltliche Vertreter des Zeugen letztmals ablehnend zu einer Vernehmung desselben in Moskau geäußert, die letzte Äußerung der Bundesregierung zu einer Vernehmung in Deutschland datiert vom 6. Juni 2016. Zeitnah nach diesen Stellungnahmen, nämlich am 24. August 2016 ging der Antrag gemäß § 17 Abs. 4 PUAG beim Bundesgerichtshof ein. Der Antragsgegner konnte daher klar erkennen, dass die Antragsteller ihr Ziel, den Beweisbeschluss vom 8. Mai 2014 (durch Vernehmung des Zeugen in Deutschland) zu vollziehen, weiterverfolgen.

bb) Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller fehlt auch nicht deshalb, weil diese durch eine positive Entscheidung des Gerichts ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen können.

Ziel der Antragsteller ist es, eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland und damit die einzige Möglichkeit des Vollzuges des Beweisbeschlusses vom 8. Mai 2014 durch zu setzten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Mitwirkung der Bundesregierung erforderlich. Diese hat diesbezüglich auf entsprechende Anfragen des Ausschusses zwar bereits unverbindliche Stellungnahmen abgeben, mangels eines förmlichen Amtshilfeersuchens jedoch keine definitive Entscheidung kommuniziert. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, ist offen und weder durch die Antragsteller, noch durch das Gericht antizipierbar. Ob gegen eine gegebenenfalls negative Entscheidung der Bundesregierung die Antragsteller weiteren Rechtsschutz vor dem Bundesverfassungsgericht suchen können, kann dahingestellt bleiben. Denn diese Argumentation würde eine negative Entscheidung der Bundesregierung auf das durch die Antragsteller begehrte Amtshilfeersuchen des Ausschusses bereits voraussetzten. Nicht ersichtlich ist ferner, inwieweit der Inhalt der Entscheidung der Bundesregierung davon abhängig sein soll, ob der Antrag von einer einsetzungsberechtigten Minderheit mit der Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht oder von einer nicht mit den Rechten des Art. 44 GG ausgestatteten Minderheit gestellt wird.

2. Der Antrag hat in der Sache Erfolg.

Der Beweisbeschluss des Ausschusses vom 8. Mai 2014 kann - wie unter II.1.a) näher dargelegt - nur durch eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland vollzogen werden. Das durch die Antragsteller mit dem Antrag nach § 17 Abs. 4 PUAG erstrebte Ersuchen des Ausschusses an die Bundesregierung, die Voraussetzungen für die Vernehmung des Zeugen in Deutschland zu schaffen, ist erforderlich, um den Beweisbeschluss vollziehen zu können.

Gründe, die ein Absehen von dem Vollzug des Beweisbeschlusses rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Dahingestellt bleiben kann daher, ob die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 PUAG, wonach Beweise dann nicht zu erheben sind, wenn die Beweiserhebung unzulässig oder das Beweismittel auch nach Anwendung der in dem Parlamentarischen Untersuchungsausschussgesetz vorgesehenen Zwangsmittel unerreichbar ist, nur für den Erlass des Beweisbeschlusses oder auch den Vollzug desselben gelten (vgl. dazu Gärditz in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, § 17 Rn. 7).

Im Einzelnen:

a) Der Zeuge S. ist nach derzeitigem Sachstand nicht unerreichbar im Sinne des § 17 Abs. 2 PUAG.

aa) Die Unerreichbarkeit des Zeugen ergibt sich nicht bereits daraus, dass dessen Vernehmung in Deutschland u.a. von der Mitwirkung der Bundesregierung abhängt, denn eine definitive Entscheidung über diese Mitwirkungshandlung soll durch das mit dem vorliegend begehrten Amtshilfeersuchen gerade bewirkt werden. Auch die fehlende rechtliche Pflicht des Zeugen, zu seiner Aussage nach Deutschland einzureisen, macht das Beweismittel nach derzeitigem Sachstand nicht unerreichbar, denn der Zeuge hat bislang bei grundsätzlicher Aussagebereitschaft lediglich eine Vernehmung in Moskau abgelehnt.

bb) Auch die durch den Zeugen für den Fall seiner Einreise begehrte Zusicherung der Bundesregierung, ihn nicht an die Vereinigten Staaten auszuliefern, führt derzeit nicht zur Unerreichbarkeit des Beweismittels. Denn die Frage, ob dieses Hindernis überwunden werden kann, ist gerade Gegenstand des Antrages. Die Entscheidung, ob von einer Auslieferung abgesehen werden kann, oder diese rechtlich geboten ist, obliegt der Bundesregierung, nicht dem Ausschuss. Eine definitive Klärung im Sinne einer verbindlichen Aussage der Bundesregierung ist gerade Ziel der durch die Antragsteller erstrebten Entscheidung.

Zwar entbindet die gesetzliche Ausgestaltung der Beweiserhebung als Minderheitenrecht nach § 17 Abs. 2 PUAG den Ausschuss nicht von der Beachtung verfassungsrechtlicher Grundprinzipien, insbesondere der Grundrechte (Brocker in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 3. Aufl., Kap. 27 Rn. 10; vgl. auch BVerfG, NVwZ 2002, 1499, juris Rn. 34). So hat der Ausschuss etwa bei der Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 21 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 6 und § 29 Abs. 2 Satz 1 PUAG die verfassungsrechtlich verbürgten Rechte der Betroffenen zu beachten (vgl. BVerfG, aaO, juris Rn. 34) und darf über seinen Untersuchungsauftrag nicht hinausgehen (vgl. Brocker, aaO, Kap. 27 Rn. 10). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Ausschuss a priori von einem Amtshilfeersuchen absehen muss, bei dem die Möglichkeit besteht, dass die ersuchte Stelle die Amtshilfe aus Rechtsgründen ablehnen könnte und insoweit eine vollständige Vorabprüfung vornehmen muss. Eine Pflicht des Ausschusses, von einem Amtshilfeersuchen abzusehen, könnte allenfalls dann bestehen, wenn der Gegenstand desselben eine Handlung darstellte, die augenscheinlich rechtswidrig ist, ohne dass es hierzu auf eine weitere Prüfung oder Einschätzung der ersuchten Stelle ankommt. So verhält es sich vorliegend jedoch nicht. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Antragsteller hat die Bundesregierung bislang nur vorläufige Bewertungen abgegeben. So wird in der Stellungnahme vom 2. Mai 2014 ausgeführt, dass die Möglichkeit bestehen könnte, dass der Zeuge S. für den Fall seiner Einreise in die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden muss. In dem Bericht vom 2. Juni 2014 wird dargelegt, dass zur Prüfung der Bewilligung einer Auslieferung an die Vereinigten Staaten noch weitere Fragen an das Department of Justice gerichtet worden seien und das Bestehen eines Auslieferungshindernisses auf der Grundlage des bislang mitgeteilten Sachverhaltes nicht abschließend beurteilt werden könne. Hieraus ergibt sich, dass die Bundesregierung selbst das Vorliegen eines Auslieferungshindernisses nicht von vorneherein für ausgeschlossen erachtet. Aus den Mitteilungen der Bundesregierung vom 28. Oktober 2015 (Anlage 9) und 6. Juni 2016 (Anlage 10) ergibt sich nichts anderes. Eine augenscheinliche Rechtswidrigkeit der zu ersuchenden Handlung liegt damit nicht vor.

Gleiches gilt auch für die Frage, ob auf den durch den Zeugen angebotenen „Deal“ eingegangen werden muss.

Der Untersuchungsausschuss ist ein spezifisches Instrument parlamentarischer Kontrolle und der Selbstinformation des Parlaments. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist er berechtigt (und auf Antrag der Ausschussminderheit auch verpflichtet, § 17 Abs. 2 PUAG) in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise zu erheben und dabei nach den Regeln über den Strafprozess zu verfahren, Art. 44 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 GG (Wiefelspütz, Das Untersuchungsausschussgesetz, S. 28, 29). Im Strafprozess gilt für die Vernehmung von Zeugen der Unmittelbarkeitsgrundsatz, § 250 StPO. Lediglich in Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden, §§ 251 ff. StPO. Auch im Untersuchungsausschuss ist die Vernehmung des persönlich anwesenden Zeugen das „Leitbild“ der Zeugenvernehmung (Brocker, NVwZ 2015, 410, 411; Roßbach, JZ 2014, 975). Warum vor diesem Hintergrund eingedenk des Umstandes, dass faktisch vorliegend ohnehin ausschließlich eine Vernehmung des Zeugen vor dem Ausschuss in Deutschland in Betracht kommt, kein Recht der Minderheit bestehen soll, den Vollzug des Beweisbeschlusses dadurch sicher zu stellen, dass dem Zeugen eine für ihn betreffend die Frage der Auslieferung an die Vereinigten Staaten risikolose Einreise ermöglicht wird, ist nicht ersichtlich.

b) Von der Beweiserhebung kann auch nicht gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO, wonach die Ladung eines Zeugen im Ausland unterbleiben kann, wenn diese nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist, abgesehen werden. Dahingestellt bleiben kann dabei, ob die Gründe für das Absehen von einer Beweisaufnahme in § 17 Abs. 2 PUAG abschließend geregelt sind, beziehungsweise die Ausnahmegründe des § 244 StPO ergänzend greifen (vgl. dazu (Gärditz in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, § 17 Rn. 18; Brocker in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 3. Aufl., § 17 PUAG Rn. 18). Denn der Antragsgegner hat schon nicht plausibel dargetan, warum die Aussage des Zeugen S. - offenbar entgegen der ursprünglich bei Entscheidung über die Erhebung des Beweises getroffenen Einschätzung der Beweisbedeutung der Vernehmung des Zeugen - zur Klärung des Untersuchungsauftrages nicht mehr erforderlich sein soll. Allein der Hinweis darauf, dass der Zeuge nicht selbst an der nachrichtendienstlichen Aufklärung gegen Deutschland mitgewirkt hat, ist hierfür nicht ausreichend. Auf die vom Antragsgegner angestellten außenpolitischen Erwägungen und die Frage, ob diese durch den Ausschuss im Rahmen der Beweiserhebung berücksichtigt werden dürfen, kommt es von daher nicht mehr an. Überdies fehlt eine detaillierte Abwägung unter Darstellung des Untersuchungsauftrages, des von dem bereits beschlossenen Zeugenbeweis erwarteten Erkenntnisgewinns und der angestellten außenpolitischen Erwägungen.

Das durch die Antragsteller begehrte Ersuchen an die Bundesregierung kann der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs nicht ersetzen, da er andernfalls - weil sein Ersuchen nicht Gegenstand oder Grundlage eines Organstreitverfahrens sein kann - dieses einem solchen verfassungsgerichtlichen Verfahren entziehen würde (vgl. BGH [Ermittlungsrichter] - 2 BGs 20/2009 - juris Rn. 48). Ob dies auch dann gilt, wenn sich die Mehrheit des Untersuchungsausschusses trotz einer sie zur Zustimmung verpflichtenden gerichtlichen Entscheidung weigert, den Beschluss, ein entsprechendes Ersuchen zu stellen, zu erlassen, bedarf hier keiner Entscheidung.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ein Gebührentatbestand bezüglich der Gerichtskosten ist weder im Untersuchungsausschussgesetz noch in oder für die hier sinngemäß anzuwendende Strafprozessordnung (Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG) gegeben; zudem würden solche Gebühren nicht erhoben (§ 2 GKG). Auch für die Überbürdung der Kosten und Auslagen des Antragsgegners mangelt es an einer Rechtsgrundlage (vgl. zudem § 35 PUAG).

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 1150

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede