HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2019
20. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Inhalt und Nutzen der Teilverwirklichungsregel

Zugleich Besprechung von BGH HRRS 2018 Nr. 871

Von Lucas Tomiak und Kevin Franzke, Universität Bonn[*]

I. Einführung

Der Entscheidung des BGH liegt ein Sachverhalt wie aus einem Kriminalfilm zugrunde, der entgegen verbreiteter Stereotypen allerdings atypisch gelagert ist[1]: Der Angeklagte zerrte ein fremdes Kind in seinen PKW, klebte seinen Mund zu und wollte an ihm an einem abgelege-

nen Ort sexuelle Handlungen vornehmen. Das Kind konnte jedoch die Hintertür des PKW wieder öffnen und fliehen. Der BGH bestätigte die Verurteilung des Angeklagten u.a. wegen versuchter, besonders schwerer sexueller Nötigung, hob aber die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchten, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern auf. Hierbei stellte der Senat sich auf den Standpunkt, dass ein unmittelbares Ansetzen zu den nach § 176a StGB tatbestandsmäßigen sexuellen Handlungen von den Feststellungen nicht belegt werde; da der Angeklagte gegenüber dem Opfer aber bereits Gewalt angewendet habe, liege bezüglich der sexuellen Nötigung bereits eine Teilverwirklichung vor, die der Senat offenbar als hinreichende Bedingung für das unmittelbare Ansetzen zur Tat erachtet. Das Ergebnis, dass zu demjenigen Delikt, das Kindern über den allgemeinen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung hinaus besonderen Schutz vermitteln soll, noch nicht unmittelbar angesetzt wurde, zum allgemeinen Delikt hingegen schon, erscheint kontraintuitiv. Dies wirft die Frage auf, ob der BGH zu Recht von einer Teilverwirklichung des § 177 Abs. 4 StGB a.F. ausgegangen ist (II.), während er ein unmittelbares Ansetzen zum (schweren) sexuellen Missbrauch von Kindern verneint hat (III.). Dies gibt Anlass zu grundsätzlichen Überlegungen zu Anwendung und Nutzen der Teilverwirklichungsregel (IV.-V.).

II. Teilverwirklichung des § 177 Abs. 4 StGB a.F. im konkreten Fall

Die Entscheidung ist sowohl im Hinblick auf das Vorliegen eines Finalzusammenhangs als auch den angeblichen Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs fragwürdig.

1. Vorliegen eines Finalzusammenhangs

Jedenfalls für die Altfassung des § 177 StGB entsprach es der allgemeinen Auffassung, dass ein bloßes Nebeneinander von Gewaltanwendung und sexueller Handlung zur Erfüllung des Tatbestandes nicht ausreicht, sondern vielmehr zwischen diesen Elementen eine subjektive Verknüpfung (a)– ein Finalzusammenhang[2] – und ein Unmittelbarkeitszusammenhang (b) bestehen muss.

Hierzu hat das Landgericht in der Beweiswürdigung Folgendes ausgeführt:

"Dass der Angeklagte zur Durchsetzung seiner sexuellen Interessen auch zum Einsatz erheblicher Gewalt bereit war, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass er das Kind gewaltsam in seinen PKW verbrachte und ihm mit Klebeband den Mund verschloss. Nach diesen Handlungen konnte er erwarten (Hervorhebung d. Verf.), das Kind werde sich ihm auch später bei der Vornahme sexueller Handlungen ohne ausdrückliche Drohung oder Gewaltanwendung unter dem Eindruck der gewaltsamen Verbringung vom Spielplatz aus Angst fügen; dass er anderenfalls zur Überwindung etwaigen Widerstands auch zu weiterem Gewalteinsatz bereit gewesen wäre, ergibt sich für die Kammer ebenfalls aus dem bereits objektiv festgestellten Verhalten[…]".[3]

Die objektiv gehaltenen Ausführungen lassen den Schluss zu, dass sich das Landgericht gerade nicht davon hat überzeugen können, dass bereits das Zerren in das Auto nach den Vorstellungen des Täters dazu bestimmt war, den Widerstand des Kindes gegen die sexuelle Handlung zu brechen. Es schien vielmehr der Auffassung zu sein, im Wege der unechten Wahlfeststellung offen lassen zu können, ob der Täter eine erneute Gewaltanwendung gegen das Kind an dem abgelegenen Ort für erforderlich gehalten hat, da er jedenfalls zu dieser fest entschlossen gewesen wäre. In der ersten Sachverhaltsvariante würde es dann jedoch an einem nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich möglichen Beleg[4] für die finale Verknüpfung von dem Hineinzerren und sexueller Handlung in Form der "fortwirkenden Gewalt" fehlen.[5] Zudem liegt weder allein im Verbringen an einen abgelegen Ort eine Gewaltanwendung[6] noch ist belegt, dass die sexuelle Handlung gerade durch die "fortgesetzte Gewalt" in Form der Freiheitsberaubung[7] erzwungen werden sollte, zumal das Auto des Angeklagten unverriegelt und die Geschädigte nach den Feststellungen nicht gefesselt war.

Doch selbst wenn man die Formulierung des Landgerichts als offensichtliches Missgeschick deutet und die Absicht des Täters, den Eindruck der fortwirkenden Gewalt auszunutzen, belegt sehen will, stellt sich die Frage, ob zwischen Gewaltanwendung und sexueller Handlung ein ausreichender Unmittelbarkeitszusammenhang besteht, wenn man mit dem Senat in dubio pro reo annimmt, dass der Angeklagte noch stundenlang mit dem Opfer umherfahren wollte. Dass ein solches Erfordernis besteht, ist in der Rechtsprechung[8] und Literatur grundsätzlich anerkannt,[9] wobei dasselbe wie zu § 249 StGB gelten soll.[10] Die exakte Konturierung des Begriffes hingegen ist umstritten und ungeklärt. So stellte die Rechtsprechung bislang auf einen engen zeitlich-räumlichen Zusammenhang ab[11], stellte aber jüngst fest, dass keine verbindlichen Kriterien bestünden, sondern

vielmehr eine Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls erforderlich sei.[12] Dies hat zur Folge, dass eine Zäsurwirkung teils bereits nach einer halben Stunde eingetreten sein kann,[13] der Zusammenhang aber auch noch nach mehreren Stunden bestehen kann.[14] In anderem Kontext hat der BGH indes derartigen Ansätzen mit "generalklauselartiger Weite" eine deutliche Absage erteilt, weil sie mit dem Gebot der Berechenbarkeit und Gleichmäßigkeit der Tatbestandsfrage nicht zu vereinbaren sind und damit – als negatives Tatbestandsmerkmal verstanden – gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen.[15]

Zu Recht bemüht sich die Literatur daher um eine reliable Operationalisierung des Unmittelbarkeitskriteriums. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei, bloße Vorbereitungshandlungen, die die spätere Tatausführung lediglich erleichtern sollen, aus dem Tatbestand auszunehmen.[16] Hierfür wird zum Teil gefordert, dass sich bei mehraktigen Delikten die beiden Akte noch als eine Tat im materiellen Sinne begreifen lassen, weil es sich um eine natürliche Handlungseinheit handelt.[17] Dies führt in der Sache zu einer Rückbesinnung auf die frühere Rechtsprechung, denn auch die natürliche Handlungseinheit ist wesentlich von einem engen zeitlich-räumlichen Zusammenhang gekennzeichnet[18]. Es spricht jedoch vieles dafür, nach einem engeren, anhand objektiver Kriterien bestimmbaren Konnex zwischen den Teilakten zu suchen. Ein solcher kann in Anlehnung an die Versuchsdogmatik dann angenommen werden, wenn die Gewalt im oder als Ansetzen zur abnötigenden Handlung angewendet wurde, denn nur in der Ausführungsphase der abnötigenden Handlung kann berechtigt von einem Handeln "mit" Gewalt die Rede sein. Wann die Ausführungsphase beginnt, folgt dann unmittelbar aus § 22 StGB.[19] So verstanden mag man weiterhin von "fortgesetzter Gewalt" sprechen können, freilich ohne hieraus einen Mehrwert zu beziehen.

Übertragen auf den zu Grunde liegenden Fall bedeutet dies, dass ein Gleichlauf zwischen der Bewertung des unmittelbaren Ansetzens bei sexueller Nötigung und schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern umso mehr zu erwarten gewesen wäre. Für die Feststellung, dass das Unmittelbarkeitserfordernis vorliegend nicht erfüllt ist, darf daher auf die Ausführungen zum unmittelbaren Ansetzen zum sexuellen Missbrauch von Kindern verwiesen werden (III.)

Fordert man mit der hier vertretenen Auffassung einen engen Unmittelbarkeitszusammenhang auch bei den Sexualdelikten, liegt darin des Weiteren eine Abkehr von der Figur der fortwirkenden Gewalt. Dies ist auch vor dem Hintergrund des Gewaltbegriffes sachgerecht, denn von einer körperlichen Zwangswirkung kann in Situationen der fortwirkenden Gewalt keine Rede mehr sein. Möglich wäre hingegen eine Verurteilung auf § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. zu stützen, wenn sich die Handlungen situativ als konkludente Androhung neuer Gewalt auffassen lassen[20] oder die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. zu prüfen. Die hierfür erforderlichen Feststellungen hat das Landgericht ebenfalls nicht getroffen, sodass der BGH schon deshalb gehalten gewesen wäre, die Entscheidung aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

Eine andere Beurteilung kann sich für derartig gelagerte Fälle auch künftig nach der Neufassung des § 177 StGB nicht ergeben. Zwar hat der Gesetzgeber den Finalzusammenhang zwischen Nötigungshandlung und sexueller Handlung nunmehr ausdrücklich gestrichen, um auch einaktige Geschehen wie sadistische Sexualpraktiken zu erfassen,[21] jedoch lässt diese Überlegung das hiervon strikt zu trennende und mit Blick auf die erhebliche Strafdrohung erforderliche Unmittelbarkeitserfordernis bei zweiaktigen Geschehen unberührt.[22]

2. Klebeband als gefährliches Werkzeug

Auch die Ausführungen des LG zur Einstufung des Klebebandes als gefährliches, die Mindeststrafe verfünffachendes Werkzeug erscheinen bemerkenswert:

"Bei der Tat[…]hat der Angeklagte ein gefährliches Werkzeug[…]verwendet.[…]Es kann dahinstehen, ob man[die Lippenverletzungen]bereits als erheblich bezeichnen mag; jedenfalls war die konkrete Verwendung des Klebebandes im vorliegenden Fall geeignet, erhebliche (weitere) Verletzungen herbeizuführen. So ist bei dem

stabilen Verschluss eines Atemweges, der nur noch die Atmung über die Nase zulässt, immer damit zu rechnen, dass es zu Atemnot, Panik und Hyperventilation kommen kann – zumal noch bei einem erst neunjährigen Kind, das sich unvermittelt einer massiv angstauslösenden Situation ausgesetzt und in seiner impulsiv-intuitiven Reaktion, um Hilfe rufen zu wollen, behindert sieht. Das Problem der Atemnot wird noch verschärft, wenn man bedenkt, dass die Tat[…]im Herbst und damit in der Erkältungszeit[durchgeführt wurde], so dass von einer ungestörten Nasenatmung nicht sicher ausgegangen werden konnte. Hinzu kommt weiter, dass das Verkleben des Mundes stets auch die Gefahr birgt, dass es bei einem Verschlucken oder Erbrechen[…]sofort zu einer lebensgefährlichen Verlegung der Atemwege kommen kann.[Dagegen]spricht dabei nicht, dass der Angeklagte dem Kind nicht auch noch die Hände gefesselt hat; angesichts des Umstandes, dass es sich bei der Geschädigten um ein erst neunjähriges Mädchen handelte, die bei der Tat erhebliche Angst empfand, konnte der Angeklagte auch nicht davon ausgehen, dass das Mädchen im Notfall so geistesgegenwärtig ist, die Verklebung seines Mundes mit den eigenen Händen zu lösen."[23]

Will man sich nicht bereits der Auffassung anschließen, dass die Subsumtion eines Klebebandes unter den Begriff des gefährlichen Werkzeugs die Wortlautgrenze überschreitet,[24] so kann ein Klebeband in konkret gefährlicher Weise eingesetzt werden, jedenfalls wenn Mund und Nase verklebt werden.[25] Um beim bloßen Verkleben des Mundes zum offenbar gewünschten Ergebnis zu gelangen, muss das Landgericht indes eine beachtliche Vermischung generell-abstrakter und individuell-konkreter Erwägungen vornehmen. Abstrakt bestehe bei Kindern die Gefahr einer Hyperventilation oder des Erbrechens, zumal das konkrete Kind sehr verängstigt gewesen sei. Konkret war überdies Erkältungszeit, abstrakt gelte es zudem – bemerkenswerterweise – zu bedenken, dass ein Kind im Notfall nicht geistesgegenwärtig sei und sich das Klebeband nicht abziehen würde, weshalb die konkret fehlende Fesselung unerheblich sei. Zuvor hatte das LG allerdings noch zum Tatgeschehen ausgeführt:

"NK indes reagierte geistesgegenwärtig und öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite."[26]

Die Ausführungen des Gerichts zeigen, wie problematisch die Handhabung des Merkmals der konkreten Art der Verwendung im Einzelfall sein kann. Das Ergebnis aber aus einer Mischung verschieden konkreter Blickwinkel herzuleiten, überzeugt nicht. Hätte das Landgericht die Umstände konsequent generell-abstrakt oder konkret-individuell gewürdigt, hätte es das Klebeband nicht als gefährliches Werkzeug qualifizieren dürfen. Es liegt nahe, dass bei diesem Subsumtionsergebnis dem Landgericht und dem BGH auch ein scheinbar gerechtes Strafmaß für den Angeklagten, der inzwischen rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt wurde[27], vor Augen gestanden haben dürfte, das der Empörung, die derartige Sachverhalte auslösen, Rechnung trägt. Die Sorge, den Angeklagten nach Zurückverweisung "nur" wegen versuchter Freiheitsberaubung, versuchter Entziehung Minderjähriger und einfacher Körperverletzung verurteilen zu können, mag intuitiv nachvollziehbar sein; handlungsleitend darf sie für ein Gericht gleichwohl nicht sein.

III. Sich-Bemächtigen als unmittelbares Ansetzen zur sexuellen Handlung?

Der Beschluss enthält zentral Ausführungen zum Versuchsbeginn des (hier: schweren) sexuellen Kindesmissbrauchs. Der BGH verneint ein unmittelbares Ansetzen zum Versuch des § 176a StGB: Das Instanzgericht habe nicht festgestellt, wohin der Angeklagte das Tatopfer habe verbringen wollen und wie lang die Fahrt habe dauern sollen. Ohne nähere Feststellungen habe es nicht davon ausgehen können, dass die Tatbestandsverwirklichung in unmittelbarer Nähe des Ergreifungsortes stattfinden sollte, zumal der Angeklagte nicht ortskundig gewesen sei. "Ob die Fahrt zu einem ‚abgelegenen Ort‘ angesichts dessen ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung münden würde", lasse sich daher nicht feststellen.

1. Die bisherige Rechtsprechung zu § 176 StGB

Diesen Ausführungen lässt sich wohl[28] die Aussage entnehmen, dass der Versuch des sexuellen Kindesmissbrauchs bereits mit oder gar kurz vor Antritt der Fahrt beginnen kann, wenn der zur Vornahme sexueller Handlungen geeignete Zielort sich in der Nähe des Ortes des Fahrtbeginns befindet. Die besondere Problematik der vorliegenden Konstellation liegt dabei darin, dass der Täter das Tatopfer bereits in seine Gewalt gebracht hat und es ihm in einer besonders intensiven Weise ausgeliefert war, seine Handlung aber noch keinen Sexualbezug besaß.

Der BGH hat bereits durchaus ähnliche Fälle entschieden, in denen ein Angeklagter ein Kind ohne Gewalteinsatz überredete, mit ihm den Ort zu wechseln, um es dann dort sexuell zu missbrauchen. So hieß es in einer Entscheidung, der Versuch der Vornahme[29] sexueller

Handlungen an Kindern könne schon beginnen, "wenn der Täter das Kind an einen zur Vornahme von sexuellen Handlungen geeigneten Ort" führe, da schon in diesem Moment das von § 176 StGB geschützte Rechtsgut gefährdet sei.[30] Nach BGHSt 35, 6 soll das aber nur dann gelten, wenn der Täter entweder glaube, das Tatopfer werde sich aus Angst fügen, oder wenn er beabsichtige, potentiellen Widerstand zu brechen, nicht aber, wenn er das Kind auf freiwilliger Basis verführen wolle. Letzteres sei ein wesentlicher Zwischenakt, der ein unmittelbares Ansetzen ausschließe. Dass das Rechtsgut des § 176 StGB auch in diesen Fällen schon gefährdet sein könne, sei unbeachtlich, da eine Gefährdung allein den Versuchsbeginn nicht begründen könne.[31]

2. Der Beginn des verletzenden Verhaltens als unmittelbares Ansetzen

Demgegenüber fordern Teile der Literatur für den Versuchsbeginn, dass der Tatort erreicht bzw. zumindest fast erreicht wird;[32] überwiegend wird die dargestellte Rechtsprechung aber akzeptiert[33]. In ihrer Entwicklung zeigt sich eine unterschiedliche Gewichtung der Relevanz des Gefährdungskriteriums für die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch. Wichtig ist daher, sich Klarheit darüber zu verschaffen, was Gefährdung in diesem Kontext bedeuten kann, unabhängig davon, ob man sie als selbständiges Abgrenzungskriterium versteht oder ihr nur insoweit Bedeutung zumessen will, wie es darum geht zu entscheiden, wann ein Zwischenakt vor der Tatbestandserfüllung "unwesentlich" ist und damit einem Versuchsbeginn nicht entgegensteht[34]. Die Formulierung des § 22 StGB, nach der der Täter "nach seiner Vorstellung von der Tat" unmittelbar ansetzen muss, stellt klar, dass es für das Ansetzen nicht auf das tatsächliche Vorliegen einer Gefahr ankommen kann, sondern von den Kenntnissen des Täters auszugehen ist.[35]

Nicht gleichgesetzt werden kann Gefährdung im vorliegenden Kontext zunächst mit dem Begriff der (konkreten) Gefahr, der für die gemeingefährlichen Delikte konzipiert wurde: dieser zeichnet sich durch eine Komponente mangelnder Beherrschbarkeit aus[36]. Jedenfalls wenn der Täter zur Tatbestandsverwirklichung noch weiterhandeln muss, ist das Geschehen für ihn aber noch beherrschbar.[37]

Gefahr ließe sich auch mit "Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung" übersetzen. Der Versuchsbeginn wäre dann danach zu bestimmen, wann eine Gefährdung des vom jeweiligen Tatbestand geschützten Rechts[38] oder die Verwirklichung des Tatbestandes[39] wahrscheinlich erscheint. Rein quantitativ kann die Grenze zwischen Vorbereitung und Versuch aber nicht gezogen werden. Dagegen spricht nicht nur die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts denn sein müsse,[40] sondern auch die Unmöglichkeit der Bestimmung des Moments, ab welchem der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad der Tatbestandsverwirklichung erreicht wird. Insoweit lässt sich eine Parallele zu kognitiven Vorsatztheorien ziehen, bei denen heute das Bemühen um eine qualitative, nicht quantitative Abgrenzung im Vordergrund steht.[41]

In diesem Sinne wird, für den vorliegenden Kontext besonders relevant, etwa vorgeschlagen, von einem Versuchsbeginn auszugehen, wenn der Täter das tatbestandlich geschützte Rechtsgut des Opfers "in den Griff" bekommt.[42] Das wird damit begründet, dass der Täter schon so das Anerkennungsverhältnis, das die Rechtsgü-

ter konstituiere, verletze,[43] oder damit, dass der Täter hierdurch bereits die Möglichkeit zur Rechtsverletzung erlange und schon eine solche unmittelbare Nähe zur Tatbestandsverwirklichung den Glauben an die "rechtliche Orientierung der Person" vereitele[44].

Angreifbar wird das Kriterium des In-den-Griff-Bekommens vor allem dadurch, dass mit ihm die Beherrschbarkeit des weiteren Geschehens in den Mittelpunkt gestellt wird.[45] Nicht nur müsste danach in einigen Konstellationen die Grenze zur Strafbarkeit weit nach vorn verlagert werden, etwa beim Ausschalten von Schutzmöglichkeiten oder wenn sich das Opfer bereits in der Hand des Täters befindet[46]. Allgemeiner kann bemängelt werden, dass die Bewertung, dass der Täter eine Situation geschaffen hat, in der er Rechte des Opfers angreifen kann, nicht zu der Bewertung zwingt, dass er diese Rechte schon angreift.[47]

Deutlich wird das an einem Fall, in dem der BGH das Kriterium des In-den-Griff-Bekommens zwar nicht der Formulierung, aber der Sache nach übernommen hat.[48] Der Angeklagte wollte das Tatopfer, nachdem er es in seiner Wohnung eingesperrt hatte, nach einer vom BGH nicht ausgeschlossenen Variante des Tatplans über fünf Tage hinweg quälen und erst dann töten. Das Tatopfer, die Lebensgefährtin des Angeklagten, konnte entkommen. Schon im Sich-Bemächtigen sah der BGH ein unmittelbares Ansetzen zum Tötungsdelikt: Das Tatopfer sei bereits ab dem Moment, in dem der Angeklagte es in seine Gewalt gebracht habe, "unmittelbar und konkret" an Leib und Leben gefährdet gewesen. Es habe für die Frau keine Möglichkeit gegeben, sich weiteren Tathandlungen zu entziehen. "Diese Beschränkung der persönlichen Freiheit der Nebenkl. stand in engem räumlichem und situativem Zusammenhang mit deren beabsichtigter Tötung, denn sie sollte gerade sicherstellen, dass der vom Angekl. geplante Geschehensablauf ungestört Fortgang nehmen und ohne weitere Unterbrechungen in die Tatvollendung einmünden kann. Allein die zeitliche Streckung dieses Ablaufs ändert an dem situativen Zusammenhang nichts".[49]

Hier fallen der (selbst strafbare) Beginn des Tatplans und das unmittelbare Ansetzen zur konkreten Tatbestandsverwirklichung auseinander.[50] Das In-den-Griff-Bekommen des Rechtsguts ist dabei ein Kriterium für ersteres. Ähnliches gilt beispielsweise für die Forderung, der Vorsatz müsse "die Feuerprobe der kritischen Situation" bestanden haben,[51] jedenfalls, sofern man diese rein naturalistisch-psychologisch versteht. Dass der Täter sich nicht mehr sagen kann, es sei "noch nichts geschehen",[52] wird bei einer solchen Deutung spätestens dann anzunehmen sein, wenn er erstmals offen deliktisch vorgeht. In diesem Moment aber jede einzelne Tatbestandsverwirklichung, die nach dem Tatplan des Täters geschehen soll, als versucht anzusehen, scheint vorrangig dann plausibel, wenn man der Ausführungshandlung des Versuchs lediglich eine Indizfunktion für das Vorliegen des Tatentschlusses beziehungsweise seiner motivationalen Kraft zumisst.[53]

Vorzugswürdig ist es aber, zu fordern, dass sich die Handlung des Täters als Unrecht bezogen auf den spezifischen Tatbestand darstellt. Daher liegt nahe, für eine Versuchshandlung jedenfalls eines Erfolgsdelikts zu verlangen, dass mit ihr, um eine Formulierung von Jakobs aufzugreifen, "das Verhalten beginnt, das ‚Verletzen‘ bedeutet"; "für die jeweils konkrete Art und Weise der Tatbestandsverwirklichung ist zu entscheiden, wann das verletzende Verhalten anfängt und nicht nur kurz bevorsteht".[54] Das ist selbstverständlich noch keine subsumtionsfähige Bestimmung des unmittelbaren Ansetzens, sie ist in Teilen wohl sogar unbestimmter als beispielsweise die Formel, die Handlung müsse ohne wesentliche Zwischenschritte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden. Sie gibt aber, anders als die Zwischenaktsformel, die hier entscheidende Stoßrichtung vor: Das Sich-Bemächtigen muss gewissermaßen schon Teil der Angriffshandlung sein, um unmittelbares Ansetzen zum geplanten Delikt sein zu können.[55] Das wird regelmäßig der Fall sein, wenn beide in derselben räumlich-

zeitlichen Situation geschehen. Nicht verschwiegen werden soll freilich, dass sich auch unter Zugrundelegung dieses Kriteriums weiter schwierige Abgrenzungsprobleme stellen werden.

Man kann nach dieser Begründung freilich nicht so verfahren, wie es der BGH im oben vorgestellten Wohnungseinsperrungsfall tat, und zeitliche und räumliche Nähe voneinander trennen, um dann das Fehlen des einen Kriteriums durch eine besonders starke Ausprägung des anderen aufzuwiegen. Denn es geht nicht um das Vorliegen einer einheitlichen Bedrohungssituation für das Opfer, sondern darum, ob sich das Geschehen für den Täter als dieselbe Handlungssituation darstellt bzw. nach normativen Maßstäben darstellen sollte. Hierfür sind die zeitliche und räumliche Nähe Indikatoren. Für sich genommen können sie die Strafbarkeit allerdings weder begründen noch ausschließen.[56] Unergiebig ist es daher auch, den Versuch des sexuellen Kindesmissbrauchs in Fällen wie dem vorliegenden davon abhängig zu machen, ob der Täter den Zielort fast erreicht hat.[57] Der Versuch des sexuellen Kindesmissbrauchs hätte im vorliegenden Fall nach dem bisher Gesagten nicht schon im Moment des Sich-Bemächtigens oder während der Autofahrt, sondern erst am Tatort beginnen können. Dem Senat ist damit im Ergebnis zuzustimmen, dass ein Versuch des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs abzulehnen ist.

3. Das Außerachtlassen bisheriger Entscheidungen

Vorzuwerfen ist ihm allerdings, dass er seine Entscheidung nicht in ein Verhältnis zu den bisher vom BGH aufgestellten Kriterien setzt.[58] Die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch dürfte in Grenzfällen so schwierig und unbestimmt sein wie kaum eine andere,[59] und die hierzu angebotenen Formeln sind sämtlich konkretisierungsbedürftig.[60] Die Vorgehensweise des Senats, zunächst von ihm selbst so bezeichnete "abstrakte Maßstäbe" aufzustellen (unmittelbare räumliche und zeitliche Nähe der Tathandlung zur Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals oder das Einmünden der Tathandlung in die Tatbestandsverwirklichung im ungestörten Fortgang ohne Zwischenakte) und dann auf deren Konkretisierungsbedürftigkeit hinzuweisen, um dennoch direkt unter sie zu subsumieren, erscheint dabei wenig sinnvoll. Erforderlich wäre vielmehr der Abgleich mit anderen bisher ergangenen Entscheidungen. Das Ergebnis und die Begründung dieser zuvor ergangenen Judikate ist dabei selbstverständlich nicht bindend. Es führt aber dazu, dass klarere Kriterien und Linien erkennbar würden, anhand derer die Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch vorgenommen werden kann. Das zeigt etwa die oben zitierte Entscheidung BGHSt 35, 6, die klare, wenn auch kritikwürdige Kriterien formulierte. Dadurch, dass diese hier nicht erwähnt wurden, ist unklar, inwieweit sie für die Zukunft maßgeblich sind.

IV. Die Teilverwirklichungsregel

Besonders lässt die Passage zum Beginn des Versuchs des § 177 StGB aufmerken. Der BGH stellt dort kurzerhand fest, der Angeklagte habe mit dem Einsatz von Gewalt bereits ein Tatbestandsmerkmal der sexuellen Nötigung verwirklicht und sei jedenfalls insoweit in das Versuchsstadium gelangt.

1. Entwicklung und Anwendung im konkreten Fall

Die bemerkenswert knappe Bejahung des Versuchsbeginns überrascht, insbesondere nach der Ablehnung des Beginns des Versuchs des sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie beruht auf der sog. Teilverwirklichungsregel, nach deren geläufigster Formulierung ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal erfüllt hat.[61] Der BGH hat diese Regel schon des Öfteren erwähnt. So heißt es beispielsweise, "in der Regel" sei die Grenze zum Versuch überschritten, wenn der Täter bereits Merkmale des Straftatbestandes erfüllt habe, während der Versuchsbeginn andernfalls weiterer Prüfung bedürfe,[62] oder es genüge für das unmittelbare Ansetzen "regelmäßig[…], dass ein Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht"[63]; "ausnahmsweise" könne es aber auch trotz Vornahme einer der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestands entsprechenden Handlung am Versuchsbeginn fehlen.[64] Der hier entscheidende Senat geht noch einen Schritt weiter, indem er diese Regel als hinreichende Bedingung für den Versuchsbeginn zu verstehen scheint[65], während sie in den angeführten Passagen eher eine Art Faustformel darstellt.

Als notwendige Bedingung für den Versuchsbeginn wird die Teilverwirklichungsregel heute nicht mehr verstanden. Ihre Funktion wird vielmehr darin gesehen, die generell diffizile Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch in "einfachen" Fällen zu erübrigen.[66] Exemplifiziert werden kann sie anhand eines einfachen Beispiels: Wer einem anderen mit der Faust ins Gesicht schlägt, um ihm sodann Geld wegzunehmen, hat nach der Teilverwirklichungsregel bereits mit der in dem Faustschlag liegenden Gewaltanwendung zum Raub angesetzt.[67]

Nun gibt es allerdings auch Konstellationen, in denen die Anwendung dieser Regel nicht ganz so trivial ist. Als Beispiel dafür kann ein Fall herhalten, den das OLG Karlsruhe vor längerer Zeit entschied[68]: Die Angeklagte versuchte einer Passantin vorzutäuschen, sie sei deren Verwandte, um so ihr Vertrauen zu gewinnen. Auf dieser Grundlage wollte sie sich mit der Passantin in deren Wohnung treffen und dort weitere Täuschungshandlungen ausführen, um Geld von ihr zu erlangen. Diese ging allerdings, ohne sich mit der Angeklagten zu verabreden, weiter; die Angeklagte wurde festgenommen.

Schon die erste Einwirkung der Angeklagten auf die Passantin stellte ein Vorspiegeln falscher Tatsachen, nämlich bezüglich der Verwandtschaftsverhältnisse, dar. Gleichzeitig erscheint es jedenfalls intuitiv schon aufgrund der Notwendigkeit weiterer Täuschungshandlungen nicht richtig, bereits hier von einem Versuchsbeginn zum Betrug auszugehen.

Das OLG Karlsruhe löste diese Problematik, indem es das unmittelbare Ansetzen mit der Erwägung ablehnte, die Täuschung der Passantin sei "nicht tatbestandsmäßig" gewesen, da "erst durch eine weitere und für den Betrugstatbestand entscheidende Täuschungshandlung[…]die Vermögensverfügung der Zeugin erreicht werden sollte."[69]

Das Kriterium, dass von einer Teilverwirklichung nur bei Vornahme einer tatbestandsmäßigen Handlung gesprochen werden kann, wurde in der Folge vom BGH übernommen.[70] So nehme ein Täter eine tatbestandsmäßige Täuschung im Rahmen eines Betruges nur dann vor, "wenn er denjenigen Irrtum hervorruft, der den Getäuschten zu der schädigenden Vermögensverfügung bestimmt und damit für den Eintritt des Schadens ursächlich wird."[71]

Zu fragen wäre also nach der Subsumtion des Verhaltens unter ein Tatbestandsmerkmal stets noch, ob der Täter dabei tatbestandsmäßig gehandelt hat. Auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet bedeutet das: Der Angeklagte hat zwar Gewalt angewendet. Diese Gewaltanwendung war aber nicht dergestalt mit der sexuellen Handlung verknüpft, wie § 177 Abs. 1 a.F./Abs. 5 n.F. StGB es verlangen: der Angeklagte hätte erst mit der Ankunft am Tatort zum sexuellen Kindesmissbrauch ansetzen können, vgl. oben III. Für den Unmittelbarkeitszusammenhang bei § 177 Abs. 1 StGB a.F. ist aber zu verlangen, dass die Gewalt im oder als unmittelbares Ansetzen zur sexuellen Nötigung verwirklicht wird, vgl. oben II.1. Es fehlte hier also am Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der Gewalt, die der Täter beim Hineinzerren des Kindes in sein Auto anwendete, und der geplanten sexuellen Handlung. Das kann man auch so ausdrücken, dass es sich bei der verwirklichten nicht um die tatbestandsmäßige Gewalt handelte. Die Teilverwirklichungsregel in der durch die Rechtsprechung präzisierten Form hilft hier demnach bei der Entscheidung, ob der Angeklagte die Versuchsgrenze überschritten hat, nicht weiter, der BGH hätte sein Ergebnis nicht auf sie stützen dürfen.[72]

Da die Teilverwirklichung keine notwendige Bedingung für den Versuchsbeginn ist, bleibt aber noch zu klären und wäre von dem Senat zu prüfen gewesen, ob ein Versuchsbeginn des § 177 Abs. 1 StGB a.F. nach den allgemeinen Grundsätzen angenommen werden kann. Das ist nach der hiesigen Auffassung indes nicht der Fall: Da von einer tatbestandsmäßigen Gewaltanwendung erst dann ausgegangen werden kann, wenn sie mit oder als Ansetzen zur sexuellen Handlung vorgenommen wird, gibt der Versuchsbeginn des § 176 StGB vor, ab wann zu § 177 StGB angesetzt werden kann. Auch der Versuch des § 177 StGB kann in Fällen wie dem vorliegenden also erst am Tatort beginnen.

2. Zur grundsätzlichen Kritik an der Teilverwirklichungsregel

Neben dieser schon gemessen an der eigenen Rechtsprechung falschen Anwendung hat der BGH es auch versäumt, die in der Literatur seit langem vorgebrachte prinzipielle Kritik an der Teilverwirklichungsregel[73] zu berücksichtigen. Aufgrund des Umstandes, dass der

vorliegende Fall ohne die Teilverwirklichungsregel zu lösen ist, werden die mit ihr verbundenen Probleme hier keiner endgültigen Lösung zugeführt. Es erscheint angesichts der fehlerhaften Anwendung der Regel durch den Senat dennoch notwendig, auf einige Implikationen ihrer vollständigen Ablehnung hinzuweisen.[74]

Zum einen wird der Teilverwirklichungsregel vorgeworfen, sie führe in vielen Beispielen zu falschen Ergebnissen.[75] Zumeist betreffen diese Beispiele das Ansetzen zum Versuch von Regelbeispielen oder Qualifikationen, das aufgrund der Abhängigkeit der Strafbarkeit der Qualifikation von der Strafbarkeit des Grunddelikts einen Sonderfall darstellt,[76] dessen Übertragbarkeit auf Grunddelikte jedenfalls nicht unzweifelhaft ist.

Daneben wird die Möglichkeit der Unterscheidung zwischen tatbestandsmäßiger und bloß vorbereitender Handlung bestritten. So typisieren nach Küper die im StGB enthaltenen Tatbestände vollendete Delikte. Für diese sei aber grundsätzlich ohne Belang, wann sie beginnen. Es liege außerhalb der "Kompetenz" der Tatbestände, die Frage des Versuchsbeginns zu bestimmen. Daher seien auch solche Täuschungen tatbestandsmäßig, "die aus der Perspektive des Versuchsbeginns dem Vorbereitungsstadium zugewiesen werden müssen".[77]

Nun weist aber Küper selbst darauf hin, dass die Frage nach dem Beginn des vollendeten Delikts in bestimmten Fällen durchaus relevant wird.[78] In diesen "Sonderfällen" werde "bezeichnenderweise" der Versuchsbeginn für das relevante Abgrenzungskriterium gehalten. Auch Küper hält diese Grenze für entscheidend, allerdings aus dem pragmatischen Gesichtspunkt heraus, dass man in den fraglichen Konstellationen eine Grenze finden müsse und sich hierfür die Versuchsgrenze am besten eigne; dogmatisch zwingend sei das aber nicht.[79]

Durchaus zweifelhaft scheint aber, ob die Frage nach dem Beginn des Vollendungsdelikts tatsächlich nur für einige wenige Ausnahmekonstellationen pragmatisch entschieden werden kann oder, entgegen Küper, nicht eher auf generellen Zurechnungsgrundsätzen basiert. Geht man von letzterem aus, bedeutete das, dass alle Tatbestandsmerkmale, um zu einem vollendeten Delikt zugerechnet werden zu können, im Versuchsstadium verwirklicht sein bzw. werden müssen. Handlungen, die noch im Vorbereitungsstadium begangen werden, können zur Begründung des Unrechts des vollendeten Delikts dann nicht herangezogen werden.

Weigert man sich, den Versuch mit Vornahme einer tatbestandsmäßigen Handlung beginnen zu lassen, ist es nicht mehr möglich, diese – dann nur zur Deliktsvorbereitung zählende – Handlung zur Begründung des Tatunrechts zu verwerten. Wird nicht im weiteren Verlauf des Geschehens eine zweite Handlung vorgenommen, die ebenfalls alle Anforderungen an die tatbestandsmäßige Ausführungshandlung erfüllt, kann der Täter daher nicht mehr nach dem vollendeten Vorsatzdelikt bestraft werden. Das führt nun nicht dazu, dass die Teilverwirklichung zur hinreichenden Bedingung für den Versuchsbeginn wird; es führt aber dazu, dass eine Teilverwirklichung, die nicht als Versuchsbeginn gewertet wird, hinreichende Bedingung für die Straflosigkeit wegen eines vollendeten Vorsatzdelikts wird.[80]

Unter Zugrundelegung dieser Regel ist es beispielsweise nicht zulässig, den Beginn des Betrugsversuchs erst der Vornahme der letzten Handlung, die sich unter den Täuschungsbegriff subsumieren lässt, nachfolgend anzusetzen[81]: Der Betrug setzt eine Täuschung voraus, die im Versuchsstadium der Tat und nicht bloß in dessen Vorfeld erbracht werden müsste. Selbst eine Versuchsstrafbarkeit schiede danach aus, da der Täter zur Tatbestandsverwirklichung und nicht bloß zu einer Rechtsverletzung ansetzen muss. Sieht der Tatplan ab unmittelbarem Ansetzen keine Täuschungshandlung mehr vor, kann der Tatbestand nicht mehr erfüllt werden.

Dieses Argument steht und fällt aber mit der Anerkennung der Prämisse, dass alle die Deliktsvollendung begründenden Handlungen im Versuchsstadium ausgeführt werden müssen und zudem Vorbereitungshandlungen nicht bei Erfolgseintritt gewissermaßen nachträglich zu Ausführungshandlungen werden können. Das wird von der hM anerkannt[82], ist aber nicht unbestritten[83]. Auch könnte der Versuch so konstruiert werden, dass zwischen Versuchshandlung und -erfolg getrennt wird. Die Versuchshandlung stellt danach mehr dar als bloße Vorbereitung, zur Strafbarkeit setzt der Versuch aber auch einen Erfolg im Sinne einer (zumindest vom Täter vorgestell-

ten) "unmittelbaren Gefährdung" voraus.[84] Übertragen auf die Teilverwirklichungsregel bedeutete das etwa für den Fall des OLG Karlsruhe, dass zwar schon die erste Täuschungshandlung Versuchshandlung und damit taugliche Grundlage für eine Vollendungszurechnung sein, aber mangels unmittelbarer Vermögensgefahr noch keinen Versuchserfolg und damit keine Versuchsstrafbarkeit begründen könnte.

Das hier zu vertiefen, bleibt wie schon angedeutet kein Raum. Schon die bisherigen Überlegungen zeigen aber, dass die Ablehnung der Teilverwirklichungsregel mehr erfordert als das bloße Aufzählen von Beispielen, in denen sie vorgeblich zu falschen Ergebnissen führt.


[*] Lucas Tomiak ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Martin Böse, Kevin Franzke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kriminologischen Seminar bei Prof. Dr. Torsten Verrel.

[1] 2017 bestand in 58 % aller Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer, bei Körperkontakt in 75 % der Fälle und bei Beischlaf nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB gar in 86 % aller Fälle, eigene Berechnung nach Polizeiliche Kriminalstatistik, Zeitreihen, Tabelle 92, Wiesbaden 2017.

[2] BGH, NStZ 1995, 229, 229 f.; BGHSt 50, 359, 368 = HRRS 2006 Nr. 147; Eisele, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. (2019), § 177 Rn. 76; Wolters, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier (Hrsg.), Strafgesetzbuch, 4. Aufl. (2019), § 177 Rn. 63; anders bei der Neufassung, vgl. BGH NJW 2019, 1010, 1011 = HRRS 2019 Nr. 297.

[3] LG Marburg 1 KLs – 1 JS 13411/12, Urteil vom 06.12.2017.

[4] Nicht revisionsrechtlich zu beanstanden war die Feststellung der fortwirkenden Gewalt etwa bei BGH 2 StR 59/76, Urteil vom 19.05.1976, zit. nach Holtz, MDR 1976, 812, 813; BGHR § 177 Abs. 1 (Gewalt 2).

[5] Zu den Fallgruppen in der Rechtsprechung des BGH vgl. Renzikowski, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 3, 3. Aufl. (2017), § 177 nF Rn. 113 ff.

[6] BGHR § 177 Abs. 1 (Gewalt 3); BGH NStZ 1990, 335, 335.

[7] Hierzu BGH NStZ 1999, 83, 83.

[8] BGHSt 61, 197, 200 f. = HRRS 2016 Nr. 761; BGHSt 61, 141, 145 = HRRS 2016 Nr. 571; BGH NStZ 1992, 587, 587.

[9] Hörnle, in: Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann (Hrsg.), Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, Bd. 6, 12. Aufl. (2009), § 177 Rn. 68; Wolters/Noltenius, in: Wolter (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 9. Aufl. (2017), § 177 Rn. 53.

[10] Fischer, Strafgesetzbuch, 66. Aufl. (2019), § 177 Rn. 67.

[11] BGHSt 61, 141, 147 f. = HRRS 2016 Nr. 571.

[12] BGHSt 61, 197, 200 f. = HRRS 2016 Nr. 761; ebenso Sander, in: MüKo-StGB, Bd. 4, 3. Aufl. (2017), § 249 Rn. 27; nun aber wieder auf den engen räumlich-zeitlichen Zusammenhang abstellend BGH NJW 2019, 1010, 1012 f. = HRRS 2019 Nr. 297

[13] BGH NStZ 1995, 229, 230.

[14] BGHSt 61, 197, 201 = HRRS 2016 Nr. 761; jedenfalls keine zwingende Unterbrechung des Zusammenhangs durch eine Autofahrt, OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2008, 348, 349; zustimmend Hörnle, in: LK-StGB (Fn. 10), § 177 Rn. 68.

[15] Zur negativen Typenkorrektur beim Heimtückemord BGHSt 30, 105, 115.

[16] Sander, in: MüKo-StGB (Fn. 12), § 249 Rn. 27; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Aufl. (2017), § 249 Rn. 26; Küpper/Grabow, in: Festschrift für Achenbach (2011), S. 265, 272.

[17] Vogel, in: LK-StGB, Bd. 8, 12. Aufl. (2010), § 249 Rn. 36.

[18] BGH NStZ 2016, 594, 595 = HRRS 2016 Nr. 347.

[19] Schlehofer, Einwilligung und Einverständnis (1985), S. 69; im Ergebnis ebenso Herdegen, in: Jähnke/Laufhütte/Odersky (Hrsg.), Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, Band 6, 11. Aufl. (2005), § 249 Rn. 13; Sinn, in: SK-StGB, Bd. 5, 9. Aufl. (2018), § 249 Rn. 30. Das Argument beruht freilich auf der Prämisse der hM, dass der Versuchsbeginn gleichzeitig der Beginn des vollendeten Delikts ist, vgl. dazu die Nachweise u. Fn. 82 und 83.

[20] So Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 2), § 177 Rn. 76; Renzikowski, in: MüKo-StGB (Fn. 5), § 177 nF Rn. 114; in diese Richtung nun auch BGH NStZ 2010, 570, 571 = HRRS 2010 Nr. 730; BGH NStZ 2012, 34, 34 = HRRS 2011 Nr. 746.

[21] BT-Drs, 18/9097, S. 27; Laue, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. (2017), § 177 StGB, Rn. 5; zweifelnd Wolters/Noltenius, in: SK-StGB (Fn. 9), § 177 Rn. 53.

[22] So auch Hörnle, in: LK-StGB (Fn. 9), § 177 Rn. 68, die bereits in der Altfassung einen Finalzusammenhang abgelehnt hat, und nunmehr wohl auch Ziegler, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar zum StGB, 43. Edition 2019, § 177 Rn. 32.

[23] LG Marburg 1 KLs – 1 JS 13411/12, Urteil vom 06.12.2017.

[24] Paeffgen/Böse, in: NK (Fn. 16), § 224 Rn. 15.

[25] Wittig, in: BeckOK-StGB (Fn. 22), Gefährliches Werkzeug, Rn. 14.

[26] LG Marburg 1 KLs – 1 JS 13411/12, Urteil vom 06.12.2017, Hervorhebung d. Verf.

[27] LG Marburg 1 KLs – 1 JS 13411/12, Urteil vom 11.12.2018.

[28] Ganz klar ist die Formulierung allerdings nicht: In ihr könnten sich auch Zweifel ausdrücken, dass der Angeklagte tatsächlich direkt nach Beendigung der Fahrt die sexuelle Handlung begehen werde, sei es aufgrund mangelnder Ortskenntnis oder weiterer nötiger Handlungen, um sich das Kind gefügig zu machen. Das soll hier ausgeklammert werden.

[29] Die ältere Rechtsprechung verlagerte den Versuchsbeginn der damaligen Tatbestandsalternative des Verleitens zur unzüchtigen Handlung noch weiter nach vorn, BGHSt 6, 302, 304. Die dafür gegebene Begründung, die "Notwendigkeit, Kinder vor unsittlichen Anträgen nachdrücklich zu schützen", bezog sich aber wohl stets nur auf das Verleiten zu, nicht auf die Vornahme unzüchtiger bzw. sexueller Handlungen, vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1974 – 1 StR 606/73 supra 5); aA wohl Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil Band II (2003), § 29 Rn. 166 f.

[30] BGH, Urt. v. 22.1.1974 – 1 StR 606/73 supra 5); ähnlich, aber ohne die Begründung über die Rechtsgutsgefährdung BGH, Urt. v. 11.6.1974 – 1 StR 108/74 supra I.2.e).; BGHSt 35, 6, 9: "besonders" geeigneter Ort.

[31] BGHSt 35, 6, 9.

[32] Renzikowski, in: MüKo (Fn. 5), § 176 Rn. 66; Hörnle, in: LK (Fn. 9), § 176 Rn. 32.

[33] Roxin, AT/2 (Fn. 29), § 29 Rn. 167 f.; Laubenthal, Handbuch Sexualstraftaten (2012), Rn. 449; Frommel, in: NK (Fn. 16), § 176 Rn. 27; Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 2), § 22 Rn. 45; Ziegler, in: BeckOK-StGB (Fn. 22), § 176 Rn. 40; weiter diff. Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 2), § 176 Rn. 24; noch weitergehend Zaczyk, in: NK (Fn. 16), § 22 Rn. 25.

[34] In diesem Sinne etwa Hillenkamp, in: LK, Band 1, 12. Aufl. (2007), § 22 Rn. 85, 96 ff., 110 ff.; Hoffmann-Holland, in: MüKo-StGB, Bd. 1, 3. Aufl. (2017), § 22 Rn. 122; eine Darstellung der Zwischenaktsformel findet sich ebd. Rn. 109 ff.

[35] Statt vieler Hoffmann-Holland, in: MüKo-StGB (Fn. 34), § 22 Rn. 103 f.; Zaczyk, in: NK (Fn. 16), § 22 Rn. 24; Hillenkamp, in: LK (Fn. 34), § 22 Rn. 87; jüngst ausführlich Kusche Jura 2019, 913, 916 ff.; dazu, dass eine objektive Gefährdung allein nicht für den Versuchsbeginn ausreicht vgl. auch BGHSt 35, 6, 9.

[36] Vgl. nur Radtke, in: MüKo-StGB, Band 5, 3. Aufl. (2019), Vor § 306 Rn. 8; Kargl, in: NK (Fn. 16), Vor § 306 Rn. 22 f.

[37] Berz Jura 1984, 511, 513; Kindhäuser, in: Festschrift für Fischer (2018), S. 125, 138; Dold, in: Kindhäuser/Kreß/Pawlik/Stuckenberg (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft (2019), S. 561, 566 f.; Hillenkamp, in: LK (Fn. 34), § 22 Rn. 116 Fn. 250.

[38] Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 2), § 22 Rn. 42.

[39] Hillenkamp, in: LK (Fn. 34), § 22 Rn. 116; zust. Hoffmann-Holland, in: MüKo-StGB (Fn. 34), § 22 Rn. 125.

[40] Becher, Zur Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch gemäß § 22 des 2. StrRG (1973), S. 45. Zurecht wird dem Gefahrkriterium seine Unbestimmtheit entgegengehalten, aus neuerer Zeit etwa von Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1991, 25/57; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, 6. Aufl. (2011), § 11 Rn. 32; M.-K. Meyer GA 2002, 367, 376 f.; Gössel, in: Festschrift für Wolter (2013), S. 403, 408.

[41] Einflussreich vor allem Herzberg JuS 1986, 249, 253 ff.; Puppe, in: NK (Fn. 16), § 15 Rn. 64 ff. Siehe auch Puppes Hinweis, dass die Wahrscheinlichkeitstheorie gerade ihrem "allzu simplen, abstrakten und praxisfernen Begriffsinstrumentarium" zum Opfer gefallen sei, ZStW 103 (1991), 1, 18.

[42] Zaczyk, Das Unrecht der versuchten Tat (1989), S. 310; ihm folgend Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt (1989), S. 25 f. Nicht übersehen werden soll dabei, dass Zaczyk das In-den-Griff-Bekommen nicht als alleingültiges, nicht weiter konkretisierungsbedürftiges Abgrenzungskriterium versteht, Unrecht S. 311 und deutlich an Beispielen S. 317, 319. Vgl. zum "Im-Griff-haben" auch schon, allerdings eher beiläufig, Kratzsch JA 1983, 578, 581.

[43] Zaczyk, Unrecht (Fn. 42), S. 310; eingehende Entwicklung dieser Konzeption ebd., S. 229 ff.

[44] Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, 1999, S. 25 f.

[45] Dass das Kriterium nicht für jeden Deliktstyp passt, erkennt Zaczyk selbst an, vgl. Unrecht (Fn. 42), S. 319. Das allein muss seiner Verwendbarkeit in Konstellationen, die grds. von ihm erfasst werden können, aber nicht entgegenstehen.

[46] So haben etwa Eltern die Rechtsgüter ihrer Kinder, Ärzte und Pfleger die ihrer Patienten bestimmungsgemäß im Griff. Für das insoweit parallele Problem des unmittelbaren Ansetzens zum unechten Unterlassungsdelikt sieht Zaczyk, dass sein Kriterium hier versagt, Unrecht (Fn. 42), S. 319. Wie für das Ansetzen zum Unterlassungsdelikt müsste also auch für die beschriebenen Fallkonstellationen ein Alternativkriterium angegeben werden. Ähnliche Kritik bei Vehling, Die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch (1991), S. 73 f., dessen eigene Konzeption vom rolleninadäquaten Verhalten, ebd. S. 111 ff., freilich ganz analogen Probleme ausgesetzt ist.

[47] Roxin, AT/2 (Fn. 29), § 29 Rn. 187; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf (Hrsg.), Strafrecht Allgemeiner Teil Teilband 2, 8. Aufl. (2014), § 40 Rn. 71; Herzberg, in: MüKo-StGB, Band 1, 1. Aufl. (2003), § 22 Rn. 119; vgl. auch Gaede JuS 2002, 1058, 1061.

[48] BGH NStZ 2014, 447 = HRRS 2014 Nr. 507.

[49] BGH NStZ 2014, 447, 448 = HRRS 2014 Nr. 507; zust. Satzger Jura 2015, 114; kritisch Krehl NStZ 2014, 449.

[50] Vgl. zum Folgenden auch Rey-Sanfiz, Die Begriffsbestimmung des Versuchs und ihre Auswirkung auf den Versuchsbeginn (2006), S. 296.

[51] Bockelmann JZ 1954, 468, 473.

[52] Bockelmann ebd.

[53] So jüngst einflussreich etwa Yaffe, Attempts (2010), S. 228 ff., 281 ff. Kritisch speziell zu diesem Punkt von Yaffes Konzeption Duff Criminal Law and Philosophy 6 (2012), S. 411, 412 ff.; Paul, in: Villanueva (Hrsg.), Law And The Philosophy Of Action (2014), S. 101, 106 ff. Gegen eine bloße Indizfunktion der Ausführungshandlung auch schon Hälschner, Das gemeine deutsche Strafrecht, Die allgemeinen strafrechtlichen Lehren (1881), S. 342 f.; zustimmend etwa Mañalich Revus 34 (2018), Rn. 62.

[54] Jakobs, System der strafrechtlichen Zurechnung (2012), S. 72. Zu Jakobs‘ gesamter Versuchskonzeption jüngst ausführlich Dold, in: Strafrecht und Gesellschaft (Fn. 38), S. 561, 562 ff.

[55] Ähnlich, aber noch enger, schon Vogler, in: Festschrift für Stree/Wessels (1993), S. 285, 291 ff.; Rey-Sanfiz, (Fn. 52), S. 290 ff.; aus dem englischen Sprachraum Paul (Fn. 55), S. 101, 114 ff.

[56] Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 2), § 22 Rn. 41.

[57] So aber Hörnle, in: LK (Fn. 9), § 176 Rn. 32; Kühl, Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (2017), § 15 Rn. 66.

[58] Das gilt umso mehr, als die oben zitierte Leitentscheidung BGHSt 35, 6 sogar in die amtliche Sammlung aufgenommen wurde und in jeder Kommentierung zu § 176 auftaucht, vgl. die Nachweise oben Fn. 32 u. 33.

[59] Vgl. beispielhaft etwa die Einschätzungen bei Küper NJW 1984, 777: möglich sei nur die Erreichung "relativer Richtigkeit", Zaczyk, in: NK (Fn. 16), § 22 Rn. 24: unersetzbar sei die "Betätigung juristischer Urteilskraft im Einzelfall" und bei Stratenwerth/Kuhlen, AT (Fn. 40), § 11 Rn. 42: der Versuchsbeginn lasse sich "niemals wirklich exakt bestimmen, sondern immer nur annäherungsweise umschreiben".

[60] Zaczyk, in: NK (Fn. 16), § 22 Rn. 22.

[61] So wird die Regel etwa umschrieben bei Roxin, AT/2 (Fn. 29), 29/110; Jäger, in: SK-StGB, Band 1, 9. Aufl. (2017), § 22 Rn. 12; Vogler, in: Festschrift für Stree/Wessels (1993), S. 285, 297 f.; Krell ZIS 2019, 62 (65); ähnlich Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 3. Aufl. (2014), S. 86; Hoffmann-Holland, in: MüKo-StGB (Fn. 34), § 22 Rn. 106; Kudlich/Schuhr, in: S/S/W (Fn. 2), § 22 Rn. 38.

[62] BGHSt 37, 294, 296; BGH NStZ 2002, 433, 435.

[63] BGH NStZ 2011, 400, 401 = HRRS 2011 Nr. 222; BGH NStZ 2017, 86, 87 = HRRS 2016 Nr. 1156.

[64] BGHSt 31, 178, 182; BGH NStZ 2015, 207 = HRRS 2014 Nr. 1106.

[65] Auch OLG Bamberg NStZ 1982, 247: "Hat der Täter ein Merkmal des Tatbestands verwirklicht, liegt immer eine Versuchstat vor, ohne daß es auf die besondere Problematik des § 22 StGB ankommt." Ohne Einschränkung wird die Teilverwirklichungsregel auch in BGH NStZ 1997, 31 als hinreichende Bedingung formuliert.

[66] Vgl. Puppe, Kleine Schule (Fn. 64), S. 86 f., die das als "partielle Definition" bezeichnet; Kühl, in: Festschrift für Küper (2007), S. 289, 289 f., 301 f.; zu dieser Funktion auch, wenn auch kritisch, Roxin, AT/2 (Fn. 29), 29/110; Hillenkamp, in: LK (Fn. 34), § 22 Rn. 93.

[67] Beispiel bei Mitsch, Strafrecht Besonderer Teil 2, 3. Aufl. (2015), 8.2.3.1.1.

[68] OLG Karlsruhe NJW 1982, 59.

[69] OLG Karlsruhe NJW 1982, 59, 60.

[70] BGHSt 37, 294, 296 f.; BGH NStZ 2002, 433, 435; BGH NStZ 2011, 400, 401 = HRRS 2011 Nr. 222; zust. auch Kühl, in: Festschrift für Küper (2007), S. 289, 303; Murmann (Fn. 44), S. 14 ff.; Vogler, in: Festschrift für Stree/Wessels (1993), S. 285, 299 ff.; Kudlich/Schuhr, in: S/S/W (Fn. 2), § 22 Rn. 38; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996), S. 520 f.; wohl auch Jäger, in: SK (Fn. 63), § 22 Rn. 12.

[71] BGHSt 37, 294, 296; BGH NStZ 2002, 433, 435. Damit ist, wie bereits angesprochen, allerdings noch nicht gesagt, ob sich in derartigen Fällen eine Versuchsstrafbarkeit nicht auch unabhängig von der Teilverwirklichungsregel begründen lässt.

[72] Kritisch zur unbedachten Anwendung der Teilverwirklichungsregel im hiesigen Fall auch Eidam NStZ 2019, 78, 80.

[73] Etwa von Burkhardt JuS 1983, 426, 427 ff.; Kratzsch JA 1983, 578, 585; Küper JZ 1992, 338, 341 ff.; Hochmayr ZStW 122 (2010), S. 757, 774 f.; Krell ZIS 2019, 62, 65 f., 70; Hoffmann-Holland, in: MüKo-StGB (Fn. 34), § 22 Rn. 107 f.; Herzberg, in: MüKo-StGB (Fn. 47), § 22 Rn. 159 ff.; Hillenkamp, in: LK (Fn. 34), § 22 Rn. 92 ff.; Roxin, AT/2 (Fn. 29), 29/110 ff.

[74] Was Puppe für logische Verfahren beschreibt, lässt sich auch auf Regeln wie die von der Teilverwirklichung übertragen: "Man kann einem logischen Verfahren nichts Schlimmeres antun, als es für ein Ergebnis in Anspruch zu nehmen, das gar nicht aus ihm ableitbar ist, denn damit diskreditiert man das Verfahren insgesamt", ZStW 128 (2016), S. 301, 302.

[75] Exemplarisch Roxin, AT/2 (Fn. 29), 29/110 ff.; gegen einige dieser Beispiele Grupp, Das Verhältnis von Unrechtsbegründung und Unrechtsaufhebung bei der versuchten Tat (2009), S. 148 f.

[76] Einflussreich dazu Stree, in: Festschrift für Peters (1974), S. 179; vgl. auch Zaczyk NStZ 1984, 216, 217; aus jüngerer Zeit daher richtig die Verneinung des unmittelbaren Ansetzens zur Verwirklichung des § 244a Abs. 1 StGB in BGH NStZ 2015, 207 = HRRS 2014 Nr. 1106 bzw. zur Verwirklichung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in BGH NStZ 2017, 86 = HRRS 2016 Nr. 1156.

[77] Küper JZ 1992, 338, 346 f.

[78] Küper JZ 1992, 338, 347 Fn. 57.

[79] Küper, Der "verschuldete" rechtfertigende Notstand (1983), S. 62 f.

[80] Den Zusammenhang zwischen Versuchsbeginn und Strafbarkeit wegen vollendeten Delikts betont auch Schmoller, in: Festschrift für Yamanaka (2017), S. 197, 206 ff., 216 ff.

[81] So aber Krell ZIS 2019, 62, 69 f.

[82] Hettinger, Die "actio libera in causa": Strafbarkeit wegen Begehungstat trotz Schuldunfähigkeit? (1988), S. 415, 439, 462; ders., in: Festschrift für Geerds (1995), S. 623, 641 ff.; Rohnfelder, Probleme der Diskongruenz von Kausalverlauf und Vorsatz (2012), S. 185 ff.; Roxin GA 2003, 257, 260 f.; Gaede JuS 2002, 1058, 1059; Jäger JR 2002, 383; Schmoller, in: Festschrift für Yamanaka (2017), S. 197, 206 f.; vgl. auch Horn GA 1969, 289, 298 f.; Ast, Handlung und Zurechnung (2019), S. 164 ff.

[83] Spendel, in: LK, Band 8, 11. Aufl. (2005), § 323a Rn. 32 ff.; Herzberg, in: Festschrift für Spendel (1992), S. 203, 206 f., 209 ff.; ders. ZIS 2015, 136, 142 f.; ausführlich Schliebitz, Die Erfolgszurechnung beim "misslungenen" Rücktritt (2002), S. 114 ff.

[84] Herzberg, in: MüKo-StGB (Fn. 47), § 22 Rn. 143 ff.; Herzberg/Putzke, in: Festschrift für Szwarc (2009), S. 205, 215 ff.; zust. Schlehofer, in: MüKo-StGB (Fn. 34), Vor § 32 Rn. 68. Kritisch zu dieser Konzeption etwa Roxin, in: Festschrift für Herzberg (2008), S. 341, 343 ff.