HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2016
17. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

113. BGH 5 StR 352/15 – Urteil vom 23. November 2015 (LG Hamburg)

Bestechlichkeit durch einen Schöffen (Gegenleistung für richterliche Handlung; Durchlaufposten; Drittvorteil; spiegelbildliche Struktur der Bestechungstatbestände; „Lagertheorie“; versuchte Beteiligung); Wertgrenze beim besonders schweren Fall der Bestechlichkeit.

§ 332 StGB; § 335 StGB

1. Der Senat hält es für sachgerecht, die Rechtsprechung zum „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB sowie zu § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO auf die Bemessung des Vorteils großen Ausmaßes nach § 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu übertragen. Danach ist die Wertgrenze nach objektiven Kriterien auf jeweils grundsätzlich 50.000 € festgesetzt.

2. Eine Zuwendung ist dann keine Gegenleistung für eine zugesagte richterliche Handlung i.S.d. § 332 Abs. 2 StGB, wenn es sich um einen bloßen „Durchlaufposten“ in der Hand des Empfängers handelt, der zur Weiterleitung an einen Dritten bestimmt ist.

3. Der Vorteilsgeber kann aufgrund der abschließenden Regelung der Sondertatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit nicht zugleich Teilnehmer auf der Seite des Vorteilsempfängers sein. Diese Bewertung muss auf die Vorstufe der versuchten Beteiligung durchschlagen. Dort darf in Fällen des § 334 Abs. 2 StGB nicht über die „Vorteilsnehmerseite“ eine Strafbarkeit wegen versuchter Beteiligung herbeigeführt werden, obwohl der Gesetzgeber die „Richterbestechung“ mit den daraus resultierenden Konsequenzen bewusst nicht als Verbrechen ausgestaltet hat.


Entscheidung

127. BGH 1 StR 154/15 – Beschluss vom 1. Dezember 2015 (LG Chemnitz)

Subventionsbetrug (Verjährungsbeginn: Beendigung durch Zahlung der Subvention); Steuerhinterziehung (Steuerverkürzung durch verdeckte Gewinnausschüttung).

§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB; § 78a StGB; § 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB; § 370 Abs. 1 AO; § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

1. Die für das Vergehen des Subventionsbetrugs gemäß § 264 Abs. 1 StGB maßgebliche Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB) beginnt mit der Beendigung der Taten (§ 78a StGB). Diese tritt in den Fällen des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB erst mit der Zahlung der Subvention an den Begünstigten ein, bei Ausreichung in Teilbeträgen mit Eingang der letzten Rate (vgl. BGH wistra 2014, 481 f. mwN).

2. Die steuerstrafrechtlichen Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung hängen von den Angaben in der Steuererklärung ab. Eine verdeckte Gewinnausschüttung

ist weder steuerrechtlich noch strafrechtlich verboten und daher für sich allein keine Steuerhinterziehung. Eine Steuerverkürzung liegt vielmehr nur in dem Umfang vor, in dem die Verschleierung der verdeckten Gewinnausschüttung entgegen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu einer scheinbaren Minderung des steuerlichen Einkommens der Gesellschaft geführt hat.


Entscheidung

129. BGH 1 StR 256/15 – Beschluss vom 9. Dezember 2015 (LG München II)

Steuerhinterziehung (Hinterziehung von Schaumweinsteuer: Entstehen der Steuerschuld; Blankettvorschrift); Begriff der prozessualen Tat (eine Tat bei Verletzung unterschiedlicher, zeitlich auseinanderfallender Steuererklärungspflichten).

§ 370 Abs. 1 AO; § 14 SchaumwZwStG; § 264 StPO

Ist eine besondere rechtliche Verknüpfung gegeben, kann trotz zeitlichen Auseinanderfallens der Verletzung unterschiedlicher steuerlicher Erklärungspflichten eine Tat im prozessualen Sinn vorliegen. (vgl. BGHSt 49, 359, 362 ff).


Entscheidung

145. BGH 2 StR 144/15 – Beschluss vom 26. November 2015 (LG Limburg)

Untreue (Abgrenzung von Begehung durch Tun und durch Unterlassen: Nichtweiterleiten von fremden Geldern, Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit; natürliche Handlungseinheit bei mehreren Untreuehandlungen).

§ 266 Abs. 1 StGB; § 13 StGB

Zwar kann der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen im Sinne des § 13 StGB liegen, wenn ein Rechtsanwalt den Tatbestand der Untreue allein dadurch verwirklicht, dass er pflichtwidrig seinem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern diese Gelder auf seinem Geschäftskonto belässt und der Vorwurf sich in einem bloßen Vorenthalten der Gelder erschöpft (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 357). Tritt zur bloßen Entgegennahme des Geldes ein aktives Tun des Rechtsanwalts hinzu, indem er die Gelder beispielsweise anfordert, sie für eigene Zwecke verwendet oder ihren Eingang auf seinen Geschäftskonten leugnet, liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in aktivem Tun (vgl. BGH NJW 2015, 1190, 1191).