HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Dezember 2015
16. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Zur Rechtsbeugung und ihrer Sperrwirkung

Von Prof. Dr. Lothar Kuhlen, Universität Mannheim

I. Ausgangsfälle

Zwei Fälle der nachträglichen Abänderung von Urteilsgründen durch einen Richter haben in den letzten Jahren die Strafgerichte bis hin zum BGH beschäftigt. Dabei ging es beide Male um eine Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung und Urkundenfälschung.

1. Im ersten Fall hatte der Vorsitzende Richter einer kleinen Strafkammer in mehreren Fällen die von ihm nur unvollständig abgesetzten – und so zur Geschäftsstelle gegebenen – Urteilsgründe nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist (§ 275 Abs. 1 S. 2 StPO) entgegen dem Verbot des § 275 Abs. 1 S. 3 StPO heimlich geändert.[1]

a) Das OLG Naumburg war im Jahr 2012 der Auffassung, dieses Verhalten sei keine Rechtsbeugung.[2] Zwar habe der Angeschuldigte als Richter bei der Leitung einer Rechtssache – durch einen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege – das Recht gebeugt.[3] Die Änderung der Urteilsgründe sei aber weder zugunsten noch zum Nachteil einer Partei erfolgt. Sie habe zwar den Verfahrensbeteiligten den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO genommen, dies stelle jedoch "allein einen prozessualen Nachteil" dar, der für den objektiven Tatbestand des § 339 nicht genüge.[4]

Dagegen war nach Ansicht des OLG der Angeschuldigte hinreichend verdächtig, jeweils eine Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 2. und 3. Var.) begangen zu haben,[5] bei der er seine Befugnisse und seine Stellung als Amtsträger missbrauchte (§ 267 Abs. 3 Nr. 4).[6] Die Ahndung dieser Urkundenfälschungen werde nicht durch die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes ausgeschlossen, durch den in Rechtsprechung und Lehre anerkannten Satz also, dass "eine Verurteilung wegen eines Verhaltens bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache nach anderen Strafvorschriften nur möglich ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 339 StGB gegeben sind".[7]

Die Begründung dieser These ist schwer durchschaubar. Zum einen stellt der Senat darauf ab, ob sich "das Verhalten eines Richters bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache unabhängig von der Beantwortung der

Frage, ob es als Rechtsbeugung, d. h. als elementarer Rechtsverstoß zugunsten oder zum Nachteil einer Partei, zu werten ist, auch isoliert als eine Straftat[darstellt]": Dann greife "der Schutz der Sperrwirkung nicht ein".[8] Diese Erwägung ist unhaltbar. Es schließt die Sperrwirkung nicht aus, sondern ist im Gegenteil ihre Voraussetzung, dass der Richter[9] bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache eine andere Straftat begeht, die sich unabhängig davon, ob die weiteren[10] Voraussetzungen einer tatbestandsmäßigen Rechtsbeugung gegeben sind, in diesem Sinne also "isoliert", als Straftat darstellt.

Die zweite (vom OLG mit der ersten verquickte) Erwägung lautet, dass die vom Angeschuldigten begangenen Urkundenfälschungen "in keinem inneren funktionalen Zusammenhang mit der Leitung und Entscheidung einer Rechtssache[standen], sondern … sich hiervon so erheblich[entfernten]", dass sie "nicht als ein auf der Leitungs- oder Entscheidungskompetenz des Richters beruhendes Tun oder Unterlassen anzusehen" seien.[11] Auch das ist unhaltbar, jedenfalls dann, wenn man (zutreffend) mit dem OLG Naumburg davon ausgeht, dass bei Abänderung der Urteile "der Angeschuldigte als Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache i. S. d. § 339 StGB … gehandelt[habe]".[12] Das richterliche Handeln bei der Leitung oder Entscheidung einer Sache ist Tatbestandsvoraussetzung sowohl der Rechtsbeugung als auch ihrer Sperrwirkung. Es ist offensichtlich widersprüchlich, anzunehmen, ein und dasselbe Verhalten (hier: die Urkundenfälschung) erfolge bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache i. S. d. § 339,[13] und andererseits den funktionalen Zusammenhang zwischen diesem Verhalten und der Leitung oder Entscheidung der Rechtssache zu verneinen.

Eine dritte Möglichkeit, die Ablehnung einer Sperrwirkung zu begründen, schreibt Jahn dem OLG Naumburg zu. Er meint, "vom Standpunkt des Senats aus konnte § 339 StGB vorliegend also seine Sperrwirkung mangels Eintritts des tatbestandsmäßigen Erfolgs nicht entfalten".[14] Unabhängig davon, ob das die Entscheidungsbegründung des OLG Naumburg trifft,[15] wäre auch diese Erwägung jedenfalls unhaltbar. Nach dem bisher herrschenden und vom OLG zutreffend wiedergegebenen Verständnis der Sperrwirkung setzt diese lediglich voraus, dass ein Richter eine andere Straftat (als eine Rechtsbeugung) bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache begeht. Keine Voraussetzung der Sperrwirkung ist dagegen, dass weitere Voraussetzungen des objektiven oder subjektiven Rechtsbeugungstatbestandes erfüllt sind. Im Gegenteil eröffnet sich ein Anwendungsbereich der Sperrwirkung gerade in dem Maße, wie das nicht der Fall ist, sei es dass der Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zwar eine Straftat begeht, aber nicht das Recht beugt, nicht zugunsten oder zum Nachteil einer Partei handelt oder aber den subjektiven Tatbestand des § 339 nicht erfüllt. Dass – wie das OLG Naumburg annimmt – der angeschuldigte Richter bei den Urkundenfälschungen nicht zugunsten oder zum Nachteil einer Partei handelte, kann also nicht zur Versagung der Sperrwirkung führen.

b) Nachdem das OLG Naumburg das Hauptverfahren vor dem LG Halle eröffnet hatte,[16] sprach dieses den Angeklagten frei. Er habe die Urkundenfälschungen zwar als Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache begangen, aber nicht gehandelt, um dem Revisionsführer einen Nachteil zuzufügen, also den Tatbestand der Rechtsbeugung nicht erfüllt. Damit schließe die Sperrwirkung von § 339 eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung aus.[17]

c) Der 4. Strafsenat des BGH hob diesen Freispruch im Jahr 2013 auf.[18] Im Einklang mit dem OLG Naumburg nimmt der Senat an, der Angeklagte habe mit der nachträglichen Abänderung der Urteilsgründe i. S. d. § 339 bei der Leitung einer Rechtssache gehandelt. Im Ergebnis ebenfalls mit dem OLG übereinstimmend bejaht der BGH des Weiteren eine Beugung des Rechts. Der Richter habe sich bei der heimlich vorgenommenen bewussten Abänderung der Urteilsgründe "bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und sein Handeln[stattdessen]… an eigenen Maßstäben" ausgerichtet, also das Recht gebeugt.[19]

Anders als das OLG nimmt der BGH auch eine Rechtsbeugung zugunsten oder zum Nachteil einer Partei an. Denn

unabhängig von der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung verschlechterte die nachträgliche (und heimliche) Abänderung der Urteilsgründe die Revisionschancen der Verfahrensbeteiligten.[20] Da für den subjektiven Tatbestand des § 339 bedingter Vorsatz genüge – und nicht etwa die von der Strafkammer vermisste Absicht der Nachteilszufügung erforderlich sei[21] – war nach Auffassung des BGH von einer strafbaren Rechtsbeugung auszugehen.

Die Frage nach einer Sperrwirkung gegenüber der Urkundenfälschung stellte sich damit nicht. Gleichwohl deutet der Senat an, dass in derartigen Fällen auch dann, wenn der Tatbestand der Rechtsbeugung nicht erfüllt ist, die Urkundenfälschung nicht von der Sperrwirkung des § 339 erfasst werde.[22] Heghmanns kritisiert dieses obiter dictum, weil das Gericht bei der Prüfung von § 339 angenommen hatte, die Abänderung der Urteilsgründe sei bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfolgt. Dann könne man aber dieses Merkmal bei der Prüfung einer Sperrwirkung nicht verneinen.[23] Letzteres ist zutreffend. Fraglich ist allerdings, ob der 4. Strafsenat eine Sperrwirkung wirklich deshalb versagen wollte, weil die Urkundenfälschung nicht bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfolgte.[24]

2. Im zweiten Fall hatte ein Strafrichter einen Angeklagten zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt und ihm deren Zahlung in monatlichen Raten von 15 Euro bewilligt.[25] Die Formel dieser Entscheidung hatte er vor Verkündung des Urteils auf dem Einband der Sachakte schriftlich niedergelegt. Die Staatsanwaltschaft legte wegen der zu erwartenden Vollstreckungsdauer (von über sechs Jahren) Berufung ein. Der Richter entschloss sich daraufhin, die Höhe der bewilligten Raten "informell" zu erhöhen, um eine Rücknahme des Rechtsmittels zu erreichen. Dementsprechend änderte er in der auf dem Akteneinband niedergelegten Urteilsformel die Ratenhöhe, indem er die Zahl "1" durch "2" überschrieb. Das Berufungsgericht hob lediglich die Höhe der bewilligten Raten an (auf 32 Euro monatlich).

a) Das LG Koblenz sprach den Richter frei. Durch die nachträgliche Änderung der Urteilsformel habe er zwar eine Urkundenfälschung begangen (§ 267 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4). Er habe das auch bei der Leitung einer Rechtssache getan, jedoch keinen elementaren Rechtsverstoß begangen und damit das Recht nicht i. S. d. § 339 gebeugt. Damit scheide wegen der Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes auch eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung aus.[26]

b) Der 3. Strafsenat des BGH hob im Jahr 2015 diesen Freispruch auf.

aa) Ebenso wie das LG Koblenz wertete er die nachträgliche Abänderung der Urteilsformel als Urkundenfälschung unter Missbrauch einer Stellung als Amtsträger. Zutreffend sei auch die Verneinung einer Rechtsbeugung gewesen.

Die Abänderung der Urteilsformel sei allerdings bei der Leitung einer Rechtssache erfolgt.[27] In Einklang mit der ständigen Rechtsprechung wird die Leitung einer Rechtssache als "Inbegriff aller Maßnahmen, die auf die Erledigung der Sache abzielen" definiert, wozu auch die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe durch den erkennenden Richter zähle.[28] Nicht mehr bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache i. S. d. § 339 handele der Richter "erst dann, wenn ein innerer funktionaler Zusammenhang der den strafrechtlichen Vorwurf begründenden Verhaltensweise mit der Förderung der Sache fehlt und diese deshalb objektiv nicht mehr als ein auf seiner Leitungs- oder Entscheidungskompetenz beruhendes Handeln erscheint".[29] Im Fall sei die nachträgliche Abänderung der Urteilsformel "in engem und untrennbarem Zusammenhang" mit der Herstellung der schriftlichen Urteilsurkunde erfolgt, damit bei Leitung der Rechtssache durch den angeklagten Richter.

Weiterhin stimmt der BGH mit der Strafkammer darin überein, dass der Angeklagte das Recht nicht gebeugt habe, da ihm kein "elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege" zur Last falle.[30] Dass er durch die Fälschung der Urteilsformel zugleich eine Straftat begangen habe, indiziere zwar die objektive Schwere seines Rechtsverstoßes. Diese werde jedoch dadurch gemindert, dass er lediglich die Höhe der bewilligten Raten, nicht aber die der von ihm verhängten Geldstrafe verändert habe. In subjektiver Hinsicht komme hinzu, dass der Richter "ausschließlich handelte, um einen von ihm erkannten offensichtlichen Fehlgriff zugunsten des W bei der Bemessung der Höhe der Raten rückgängig zu machen",[31] also aus einem sachbezogenen Grund.

bb) Anders als die Vorinstanz ist der BGH der Ansicht, der Verurteilung wegen Urkundenfälschung stehe die Sperrwirkung des § 339 nicht entgegen.[32] Der 3. Strafsenat weicht hier – im Anschluss an das obiter dictum des 4. Strafsenats – vom bisherigen Verständnis der Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes – mit dem die Entscheidung des LG Koblenz übereinstimmt – ab. Der Bedeutsamkeit dieser Abweichung entsprechend wird sie im Urteil näher begründet.

Die Ratio der Sperrwirkung sieht der Senat "in erster Linie" in "der persönlichen Unabhängigkeit des Richters". Die Sperrwirkung solle "seine Entscheidungsfreiheit sichern und ihn von dem Risiko freistellen, dass Entscheidungen, Anordnungen oder Maßnahmen der Verhandlungsleitung, zu denen er aufgrund seiner Rechtsgewährungspflicht von Gesetzes wegen gehalten ist, die aber nach ihrem Inhalt oder nach ihren Auswirkungen den Tatbestand eines allgemeinen Strafgesetzes erfüllen können, so etwa den der Strafvereitelung, der Verfolgung Unschuldiger, der Freiheitsberaubung oder der Nötigung, nachträglich und außerhalb des Instanzenzugs nochmals zur Überprüfung gestellt werden mit dem Ziel, ihn strafrechtlich oder zivilrechtlich (vgl. § 839 Abs. 2 BGB) hierfür zur Verantwortung zu ziehen".[33]

Daneben führt der BGH aus, nach der früheren Rechtslage, die nach damals herrschender Meinung für den subjektiven Tatbestand der Rechtsbeugung einen direkt vorsätzlichen Rechtsverstoß voraussetzte, habe die Sperrwirkung "zuvörderst verhindert", "dass ein Richter, dem keine direkt vorsätzliche Rechtsverletzung angelastet werden kann, wegen einer durch seine Entscheidung bedingt vorsätzlich oder auch nur fahrlässig begangenen Verwirklichung eines anderen Straftatbestandes zur Verantwortung gezogen wird."[34] "All dies" sei "auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragbar".[35]

Zum einen nämlich genüge seit 1974 für den subjektiven Rechtsbeugungstatbestand bedingter Vorsatz, womit der zuvor wichtigste Anwendungsbereich der Sperrwirkung entfallen sei.[36] Zum anderen und vor allem aber fordere "die verfassungsrechtlich gewährleistete richterliche Unabhängigkeit nicht, das Haftungsprivileg auch auf ein Handeln des Richters zu erstrecken, das nicht erst im Zusammenhang mit einer nach außen zu treffenden Entscheidung, Anordnung oder Maßnahme der Verhandlungsleitung zur Erfüllung eines Straftatbestands führt, sondern – wie hier – bereits für sich alleine gegen Strafgesetze verstößt".[37]

3. Der BGH nimmt in der Entscheidung des Jahres 2015 an, der angeklagte Richter habe durch die unbefugte Abänderung des Urteilstextes eine echte Urkunde verfälscht (§ 267 Abs. 1), obwohl er diese selbst ausgestellt hatte.[38] Das beruht auf einer umstrittenen Rechtsansicht,[39] entspricht aber der ständigen Judikatur.

Bedeutsamer sind die Aussagen des BGH zum Tatbestand der Rechtsbeugung. Beide Entscheidungen bekräftigen die mittlerweile ständige Rechtsprechung, nach der ein Richter das Recht im Sinne des § 339 nur durch einen "elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege"[40] beugt, dann also, wenn er sich "bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und sein Handeln als Organ des Staates statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben ausrichtet".[41] Sie bestätigen, dass eine derartige Beugung des Rechts auch durch die "bloße" Verletzung von Verfahrensvorschriften begangen werden kann. Und sie tragen durch die Differenzierung zwischen einer objektiv weniger gravierenden und einer für § 339 genügend schweren Verletzung des Gesetzes (§ 275 Abs. 1 StPO) zur kasuistischen – und sachlich jedenfalls nachvollziehbaren – Konkretisierung des hochgradig präzisierungsbedürftigen "elementaren Verstoßes gegen die Rechtspflege" bei.[42]

Zum Handeln zugunsten oder zum Nachteil einer Partei stellt der 4. Strafsenat[43] zunächst fest, dass es sich dabei nicht um eine subjektive, sondern um eine objektive Tatbestandsvoraussetzung handelt. Somit muss eine Bevorzugung oder Benachteiligung einer Partei wirklich eintreten, während für den subjektiven Tatbestand insoweit bedingter Vorsatz genügt.[44] Das entspricht der herrschenden Meinung, versteht sich jedoch nach dem Gesetzeswortlaut nicht von selbst und war vom LG Halle (das eine absichtliche Benachteiligung verlangte) verkannt worden.[45]

Für die Rechtsbeugung durch Verletzung von Verfahrensvorschriften stellt der Senat sodann klar, dass es "nicht entscheidend auf die materielle Richtigkeit der ‚Endentscheidung‘ oder des in der Berufungshauptverhandlung verkündeten Urteils ankommt", sondern dass ein für § 339 genügender Nachteil bereits in der "Verschlechterung der prozessualen Situation der Prozessbeteiligten" liegt.[46] Damit war – entgegen der vom OLG Naumburg vertretenen Ansicht, der Verlust des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 7 StPO sei lediglich ein für § 339 nicht ausreichender "prozessualer Nachteil"[47] – das Verhalten des Richters im ersten Fall in der Tat "ohne

Weiteres" geeignet, sich zum Nachteil der Verfahrensbeteiligten auszuwirken, der objektive Tatbestand des § 339 also erfüllt.[48]

Trotz dieser weiterführenden Konkretisierungen des Rechtsbeugungstatbestandes liegt die wichtigste Aussage der angeführten Urteile an anderer Stelle. Neuland betritt schon das OLG Naumburg, dann aber vor allem – anknüpfend an die Andeutung des 4. Strafsenats in dessen 2013 ergangenem Urteil – der 3. Strafsenat im Urteil des Jahres 2015 bei der Frage der Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes. Die Entscheidungen schränken diese Sperrwirkung in einer Art und Weise ein, die näherer Betrachtung bedarf.

II. Einschränkung der Sperrwirkung

Eine Einschränkung der Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes wirft drei Fragen auf:

- Auf welchem dogmatischen Weg erreicht man eine derartige Einschränkung? (dazu unter 1.)

– Ist eine solche Einschränkung nach der Ratio der Sperrwirkung gerechtfertigt? (dazu unter 2.)

- Unter welchen Voraussetzungen soll die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes eingeschränkt werden? (dazu unter 3.)

1. Dogmatisch bestehen für eine Einschränkung der Sperrwirkung zwei sehr unterschiedliche Möglichkeiten. Zum einen kann man die allgemein akzeptierte Voraussetzung einer Sperrwirkung des (nicht erfüllten) Rechtsbeugungstatbestandes, nach der die Bestrafung aus einem anderen Straftatbestand dann ausgeschlossen ("gesperrt") ist, wenn dieser von einem Richter "bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache" erfüllt wird, restriktiv interpretieren (hier sog. Interpretationslösung). Zum anderen kann man eine Ausnahme von der Sperrwirkung machen, obwohl der Richter den anderen Straftatbestand bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfüllt hat (hier sog. Ausnahmelösung).

Dass zwischen beiden Lösungen nicht immer mit der gebotenen Deutlichkeit unterschieden wird, zeigt das Urteil des OLG Naumburg, das in unklarer Weise beide Ansätze miteinander vermengt. Es verneint nämlich zum einen eine Sperrwirkung, obwohl der Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache handelte, weil sich die Abänderungen des Urteils "isoliert betrachtet als Urkundenfälschung dar[stellten]"[49] (Ausnahmelösung). Zum anderen nimmt es an, die vom Angeklagten vorgenommenen Urteilsänderungen unterfielen der Sperrwirkung deshalb nicht, weil sie "in keinem inneren funktionalem Zusammenhang mit der Leitung und Entscheidung einer Rechtssache" standen (Interpretationslösung)[50].

Zwischen der Interpretations- und der Ausnahmelösung zu unterscheiden, ist nicht "nur" aus Gründen der gedanklichen Klarheit erforderlich. Welchen Weg man für eine Einschränkung der Sperrwirkung wählt, macht auch im Ergebnis einen erheblichen Unterschied. Denn natürlich hat Heghmanns recht: Wenn man die Tatbestandsvoraussetzung des § 339 bejaht, dass der Richter durch sein (einen anderen Straftatbestand erfüllendes) Handeln "bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache" tätig wurde, ist es nicht mehr möglich, die Sperrwirkung des (nicht erfüllten) Rechtsbeugungstatbestandes abzulehnen, weil der Richter den anderen Tatbestand nicht bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfüllt habe, die Interpretationslösung scheidet dann also aus.[51] Und umgekehrt gilt: Wenn man mit der Interpretationslösung die Sperrwirkung des § 339 verneint, weil die einen anderen Tatbestand erfüllende Handlung nicht bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfolgte, kann diese Handlung – entgegen der Lösung des BGH[52] – nicht den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen.

Eine weitere Konsequenz der Interpretationslösung besteht darin, dass sie (neben § 339) in aller Regel es auch ausschließt, das qualifizierende Merkmal eines Missbrauchs der Befugnisse oder Stellung als Amtsträger (z. B. bei § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4, § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 3) sowie ein die Strafe schärfendes sonstiges Handeln als Amtsträger (z. B. bei § 258a) zu bejahen. Wollte man etwa im zweiten Ausgangsfall annehmen, der Richter habe die Urkundenfälschung nicht bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache begangen, weil sie nicht "in einem inneren Zusammenhang" mit dieser dienstlichen Tätigkeit stand, so könnte man auch nicht sagen, der Richter habe bei der Urkundenfälschung als Amtsträger gehandelt und damit seine Befugnisse oder seine Stellung als solcher missbraucht. In diesem Fall würde also die Einschränkung der Sperrwirkung im Interpretationswege dazu führen, dass – entgegen der Lösung des BGH – der Richter nur gem. § 267 Abs. 1, nicht aber nach § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 bestraft werden könnte.[53]

Beide Konsequenzen vermeidet, wer ein Handeln des Richters bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache und damit die Anwendungsvoraussetzung der Sperrwirkung von § 339 bejaht, aber unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von dieser Wirkung macht. Denn dann lässt sich widerspruchsfrei die Strafbarkeit einer bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache begangenen anderen Straftat bejahen,

gleichgültig ob der Rechtsbeugungstatbestand erfüllt ist oder nicht. Ebenso lässt sich problemlos eine Qualifikation der anderen Straftat durch ihre Begehung bei der Amtsausübung des Richters, also etwa nach § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 oder § 258a, annehmen.

b) Eine Einschränkung der Sperrwirkung durch restriktive Interpretation ihrer Anwendungsvoraussetzung ist nicht neu. So hat der BGH 1984 in dem bekannten Fall eines Jugendstaatsanwalts, der die gesetzlich vorgesehene Sanktionierung jugendlicher und heranwachsender Straftäter durch deren eigenhändig vorgenommene körperliche Züchtigung ersetzte, eine Strafbarkeit der hierin liegenden Körperverletzungen auch für den Fall angenommen, dass das Verhalten des Staatsanwaltes nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsbeugung erfüllt haben sollte. Dass auch dann die Ahndung der Körperverletzungen nicht durch die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes ausgeschlossen werde, erklärte der BGH damit, dass zwar die Herbeiführung einer "Vereinbarung" über die Züchtigungsmaßnahmen mit den Betroffenen bzw. mit deren Eltern bei der Leitung einer Rechtssache durch den dazu berufenen Staatsanwalt erfolgte, nicht aber die Vollziehung der "Prügelstrafen", somit die Begehung der Körperverletzungen.[54]

Das ist eine widerspruchsfreie Lösung.[55] Ob es überzeugt, die Herbeiführung der "Vollstreckungssituation" (Leitung einer Rechtssache) von der "Vollstreckung" selbst (keine Leitung einer Rechtssache) zu unterscheiden, oder ob dadurch nicht ein einheitlicher Vorgang sachwidrig aufgespaltet wird,[56] ist eine andere Frage. Wenn man schon die eigenhändige Züchtigung von der dienstlichen Tätigkeit des Staatsanwalts trennt,[57] ist es zudem problematisch, gleichwohl anzunehmen, die Züchtigung sei nicht privat, sondern dienstlich erfolgt und deshalb nicht nur nach § 223, sondern als Körperverletzung im Amt (§ 340) zu bestrafen.[58]

c) Jedenfalls in den beiden Ausgangsfällen lässt sich eine Einschränkung der Sperrwirkung von § 339 durch restriktive Interpretation des Handelns bei "Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache" nicht erzielen. Nach dem bisherigen Verständnis dieser Tatbestandsvoraussetzung (sowohl des § 339 als auch der Sperrwirkung) wurde ein solches Handeln in beiden Fällen und von allen mit ihnen befassten Gerichten zu Recht bejaht. Man könnte allerdings erwägen, vom bisherigen Verständnis dieser Tatbestandsvoraussetzung abzuweichen und ein richterliches Verhalten, das nicht nur Dienstpflichten verletzt, sondern nach anderen Vorschriften als § 339 strafbar ist (etwa als Urkundenfälschung), allein deshalb nicht zur Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zu rechnen.

Diese Auffassung wird mit Blick auf die vergleichbare Abgrenzung zwischen dienstlichem und privatem Handeln von Amtsträgern bei §§ 331 ff. vertreten. So nimmt man an, eine Straftat könne keine Diensthandlung sein, weil Straftaten absolut verboten seien und "im Dienstbereich des Amtsträgers kein pflichtgemäßes Korrelat haben"[59] bzw. dem amtlichen Aufgabenbereich "auch für den Fall ihrer Erlaubtheit … nicht zugehören".[60] Diese Ansicht hat sich jedoch bei §§ 331 ff. zu Recht nicht durchsetzen können, insbesondere deshalb, weil als Gegenleistung für Zuwendungen an einen Amtsträger versprochene oder vollzogene Straftaten als besonders gravierende Pflichtverletzungen den Schutzzweck der Bestechungstatbestände "in besonderem Maße" beeinträchtigen.[61] Aus dem gleichen Grund hat auch bei § 339 die Strafbarkeit einer Handlung (nach anderen Vorschriften) nicht zur Folge, dass die Handlung nicht bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache erfolgt. Dies würde im Übrigen gleichzeitig dazu führen, dass bei vom Richter begangenen anderen Straftaten die Anwendungsvoraussetzung der Sperrwirkung nicht erfüllt wäre und diese damit gegenstandslos würde.

d) Ohnehin kann eine einschränkende Interpretation des Handelns "bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache" nicht (widerspruchsfrei) zu der Konsequenz führen, die der 4. Strafsenat angedeutet und der 3. Strafsenat nunmehr gezogen hat, dazu nämlich, dass die Sperrwirkung von § 339 gegenüber § 267 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4 nicht eingreift, obwohl die Urkundenfälschungen von einem Richter bei der Leitung einer Rechtssache begangen wurden.[62] Das ist nur möglich, wenn man eine Ausnahme von der Sperrwirkung macht. Der 3. Strafsenat tut das zwar nicht explizit, aber doch ganz eindeutig, indem er die Sperrwirkung verneint, obwohl er ausdrücklich (und zu Recht) zuvor dargelegt hat, dass der angeklagte Richter die Urkundenfälschung bei der Leitung einer Rechtssache beging.[63]

Diese Ausnahmelösung enthält keinen logischen Widerspruch. Sie ermöglicht im zweiten Ausgangsfall nicht nur die Ahndung der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1),[64] sondern auch die Annahme, der Richter habe diese nicht nur bei Gelegenheit seiner Amtstätigkeit, sondern bei

dieser selbst begangen und damit seine Stellung als Amtsträger missbraucht (§ 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4).

2. Zur Begründung einer Ausnahme von der Sperrwirkung führt der 3. Strafsenat zwei Argumente an: Die 1974 erfolgte Änderung des Gesetzes und die Ratio der Sperrwirkung.

a) Der Hinweis auf die seit 1974 geänderte Rechtslage überzeugt nicht. Zum einen betrifft er lediglich den Anwendungsbereich, nicht aber die Begründung der Sperrwirkung. Zum anderen ist er unzutreffend. Der Anwendungsbereich der Sperrwirkung ist (so lange man ihn nicht durch Ausnahmen einschränkt) nach wie vor erheblich und zwar nicht nur wegen der hohen objektiven Anforderungen, die die Rechtsprechung an den elementaren Rechtsbruch und damit die Tathandlung der Rechtsbeugung – nicht aber an die Tathandlungen anderer in Betracht kommender Delikte – stellt, sondern auch wegen der unverändert besonders hohen Anforderungen an die subjektive Tatseite.

Zwar lässt die heute h. M. in der Tat bedingten Vorsatz für § 339 genügen.[65] Aber das gilt nicht für die Tathandlung, also das Beugen des Rechts, weil insofern die Rechtsprechung für den "objektiven Tatbestand" einen bewussten Rechtsverstoß[66] und damit dolus directus verlangt.[67] Also bleibt es unverändert dabei, dass die Strafbarkeit wegen eines – bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache – vorsätzlich begangenen anderen Delikts durch § 339 gesperrt wird, wenn der Täter nur bedingt vorsätzlich gegen das Recht verstieß.[68]

b) Dass der BGH die Sperrwirkung mit Blick auf ihre Ratio begrenzen will, verdient Zustimmung. Die Sperrwirkung von § 339 ist nicht gesetzlich vorgesehen, sie beruht auf einem dogmatischen Satz, der der Begründung bedarf und nur so weit gefasst werden sollte, wie diese trägt. Auch dass der 3. Strafsenat die Sperrwirkung inhaltlich auf den Schutz der persönlichen Unabhängigkeit des Richters zurückführt, ist zustimmungswürdig.[69]

Beizupflichten ist schließlich der Auffassung, in concreto sei eine Ausnahme von der Sperrwirkung geboten. Die Schwierigkeit und Fehleranfälligkeit der Rechtsanwendung, zu der Richter verpflichtet sind, ist kein einleuchtender Grund dafür, die bewusste (direkt vorsätzliche) Begehung einer Straftat durch einen Richter dann straflos zu stellen, wenn sie nicht privat, sondern dienstlich, des Näheren bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache, erfolgt. Mit Blick auf die hier begangene Urkundenfälschung spricht § 267 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 eher für die gegenteilige Wertung.

Dass durch die Urteilsabänderung eine sachlich vernünftige "Korrektur" der zuvor getroffenen Entscheidung bewirkt wurde, mag dieser Handlung den Charakter eines elementaren Verstoßes gegen die Rechtspflege und damit einer Rechtsbeugung nehmen. Es ändert aber nichts daran, dass die eindeutig unzulässige und dem Richter, wie die Heimlichkeit seines Vorgehens zeigt, als solche auch bewusste Änderung des Urteils eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Urkundenstraftat darstellt, die als solche zu bestrafen ist.

3. Damit bleibt die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahme von der Sperrwirkung zu machen ist. Nach Ansicht des 3. Strafsenats ist das dann der Fall, wenn das Handeln des Richters bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache – wie in den Ausgangsfällen der richterlichen Urkundenfälschung – "bereits für sich alleine gegen Strafgesetze verstößt".[70] Der Sperrwirkung unterfallen sollen demgegenüber richterliche Handlungen bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache, die "erst im Zusammenhang mit einer nach außen hin zu treffenden Entscheidung, Anordnung oder Maßnahme der Verhandlungsleitung zur Erfüllung eines Straftatbestands[führen]".[71] Dieser Gegenbegriff erläutert zugleich, was mit der "für sich alleine" gegen Strafgesetze verstoßenden Handlungen gemeint ist, nämlich eine solche, bei der sich dieser Verstoß ohne den Zusammenhang mit einer nach außen zu treffenden Entscheidung ergibt.[72]

Diese Unterscheidung führt für einige der im Urteil genannten Beispiele zu dem vom Senat gewünschten Ergebnis. Die unzulässige Urteilsabänderung in den Ausgangsfällen verstößt – als Urkundenfälschung – bereits für sich genommen gegen ein Strafgesetz. Die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der Nötigung[73] sind dagegen typischerweise erst dann erfüllt, wenn eine richterliche Entscheidung unter Mitwirkung anderer Personen nach außen umgesetzt wird, etwa durch Inhaftierung oder Zahlung eines zu Freiheits- oder Geldstrafe Verurteilten.

Aber schon bei den Tatbeständen der Strafvereitelung und der Verfolgung Unschuldiger[74] verhält es sich anders. Den Tatbestand des § 344 erfüllen neben nach außen

wirkenden Handlungen wie der Anklageerhebung auch zunächst intern bleibende Maßnahmen, die wie die Erhebung, Sicherung oder Manipulation von Beweisen nur mittelbar auf die Sanktionierung eines Unschuldigen abzielen.[75] Die erörterte Grenzziehung verläuft also innerhalb der gem. § 344 tatbestandsmäßigen Handlungen. Das Gleiche gilt für die Strafvereitelung. Zwar könnte man sagen, dass dieser Tatbestand niemals durch ein richterliches Handeln allein erfüllt werden kann, da er zusätzlich den Eintritt des Vereitelungserfolges, jedenfalls also die Verzögerung der Bestrafung um eine geraume Zeit voraussetzt.[76] Näher liegt es allerdings, wenn man vom Ansatz des 3. Strafsenats ausgeht, auch hier zu differenzieren, indem man die Unterscheidung zwischen für sich alleine und erst in Verbindung mit nach außen zu treffenden Entscheidungen strafbaren Handlungen auf die Vereitelungshandlung bezieht. Dann wäre der Richter, der zu Unrecht ein Strafverfahren nach § 153 StPO einstellt, durch die Sperrwirkung geschützt, derjenige, der das Verfahren pflichtwidrig auf sich beruhen oder belastende Beweismittel verschwinden lässt, dagegen nicht.

b) Schon diese skizzenhafte Verdeutlichung der vom 3. Strafsenat vorgeschlagenen Ausnahmelösung weckt Zweifel an deren Tragfähigkeit. Es ist nicht ersichtlich, was die Unterscheidung von Handlungen, die für sich genommen gegen Strafgesetze verstoßen, und solchen, die erst im Zusammenhang mit einer nach außen zu treffenden Entscheidung einen Straftatbestand erfüllen, mit der Ratio der Sperrwirkung zu tun hat.

Zwar wird es meist so sein, dass an nach außen wirkenden Entscheidungen, anders als an Handlungen, die "bereits für sich alleine" einen Straftatbestand erfüllen, auch andere Personen als der pflichtwidrig handelnde Richter beteiligt sind. Aber das ist kein Grund, ihn in solchen Fällen besser zu stellen als dort, wo er den Tatbestand alleine erfüllt. Ob er trotz der Mitwirkung anderer als Täter der Straftat anzusehen ist, hängt vielmehr davon ab, ob er die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft oder der Mittäterschaft erfüllt.

c) Bedeutsamer könnte die Verknüpfung der Unterscheidung mit einem anderen Umstand sein. Eine nach außen wirkende Entscheidung lässt sich nicht verheimlichen. Diese Möglichkeit besteht dagegen bei richterlichen Handlungen, die – wie die Urteilsabänderungen in den Ausgangsfällen – nicht nach außen dringen sollen. Die Verheimlichung einer pflichtwidrigen Handlung aber ist ein starkes Indiz dafür, dass der Handelnde sichere Kenntnis von der Pflichtwidrigkeit seines Handelns hat. Diese Kenntnis wiederum ist nach der Ratio der Sperrwirkung für deren Umfang normativ belangvoll.

Denn nur wenn ein Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache über die Pflichtwidrigkeit seines Handelns in Unkenntnis oder im Zweifel ist, nicht aber dann, wenn er sichere Kenntnis von seinem Rechtsverstoß hat (dolus directus), ist es gerechtfertigt, ihn durch die Sperrwirkung des § 339 zu schützen. Die vom 3. Strafsenat vorgeschlagene Ausnahme ist deshalb in einem gewissen Maße berechtigt, insoweit nämlich, wie sie im Ergebnis dazu führt, dass eine Ausnahme von der Sperrwirkung dort eingreift, wo der Richter bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache durch einen bewussten Rechtsbruch einen anderen Straftatbestand als den der Rechtsbeugung erfüllt.

Allerdings bietet die Unterscheidung zwischen "bereits für sich alleine" und erst im Zusammenhang mit einer "nach außen hin zu treffenden Entscheidung" strafbaren richterlichen Handlungen nur eine ungefähre Annäherung an die Differenzierung zwischen Tatbestandserfüllungen, die durch einen bewussten Rechtsbruch, und solchen, die ohne sichere Kenntnis ihrer Pflichtwidrigkeit begangen werden. Denn auch eine außenwirksame Entscheidung kann ein bewusster Rechtsbruch sein und auch bei einer für sich allein einen Straftatbestand erfüllenden Handlung kann die sichere Kenntnis ihrer Pflichtwidrigkeit fehlen. In diesen Fällen kommt es für die Sperrwirkung nicht auf die Außenwirksamkeit der jeweiligen Entscheidung, sondern allein darauf an, ob diese einen bewussten Rechtsbruch darstellt oder nicht.

Dass der BGH dieses sachlich einleuchtende Kriterium[77] nicht in Betracht zieht, ist verständlich. Denn wenn man mit dem 3. Strafsenat – zu Unrecht – davon ausgeht, dass für alle objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 339 bedingter Vorsatz genügt, so dass "die Anforderungen an die subjektive Tatseite" der in Betracht kommenden anderen Strafvorschriften "nicht mehr hinter denjenigen des Rechtsbeugungstatbestandes zurück[bleiben]",[78] ergibt es keinen Sinn, die Sperrwirkung mit Hilfe eines subjektiven Kriteriums einzuschränken. Vielmehr könnte dann nur der objektive Tatbestand der Rechtsbeugung deren Sperrwirkung einen Anwendungsbereich eröffnen, insbesondere durch das Erfordernis eines besonders gravierenden Rechtsverstoßes, das bei anderen Tatbeständen kein Gegenstück hat. Will man die Sperrwirkung durch eine Ausnahme einschränken (ohne sie gänzlich aufzuheben), bleibt damit nur die Möglichkeit einer objektiv ansetzenden Differenzierung, wie sie der 3. Strafsenat mit der Unterscheidung von für sich genommen tatbestandserfüllenden Handlungen einerseits, erst im Zusammenhang mit nach außen zu treffenden Entscheidungen gegen Strafgesetze verstoßenden Handlungen andererseits unternimmt.

d) Da diese Unterscheidung sachlich nicht überzeugt, sollte sie durch die zwischen richterlichen Handlungen, die einen bewussten Rechtsbruch darstellen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, ersetzt werden. Das bereitet keine Schwierigkeiten, wenn man sich klar macht, dass die gefestigte Rechtsprechung des BGH mit dem bewussten Rechtsbruch eine anspruchsvollere subjektive Anforderung an das gem. § 339 tatbestandsmäßige Handeln, des Näheren an die Beugung des Rechts, stellt als bei anderen in Betracht kommenden Tatbeständen.

Die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes bleibt also ungeschmälert – und im Einklang mit ihrer Ratio – erhalten, soweit sie sich daraus ergibt, dass ein richterliches Handeln bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache einen anderen Straftatbestand erfüllt, aber keinen bewussten Rechtsbruch darstellt. Denn dann ist der Tatbestand der Rechtsbeugung – genauer: das subjektive Moment der Tathandlung – nicht erfüllt und damit die Strafbarkeit aus dem anderen Tatbestand gesperrt.

Auch die Ausnahme von der Sperrwirkung hat hiernach ihren – ebenfalls mit der Ratio der Sperrwirkung übereinstimmenden – Anwendungsbereich. Sie erfasst die Fälle, in denen der Richter bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache durch einen bewussten Verstoß gegen das Recht einen anderen Tatbestand als den des § 339, nicht aber die objektiven Voraussetzungen des Rechtsbeugungstatbestandes, erfüllt.[79] Das wird – wie im zweiten Ausgangsfall – vor allem dann in Betracht kommen, wenn die Pflichtverletzung des Richters bewusst erfolgt, aber keinen für den Verbrechenstatbestand der Rechtsbeugung ausreichend gravierenden Rechtsverstoß bildet.


[1] Darüber hinaus hatte er in einem Fall nach einer rechtskräftig gewordenen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe die Akten trotz Aufforderung der Staatsanwaltschaft nicht zur Vollstreckung übergeben, was vom OLG Naumburg, Beschl. v. 23.4.2012 – 1 Ws 48/12, OLGSt § 339 StGB Nr. 3, S. 7 ff. als Vollstreckungsvereitelung im Amt (§ 258 Abs. 2, § 258a Abs. 1) gewertet wurde (§§ ohne Gesetzesangabe sind solche des StGB).

[2] OLG Naumburg (Fn. 1) m. Anm. Jahn JuS 2012, 950. Der Beschluss des OLG gab der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft – die wegen Rechtsbeugung in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4) sowie in einem Fall auch mit Strafvollstreckungsvereitelung im Amt angeklagt hatte – gegen den Nichteröffnungsbeschluss des LG Dessau-Roßlau statt (§§ 204 Abs. 1, 210 Abs. 2 StPO).

[3] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 2 f.

[4] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 3 f. Jahn JuS 2012, 950, 951 äußert – vor der Entscheidung des BGH in dieser Sache – "Zweifel" an dieser Auffassung. Heghmanns ZJS 2014, 105, 108 betrachtet demgegenüber – nach dem Urteil des BGH, das einen Nachteil "ohne weiteres" bejahte – den Nachteil als "evident", woraus folgt, dass der Beschluss des OLG Naumburg insofern evident falsch war: ein schönes und gerade für § 339 instruktives Beispiel für die Entstehung juristischer Gewissheiten.

[5] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 4 f.

[6] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 5 f.

[7] So OLG Naumburg (Fn. 1), S. 6 m. w. N. Zustimmend Jahn JuS 2012, 950, 951; ders., Zur Frage der Strafbarkeit wegen Beleidigungsdelikten und deren Rechtfertigung nach § 193 StGB durch unwahre Tatsachenbehauptungen in einer Anklageschrift, in: Lüderssen u. a. (Hrsg.), Festschrift für Wolf Schiller, 2014, 339, 343; MK-Uebele, 2. Aufl. 2014, § 339 Rn. 73.

[8] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 7 mit der Folgerung, im Fall sei eine Sperrwirkung zu verneinen, weil die Änderungen der Urteile isoliert betrachtet Urkundenfälschungen waren.

[9] An Stelle des Richters, anderen Amtsträgers oder Schiedsrichters (§ 339) wird in der Folge lediglich der Richter als tauglicher Täter einer Rechtsbeugung genannt.

[10] Also über das Merkmal der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache durch einen Richter hinausgehenden.

[11] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 7.

[12] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 2.

[13] Und das heißt unbestritten: nicht nur bei Gelegenheit, sondern in einem "inneren, funktionalen Zusammenhang" (so OLG Karlsruhe NJW 2004, 1469, 1470) mit dieser Leitung oder Entscheidung (NK-Kuhlen, 4. Aufl. 2013, § 339 Rn. 31 ff. m. w. H.).

[14] Jahn JuS 2012, 950, 951.

[15] Wofür es m. E. keinen Anhaltspunkt gibt.

[16] Dazu OLG Naumburg (Fn. 1), S. 9 f.

[17] BGH, Urt. v. 18.7.2013 – 4 StR 84/13 = HRRS 2013 Nr. 767, BeckRS 2013, 14345 Rn. 11.

[18] Im Jahr 2014 wurde der Angeklagte vom LG Halle wegen Rechtsbeugung und Urkundenfälschung in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, vgl. RohR 2015, 103.

[19] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 13, 17. Insofern zustimmend Nestler NStZ 2013, 657 f.; Heghmanns ZJS 2014, 105, 107 f. und im Ergebnis auch Habetha/Windsberger jM 2014, 39, 40. Habetha/Windsberger rügen allerdings, dass der Senat die – nach ständiger Rechtsprechung für eine Beugung des Rechts erforderliche – besondere Schwere des Rechtsverstoßes auch darauf stützte, dass die rechtsbeugende Handlung zugleich "den Tatbestand der Urkundenfälschung sogar in der Alternative des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 StGB" erfülle (so BGH aaO Rn. 17). Das gerate "jedenfalls in die Nähe eines Zirkelschlusses, da (eine Sperrwirkung unterstellt) erst die Beurteilung der Schwere des Verstoßes ergibt, ob der Richter zugleich wegen einer Urkundenfälschung bestraft werden kann" (Habetha/Windsberger jM 2014, 39, 40). Diese Kritik ist verfehlt, die Wertung des BGH ist logisch einwandfrei. Denn das vom Senat angenommene Gewicht des Rechtsverstoßes ergibt sich nicht erst aus der Strafbarkeit des Verhaltens als Urkundenfälschung, sondern daraus, dass es – ohne gerechtfertigt oder entschuldigt zu sein – den Tatbestand des § 267 Abs. 1 (sowie das Regelbeispiel des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4) erfüllte.

[20] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 17, 19. Insoweit zustimmend Nestler NStZ 2013, 657 f.; Heghmanns ZJS 2014, 105, 108; Habetha/Windsberger jM 2014, 39, 41.

[21] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 21. Zustimmend Heghmanns ZJS 2014, 105, 108; Hunsmann StRR 2014, 34.

[22] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 22.

[23] Heghmanns ZJS 2014, 105, 109.

[24] Wie Heghmanns ZJS 2014, 105, 109 ohne Weiteres annimmt. Diese Annahme dürfte unzutreffend sein – wie man wiederum nach der 2015 getroffenen Folgeentscheidung des 3. Strafsenats sagen kann. Näher dazu unter II.

[25] Sachverhalt nach BGH, Urt. v. 13.5.2015 – 3 StR 498/14 = HRRS 2015 Nr. 714, Rn. 3.

[26] So die Urteilsbegründung des LG Koblenz nach BGH (Fn. 25), Rn. 4.

[27] BGH (Fn. 25), Rn. 8–10.

[28] BGH (Fn. 25), Rn. 9.

[29] So, ebenfalls im Einklang mit der st. Rspr. und wohl einhelligen Auffassung, BGH (Fn. 25), Rn. 9 m. w. N.

[30] BGH (Fn. 25), Rn. 12 f.

[31] BGH (Fn. 25), Rn. 13.

[32] BGH (Fn. 25), Rn. 14–17.

[33] BGH (Fn. 25), Rn. 15.

[34] BGH (Fn. 25), Rn. 16.

[35] BGH (Fn. 25), Rn. 17.

[36] BGH (Fn. 25), Rn. 17.

[37] So BGH (Fn. 25), Rn. 17 mit dem Zusatz "dem zuneigend bereits BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 StR 84/13, NStZ 2013, 655, 657".

[38] BGH (Fn. 25), Rn. 6. Im ersten Fall wurde demgegenüber eine Urkundenfälschung darin gesehen, dass der Richter durch die Abänderung der Urteilsniederschrift den Eingangsvermerk der Geschäftsstelle (als zusammengesetzte Urkunde eines anderen Ausstellers) veränderte. So – im Anschluss an OLG Naumburg (Fn. 1), S. 4 – BGH BeckRS 2013, 14345 Rn 17; insoweit zustimmend Heghmanns ZJS, 2014, 105, 108.

[39] Ablehnend etwa NK-Puppe § 267 Rn. 89 ff. m. w. N. Nach der Gegenauffassung kommt bei der unbefugten nachträglichen Abänderung einer Urkunde durch deren Aussteller zwar eine Urkundenunterdrückung (§ 274) in Betracht, nicht aber die Strafschärfung, die § 267 Abs. 3 vorsieht.

[40] BGH (Fn. 25), Rn. 12.

[41] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 13; BGH (Fn. 25) Rn. 12. Zum – in der Literatur vielfach und teilweise heftig kritisierten – Erfordernis des bewussten und schweren Rechtsbruchs vgl. NK-Kuhlen § 339 Rn. 46 ff. m. w. H. Ob mit der Formulierung, der Amtsträger müsste sein Handeln "statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben ausrichten", eine zusätzliche Sachanforderung gestellt wird, ist fraglich. Denn wer bewusst einen schweren Rechtsbruch begeht, orientiert sich wohl zwangsläufig an eigenen Maßstäben statt an Recht und Gesetz.

[42] So zu Recht Nestler NStZ 2013, 657, 658 zur Entscheidung des 4. Strafsenats.

[43] Der 3. Strafsenat musste auf diese Tatbestandsvoraussetzung nicht mehr eingehen, da er bereits eine Beugung des Rechts verneinte.

[44] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 18, 20.

[45] Vgl. NK-Kuhlen § 339 Rn. 71 ff., 76 ff.

[46] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 21.

[47] So OLG Naumburg (Fn. 1), S. 4, ohne Anführung eines Belegs für diese Auffassung.

[48] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 19; zustimmend Heghmanns ZJS 2014, 105, 108.

[49] OLG Naumburg (Fn. 1), S. 7.

[50] So OLG Naumburg (Fn. 1), S. 7, wobei zusätzlich darauf abgestellt wird, dass die Urteilsänderungen sich "isoliert betrachtet als Urkundenfälschung dar[stellten]".

[51] Heghmanns ZJS 2014, 105, 109.

[52] BGH BeckRS 2013, 14345 Rn. 14 ff.

[53] Etwas anderes könnte sich nur in solchen Fällen ergeben, in denen ein Richter eine andere Straftat zwar nicht gerade im Rahmen seiner spezifisch richterlichen Tätigkeit, also bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache, aber doch im Rahmen seiner sonstigen dienstlichen Tätigkeit begeht (vgl. dazu NK-Kuhlen § 339 Rn. 20 ff.), was aber in beiden Ausgangsfällen nicht in Betracht kam.

[54] BGHSt 32, 357, 359 f., 364 f.

[55] Auf der Interpretationslösung beruht es auch, dass der Richter, der bei Inaugenscheinnahme der Tatwaffe durch einen Schuss den Angeklagten verletzt (Beispiel nach Vorm-baum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, 1987, S. 372), nicht durch die Sperrwirkung geschützt ist. Denn der Schuss erfolgt nur gelegentlich, nicht bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache.

[56] So die Kritik von Spendel JR 1985, 485, 486 f.

[57] Weil sie sich "so weit von einer Maßnahme der ‚Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache‘[entfernt], daß sie rechtlich nicht als eine solche gewertet werden kann" (BGHSt 32, 357, 365).

[58] So BGHSt 32, 357, 364 f.

[59] So Amelung/Weidemann JuS 1984, 595, 596.

[60] So Ebert GA 1979, 361, 368.

[61] So BGH NStZ 1987, 326, 327; zustimmend NK-Kuhlen § 331 Rn. 74 m. w. H.

[62] Und deshalb, falls die weiteren Voraussetzungen des § 339 erfüllt sind, eine Rechtsbeugung begründen können.

[63] Anders als in der Entscheidung des OLG Naumburg findet sich im Urteil des BGH auch kein Versuch, diese bei der Prüfung von § 339 getroffenen Einordnung nachträglich, also bei Erörterung der Sperrwirkung, zu "korrigieren" oder zu relativieren (BGH[Fn. 25], Rn. 8–10, 14–17).

[64] Denn sowohl bei der Prüfung des Tatbestandes als auch bei der einer Sperrwirkung der Rechtsbeugung nimmt der Senat zutreffend an, der Richter habe die Urkundenfälschung bei der ihm obliegenden Leitung der Rechtssache begangen.

[65] Vgl. LK-Hilgendorf, 12. Aufl. 2009, § 339 Rn. 86.

[66] Zu dieser etwas verwirrenden Terminologie siehe Heghmanns ZJS 2014, 105, 107.

[67] Näher dazu NK-Kuhlen § 339 Rn. 76 ff. (zustimmend); LK-Hilgendorf § 339 Rn. 87 ff. (ablehnend). Unklar jetzt BGH 22. 1. 2014 – 2 StR 479/13 = HRRS 2014 Nr. 293, NJW 2014, 1192 Rn. 9 f., wo einerseits – im Einklang mit der bisherigen Judikatur – sicheres Wissen von "der Schwere des Rechtsverstoßes" – und damit doch wohl auch: vom Rechtsverstoß selbst – gefordert wird, andererseits aber nur sicheres Wissen von der besonderen Bedeutung der verletzten Vorschrift, nicht dagegen von ihrer Verletzung (durch eine unvertretbare Entscheidung).

[68] Vgl. NK-Kuhlen § 339 Rn. 90.

[69] Vgl. dazu NK-Kuhlen § 339 Rn. 91 m. w. H.

[70] BGH (Fn. 25), Rn. 17.

[71] BGH (Fn. 25), Rn. 17.

[72] Trotz des wörtlichen Anklangs ist das ein ganz anderes Verständnis als das des OLG Naumburg. Dieses will zwar ebenfalls eine Ausnahme von der Sperrwirkung bei solchen Handlungen machen, die sich "auch isoliert als eine Straftat[darstellen]" (OLG Naumburg[Fn. 1], S. 7). Aber damit ist lediglich gemeint, dass sich die Strafbarkeit des Handelns "unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob es als Rechtsbeugung … zu werten ist", ergibt (OLG Naumburg ebd.). Das aber kann, wie bereits dargelegt, keine Ausnahme von der Sperrwirkung begründen.

[73] Auf beide Delikte soll sich nach BGH (Fn. 25), Rn. 15 die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes erstrecken.

[74] Auf die sich nach BGH (Fn. 25), Rn. 15 die Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestandes ebenfalls erstrecken soll.

[75] Dazu NK-Kuhlen § 344 Rn. 6 m. w. H.

[76] Schönke/Schröder-Stree/Hecker, 29. Aufl. 2014, § 258 Rn. 14.

[77] Das sich auf der Basis der heutigen Judikatur, die neben dem objektiv gravierenden Rechtsfehler auch den bewussten Rechtsbruch zur Voraussetzung der Rechtsbeugung macht, geradezu aufdrängt.

[78] BGH (Fn. 25), Rn. 17.

[79] Wenn neben dem subjektiven auch der objektive Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllt ist, greift die Sperrwirkung ohnehin nicht ein, so dass es keiner Ausnahme bedarf.