HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Jul./Aug. 2013
14. Jahrgang
PDF-Download

V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

655. BGH 5 StR 130/13, Beschluss vom 30. Mai 2013 (LG Dresden)

BGHSt; Schleusungstatbestände des Aufenthaltsstrafrechts (Verhältnis zum ggf. täterschaftlichen eigenen Machen falscher Angaben des Schleusers); Vollendigung und Beendigung beim Machen unrichtiger Angaben; Verjährung bei der Bestechlichkeit.

§ 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG; § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; § 78 StGB; § 332 StGB

1. Der Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (§ 92a Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1990) steht es nicht grundsätzlich entgegen, dass derjenige, der durch sein Handeln zugleich Falschangaben eines anderen unterstützt, bei isolierter Betrachtung als Täter einer Straftat nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (§ 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990) anzusehen wäre. (BGHSt)

2. Der Gesetzgeber sieht den Kern des Schleusungsunrechts in entgeltlichen oder wiederholten Beihilfe- und Anstiftungshandlungen. Er hat deswegen in § 96 Abs. 1 AufenthG (§ 92a Abs. 1 AuslG 1990) in selbständigen Tatbeständen die Beteiligung zur Täterschaft erhoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kommt es dabei darauf an, ob der Täter des § 96 Abs. 1 AufenthG (§ 92a Abs. 1 AuslG 1990) durch seinen Beitrag (gegebenenfalls auch) zu den dort in Bezug genommenen Straftaten Hilfe geleistet oder zu ihnen angestiftet hat. (Bearbeiter)

3. Im Hinblick auf die Verselbständigung der Schleusungstatbestände kann dagegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Betroffene, wenn er nur nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (§ 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990) verurteilt würde, als Teilnehmer oder (auch) als Täter zu bestrafen wäre (Abgrenzung zu BGH HRRS 2008 Nr. 123).

Dass der Gesetzgeber solche „doppelgesichtigen“ Handlungen durch eine enge Anknüpfung an die Entscheidung für oder gegen eine Täterschaft hinsichtlich des isoliert betrachteten § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (§ 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990) aus den Schleusungsdelikten ausgrenzen wollte, liegt gänzlich fern. Eine Interpretation in diesem Sinn wäre geeignet, nicht auflösbare Wertungswidersprüche hervorzurufen. (Bearbeiter)

4. Die Vollendung des abstrakten Gefährdungsdelikts nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (§ 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990) tritt in seiner ersten Fallvariante ein, sobald die Falschangaben gemacht sind. Eine Beendigung liegt dagegen frühestens mit der Erteilung des erschlichenen Aufenthaltstitels vor, weil erst ab diesem Zeitpunkt der Angriff auf das von der Vorschrift geschützte Rechtsgut abgeschlossen sein kann. (Bearbeiter)


Entscheidung

600. BGH 5 StR 551/11 – Urteil vom 28. Mai 2013 (LG Berlin)

Untreuevorsatz und Vermögensnachteil bei der Übernahme einer existenzgefährdenden Mietgarantie durch Immobilienfonds (überschießende Innentendenz und voluntatives Element des Vorsatzes bei Risikogeschäften: maßgebliche Indizien; Pflichtwidrigkeit und Einverständnis im Konzern: Existenzgefährdung); Gesetzlichkeitsprinzip (Bestimmtheitsgebot; Entgrenzungsverbot; Verschleifungsverbot).

Art. 103 Abs. 2 GG; § 266 StGB; § 15 StGB; § 16 StGB

1. Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Merkmale des Untreuetatbestands beziehen. Bei Risikogeschäften sind an die Feststellung der inneren Tatseite erhöhte Anforderungen zu stellen. Dies betrifft beide Vorsatzbestandteile. Die Möglichkeit einer Vermögensgefährdung ist dem Risikogeschäft immanent. Die bewusste Eingehung des immanenten Risikos kann deshalb für sich genommen nicht ausreichen, weil Risiken wesentliche Strukturelemente im marktwirtschaftlichen System sind und die Eingehung von Risiken notwendiger Bestandteil unternehmerischen Handelns ist.

2. Die Rechtsprechung hat deshalb die innere Tatseite bei risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen besonderen Prüfungskriterien unterworfen. So ist auf der kognitiven Ebene zu verlangen, dass der Täter das von ihm eingegangene Risiko zutreffend bewertet hat. Da die Untreue ein Vorsatzdelikt ist, bildet der vom Tatgericht festzustellende Umfang der Kenntnis von den Risikofaktoren und dem Risikograd den Maßstab für die Prüfung des kognitiven Vorsatzelements (§ 16 StGB).

3. Für die Praxis bedeutsamer sind allerdings die Anforderungen an das voluntative Vorsatzelement. Anders als etwa bei Kapitaldelikten lässt sich das voluntative Element nicht bereits weitgehend aus dem Gefährdungspotential der Handlung ableiten. Der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts allein kann kein Kriterium für die Entscheidung der Frage sein, ob der Angeklagte mit dem Erfolg auch einverstanden war. Es kommt vielmehr immer auch auf die Umstände des Einzelfalles an, bei denen insbesondere die Motive und die Interessenlage des Angeklagten zu beachten sind (BGHSt 46, 30, 35). Dabei ist zudem bei der Beurteilung eines Geschäftsvorgangs, bei dem keine Indizien für einen auch nur mittelbaren persönlichen Vorteil der Beteiligten bestehen, besondere Skepsis hinsichtlich des voluntativen Elements geboten.

4. Für das voluntative Element kann es nicht ausreichen, dass der Betreffende allein die Gefährdungslage billigt. Vielmehr kann nur dann von einer billigenden Inkaufnahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB ausgegangen werden, wenn der Täter nicht nur die konkrete Gefahr in Kauf nimmt, sondern darüber hinaus auch die Realisierung dieser Gefahr billigt, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des unerwünschten Erfolges abfindet (BGHSt 51, 100, 121; 52, 182, 189 f.).

5. Für die beweismäßige Feststellung des voluntativen Vorsatzelements kommt freilich dem auch vom Täter erkannten Gefährdungsgrad ein erhebliches indizielles Gewicht zu. Für je wahrscheinlicher der Täter den Erfolgseintritt hält, umso mehr spricht dafür, dass er sich letztlich mit einem Schadenseintritt abfindet. Denn die bloße Hoffnung auf den guten Ausgang steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen.

6. Ebenso wie die Verschleierung von Risiken ein Anzeichen für das Vorliegen einer Billigung des Eintritts einer schadensgleichen Vermögensgefährdung sein kann (BGHSt 47, 148, 157), gilt umgekehrt, dass eine transparente und ordnungsgemäße Bilanzierung indiziell gegen eine willentliche Schadenszufügung sprechen kann.

7. Der Vorsatz zur Pflichtwidrigkeit einerseits und zur Nachteilszufügung andererseits innerhalb des § 266 StGB sind unabhängig voneinander zu prüfen. Die innere Tatseite hinsichtlich des Merkmals des Nachteils darf nicht dergestalt in der des Merkmals der Pflichtwidrigkeit aufgehen, dass es seiner eigenständigen Bedeutung weitgehend beraubt wäre. Auch wenn die Pflichtwidrigkeit in einem inneren Zusammenhang mit dem Nachteil steht, weil die Pflichtwidrigkeit der Handlung sich häufig gerade aus der für das betreute Vermögen innewohnenden Gefährdung ergibt, ist auch in subjektiver Hinsicht zu unterscheiden zwischen dem Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und hinsichtlich der Nachteilszufügung.

8. Tatbestandsmäßig im Sinne des § 266 StGB ist eine Pflichtwidrigkeit nur dann, wenn sie klar und evident war (siehe dazu BVerfGE 126, 170, 210 f.). Deshalb hat die Rechtsprechung grundsätzlich nur schwere Pflichtverletzungen ausreichen lassen (BGHSt 47, 148, 152 f.; 47, 187, 197).

9. Nach der Rechtsprechung bildet der existenzgefährdende Eingriff als Grenze der Verfügungsbefugnis des Gesellschafters den Oberbegriff, der die Unterfälle Beeinträchtigung des Stammkapitals sowie Entziehung der Produktionsgrundlagen oder Gefährdung der Liquidität umfasst (BGHSt 54, 52, 58; vgl. auch BGHSt 49, 147, 158).


Entscheidung

593. BGH 5 StR 581/12 – Beschluss vom 12. Juni 2013 (LG Lübeck)

Voraussetzungen des Betruges bei der Erlangung von Rabatten für preisgebundene Medikamente (Vermö-

gensschaden beim Rabattbetrug: Krankenhauspreise und alternative Beschaffungsmöglichkeiten; Mittäterschaft: Darlegungsanforderungen); Abgrenzung Tun und Unterlassen (Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit); Verweisungen auf Selbstleseverfahren; Grenzen der Verständigung (geeignete Fälle; Einstellungen).

§ 263 StGB; § 13 StGB; § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 78 AMG; § 1 Abs. 3 Nr. 2 AMPreisV; § 249 StPO; § 257c StPO; § 153 StPO; § 153a StPO

1. Auch bei der unberechtigten Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AMPreisV auf einen Verkauf von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln außerhalb des Krankenhausbereichs darf sich die Schadensfeststellung nicht in einem Vergleich der Preise für Fertigarzneimittel aus dem Krankenhaus- und dem Offizinbereich erschöpfen. Die täuschungsbedingte Erzielung niedrigerer Preise begründet nicht ohne weiteres einen Vermögensschaden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die erzielten Preise zumindest kostendeckend sind. Da der Betrug nicht die Vermögensmehrung schützt, sondern nur den Vermögensbestand, kommt eine Verurteilung wegen Betruges nur dann in Betracht, wenn die Möglichkeit des Absatzes für das liefernde Unternehmen auch zu dem höheren Preis gesichert erscheint. Nur in diesem Fall läge nämlich ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB vor (BGH NJW 2004, 2603; 1991, 2573).

2. Bei der Schadensberechnung sind in diesem Fall mögliche andere Bezugsquellen zu berücksichtigen. Es bedarf der Erörterung, ob sich die Arzneimittel auf dem Generika-Markt oder dem Markt für Parallelimporte zu ähnlichen, jedenfalls günstigeren Bedingungen hätten beschaffen lassen. Die Differenz zum Offizinpreis stellt nicht zwangsläufig den Schaden dar, wenn das Arzneimittel anderweitig hätte günstiger beschafft werden können.

3. Dies gilt auch für die Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln. Insoweit muss geprüft werden, ob ohne den Ansatz des Herstellerrabatts (§ 130a SGB V) vergleichbar günstig Produktalternativen zur Verfügung gestanden hätten.

4. Ist die Schadensberechnung beim Betrug kein lediglich einfacher Rechenschritt, bei dem die bloße Ergebnismitteilung ausreichen könnte, müssen die Urteilsgründe den konkreten Rechnungsweg wenigstens in seinen grundlegenden Zügen aufnehmen.

5. Entsteht der Vermögensschaden durch eine Fehlinterpretation gesetzlichen Preisfestsetzung, muss für den Vorsatz des Angeklagten beim Betrug belegt sein, dass die Angeklagten nicht von der Zulässigkeit der von ihnen vorgenommenen Preisansetzung ausgegangen sind (hier: ambulante Behandlung von Patienten durch ermächtigte Krankenhausärzte in den Räumen des Krankenhauses).

6. Die Formulierung: „Die Angeklagten wirkten mit“, ist zu floskelhaft, um dem Revisionsgericht insbesondere bei der Beurteilung eines Abrechnungsbetruges im Gesundheitswesen eine Überprüfung der Verurteilung der Angeklagten als Mittäter zu ermöglichen.

7. Gegen nicht geständige Angeklagte kann eine Verständigung nach § 257c StPO allenfalls in Ausnahmekonstellationen möglich sein (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO), weil in solchen Fällen eine nicht hinnehmbare Beschränkung der unbedingten Pflicht zur umfassenden Wahrheitsermittlung zu besorgen sein könnte (vgl. BVerfG NJW 2013, 1058, 1068 f.).


Entscheidung

646. BGH 3 StR 437/12 – Beschluss vom 28. Mai 2013

Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH zum europäischen Arzneimittelbegriff (Anwendung auf gesundheitsschädigend wirkende Stoffe ohne therapeutischen Nutzen).

§ 2 AMG; RL 2001/83/EG; RL 2004/27/EG

1. In § 2 AMG ist die Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG umgesetzt und der europäische Arzneimittelbegriff in das deutsche Arzneimittelrecht übernommen worden. Deshalb kommt es für die in Rechtsprechung und Literatur bislang umstrittene Frage, ob auch gesundheitsschädigend wirkende Stoffe ohne therapeutischen Nutzen unter den Arzneimittelbegriff fallen, wenn sie allein wegen ihrer psychoaktiven Wirkung eingenommen werden, auf die – autonom vorzunehmende – Auslegung des unionsrechtlichen Arzneimittelbegriffs an, für die nicht auf die frühere nationale Rechtsprechung zum deutschen Arzneimittelbegriff angeknüpft werden kann. Diese Auslegung des europäischen Rechts obliegt allein dem Gerichtshof der Europäischen Union.

2. Die Produktgruppe der Arzneimittel ist von jeher durch die spezifische Zwecksetzung der Heilung, Verhütung und Diagnose von Krankheiten geprägt. Mit diesem allgemeinen Begriffsverständnis ist es nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen, auch solche Stoffe oder Stoffzubereitungen unter den Begriff des Funktionsarzneimittels zu subsumieren, die zwar unzweifelhaft die körperlichen Funktionen beeinflussen, wie ein Gift aber ausschließlich gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Die „Funktion“ des Arzneimittels läge dann allein in der Auslösung von Gesundheitsgefahren.

3. Es stellt sich mithin die grundsätzliche Frage, ob ein Stoff, der allein im Hinblick auf seine gesundheitsschädigende Wirkung als Rauschgift erzeugt und vertrieben wird, unter den Oberbegriff des „Arzneimittels“ gefasst werden kann. Diese Frage hat der EuGH bisher weder im Sinne eines „acte éclairé“ noch eines „acte clair“ entschieden.


Entscheidung

679. BGH 5 StR 309/12 – Beschluss vom 30. Mai 2013 (LG Potsdam)

Nachteilsfeststellung bei der Untreue (Erfordernis eigenständiger Feststellungen; Verschleifungsverbot; schadensgleiche Vermögensgefährdung aufgrund drohender Inanspruchnahme aus Lohn- und Gehaltsforderungen bei Betriebsübergang); Insolvenzverschleppung; Bankrott; Anstiftung (omnimodo facturus).

Art. 103 Abs. 2 GG; § 266 StGB; § 15a InsO; § 283 StGB; § 26 StGB; § 613a BGB

1. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ist auf der Grundlage eigenständiger Feststellungen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise darzulegen. Dabei macht erst die konkrete wirtschaftliche Auswirkung eine zu-

künftige Verlustgefahr zu einem wirtschaftlichen Schaden (BVerfG HRRS 2010 Nr. 656).

2. Werden bei einem Betriebsübergang Lohn- und Gehaltsforderungen nicht vom übernehmenden Unternehmen getragen, begründet das dann keinen Nachteil i.S.d. § 266 StGB für das Vermögen des übertragenden Unternehmens, wenn dieses im Innenverhältnis gegenüber dem Nachfolgeunternehmen freigestellt ist. Die Rechtsfolge des § 613a BGB ist insoweit kein im Rahmen des Untreuetatbestands nach § 266 StGB unbeachtlicher Kompensationsanspruch, sondern kann – je nach Art der gewählten Konstruktion der Überleitung der Betriebsmittel – als ein im Rahmen der Gesamtsaldierung zugunsten des Treunehmers zu berücksichtigender Schadensausschlussgrund anzusehen sein.


Entscheidung

626. BGH 1 StR 626/12 – Beschluss vom 5. Juni 2013 (LG Frankfurt am Main)

Vorenthalten von Arbeitsentgelt (Begriff des Arbeitgebers); Beihilfe (Tatmehrheit); Absehen von der Aufhebung des Strafausspruchs (angemessene Rechtsfolge; verfassungskonforme Auslegung).

§ 266a StGB; § 27 Abs. 1 StGB; § 53 Abs. 1 StGB; § 354 Abs. 1a StPO

Die Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs in § 266a StGB richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht, das wiederum auf das Arbeitsrecht Bezug nimmt. Arbeitgeber ist dementsprechend der nach §§ 611 ff. BGB Dienstberechtigte, also derjenige, dem der Arbeitnehmer nicht selbständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, das sich vornehmlich in seiner regelmäßig mit einem Weisungsrecht des Arbeitgebers verbundenen Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers äußert. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt, sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich (vgl. BGH wistra 2010, 29).


Entscheidung

597. BGH 1 StR 178/13 – Beschluss vom 6. Mai 2013 (LG Offenburg)

Vergewaltigung (Täterschaft: eigenhändige Verwirklichung); Anordnung der Jugendstrafe (Voraussetzungen: Schwere der Schuld; Strafzumessung).

§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB; § 17 Abs. 2 JGG; § 18 Abs. 2 JGG

1. Der Senat neigt dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungsfähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Es entspricht zudem der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zuzumessen, weil bei derartigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH NStZ 1996, 232 f.).

2. Nach der wesentlich auf den Wortlaut „der Täter“ in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB abstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht das Regelbeispiel nur derjenige Tatbeteiligte, der in eigener Person eine der in der Vorschrift genannten sexuellen Handlungen verwirklicht (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 326). Tatbeteiligte, bei denen diese eigenhändige Verwirklichung nicht vorliegt, können nicht als Mittäter einer Vergewaltigung verurteilt werden.