HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

März 2009
10. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Die Vorbereitung der ESt-Verkürzung mittels Erlangung eines Grundlagenbescheids als Erlangung eines Steuervorteils und vollendete Steuerhinterziehung? – Der 1. Strafsenat des BGH an den Grenzen des § 370 AO

Besprechung zu BGH, Beschluss vom 10.12.2008 – 1 StR 322/08, HRRS 2009 Nr. 68.

Von RA Markus Rübenstahl Mag. iur., Frankfurt am Main

I. Einführung

Der zu besprechende Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 10.12.2008[1] weckt Interesse besonders durch seine auf den letzten Seiten (10 ff. des Umdrucks) zu findenden Ausführungen zur Auslegung der §§ 180, 370 AO. Auf die Erörterung der damit in Zusammenhang stehenden Fragen des materiellen Steuerstrafrechts beschränkt sich diese Besprechung.

Der Senat entschied eine in der Lit. bislang ungeklärte Streitfrage dahingehend, dass die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO einen nicht gerechtfertigter Steuervorteil, d.h. einen Taterfolg im Sinne des § 370 Abs. 1 AO "darstellen kann". Dies hat zur Folge, dass die vorsätzliche Herbeiführung eines derartigen Grundlagenbescheids mittels unrichtiger oder unvollständiger Angaben oder durch pflichtwidriges Verschweigen steuerlich erheblicher Tatsachen eine vollendete Steuerhinterziehung darstellt.

Aus anwaltlicher Sicht ist man versucht, in diesem Aspekt der Entscheidung eine weitere Maßnahme des seit kurzem für Steuerstrafsachen zuständigen 1. Strafsenats zu richterseitigen Schließung empfundener Sanktionierungs- und Strafbarkeitslücken und –defizite im Steuerstrafrecht zu sehen, die sich nahtlos an eine kürzlich ergangene spektakuläre Entscheidungen desselben Senats zum Strafzumessungsrecht mit derselben Tendenz anknüpft.[2] Nachdem durch diese Entscheidung zum Regelbeispiel des besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO; Steuerverkürzung in großem Ausmaß) einschließlich eines obiter dictums zur Strafzumessung allgemein offenbar gezielt die Sanktions-Schraube in Steuerstrafsachen angezogen werden sollte, kann nun leicht der Eindruck entstehen, dass hier durch Absenkung der Tatvollendungsschwelle der Anwendungsbereich des (Vollendungs-)Tatbestands des § 370 AO ausgeweitet werden sollte.

Der 1. Strafsenat scheint – auf der Grenze der Rechtsprechung zu Rechtspolitik und Gesetzgebung balancierend – hier wie insgesamt im Steuerstrafrecht deutliche und einseitige Akzente hinsichtlich einer verschärften Ahndung von Steuervergehen setzen zu wollen, offenbar um empfundene Defizite der bisherigen Rechtsprechung aufzuarbeiten. Diese intuitive Erstbewertung soll jedoch

einer vertieften Analyse der Begründung – die im Folgenden intendiert ist – nicht im Wege stehen.

II. Sachverhalt

Ausweislich des zum Sachverhalt knapp gehaltenen Beschlusses waren die Angeklagten S. und G. anscheinend die gesetzlichen Vertreter einer F. und E. GmbH & Co. KG, wohl als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG. "Als Vertreter der Kommanditgesellschaft" bewirkten die Angeklagten den Feststellungen zu Folge durch unrichtige Angaben in der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO einen Feststellungsbescheid, in dem für die Kommanditgesellschaft zu hohe negative Einkünfte festgestellt und mithin zu Unrecht Verluste zugewiesen wurden. Dieser Feststellungsbescheid wurde bestandskräftig. Die Festsetzung von zu geringer Einkommensteuer (ESt) im Rahmen der Folgebescheide – der ESt-Bescheide der Kommanditisten - erfolgte später ebenfalls, lag so soweit aus dem Beschluss erkennbar aber offenbar der erstinstanzlichen Verurteilung der Angeklagten durch das Landgericht nicht (primär) zu Grunde. Den Kommanditisten der F. und E. GmbH & Co. KG wurden auf Grundlage des unrichtigen Feststellungsbescheids betreffend die Kommanditgesellschaft im Rahmen ihrer Veranlagung zur ESt zu hohe Verluste zugewiesen, was letztlich zu einer unzutreffenden Minderung ihrer Einnahmen und zu einer Verkürzung der auf die Kommanditisten entfallenden ESt führte.

III. Entscheidungsgründe

Der 1. Strafsenat führt zur Sützung der Verurteilung durch das Landgericht wegen vollendeter Steuerhinterziehung auf der Grundlage des Feststellungsbescheides im Wesentlichen folgendes aus:

Der unrichtige Feststellungsbescheid als bloßer Grundlagenbescheid bewirke selbst zwar noch keine Steuerverkürzung im Sinne des § 370 Abs. 1 AO. Durch dessen Bekanntgabe hätten die Kommanditisten jedoch bereits einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil im Sinne des Tatbestands – nämlich die Feststellung zu ihren Gunsten unrichtiger Besteuerungsgrundlagen mit rechtlicher Bindungswirkung – erlangt. Dass der Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid nicht erlaubt, abschließend festzustellen, in welcher Höhe der Steueranspruch des Staates beeinträchtigt wird, stehe nur der Annahme einer Steuerverkürzung, nicht aber der eines ungerechtfertigten Steuervorteils entgegen. Letzterer bestehe selbständig aufgrund des Feststellungsbescheids. Auch die zu erwartende spätere Steuerverkürzung in einem Folgebescheid – hier dem Einkommensteuerbescheid der Kommanditisten – müsse dazu nicht betragsmäßig feststehen und nicht zustande kommen.

Steuerhinterziehung sei zwar ein Erfolgsdelikt, nicht aber kein Verletzungsdelikt, weshalb nach dem Gesetzeswortlaut eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs durch eine zu niedrige Festsetzung von Steuern zur Steuerverkürzung und damit zur Vollendung ausreiche (§ 370 Abs. 4 AO). Daraus folgert der Senat, dass auch für einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs ausreiche. Dies ergebe sich hier aus der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids gemäß § 182 Abs. 1 S. 1 AO, wonach auch der Höhe nach die festgestellten Besteuerungsgrundlagen des Gewinnfeststellungsbescheids – d.h. in concreto die Verluste der KG – ohne weiteres Zutun der Angeklagten in die Folgebescheide der Kommanditisten einzubeziehen sind.

Dass mit den unrichtigen Angaben letztendlich eine Steuerverkürzung durch eine zu niedrige Festsetzung der ESt in den Bescheiden der Kommanditisten bezweckt war, die bei Erlass des Grundlagenbescheids noch nicht erfolgt war, stehe der Annahme der Vollendung der Steuerhinterziehung aufgrund Erlangung eines Steuervorteils nicht entgegen. Die in der Festsetzung in den Folgebescheiden liegende Steuerverkürzung sei vielmehr als weitergehender Taterfolg zu sehen, der (nur) für den Zeitpunkt der Beendigung und damit für die Verjährung von Bedeutung sei, mithin den Beginn der Verjährungsfrist weiter hinausschiebe. Die spätere Verkürzung von ESt stelle hingegen nicht die zuvor und "unabhängig davon" eingetretene Vollendung durch Erlangung eines unberechtigten Steuervorteils in Frage. Die Möglichkeit der mehrfachen Verwirklichung des Tatbestandserfolgs – in unterschiedlichen Tatvarianten – stehe im Einklang mit der Rechtsnatur der Steuerhinterziehung im Feststellungs- und Festsetzungsverfahren als Gefährdungsdelikt.

IV. Kommentar

Ohne dies sonderlich eingehend zu begründen, hat sich der 1. Strafsenat vorliegend der umstrittenen und bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zum Ausdruck gekommenen Auffassung[3] angeschlossen, dass die Steuerhinterziehung auch in der Variante der Erzielung eines unberechtigten Steuervorteils ein "Gefährdungsdelikt" sei, weshalb bereits der Erlass eines Grundlagenbescheids (Feststellungsbescheids) für die Kommanditisten ein ungerechtfertigter Steuervorteil sein könne. Dessen Bindungswirkung gefährde den Einkommensteueranspruch des Fiskus gegen diese hinreichend konkret. Diese durchaus grundsätzliche Weichenstellung bedarf gerade aufgrund ihrer knappen Begründung und ihrer potentiell weit reichenden Auswirkungen auch in anderen Fallkonstellationen in besonderem Maße der kritischen Würdigung.

1. Bisherige Rechtsprechung des BGH zur Relevanz von Feststellungsbescheiden

Zunächst überrascht, dass in der Entscheidung des 1. Strafsenats die – wie zu zeigen sein wird – offenbar abweichende Rechsprechung der früher für das Steuerstrafrecht zuständigen Senate des BGH zur Erlangung von Steuervorteilen keine Erwähnung findet:

Mit Beschluss vom 07.02.1984[4] äußerte sich etwa der 3. Strafsenat dahingehend, dass es sich bei § 370 AO um ein Erfolgsdelikt handele. Mit der Festsetzung der Verlustquote werde erst die Voraussetzung dafür geschaffen werde, dass einzelne Kommanditisten die niedrigere Festsetzung ihrer Einkommensteuer erreichen können; "erst mit ihr haben sie den angestrebten Steuervorteil erlangt". Dies deutet darauf hin, dass der 3. Strafsenat nicht nur den Verkürzungserfolg, sondern auch den Steuervorteil erst durch die unzutreffende ESt-Festsetzung als gegeben ansah. In dem Urteil vom 01.02.1989[5] hielt derselbe Senat zwar ausdrücklich fest, dass ein Feststellungsbescheid gem. § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung für die ESt-Veranlagung der Gesellschafter entfalte, gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass darin bereits eine zur Vollendung des § 370 AO ausreichender Steuervorteil liegen könne.[6]

Auch ein Beschluss des 2. Strafsenats vom 16.05.1984[7] lässt erkennen, dass nicht die Herbeiführung unrichtiger einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellungsbescheide bzgl. einer KG als vollendete Steuerhinterziehung angesehen wurden, sondern erst in der Abgabe der darauf aufbauenden Einkommensteuererklärungen, soweit diese zu einer zu niedrigen Feststellung von ESt zugunsten der Kommanditisten führte. Zum einen knüpften die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung explizit nur an die ESt-Verkürzungen an, obwohl die angeklagten Kommanditisten zunächst vorsätzlich durch einen rückdatierten Beitrittsvertrag zur KG die unrichtige Gewinnfeststellung herbeiführten, zum anderen hält der 2. Strafsenat fest, dass soweit es nicht zur Verkürzung von ESt kam, nur die Annahme einer versuchten Steuerhinterziehung in Betracht komme.[8] Hätte er bereits den Feststellungsbescheid als Steuervorteil i. S. d. § 370 AO angesehen, hätte nach dem Sachverhalt der Entscheidung Vollendung im Raum gestanden. Ergänzend wird darauf verwiesen, die Versuchsschwelle sei erst durch die Abgabe der unrichtigen ESt-Erklärungen überschritten worden.[9] Betrachtet man den Sachverhalt der hier zu besprechenden Entscheidung, wäre nach diesen Grundsätzen des 2. und 3. Strafsenats bei Erlass des Grundlagenbescheids, den der 1. Strafsenat nunmehr als Vollendungszeitpunkt ansieht, noch nicht einmal das Versuchsstadium erreicht gewesen. Verkürzt formuliert wertet der 1. Strafsenat bisherige Vorbereitungshandlungen zur Tatbestandsvollendung auf.

Angesichts der offenbar abweichenden Entscheidungen[10] früher zuständiger Senate wäre eine nähere Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung zur Erschleichung von Grundlagenbescheiden nahe liegend und sehr wünschenswert gewesen, wenn auch gemäß § 132 Abs. 3 S. 1, 2 GVG keine Anfrage beim 2. oder 3. Strafsenat erforderlich war, da nunmehr nach der Geschäftsverteilung des BGH allein der 1. Strafsenat für Steuerstrafsachen zuständig ist.

2. § 370 I AO als konkretes Gefährdungsdelikt und zur Bestimmung der konkreten Gefahr

Die Argumentation des 1. Strafsenats scheint nicht ohne Brüche zu sein: Auf der einen Seite wird der Rechtscharakter des § 370 Abs. 1 AO als Erfolgsdelikt[11] – wenn auch nicht als Verletzungsdelikt – ausdrücklich unterstellt, andererseits die Vorschrift ohne nähere Einordnung als "Gefährdungsdelikt" bezeichnet. Dies dürfte vor dem Hintergrund allgemein anerkannter Grundsätze zumindest erklärungsbedürftig sein.

Neben den Verletzungsdelikten sind lediglich konkrete, nicht aber abstrakte Gefährdungsdelikte als Erfolgsdelikte anerkannt. Nur bei letzteren stellt der Eintritt der Gefahr den Erfolg dar.[12] Auf eine eingehende Begründung des angeblichen Status des § 370 Abs. 1 AO als (konkretes) Gefährdungsdelikt verzichtet der BGH bedauerlicherweise. Der Entscheidung kann man lediglich entnehmen, dass eine hinreichend konkrete Gefährdung des Steueranspruchs erforderlich und auch für die ungerechtfertigte Erlangung steuerlicher Vorteile ausreichend sei. Eine präzise Benennung des erforderlichen Gefährdungsgrades und die Entwicklung eines zur Subsumtion tauglichen Maßstabs für diesen erfolgt hingegen nicht. Es hätte sich angeboten und wäre vom Ausgangspunkt des Senats her folgerichtig, hier explizit zu erörtern, ob die Maßstäbe der Rechtsprechung zu den konkreten Gefährdungsdelikten oder auch diejenige zur schadensgleichen Vermögensgefährdung bei den Vermögensdelikten entsprechend heranzuziehen sind oder gegebenenfalls selbständige Maßstäbe zu entwickeln. Es spricht Vieles dafür, dass jedenfalls keine weniger strengeren Maßstäbe gelten können und für den Fall eines Grundlagenbescheids die Schwelle zur konkreten Gefährdung der ESt noch nicht überschritten ist. Im Einzelnen:

a) Übertragbarkeit der Maßstäbe zur Feststellung einer konkreten Gefahr

Es fehlt zunächst an Erwägungen zur Übertragung des in der Rspr. u. a. zu den Verkehrsdelikten herausgearbeiteten Begriffs der konkreten Gefahr auf den Tatbestand der

Steuerhinterziehung. Aus der Sicht des Senats wäre dies konsequent, da nach ja § 370 AO als Erfolgsdelikt allenfalls ein konkretes Gefährdungsdelikt wie etwa § 315c StGB sein kann. Soweit der Entscheidung überhaupt gewisse Maßstäbe zur Bestimmung der Gefährdung zu entnehmen sind, knüpfen diese anscheinend nicht erkennbar an die für konkrete Gefährdungsdelikte allgemein anerkannten Voraussetzungen an.

Nach diesen muss etwa bei § 315c StGB bei Würdigung aller konkret erheblichen – potentiell wirksamen – Umstände auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose im Sinne einer ex-ante-Betrachtung ein Schadenseintritt in so erhebliche Nähe gerückt sein, dass seine Vermeidung sich als reiner Zufall darstellt.[13] Die Vermeidung des Schadenseintritts muss zwar nicht der Einflussnahme des Täters oder des Gefährdeten entzogen sein. Entscheidend ist, ob der Täter nach den konkreten Umständen des Falles erwarten darf, dass die Gefahr sich nicht verwirklicht.[14] Gefahr und Schaden bezieht sich hier auf die geschützten Rechtsgüter, im Falle des § 315c StGB auf die physische Unversehrtheit von Verkehrsteilnehmern sowie Sachen.[15] Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Maßstäbe – sieht man § 370 AO als konkretes Gefährdungsdelikt und nicht als Verletzungsdelikt an – nicht zu übertragen wären.

Danach wäre es zur Tatvollendung erforderlich, dass durch eine Steuerverkürzung oder einen anderen nicht berechtigten Steuervorteil der staatliche Steueranspruch bzw. das vollständige und rechtzeitige staatliche Steueraufkommen als nach h. M. geschütztes Rechtsgut[16] in diesem Sinn konkret gefährdet wird. Dazu wäre entsprechend nötig, dass eine Minderung oder Verspätung des Steueraufkommens nach objektiv nachträglicher Prognose in so erhebliche Nähe gerückt war, dass eine Vermeidung sich als Zufall darstellt bzw. von einer "Beinahe-Beeinträchtigung" des Steueraufkommens – vergleichbar einem "Beinaheunfall" bei § 315c StGB[17] – gesprochen werden kann. Nahe liegend ist, dass dies gerade erst mit der Einreichung des Antrags auf Veranlagung zur ESt (unter Berücksichtigung des Grundlagenbescheids) erfolgt, wie es offenbar der früheren Rspr. entsprach. Es ist nämlich keineswegs als zwingend anzusehen, dass es hierzu tatsächlich kommt.

b) Übertragbarkeit der Maßstäbe zur schadensgleichen Vermögensgefährdung gemäß §§ 263, 266 StGB

Sofern man der Auffassung ist, dass Schutzgut und Struktur der konkreten Gefährdungsdelikte, insbesondere des § 315c StGB, der Steuerhinterziehung nicht hinreichend ähnlich sei, müsste angesichts des letztlich durch § 370 AO bezweckten Vermögensschutzes zumindest auf die durch Rspr. entwickelten Maßstäbe zum schadensgleichen Gefährdungsschaden iSd §§ 263, 266 StGB zurück gegriffen werden:

Nach h. M. ist Schutzgut des § 370 AO das öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen der einzelnen Steuern bzw. der Anspruch des Staates auf den vollen Ertrag aus jeder einzelnen Steuerart[18]. Da wirksame und durchsetzbare Ansprüche des Steuergläubigers unzweifelhaft zum Vermögen des jeweiligen Steuergläubigers gehören,[19] handelt es sich bei § 370 AO letztlich um ein Vermögensdelikt zum Schutz des Steuergläubigers,[20] durch das bestimmte Bestandteile des Vermögens der öffentlichen Hand gegen bestimmte Formen der rechtswidrigen Gefährdung bzw. Minderung strafrechtlich geschützt werden soll. Auch für § 370 AO wird zutreffender Weise angenommen, dass eine schadensgleiche Gefährdung des Steueraufkommens (entsprechend einer schadensgleichen Vermögensgefährdung) zur Vollendung erforderlich ist.[21]

Erörterungswürdig erscheint daher eine Heranziehung der Maßstäbe zu den Vermögensdelikten der §§ 263, 266 StGB, die neben der effektiven Vermögensminderung (Vermögensschaden bzw. –nachteil) auch die schadensgleiche Gefährdung des geschützten Rechtsguts Vermögen zur Vollendung ausreichen lassen.[22] Eine konkrete Vermögensgefährdung soll dem effektiven, real eingetretenen Vermögensnachteil gleichstehen, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtung bereits zu einer Minderbewertung der gegenwärtigen Vermögenslage führt. Für § 263 StGB wurde das Erfordernis der konkreten Gefahr zunächst formuliert.[23] Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles sei festzustellen, ob mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen sei. Als Definitionsminimum bleibt das Erfordernis der Verschlechterung des gegenwärtigen Vermögenszustandes nach wirtschaftlichen Kriterien.[24] Die Gleichstellung von Vermögensgefährdung und Vermögensschaden bei § 266 StGB wurde von der Rechtsprechung in Anlehnung an § 263 StGB entwickelt. Daher setzt auch hier die Annahme eines Gefährdungsschadens voraus, dass das Vermögen durch die Tathandlung konkret gefährdet wird. Es sei unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles festzustellen, ob mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen, der Eintritt eines Schadens also nahe liegend sei.[25]

Vertritt man die Auffassung, dass es sich bei § 370 AO um ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt, könnten die Anforderungen bzgl. des Gefährdungsschadens bei den §§ 263, 266 StGB – die zugleich als Verletzungsdelik-

te ausgestaltet sind – für § 370 AO als überhöht erscheinen. Dann aber wären Maßstäbe entsprechend denen zu § 315c StGB heranzuziehen (s.o.). Diese Erfordernisse verfolgen effektiv den Zweck zu verhindern, dass diese Delikte über den Gefährdungsschaden contra legem vom Erfolgs- zum Gefährdungsdelikt umgewidmet werden (wobei bzgl. § 266 StGB hinzu kommt, dass keine Versuchsstrafbarkeit besteht).[26] Der Charakter des § 370 AO als Erfolgsdelikt wird jedoch auch in der Rspr. nicht in Frage gestellt, so dass es keine durchgreifenden Bedenken gegen die Übertragung der Maßstäbe geben sollte. Zudem gab vorliegend der 1. Strafsenat durch Bezugnahme auf eine angeblich hinreichend konkrete Gefährdung des Steueraufkommens zu erkennen (vgl. Rdnr. 30 des Beschlusses),[27] dass er eine hinreichende Konkretisierung für erforderlich hält.

Überdies müssen vergleichbare Maßstäbe schon deshalb gelten, weil es sich bei § 370 AO jedenfalls in den fraglichen Konstellationen um die Vereitelung bzw. Gefährdung von Steueransprüchen bzw. –anwartschaften des Fiskus handelt (s.o.). Deren Vermögenswert wird auf Grund des gemeinsamen Schutzgutes Vermögen jedenfalls nach vergleichbaren Maßstäben wie in den §§ 263, 266 StGB zu bestimmen sein.[28] Die Formel der Rspr. lautet diesbezüglich, in dem Entgehen eines Gewinnes könne eine Vermögensbeschädigung nur unter der Voraussetzung gefunden werden, dass auf diese Erlangung ein rechtlich begründeter Anspruch bestand, oder dass jedenfalls tatsächliche Verhältnisse vorlagen, vermöge derer ohne die Tathandlung der Gewinn dem Betreffenden ohne weiteres und mit Sicherheit zugefallen wäre, nicht aber dann, wenn es sich nur um die Vereitelung ungewisser Möglichkeiten und Hoffnungen auf Vermögenserwerb handele.[29] Maßgebend sei, ob die Aussicht, den Zuschlag zu erhalten, nur die Stufe einer flüchtigen, wirtschaftlich noch nicht fassbaren Hoffnung erreiche, oder ob sie schon solche Gewissheit erlange, dass sie nach der Verkehrsauffassung einen messbaren Vermögenswert habe.[30] Jedenfalls ist nötig, dass dem Steueranspruch oder der Anwartschaft hierauf bereits wirtschaftlicher Wert zukommt, da auch im Rahmen des § 370 AO nur ein wirtschaftlicher Vermögensbegriff in Betracht kommen kann, mithin eine wirtschaftliche Betrachtung nötig ist.[31]

Deshalb wäre etwa für den auf der Basis eines unrichtigen Feststellungsbescheids gefährdeten, noch nicht zur Entstehung gelangten ESt-Anspruch zunächst zu prüfen, ob diesem für den Fiskus bereits mit Erlass des Feststellungsbescheids (mit Gewinnfeststellungen in der zutreffenden Höhe) ein wirtschaftlicher Wert (in der bei zutreffenden Festsetzung des Gewinns entstehenden Höhe) zu kam. Zugleich müsste dieses anwartschaftsgleich zu erwartende Steueraufkommen – das rechtlich nicht geschädigt, sondern nur gefährdet werden kann – im oben beschriebenen Sinn konkret gefährdet werden. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass hier anscheinend auch dem 1. Strafsenat zufolge eine derartige annähernde Bezifferung der Gefährdung des ESt-Aufkommens aufgrund des unzutreffenden Grundlagenbescheids unmöglich war (vgl. Rdnr. 30), kann wohl nicht von der Existenz einer wirtschaftlich werthaltigen Anwartschaft auf ESt im obigen Sinn gesprochen werden, jedenfalls nicht von deren konkreter Gefährdung, da deren Existenz und Höhe von zahlreichen Faktoren unabhängig von der Verlustzuweisung durch den Grundlagenbescheid abhängig ist, so dass nicht feststeht, dass und in welcher Höhe die Betroffenen überhaupt ESt abzuführen haben.

3. Zutreffende Sicht der Steuer-hinterziehung als Verletzungsdelikt

Unabhängig davon ist ein Feststellungsbescheid jedenfalls deshalb kein ungerechtfertigter Steuervorteil, weil nach zutreffender Auffassung Beckempers[32] der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs der Steuerhinterziehung einen konkreten Steuerschaden voraussetzt:

Das Verständnis des § 370 Abs. 1 AO als konkretes Gefährdungsdelikt – nicht als Verletzungsdelikt – ergibt sich nach der abweichenden Ansicht angeblich aus § 370 Abs. 4 S. 1 AO,[33] weil es danach nicht darauf ankomme, ob eine Steuer überhaupt geschuldet, noch nicht fällig oder schon gezahlt sei.[34] Eine Steuerverkürzung liege nach dem Gesetzeswortlaut auch vor, wenn der Steuerschuldner keine Steuern schuldet oder sogar einen Rückzahlungsanspruch hat.

Dem wird jedoch überzeugend entgegengehalten, dass § 370 Abs. 4 S. 1 AO einer Interpretation der Steuerhinterziehung als Verletzungsdelikt nicht entgegensteht.[35] Mit der in diesem Absatz gewählten Formulierung hat der Gesetzgeber nur den im Strafrecht insbesondere bei § 263 StGB anerkannten Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass auch eine ausreichend konkrete, nämlich schadensgleiche Vermögensgefährdung einen Vermögensschaden darstellt[36] - und damit einer Rechtsgutsverletzung zumindest gleich steht. Die Situation der Steuerfestsetzung ist mit der des Eingehens eines Vertrags vergleichbar, weil der Festsetzungsbescheid wie der schuldrechtliche Vertrag die Leistungspflichten festlegt. Der Steueranspruch, der sich aus den materiellen Steuergesetzen ergibt, wird nämlich erst durch den Festsetzungsbescheid konkretisiert. Da diese Konkretisierung nicht bindend ist, hängt es zwar vom Zufall ab, ob die Finanzbehörde den Unterschied zwischen Steuerfestsetzung und materiellem Steueranspruch entdeckt. Nachforschungen unterbleiben regelmäßig, weil die Prüfung

des Steueranspruchs mit der Festsetzung abgeschlossen ist.[37]

Die Argumentation, das Kompensationsverbot gem. § 370 Abs. 4 S. 3 AO belege, dass die Steuerhinterziehung kein Verletzungsdelikt sein könne, weil deshalb auch Fälle vom Anwendungsbereich der Norm erfasst würden, in denen es zu keinem echten Vermögensschaden gekommen sei, verkennt aber die Funktion dieser Regelung. § 370 Abs. 4 S. 3 AO macht von dem Grundsatz, dass ein Schaden festgestellt werden muss, keine Ausnahme, denn der Schaden des Staates entfällt nicht, weil der Steuerpflichtige aus anderen Gründen einen Anspruch auf Steuerrückzahlung hat. Der Steuerpflichtige kann nämlich Ansprüche, die mit den hinterzogenen Steuern nicht in Zusammenhang stehen, nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO auch später noch geltend machen. Diese können deshalb keinen Einfluss auf die Schadenshöhe haben.[38] Die Steuerhinterziehung ist also ein Verletzungsdelikt, das - ähnlich wie der Betrug - erst vollendet ist, wenn ein Schaden eingetreten ist. Der Schaden muss daher – zumindest annähernd – beziffert werden können. Für die Steuerhinterziehung folgt daraus, dass das Delikt erst vollendet ist, wenn der Umfang der verkürzten Steuern feststeht.[39] Deshalb kann das Bewirken eines Feststellungsbescheids durch unrichtige Angaben keine vollendete Steuerhinterziehung, der unrichtige Feststellungsbescheid folglich kein ungerechtfertigter Steuervorteil i. S. des § 370 AO sein.[40]

Ein Feststellungsbescheid nach § 180 AO gibt vielfach nicht Auskunft darüber, in welcher Höhe der Steueranspruch gegen die Kommanditisten beeinträchtigt wird. Bei der Steuerhinterziehung durch unrichtige Verlustzuweisung an die Gesellschafter einer Personengesellschaft etwa steht erst nach Abgabe der letzten Einkommensteuererklärung und damit der Ermittlung der Einkünfte aller Gesellschafter und der Auswirkungen der Feststellungen auf die Steuerschulden die Höhe des Steuerschadens fest.[41] Bei anderen Feststellungsbescheiden kann zwar die Höhe der potentiellen Steuerverkürzung mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids bestimmt werden.[42]

Nicht belegt ist dadurch aber der Schadenseintritt. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung - also ein Schaden - liegt nur vor, wenn die Gefährdung von Vermögenswerten nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage darstellt (s.o.). Als schadensgleiche Vermögensgefährdung können aber nur solche Gefährdungen gelten, die objektiv feststellbar eine Minderung des aktuellen Vermögenswertes begründen, weil die wirtschaftliche Position nicht mehr durchsetzbar erscheint. Bei Berücksichtigung dieses Grundsatzes bestehen durchgreidende Zweifel, ob die Existenz des unrichtigen Feststellungsbescheids die Vermögensposition - den Steueranspruch - konkret gefährdet. Die Finanzbehörde kann den Steueranspruch praktisch zwar selten über die Aufhebung des durch Täuschung erlangten Feststellungsbescheids durchsetzen, weil es zumeist an der Erkennbarkeit der Täuschung fehlt. Die Existenz des unrichtigen Feststellungsbescheids hat aber noch keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit durch eine richtige Festsetzung. Der Steueranspruch kann damit erst schadensgleich gefährdet werden, wenn der Feststellungsbescheid zur Herbeiführung einer unzutreffenden Steuerfestsetzung gebraucht wird.[43]

Vor diesem Hintergrund sprechen die besseren Gründe dafür, die Steuerhinterziehung als Erfolgs- und Verletzungsdelikt anzusehen. Entgegen dem 1. Strafsenat ist hier auch deshalb eine Strafbarkeit wegen zumindest versuchter Steuerhinterziehung frühestens in der Verwendung der Feststellungsbescheide durch die Kommanditisten nach Abgabe der jeweiligen Einkommensteuererklärungen zu sehen.

4. Kein unberechtigter Steuervorteil aufgrund des systematischen Verhältnisses zur Steuerverkürzung

Die Annahme des 1. Strafsenats, die Erlangung des Feststellungsbescheids stelle einen unberechtigten Steuervorteil, unstrittig aber noch nicht eine Steuerverkürzung dar, kann auch aus tatbestandssystematischen Gründen keine Zustimmung finden. Die Rechtsprechung differenziert überwiegend nicht trennscharf zwischen den beiden Erfolgsvarianten des § 370 Abs. 1 AO.[44] Der Gesetzes-

wortlaut stellt jedoch beide gleichberechtigt nebeneinander, was auf eine selbständige Bedeutung beider Alternativen und deren Gleichwertigkeit schließen lässt.[45]

Der Begriff des ungerechtfertigten Steuervorteils ist gesetzlich nicht definiert. Allgemein wird verbreitet angenommen, es müsse sich um eine Vergünstigung in der Form eines wirtschaftlichen Vorteils handeln, die auf der Anwendung von steuerlichen Vorschriften beruht und auf Grund einer besonderen Bewilligung der Finanzbehörde gewährt wird.[46] Zu § 392 AO a. F. hat der BGH festgehalten, von Steuervorteil spreche man, wenn dem Täter etwas gewährt oder belassen worden sei, was gegenüber der normalen, dem Gesetz entsprechenden Festsetzung oder Einziehung von Steuern eine Ausnahme bedeute. Steuerbefreiungen seien ebenfalls Steuervorteile.[47] Nach dieser Definition, immerhin aus einer Entscheidung des BGH, die in der neuen Entscheidung des 1. Strafsenats zum Begriff des Steuervorteils zustimmend zitiert, wenn auch nicht wiedergegeben oder subsumiert wird, lässt sich ein Feststellungsbescheid gem. §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO kaum als Steuervorteil ansehen. Zeitlicher Anknüpfungspunkt – Vollendungszeitpunkt – ist demnach auch für die Feststellung des Steuervorteils offenbar frühestens der der Steuerfestsetzung. Zuvor ist nämlich eine Begünstigung gegenüber der regulären Festsetzung (oder gar Einziehung) von Steuern kaum sicher feststellbar oder gar berechenbar. Eine bloße Vorstufe zur Festsetzung – wie der Erlass eines Bescheids gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO - kann diesem Maßstab zur Annahme eines Steuervorteils offenbar nicht genügen.

Zu Recht wird in der steuerstrafrechtlichen Literatur betont, dass – neben der Formulierung zweier Erfolgstatbestände in § 370 Abs. 1 AO - auch der Definitionsaufwand des Gesetzgebers in § 370 Abs. 4 S. 1 und 2 AO darauf hindeutet, dass die beiden Erfolgsmerkmale des Hinterziehungstatbestandes Unterschiedliches meinen und gleichberechtigt nebeneinander stehen.[48]

Jedenfalls dürfte anerkannt sein, dass der Steuervorteil im Gegensatz zur Steuerverkürzung einen steuerlich veranlassten Vermögensvorteil, d. h. einen Steuervorteil des Steuerschuldners voraussetzt.[49] § 370 Abs. 4 S. 2 AO führt als Beispiel für den Steuervorteil die Steuervergütung an, d. h. die materielle Erlangung eines (auszuzahlenden oder aufrechenbaren) Zahlungsanspruchs durch den Steuerschuldner gegen den Fiskus. Die exemplarische Nennung der Steuervergütung als Steuervorteil spricht dafür, dass andere – unbenannte – Steuervorteile keinen wesentlichen geringeren Grad an konkreter und unmittelbarer wirtschaftlicher Besserstellung des Steuerschuldners beinhalten dürfen als die Steuervergütung. Bei der Erlangung einer Verlustzuweisung durch einen Grundlagenbescheid steht aber weder der Eintritt noch die Höhe eines etwaigen Steuerschadens fest. Diese ergeben sich vielmehr – möglicherweise - aus weiteren, rechtlich oder faktisch nicht notwendigerweise erwartbaren selbständigen Handlungen des Steuerschuldners (ESt-Erklärung) und des für diesen zuständigen Finanzamts (Bescheidung). Es liegt auf der Hand, dass der Grad und Nähe der Vermögensgefährdung hier ganz erheblich niedriger ist als bei der Bewilligung oder Gewährung einer Steuervergütung, etwa von Vorsteuer gem. UStG. Es fehlt an einem hinreichenden Gefährdungsgrad des Steueraufkommens.[50]

Die Begründung des 1. Strafsenats für die Annahme eines Steuervorteils, die hinreichend konkrete Gefährdung des Steueranspruchs genüge zur Annahme eines Steuervorteils wäre aber auch deshalb unzureichend, weil damit allenfalls die schadensgleiche Vermögensgefährdung des Steueranspruchs belegt wäre, nicht aber, dass zugleich positiv auch ein vermögenswerter Steuervorteil bei den Kommanditisten eingetreten ist. Es muss sich bei dem Vorteil des Steuerschuldners nicht logisch zwingend um die Kehrseite der Gefährdung des staatlichen Steueranspruchs handeln. Die Verknüpfung der Steuerverkürzung mit dem Festsetzungsverfahren in § 370 Abs. 4 S. 1 AO spricht dafür, dass es sich bei Steuervorteilen iSd § 370 Abs. 1 AO nicht um Vorteile handeln kann, die aus der verspäteten oder zu geringen Festsetzung von Steuern resultieren.[51] Die Rspr. geht zwar davon aus, dass auch im Festsetzungsverfahren Steuervorteile im Sinne des Gesetzes gewährt werden.[52] Zudem werden in der Rspr. auch ungerechtfertigte Besserstellung des Steuerschuldners im Vorfeld der Festsetzung als Steuervorteile angesehen.[53] Nach der überzeugenderen Literaturauffassung sind aber wohl nur Besserstellungen im Rahmen oder Vorfeld der Festsetzung als Steuerverkürzung anzusehen, unberechtigte Begünstigungen außerhalb derselben als Steuervorteil.[54]

Vor allem ist in der vorliegenden Konstellation der angebliche Vorteil des Steuerschuldners nicht hinreichend konkretisiert und nicht hinreichend gewiss, auch wenn nicht der Maßstab eines Verletzungsdelikts anzulegen wäre (s.o.). Jedenfalls ist nämlich der Charakter des § 370 AO als Vermögensdelikt besonderer Art zu berücksichtigen, der Parallelen zum Betrug aufweist[55]. Da der Anspruch des Steuergläubigers auf den vollen Ertrag der Steuern (in jeder einzelnen Steuerart) bzw. der Anspruch des Staates auf den vollen Ertrag jeder einzelnen Steuerart geschützt ist,[56] ist grundsätzlich das Bestehen oder das vorhersehbare Bestehen des sicheren Zustandekommens eines – wirksamen und durchsetzbaren - Steueranspruchs in einer bestimmten Höhe erforderlich, damit

überhaupt von einem Vermögensbestandteil des Steuergläubigers gesprochen werden kann.[57] Der strafrechtlich geschützte Steueranspruch im Sinne des § 370 AO ist als die steuerrechtlich gebotene "Soll-Einnahme" des Steuergläubigers zu verstehen.[58]

Zur Feststellung von dessen Gefährdung durch die unberechtigte Gewährung von Steuervorteilen bedarf es zumindest der Bezifferbarkeit des Steueranspruchs relativ zu dem als möglicherweise unberechtigten Steuervorteil anzusehenden Etwas, da sonst nicht festgestellt werden kann, ob ein bestehender Steueranspruch tatsächlich gefährdet ist. Zumindest sollte zudem – aufgrund der Betrugsähnlichkeit – eine den Grundsätzen der Rspr. zur Anwartschaft als Vermögensbestandteil im Sinne des § 263 StGB genügende, hinreichend verfestigte Position des Fiskus hinsichtlich der Existenz des Anspruchs bestehen. Eine anwartschaftsgleiche Situation (vgl. §§ 263, 266 StGB) bzgl. der ESt der Kommanditisten besteht aber bei Erlass des Grundlagenbescheids mit Verlustzuweisungen an diese noch nicht (s.o.).

Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die häufig mangelnde klare Abgrenzung zwischen Steuervorteil des Steuerschuldners und Steuerverkürzung zu Lasten des Fiskus in der Literatur jedenfalls damit begründet (und gerechtfertigt) wird, dass in dem Fall der Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils gleichzeitig ein Verkürzen von Steuern liege.[59] Dies beruhe insbesondere darauf, dass die Alternative der Vorteilserlangung gegenüber der Steuerverkürzung der engere und speziellere Tatbestand sei.[60] Geht man hypothetisch von der Richtigkeit dieser verbreiteten Prämisse aus, kann ein Feststellungsbescheid gem. § 180 AO keinen Steuervorteil darstellen, da er unstrittig – auch nach Auffassung des 1. Strafsenats - im Vorfeld einer späteren Steuerverkürzung durch den Festsetzungsbescheid (hier betreffend die Kommanditisten) steht, eine solche aber gerade noch nicht bewirkt, sondern nur vorbereitet. Wenn der nach der oben genannten Auffassung allgemeinere Fall der Steuerverkürzung noch nicht eingetreten ist, kann auch der dieser Auffassung zufolge als Spezialfall anzusehende Steuervorteil – der hier zudem letztlich nur auf eine Steuerverkürzung abzielt – erst recht nicht eingetreten sein.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Verselbständigung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen i.S. d. §§ 179 ff. AO lediglich zur Zerlegung des Besteuerungsverfahrens in mehrere Stufen führt, die gesonderte Feststellung mithin kein Selbstzweck ist, sondern gerade der zutreffenden Festsetzung dient, mithin ein bloß rechtlich verselbständigter, wirtschaftlich aber integraler Bestandteil des Festsetzungsverfahrens.[61] Insofern tritt anerkanntermaßen regelmäßig erst durch die Steuerfestsetzung selbst eine Steuerverkürzung ein.[62] Um von der Feststellung zur Festsetzung – d.h. zur Verkürzung – zu gelangen, bedarf es zudem einer selbständigen, nicht vordeterminierten Handlung der potentiell durch Verlustzuweisungen begünstigten Kommanditisten, nämlich der Einreichung einer ESt-Erklärung unter Verwendung des Feststellungsbescheids. Unter Berücksichtigung der üblichen Behandlung mehraktiger Geschehensabläufe im Strafrecht, bei denen erst das unmittelbare Ansetzen zu derjenigen Handlung, die den Taterfolg unmittelbar herbeiführen soll, als tatbestandsmäßig angesehen wird,[63] erscheint die Annahme des 1. Strafsenats besonders fragwürdig, es liege bei der Festsetzung im Folgebescheid lediglich ein wiederholter, "weitergehender" Taterfolg vor.

Legt man die zutreffende Annahme zu Grunde, dass die beiden Erfolgsvarianten des § 370 AO echte, gleichwertige Alternativen darstellen, wie es sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, dann ist zu unterstellen, dass die beiden Alternativen zu ihrer Verwirklichung gleichwertige Gefährdungsgrade bzw. Verletzungsgrade des geschützten Rechtsguts – Steueraufkommen - voraussetzen. Dies bedeutet zugleich, dass es nicht angehen kann, das die Verwirklichung der einen Alternative – der Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils, wie vom 1. Strafsenat unterstellt – lediglich ein Durchgangsstadium zur Verwirklichung der anderen Alternative (Steuerverkürzung) ist, die selbst durch die Erlangung des Feststellungsbescheids noch nicht einmal bis in das Versuchsstadium gekommen wäre, sondern noch im straflosen Vorbereitungsstadium stünde.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil genau diese Verkürzung im Rahmen des ESt-Bescheids der Kommanditisten – und kein anderer bzw. weiterer Vorteil außerhalb der zu niedrigen Festsetzung der ESt im Festsetzungsverfahren – durch die Erlangung des Feststellungsbescheids angestrebt wird. Verkürzt sagt der 1. Strafsenat: Was noch nicht einmal das Versuchsstadium der Steuerverkürzung hinsichtlich der ESt der Kommanditisten erreicht, stellt dennoch bereits einen Steuervorteil zu deren Gunsten dar und ist als vollendete Steuerhinterziehung zu bestrafen.

In der Lit. wird darauf hingewiesen, dass jeder Verkürzung von Steuereinnahmen zum Nachteil des Steuergläubigers ein ungerechtfertigter Vorteil des Steuerpflichtigen gegenüber steht, weshalb der unberechtigte Steuervorteil als selbständige Erfolgsvariante der Steuerhinterziehung "nur besondere Vorteile" kennzeichnen könne.[64] Vor diesem Hintergrund kann eine Vorbereitungshandlung der Steuerverkürzung – mit einem vorbereitenden Erfolg, der Erlangung des Grundlagenbescheids – tatbestandssystematisch nicht unter die Erzielung einer Steuervorteils subsumiert werden. Der Grundlagenbescheid weist die erforderliche qualitative Andersartigkeit gegenüber dem letztlich angestrebten Verkürzungserfolg nicht auf, da er lediglich eine Vorstufe zur Steuerverkürzung (für dieselbe Steuerart in demselben Besteuerungszeitraum) darstellt.

Auch deshalb kann die Auffassung des 1. Strafsenats nicht geteilt werden. Ein Steuervorteil der Kommanditisten im Sinne des § 370 Abs. 1 AO wird durch den Erlass des Grundlagenbescheids gem. § 180 AO nicht erlangt.

5. Versuchte Steuerverkürzung?

Hinsichtlich der Feststellung einer versuchten Steuerhinterziehung in der Form der Steuerverkürzung gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach der objektive Versuchstatbestand dann erfüllt ist, wenn der Täter nach seinen Vorstellungen von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Nach h. Rspr. ist eine enge räumliche und zeitliche Beziehung zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich.[65] Vor dem Hintergrund, dass regelmäßig ein ganz erheblicher zeitlicher Abstand zwischen dem Erlass eines Grundlagenbescheids für die Kommanditisten einer KG und der Veranlagung der Kommanditisten zur ESt liegen dürfte und diese regelmäßig auf Antrag erfolgen wird, spricht vieles dafür, dass auch das Versuchsstadium frühestens mit der Antragsstellung auf Veranlagung zur ESt, noch nicht aber mit der Erlangung oder gar Beantragung des Grundlagenbescheids bzw. der Mitteilung diesbezüglich steuerlich erheblicher Tatsachen an das Finanzamt beginnt.[66]

V. Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der 1. Strafsenat vorliegend unter unausgesprochener Abweichung von der bisherigen herrschenden Rspr. den Vollendungszeitpunkt der ESt-Hinterziehung zugunsten von Mitunternehmern einer Personengesellschaft (hier Kommanditisten) auf den Zeitpunkt des Erlasses des Grundlagenbescheids ggü. der KG mit den die Kommanditisten betreffenden Verlustzuweisungen vorverlegt.

Die Annahme, darin liege eine Tatbestandsvollendung bzw. ein Steuervorteil gemäß § 370 AO erscheint – auch unter Berücksichtigung des Ausgangspunkts der herrschenden Rspr. – unzureichend begründet. Nach vorzugswüdiger Auffassung ist durch die Erlangung des Grundlagenbescheids noch nicht einmal das Versuchsstadium erreicht, da erst durch die Beantragung der Veranlagung zur ESt auf der Basis des Grundlagenbescheids die Verkürzung von ESt in hinreichende zeitliche Nähe rückt. Es erscheint tatbestandssystematisch verfehlt, "Erfolge" im Vorfeld einer Steuerverkürzung – insbesondere solche, die hinsichtlich dieser Tatbestandsmodalität als straflose Vorbereitung anzusehen wären - in eigenständige Steuervorteile umzudefinieren, wie es der 1. Strafsenat tut.

Besonders bedenklich ist, dass bei Zugrundelegung der Tendenz dieser Entscheidung, deren Maßstäbe nicht völlig klar werden, da es an einer Bestimmung des zugrunde zu legenden Gefährdungsgrades bzgl. des Steueraufkommens fehlt, und somit auch andere Vorfeldmaßnahmen und -entscheidungen der Finanzbehörden als Gewährung unberechtigter Steuervorteile angesehen werden könnten. Dies könnte im Extremfall eine unüberschaubare weitere Ausdehnung des Vollendungs- aber auch des Versuchstatbestands des § 370 AO zur Folge haben. Insofern verursacht der besprochene Beschluss - jedenfalls zunächst – auch eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit.

Insgesamt setzt der Beschluss die sehr einseitig zu Lasten der Steuerpflichtigen gehende Rechtsprechungstendenz des 1. Strafsenats seit Übernahme der alleinigen höchstrichterlichen Zuständigkeit für das Steuerstrafrecht fort. Mit Hilfe von wenig überzeugenden Auslegungsentscheidungen – um nicht zu sagen durch richterliche Rechtsfortbildung – auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite des § 370 AO wird eine weitere Intensivierung und Ausweitung der Verfolgung von steuerlichen Unregelmäßigkeiten betrieben. Die Krimalisierung straflosen Vorbereitungshandelns stellt insofern einen zumindest vorläufigen, beklagenswerten "Höhepunkt" dar.


[1] BGH, Beschl. vom 10.12.2008 – 1 StR 322/08, HRRS 2009 Nr. 68.

[2] BGH, Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08, HRRS 2009 Nr. 127.

[3] OLG Hamburg wistra 1993, 274, 275; Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 6. Aufl. (2005), AO § 370 Rz. 15, 45 ff.; einschränkend Kohlmann, Steuerstrafrecht, Loseblatt (Stand: 38. Lfg., Sept. 2008), AO § 370 Rndr. 40, 432, 504. A. A.: Hellmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Loseblatt (171 Lfg. Stand November 2001), AO § 370 Rz. 57 ff.; Gast-de Haan in: Klein, AO, 8. Aufl. (2003), Rz. 50; Bilsdorfer DStZ 1985, 184, 191; Göggerle BB 1982, 1851, 1854; Kirchhof 1985, 2977, 2981; Meyer NStZ 1986, 443, 444; 1987, 500, 501; Wassmann ZfZ 1987, 162, 164.

[4] BGH NStZ 1984, 414.

[5] BGH NJW 1989, 1615 ff.

[6] BGH NJW 1989, 1615, 1617 f.

[7] BGH NStZ 1984, 510 ff.

[8] BGH NStZ 1984, 510, 512.

[9] BGH NStZ 1984, 510, 512.

[10] Vgl. auch Beckemper NStZ 2002, 518 Fn. 11; Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rndr. 300 Fn. 8.

[11] So bereits BGH wistra 1989, 226 ohne Abgrenzung zum Verletzungsdelikt.

[12] Bzgl. konkreter Gefährdungsdelikte: Fischer, StGB, 56. Aufl. (2009), Vor § 13 Rndr. 18; Küper NJW 1976, 543; Satzger NStZ 1998, 114 m.w.N. Zu den abstrakten Gefährdungsdelikten: Fischer a. a. O. Vor § 13 Rdnr. 19; BGHSt 26, 121; 43, 12.

[13] BGHSt 22, 341, 344; BGH NJW 1985, 1036; 1995, 3131.

[14] Fischer a. a. O. (Fn. 12) § 315c Rdnr. 15.

[15] BGH NJW 1989, 1228; 1989, 2550.

[16] RGSt 59, 258, 262; BGHSt 36, 100, 102; 40, 109, 111 m. w. N.

[17] BGH NJW 1995, 3131.

[18] RGSt 59, 258, 262; 72, 184, 186; 77, 196, 198; BGH ZfZ 1958, 146, 147; BGHSt 36, 100, 102; 40, 109, 110.

[19] Statt aller Fischer a.a.O. (Fn. 12) § 263 Rdnr. 27a m. w. N.

[20] BVerwG NJW 1990, 1864; Hellmann, a.a.O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 43 m.w.N.

[21] BayObLG NJW 1988, 2550; Hellmann, a. a. O. § 370 (Fn. 3) Rdnr. 59; Sorgenfrei wistra 2006, 370, 376.

[22] BGHSt 20, 304 f.; BGH NJW 1999, 1489 = wistra 1999, 268, 270; BGH wistra 2001, 218, 219.

[23] BGHSt 21, 112 = NJW 1966, 1975; BayObLG NJW 1988, 2550; OLG Stuttgart NStZ 1985, 365.

[24] RGSt 9, 168.

[25] Vgl. etwa BGHSt 3, 372; 15, 83; 21, 113; 32, 212 (213); 34, 395.

[26] Vgl. Fischer a. a. O. (Fn. 12) § 263 Rdnr. 94, § 266 Rdnr. 72, 72e.

[27] BGH, Beschluss vom 10.12.2008 – 1 StR 322/08, HRRS 2009 Nr. 68.

[28] Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 59, 60.

[29] Erstmals in RGSt 23, 55, 57.

[30] BGHSt 20, 143 = NJW 1965, 770.

[31] Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 60.

[32] Beckemper NStZ 2002, 518, 520 f.

[33] Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 15.

[34] Tiedemann JZ 1975, 185, 186.

[35] Beckemper NStZ 2002, 518, 520; Göggerle BB 1982, 1851; ders. DStR 1981, 308; Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 57 ff.; Hoff, Das Handlungsunrecht der Steuerhinterziehung, 2000, S. 13 ff.; Senge in Erbs/Kohlhaas, Nebenstrafrecht, AO § 370 Rdnr. 35.

[36] Beckemper NStZ 2002, 518, 520; Hoff a. a. O. S. 17; Wulf, Handeln und Unterlassen im Steuerstrafrecht, 2001, S. 70.

[37] Beckemper NStZ 2002, 518, 520; Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 60.

[38] Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 74 m. w. N.; Hoff a. a. O. (Fn. 35) S. 21.

[39] Beckemper NStZ 2002, 518, 520 f.

[40] Beckemper NStZ 2002, 518, 521; Wulf a. a. O. (Fn. 36) S. 70.

[41] Beckemper NStZ 2002, 518, 521; Hardtke AO-StB 2002, 92; Hardtke/Leip a. a. O. (Fn. 21).

[42] Dies gilt laut Beckemper, NStZ 2002, 518, 521, etwa für das Erschleichen eines unrichtigen Feststellungsbescheids nach § 47 KStG a. F. oder von Verlustzuweisungen nach § 10d EStG. Daraus wird tw. bereits der Schadenseintritt abgeleitet (vgl. Gast-de Haan a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rn 56; Patzelt, Ungerechtfertigte Steuervorteile und Verlustabzug im Steuerstrafrecht, 1990, S. 90ff.). Für Feststellungsbescheide nach § 47 KStG a.F. soll dies gelten, weil im Gegensatz zu einer Personengesellschaft bei einer Kapitalgesellschaft die Besonderheit bestehe, dass eine Gewinnausschüttung bereits bei der Kapitalgesellschaft zu einem gesetzlich feststehenden Steuersatz versteuert werde. Anders als bei anderen Feststellungsbescheiden nach § 180 AO sei die Beeinträchtigung des Steueranspruchs durch einen falschen Bescheid nach § 47 KStG a.F. bestimmbar und deshalb bereits mit der Bekanntgabe des falschen Bescheids der Erfolg der Steuerhinterziehung in Form des ungerechtfertigten Steuervorteils eingetreten. Die Ausnahme für Verlustzuweisungen wird damit erklärt, die Differenz zwischen den tatsächlichen und den festgestellten Verlusten könne festgestellt werden und damit auch die Beeinträchtigung des Steueranspruchs, unter anderem weil die Feststellungen oftmals erst abgeschlossen seien, wenn der Steueranspruch schon fest stehe (Gast-de Haan a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 56). Diese Argumentation betrifft auch für andere Feststellungsbescheide, bei denen der Steueranspruch bereits im Zeitpunkt der Feststellung besteht und die drohende Beeinträchtigung des Steueranspruchs konkret angegeben werden kann.

[43] Beckemper NStZ 2002, 518, 521.

[44] Vgl. zur Rspr. von BGH und RG zusammenfassend Bansemer wistra 1994, 329 und BVerfG NJW 1995, 1883, wonach dies verfassungsrechtlich unbedenklich sei.

[45] Kohlmann a. a. O. § 370 Rdnr. 401.

[46] Wulf JuS 2008, 206, 210; Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 AO Rdnrn. 95 ff.

[47] BGHSt 25, 190, 202 = BGH NJW 1973, 1562, 1566 m. w. N. zur Lit.; Lohmeyer GA 1967, 321.

[48] Hellmann, a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 119.

[49] Hellmann, a. a. O. § 370 (Fn. 3) Rdnr. 119; Kohlmann, a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 172; Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 95.

[50] Vgl. Kohlmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 447, 553, 788.

[51] Vgl. Kohlmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 550.

[52] BGHSt 28, 371; BGH BB 1976, 396.

[53] Etwa Buchhaltungserleichterungen gem. § 148 AO, vgl. BGH wistra 1996, 184, 186 oder die Erlaubnis eines steuerbegünstigten Mineralöllagers, BGH NStZ 1993, 87.

[54] Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 120; vgl. Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 95-98; Henke NJW 1967, 1006, 1009; Lohmeyer GA 1967, 321, 322.

[55] Kohlmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 40 f.; Joecks a. a. O. § 370 Rdnr. 14, die beide eine Gefährdung ausreichen lassen.

[56] BGHSt 40, 109 ff. = BGH NJW 1994, 2302; BGHSt 36, 100, 102.

[57] Vgl. Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 43.

[58] Hellmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 138; Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 22

[59] Kohlmann a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 541.

[60] Kohlmann a. a. O. § 370 (Fn. 3) Rdnr. 541; aA: Rolletschke, Die Steuerhinterziehung, Rdnr. 80; Rolletschke DStZ 2001, 613.

[61] Hellmann a. a. O. (Fn. 3)§ 370 Rdnr. 299.

[62] Vgl. BGH wistra 1984, 142.

[63] Vgl. zum Betrug: BGHSt 37, 294, 296; BGH StV 2001, 272, 273.

[64] Joecks a. a. O. (Fn. 3) § 370 Rdnr. 95.

[65] BGHSt 26, 20; BGH MDR 1977, 679.

[66] Vgl. Joecks a. a. O,. (Fn. 3) vor § 369 Rdnr. 58 ff., § 370 Rdnr. 261a; Eschenbach DStZ 1997, 855.