HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juni 2008
9. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Unerlaubtes Handeltreiben - Anforderungen an die Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Anmerkung zu BGH 5 StR 242/07, Urteil v. 7.2.2008 = HRRS 2008 Nr. 220 sowie BGH 2 StR 535/07, Urteil v. 16.1.2008 = NStZ 2008, 284 f. = HRRS 2008 Nr. 271

Von Dr. Nicole Krumdiek, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen

I. Problemaufriss

Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BGH[1] aus 2005, wonach ein großer Teil der problematischen Fälle des Handeltreibens seine Lösung eher an der Grenzlinie zwischen Beihilfe und (Mit-)Täterschaft als in der Differenzierung zwischen versuchtem und vollendetem Handeltreiben finde[2], wird der BGH regelmäßig mit der Frage angerufen, inwiefern Umgangsweisen mit Betäubungsmitteln der Beihilfe zum Handeltreiben zuzuordnen sind, bzw. ob ein (mit-)täterschaftliches Verhalten vorliegt.[3]

Vorliegend hatte der BGH darüber hinaus zu entscheiden, welche Qualität die Beihilfehandlung (§ 27 StGB) haben muss, um noch als vollendete und damit als strafbare Beihilfe bewertet zu werden bzw. ab wann eine versuchte und folglich straflose Unterstützungshandlung anzunehmen ist. Dabei kommen der 2.[4] und 5.[5] Senat des BGH in zwei kurz aufeinanderfolgenden Entscheidungen mit ähnlichen Fallkonstellationen erstaunlicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen.

II. Sachverhalt und Entscheidungs-gründe BGH 2 StR 535/07 v. 16.1.2008 = HRRS 2008 Nr. 271

1. Sachverhalt

Nach den zugrundeliegenden Feststellungen organisierten die gesondert verfolgten M und C Herointransporte von Pakistan nach Spanien. Regelmäßig sandten sie hierfür Kuriere von Pakistan nach Frankfurt, wo sie von einem von M und C beauftragten Hintermann (B) in Empfang genommen wurden, welcher das Rauschgift dann an sich nahm. Am Tattag konnte ein Kontakt zu B jedoch nicht hergestellt werden, weshalb M den Angeklagten telefonisch bat, die sich bereits auf dem Weg befindlichen Kuriere in Frankfurt am Flughafen in Empfang zu nehmen und den weiteren Kontakt zu B herzustellen. Der Angeklagte zeigte sich hiermit einverstanden, wobei er hierfür vereinbarungsgemäß kein Entgelt erhalten sollte. Nachdem sich der Angeklagte zum Flughafen begeben hatte, wartete er vergebens auf die Kuriere, da diese direkt nach der Landung von der Polizei festgenommen worden waren. Darüber hinausgehende Unterstützungshandlungen innerhalb der Rauschgiftgeschäfte von C und M konnten dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden.

2. Entscheidungsgründe

Der BGH wertete die Handlung des Angeklagten in Abweichung zur Ansicht der Revision nicht als straflose versuchte Beihilfe, sondern vielmehr als vollendete Beihilfehandlung zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Hierbei legte der 2. Senat die ständige Rechtsprechung des BGH[6] zugrunde, wonach die Strafbarkeit wegen Beihilfe gem. § 27 StGB gerade nicht voraussetze, dass sich die auf Unterstützung des Haupttäters gerichtete Handlung des Gehilfen kausal auf die Begehung der Haupttat im Sinne der Bedingungstheorie auswirke. Ausreichend danach sei vielmehr, dass die Beihilfehandlung die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung erleichtere oder fördere.[7]

Die Unterstützungshandlung sah der BGH deshalb vorliegend auch nicht in der Fahrt zum Flughafen, da diese Tätigkeit aufgrund der Festnahme der Kuriere nicht als taugliche Tatförderung in Betracht käme. Jedoch sei die Förderungshandlung des Angeklagten bereits in der telefonischen Zusage, die Kuriere in Empfang zu nehmen und den Kontakt zu B herzustellen, zu sehen. Hierdurch sei dem M erspart geblieben, weitere Vorkehrungen zu treffen, um so zu garantieren, dass ein Kontakt zwischen den Kurieren und B hergestellt werden würde. Dem stehe nach Auffassung des BGH auch nicht entgegen, dass sich die Kuriere im Moment der Zusage durch den Angeklagten, bereits auf dem Weg nach Frankfurt befanden, da das Unternehmensdelikt des Handeltreibens zu diesem Zeitpunkt zwar schon vollendet, aber gerade noch nicht beendet gewesen sei. Der vollendeten Förderungshandlung sei dabei weiterhin nicht entgegenzuhalten, dass auch die Einschaltung anderer Personen die Festnahme der Kuriere bei deren Ankunft nicht habe verhindern und daher den geplanten Taterfolg nicht habe herbeiführen können.[8]

III. Sachverhalt und Entscheidungs-gründe BGH 5 StR 242/07 v. 7.2.2008 = HRRS 2008 Nr. 220

Dieser Entscheidung steht nun das zeitlich nachfolgende Urteil des 5. Senats gegenüber:

1. Sachverhalt

Aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der im Libanon lebende A lieferte über acht Kilogramm Kokain an den früheren Mitangeklagten M. Dieses Kokain wurde auf dem Weg von A zu M in Antwerpen beschlagnahmt und M wurde festgenommen. Das BKA setzte einen verdeckten Ermittler (VE) ein, welcher über die Emailadresse des M Kontakt zu A aufnahm und diesem mitteilte, dass das Kokain fast vollständig für 150.000 Euro verkauft worden sei. Der Verkaufserlös sollte zu A in den Libanon verbracht werden. A wusste dabei weder von der Beschlagnahme des Kokains, noch von der Festnahme des M.

Für diese Übergabe beauftrage der A den Angeklagten, sich mit dem VE in Verbindung zu setzen, um die Geldübergabe vorzunehmen. Der Angeklagte sollte hierfür 4 % des Verkaufserlöses erhalten. Nachdem der Angeklagte und der VE nach mehreren Telefonaten einen Übergabetermin vereinbart hatten, beauftragte der Angeklagte seinerseits den gesondert verfolgten E, der ihn zum Übergabetreffpunkt begleiten sollte, um das Geld anschließend in den Libanon zu verbringen. Hierfür sollte E die Hälfte der dem Angeklagten versprochenen 4 % Provision erhalten. Der VE erschien zu vereinbarten Übergabeort nicht, sondern teilte dem Angeklagten mit, dass seine Kontaktperson nicht mit dem Verkaufserlös erschienen sei. Nach mehreren Telefonaten verließen der Angeklagte und der E den vereinbarten Treffpunkt.

Das LG[9] verurteilte den Angeklagten wegen vollendeten Handeltreiben, wobei es die Tathandlung als sukzessive Mittäterschaft wertete.

2. Entscheidungsgründe

Der 5. Senat bewertet die Handlung des Angeklagten mit Rückgriffnahme auf die Grundsatzentscheidung des BGH[10] richtigerweise nicht als mittäterschaftliches Handeltreiben, da der Angeklagte vielmehr "nur" als Kurier tätig gewesen, und der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäftes damit nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen sei.[11] Weiterhin sei in der Tätigkeit des Angeklagten auch keine vollendete Beihilfehandlung zu sehen, sondern vielmehr eine versuchte und damit straflose Beihilfe.

Nach Auffassung des BGH bestimmt sich die Vollendung der Gehilfentätigkeit nicht nach der Vollendung der Haupttat, vielmehr sei für jeden Teilnehmer gesondert zu prüfen, ob der Tatbeitrag vollendet gewesen sei. Untaugliche und erfolgslose Bemühungen seien danach nicht als vollendete Beihilfehandlungen zu bewerten, gleiches gelte für solche Gehilfentätigkeiten, denen jegliche Eignung zur Förderung der Haupttat fehle oder die erkennbar nutzlos für das Gelingen der Tat seien. Um solche untauglichen und damit straflosen Beihilfehandlungen habe es sich bei der gewollten Verbringung des Erlöses gehandelt, da hier Verkaufserlöse wegen der Sicherstellung des Kokains nicht mehr hätten erzielt werden können. Die Handlungen des Angeklagten mussten von vornherein für den gewollten Zweck der Förderung eines unerlaubten Betäubungsmittelhandels ins Leere gehen.[12]

Weiterhin sei in der Handlung des Angeklagten auch keine psychische Beihilfe zu sehen. Nach Auffassung des 5. Senats verbiete es sich vielmehr, die Zusage jedes im Ergebnis nutzlosen Gehilfenbeitrags, der auf eine Förderung der Tatausführung abzielt, stets in eine psychische Beihilfe umzudeuten. Eine solche Auslegung würde die Werteentscheidung des Gesetzgebers unterlaufen, welcher die versuchte Beihilfehandlung bewusst straflos gestellt habe, um so die erfolgslose Beihilfehandlung aus

der als unerträglich bewerteten Ausweitung strafrechtlicher Verfolgung herauszunehmen.[13]

Zudem scheitere in den vorliegenden Fallkonstellationen die Annahme der psychischen Beihilfe bereits daran, dass der Gehilfenbeitrag sich hier regelmäßig auf die Förderung der Haupttat und nicht auf die Psyche des Täters beziehe, und damit die Tat physisch unterstützt werden soll. Die hiermit einhergehende Billigung der Haupttat reiche danach nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass die psychische Beihilfe die Tathandlung objektiv fördere oder erleichtere, und der Gehilfe sich dessen bewusst sei. Beides wurde vom 5. Senat vorliegend verneint. Deutlich betont der 5. Senat dann weiter, dass der alleinige Umstand, dass eine weitere Suche nach einem für erforderlich gehaltenen Gehilfen nicht unternommen werden musste, gerade nicht ausreiche.[14]

Die danach vorliegende Straflosigkeit der versuchten Beihilfe zum Handeltreiben führe nach Ansicht des BGH aber nicht zwingend zum Freispruch, da eine Strafbarkeit wegen versuchter Geldwäsche gem. § 261 Abs. 3, § 23, Abs. 1 StGB in Betracht zu ziehen sei. Aus diesem Grund hat der BGH das Urteil aufgehoben und an das LG zurückverwiesen.

III. Gegenüberstellung der Entscheidungen - Bewertung und Konsequenzen

1. Anwendungen der Grundsätze aus BGH 5 StR 242/07 auf BGH 2 StR 535/07

Während die Entscheidung des 5. Strafsenats grundsätzlich als positiv bewertet werden muss, erscheinen die Begründungsversuche des 2. Senats als frag- und vor allem als kritikwürdig. Jedenfalls kann das Urteil des 2. Senats unter den vom 5. Senat aufgestellten Grundsätzen kaum Bestand haben.

Zuzustimmen ist dem 2. Senat zunächst noch dahingehend, dass, soweit es die Tat der eingereisten Kuriere betrifft, eine gem. § 27 StGB geeignete Förderungshandlung durch den Angeklagten ausscheide, denn ihr Tatbeitrag wurde durch eine Handlung des Angeklagten nicht beeinflusst, verstärkt oder unterstützt.[15]

Sofern der 2. Senat im Weiteren dann auf die erfolgte Zusage des Angeklagten abstellt, scheint er auf die Grundsätze der psychischen Beihilfehandlung Rückgriff zu nehmen, obwohl eine explizite Unterscheidung bzw. Nennung der psychischen und physischen Förderung gerade nicht erfolgt, was bereits seltsam anmutet. Jedoch kann die Handlung des Angeklagten nach den vom 5. Senat dargelegten Bewertungsmaßstäben dabei ferner nicht als taugliche psychische Beihilfehandlung gewertet werden. So ist hier zu festzustellen, dass der Angeklagte mit der Zusage, die Kuriere am Flughafen in Empfang zu nehmen, nicht die Psyche des Hintermannes stärken wollte, sondern vielmehr die Haupttat physisch zu unterstützen gedachte. Die hierdurch gleichzeitig eintretende Billigung der Haupttat ist dabei nicht ausreichend. Die Tatsache, dass die geplante körperliche Unterstützungshandlung letztendlich erfolglos geblieben ist, berechtigt dann jedoch eben nicht dazu, aus der untauglichen physischen Beihilfehandlung eine erfolgreiche psychische Förderungshandlung zu machen. Wie der 5. Senat explizit betont hat, steht diese Vorgehensweise im Widerspruch zur Werteentscheidung des Gesetzgebers, der die versuchte Beihilfe bewusst nicht sanktioniert sehen wollte. Denn auch im Betäubungsmittelrecht gelten die allgemein zu § 27 StGB aufgestellten Grundsätze, so dass eine diesbezügliche Modifikation im Rahmen der Betäubungsmittelkriminalität zu unterbleiben hat.[16]

Vorliegend kann dabei auch weder davon ausgegangen werden, dass durch die Zusage des Angeklagten die Psyche des Hintermannes bestärkt wurde, noch, dass dem Angeklagten eine solche etwaige Wirkung bewusst gewesen sein könnte. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Tatsache, dass der Hintermann auf den Ablauf des Geschäftes insofern keinen Einfluss mehr hatte, als die Kuriere bereits auf dem Weg waren, was den Hintermännern bekannt war. Grundsätzlich muss sich hier dabei die Frage aufdrängen, inwiefern die Psyche eines Hintermannes überhaupt noch verstärkt werden kann, wenn dieser hinsichtlich der geplanten Verhaftungen tatsächlich gar keinen Einfluss auf den Auflauf des Rauschgiftgeschäftes hat und ihm auch nach seiner Vorstellung nur sehr begrenzt Einflussmöglichkeiten auf die bereits vollendete Tat zur Verfügung stehen.

Diesbezüglich ist weiterhin unklar, inwiefern die Zusage des Angeklagten dem Hintermann ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt haben könnte. Der 2. Senat führt hierzu aus, dass der Hintermann bei Absage des Angeklagten weitere Bemühungen hätte unternehmen müssen, um die Weiterleitung des Rauschgiftes sicherzustellen. Solche Bemühungen - um andere für geeignet gehaltene Personen - genügen nach den Ausführungen des 5. Senats für sich allein eben noch nicht.

Sofern der 2. Senat dann in der weiteren Begründung angibt, dass der Hintermann zur Weiterleitung des Rauschgiftes entweder andere bereits eingeweihte Personen hätte ansprechen oder bislang nicht eingeweihte Personen in die Tat hätte einbeziehen oder Maßnahmen gegenüber Dritten (etwa Übermittlung von Nachrichten über die Fluggesellschaft) hätte einleiten müssen, womit sich das Entdeckungsrisiko erhöht hätte, so ist dies wenig überzeugend. Fraglich ist hier zunächst, inwiefern es zulässig ist, Urteilsbegründungen auf potentielle Alternativverhaltensweisen und damit schlichte Mutmaßungen zu stützen. Darüber hinausgehend ist der Hintermann

bereits durch die Einschaltung des Angeklagten ein gewisses Risiko eingegangen, welches sich nicht erhöht hätte, wenn er statt des Angeklagten, eine weitere, ihm als geeignet erscheinende Person einbezogen hätte.

Damit bleibt festzuhalten, dass nach den Anforderungen, die der 5. Senat an das Vorliegen einer psychischen Beihilfe stellt, die Handlung des Angeklagten auch vom 2. Senat als straflose versuchte Beihilfehandlung hätte gewertet werden müssen. Auf den exakten Zeitpunkt der Sicherstellung abzustellen, mit dem Ergebnis, je nach Zeitpunkt der Zusage eine unterschiedliche Betrachtungsweise anzulegen macht dabei wenig Sinn. Die Zusage ist nicht mehr oder weniger der Haupttat förderlich, wenn die Sicherstellung der BtM zwar zum Zeitpunkt der Zusage noch nicht erfolgt ist, aber bereits soweit konkretisiert und geplant ist, dass sie - wie vorliegend - ohne Einflussmöglichkeiten des Gehilfen kurze Zeit später eintritt.[17]

2. Bewertung der Entscheidung: BGH 5 StR 242/07

Bevor nun die Frage aufgeworfen wird, inwiefern die unterschiedlichen Rechtsprechungstendenzen der zwei Senate einen Vorlagebeschluss gem. § 132 GVG erforderlich gemacht hätten, soll kurz noch auf die Entscheidung des 5. Senats eingegangen werden.

Grundsätzlich ist positiv zu bewerten, dass der 5. Senat an den vom BGH[18] aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung Beihilfe /(Mit-)Täterschaft festhält. So hat der BGH die Handlungen des Angeklagten nicht bereits deshalb als Mittäterschaft gewertet, da dieser hinsichtlich der eigenverantwortlichen Kommunikation mit dem VE bezüglich der Übergabe sowie der selbständigen Beauftragung des E durchaus eine gewisse Organisationsmacht innehatte. Vielmehr hat er in der zu fordernden Einzelfallentscheidung festgestellt, dass es nicht so sehr darauf ankomme, welches Maß an Selbstständigkeit und Tatherrschaft vorliegend gegeben sei, sondern stattdessen darauf ankomme, welche Bedeutung der Handlung im Rahmen des Gesamtgeschäftes - und dazu zähle eben nicht nur das Erlösgeschäft- zukomme.[19] Auch die Provision, die der Angeklagte für seine Tätigkeit erhalten sollte, hat der BGH entsprechend richtig eingeordnet.[20]

Darüber hinausgehend ist dieses Urteil weiterhin als positiv zu werten, da es bezüglich der zu fordernden Voraussetzungen an eine taugliche Gehilfenhandlung durchaus klarstellende Funktion einnimmt.[21] Diesbezüglich bleibt jedoch insofern Kritik zu äußern, als der BGH die Chance verpasst hat, hinsichtlich der Konkretisierung in diesem unübersichtlichen Rechtsgebiet noch einen Schritt weiter zu gehen. So hat der 5. Senat offen gelassen, ob eine erfolgte Sicherstellung der Betäubungsmittel die Beendigung der Haupttat nach sich zieht.[22] Sofern hiervon auszugehen wäre, käme nach diesem Zeitpunkt eine Beteiligung bereits mangels teilnahmefähiger Haupttat nicht mehr in Betracht.[23] Nach Auffassung des 5. Senats spreche für eine solche Annahme dabei die Tatsache, dass der Waren- und Geldfluss zu diesem Zeitpunkt immerhin zur Ruhe gekommen sei, da aus dem sichergestellten Rauschgift keine Erlöse mehr erzielt werden können.[24] Folglich bleibt abzuwarten, wie sich die anderen Senate des BGH künftig zu dieser Frage positionieren.

3. Anfrage gem. § 132 GVG

Sowohl die beiden aufgezeigten, eher als konträr zu bezeichnen Entscheidungen, als auch die weiter zurückliegende Rechtsprechung[25], gestaltet sich in den genannten Fallkonstellationen eher als uneinheitlich. Sofern es sich hierbei um entgegenstehende Rechtsprechung vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zum unerlaubten Handeltreiben handelt, vertritt der 5. Senat die Auffassung, dass ihn eine möglicherweise entgegenstehende Rechtsprechung vor diesem Zeitpunkt nicht an seiner jetzigen Entscheidung hindere, da nach dieser Entscheidung eine Neuorientierung im Grenzbereich Mittäterschaft und Beihilfe stattgefunden habe.[26]

Wo jedoch die vom 5. Senat weitergehend aufgezeigten Unterschiede zu den beiden vorangegangenen Entscheidungen[27] liegen, ist nicht ganz nachvollziehbar. In beiden Fällen war das Rauschgift ebenfalls im Vorfeld sichergestellt geworden, so dass auch hier nicht von einer tauglichen, die Haupttat fördernden, vollendeten physischen Beihilfehandlung die Rede sein kann. Und nach den oben aufgeführten Grundsätzen zur psychischen Beihilfe, müsste eine solche Anwendung wohl ebenfalls entfallen.[28] Erstaunlicherweise ist eine Abgrenzung zu dem hier besprochenen und ca. drei Wochen zuvor ergangenen Urteil des 2. Senats nicht erfolgt.

Insgesamt hätte sowohl dieses Urteils, als auch die Entscheidungen aus 1995 und 1994[29] eine Vorlagepflicht des 5. Senates begründet.[30] Denn worin der Unterschied zu sehen ist, ob die Festnahme der Kuriere bzw. die Sicherstellung des BtM bereits erfolgt ist, oder aber unmittelbar bevorsteht, ist nicht erkennbar. An der mangelnden Eignung zur Förderung der Hauttat kann dies jedenfalls nichts ändern, da die Aktivitäten der Gehilfen in beiden Fällen ins Leere gehen.

V. Ergebnis

Es bleibt zu hoffen, dass sich der Große Senat im Falle eines notwendigen Vorlagebeschlusses gem. § 132 GVG der begrüßenswerten Linie des 5. Strafsenats anschließt, um so der bisherigen und eher als konturlos[31] zu bezeichnenden Praxis der Einzelfallentscheidung zum Begriff "Handeltreiben" die dringend benötigte und verfassungsrechtlich erforderliche Bestimmtheit[32] zu verleihen. Dabei wäre es wünschenswert, wenn der Große Senat zudem auch die Frage hinsichtlich der Beendigung der Tat nach Sicherstellung der BtM im Sinne der Äußerungen des 5. Senats entscheiden würde, um so weitere Rechtssicherheit einkehren zulassen.

Zudem kann nur so der bereits eingangs erwähnten Tatsache Rechnung getragen werden, dass die niedrige Vollendungsschwelle beim Handeltreiben dazu führt, dass für die Annahme eines Versuchs und dementsprechenden Rücktritt nur wenig Raum bleibt, so dass trotz der Grenzziehung im Bereich der Beihilfe und (Mit-)Täterschaft, die Anwendung der Definition des "Handeltreibens" nach wie vor als uferlos zu bezeichnen ist. Die Forderung des Großen Senats[33], problematische Fälle nicht mit Hilfe der Versuchregeln, sondern unter Zugrundelegung der Beihilferegelungen einer Strafrahmenverschiebung zukommen zu lassen, darf zudem nicht dadurch umgangen werden, dass die allgemeinen Grundsätze der §§ 25, 27 StGB dergestalt modifiziert werden, dass u.a. nicht vorgesehene Vorverlagerungen mit dem Ziel stattfinden, eine im Betäubungsmittelrecht für wünschenswert erachtete Strafbarkeit künstlich zu konstruieren. Die Folgen einer solchen Praxis wurden bereits bei der Aufweichung der Versuchsregelungen für den Begriff des "Handeltreibens" deutlich. [34].


[1] GSSt StV 2006, 19- 23 = HRRS 2005 Nr. 871. Vgl. hierzu auch: Weber JR 2006, 139-146; Vahle Kriminalstatistik 2006, 10; Krumdiek/Wesemann StV 2006, 634- 638.

[2] GSSt StV 2006, 19 (22).

[3] Vgl. exemplarisch: BGH NStZ 2007, 338 f. = HRRS 2005 Nr. 337; mit Anm. Krumdiek, StRR 2007, 110 ff. sowie Anm.: Puppe JR 2007, 298 - 300; BGH NStZ-RR 2007, 246-248 = HRRS 2007, Nr. 474; BGH NStZ-RR 2007, 320 = HRRS 2007, Nr. 790; BGH NStZ-RR 2007, 321 = HRRS 2007, Nr. 783; BGH StRR 2007, 203 = HRRS 2007, Nr. 784; BGH NStZ 2008, 285 = HRRS 2008, Nr. 78; vgl. zu den Abgrenzungskriterien auch Krumdiek StRR 2007, 244 - 248 m.w.N.

[4] BGH 2 StR 535/07 v. 16.1.2008 = NStZ 2008, 284 f.

[5] BGH 5 StR 242/07 v. 07.02.2008.

[6] Vgl. die Nachweise in BGH NStZ 2008, 284.

[7] Zu den abweichenden Stimmen in der Literatur vgl. die Nachweise: bei BGH NStZ 2008, 284.

[8] BGH NStZ 2008, 284 f.

[9] LG Hamburg, Urteil v. 10.10.2006, Akz.: 6101 Js 356/05 - 619 KLs 3 /06.

[10] BGH NStZ 2007, 338 f.

[11] Vgl. hierzu die Nachweise in Fn. 1, 3.

[12] BGH 5 StR 242/07, Nr. 12 ff. der Urteilsgründe.

[13] BGH 5 StR 242/07, Nr. 15 ff. der Urteilsgründe.

[14] BGH 5 StR 242/07, Nr. 16 f. der Urteilsgründe.

[15] BGH NStZ 2008, 284.

[16] BGH 5 StR 242/07, Nr. 18 der Urteilsgründe. Ob dies hingegen auch dem 2. Senat so deutlich bewusst war ist zweifelhaft, wenn dort zu lesen ist: "Der vorliegende Fall gibt dem Senat keinen Anlass, die ständige Rechtsprechung [zu § 27 StGB]in Frage zu stellen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Besonderheiten, welche durch den weiten Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und die Vorverlagerung der Tatbestandsvollendung begründet sind.

[17] Anders hingegen: Winkler, jurisPR-StrafR 10/2008, Anmerkung 3.

[18] BGH NStZ 2007, 338 f.; mit Anm. Krumdiek, StRR 2007, 110 ff. sowie Anm. Puppe, JR 2007, 298 - 300.

[19] BGH 5 StR 242/07, Nr. 9 f. der Urteilsgründe; so auch BGH NStZ 2008, 285.

[20] Vgl. hierzu BGH 1 StR 159/07 v. 25.4.2007.

[21] So auch Bede, StRR 2008, 192, 193.

[22] BGH 5 StR 242/07, Nr. 12 der Urteilsgründe.

[23] BGH NStZ 2007, 35, 36.

[24] BGH 5 StR 242/07, Nr. 12 der Urteilsgründe.

[25] Vgl. BGH StV 1995, 524; mit Anm.: Harzer StV 1996, 336 - 343 sowie Anm. Krack JuS 1995, 585 - 589; BGH NStZ- RR 1996, 374.

[26] BGH 5 StR 242/07, Nr. 20 der Urteilsgründe.

[27] Vgl. Hinweise in Fn. 25.

[28] Jedoch hat der 5. Senat die Entscheidung BGH StV 1995, 524, in welcher das Transportieren eines nach Sicherstellung des Heroins leeren Päckchens, als vollendete Beihilfe bewertet wurde, zu Recht kritisiert, vgl.: BGH 5 StR 242/07, Nr. 20 der Urteilsgründe.

[29] Vgl. Hinweise in Fn. 25.

[30] So auch: Winkler, jurisPR-StrafR 10/2008, Anmerkung 3.

[31] Bede, StRR 2008, 192, 193.

[32] Vgl. hierzu Krumdiek/Wesemann StV 2006, 634 ff.; Gaede HRRS 2004, 166, 168 ff.

[33] GSSt StV 2006, 19 (22).

[34] GSSt StV 2006, 19 (22), zur Kritik hieran vgl. Krumdiek/Wesemann StV 2006, 634 - 638, m.w.N.