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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2003
4. Jahrgang
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1. Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit, so kommt eine Strafrahmenverschiebung nach § 21, § 49 Abs. 1 StGB in der Regel nicht in Betracht (nicht entscheidungstragend). (BGHR)
2. Der Tatrichter muss die Einlassung des Angeklagten zu seinem Alkoholgenuss vor der Tat, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine unmittelbaren Beweise gibt, nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen. Vielmehr hat er sich im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 261 StPO) und ohne Bindung an Beweisregeln aufgrund der im konkreten Fall gegebenen Erkenntnismöglichkeiten eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob der Angeklagte in solchem Umfang Alkohol zu sich genommen hat, dass eine erhebliche Verminderung oder Aufhebung seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Betracht kommt. Dabei ist es ihm unbenommen, Trinkmengenangaben des Angeklagten als unglaubhaft einzustufen, wenn er dafür durch die Beweisaufnahme gewonnene Gründe hat, welche seine Auffassung argumentativ tragen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 12 sowie § 21 Blutalkoholkonzentration 13 und 22). (Bearbeiter)
3. Die Strafrahmenverschiebung nach § 21, § 49 Abs. 1 StGB ist eine fakultative, im Ermessen des Tatrichters stehende Strafmilderung, von der grundsätzlich nur dann abgesehen werden darf, wenn die durch die Herabsetzung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld durch schulderhöhende Umstände aufgewogen wird. Beruht die Einschränkung der Schuldfähigkeit auf den Wirkungen von Alkohol, kann ein derartiger Umstand allerdings darin liegen, dass sich der Täter schuldhaft in den Alkoholrausch versetzt hat. (Bearbeiter)
4. Die Trunkenheit ist für die Allgemeinheit abstrakt gefährlich und beinhaltet demgemäß - wenn selbst verschuldet - einen Unwert, an den bei Taten unter Alkoholeinfluss eine strafrechtliche Bewertung des Sich-Berauschens unabhängig davon anzuknüpfen vermag, ob dem konkreten Täter durch frühere Erfahrungen eine individuelle Neigung zur Begehung - vergleichbarer - Straftaten bekannt war oder zumindest sein konnte (vgl. BGHSt 16, 124, 125). (Bearbeiter)
5. Das Maß der Schuldminderung durch eine alkoholbedingt erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit ist unabhängig von der Schwere der unter Alkoholeinfluss begangenen Straftat. (Bearbeiter)
1. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist es erforderlich, dass der Täter vor Begehung der neuen Tat schon zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist; betrifft eine frühere Verurteilung eine Gesamtstrafe, so kommt es darauf an, ob in dieser eine Einzelstrafe von mindestens einem Jahr enthalten ist (vgl. BGHSt 34, 321).
2. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus den geschilderten Vortaten, den dazu ergangenen Verurteilungen und den ohne Angabe der jeweiligen Verwahrungszeiten (vgl. § 66 Abs. 4 Sätze 2 und 3 StGB) und deren Zeitfolge mitgeteilten Strafvollstreckungen diejenigen Merkmale herauszusuchen, die die Anwendung des § 66 StGB rechtfertigen können. Insoweit bedarf es einer genaueren Darstellung der vorgenommenen Subsumtion.
Ein für die Anordnung nach § 64 StGB hinreichender symptomatischer Zusammenhang setzt nicht voraus, dass die Beschaffung von Betäubungsmitteln allein dem Eigenkonsum dient.
Für die Annahme einer Affekttat sind von der Rechtsprechung und Psychiatrie Merkmale herausgearbeitet worden, die zwar im Einzelfall unterschiedlich zu gewichten sind und nicht alle vorliegen müssen, mit denen sich das Urteil aber zumindest im Rahmen einer Gesamtwürdigung auseinandersetzen muss.