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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 1062

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 5 ARs 53/09, Beschluss v. 28.10.2009, HRRS 2009 Nr. 1062


BGH 5 ARs 53/09 - Beschluss vom 28. Oktober 2009

Anfragebeschluss; summarischer Anklagesatz (Serien-Vermögensstraftaten).

§ 132 GVG; § 200 StPO; § 243 Abs. 3 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Auch der 5. Strafsenat ist der Auffassung: Liegen einem Angeklagten zahlreiche Vermögensdelikte zur Last, die einem einheitlichen modus operandi folgen, genügt der konkrete Anklagesatz den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO und des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, wenn dort - neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt - die Tatorte, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum und der Gesamtschaden bezeichnet werden und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage oder einer Anlage zur Anklage die Einzelheiten der Taten, d. h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, detailliert beschrieben sind.

Entscheidungstenor

Der Senat stimmt der Rechtsansicht des anfragenden 1. Strafsenats zu.

Er gibt möglicherweise entgegenstehende eigene Rechtsprechung auf.

Gründe

Der 1. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:

Liegen einem Angeklagten zahlreiche Vermögensdelikte zur Last, die einem einheitlichen modus operandi folgen, genügt der konkrete Anklagesatz den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO und des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, wenn dort - neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt - die Tatorte, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum und der Gesamtschaden bezeichnet werden und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage oder einer Anlage zur Anklage die Einzelheiten der Taten, d. h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, detailliert beschrieben sind.

Er hat daher bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob diese an entgegenstehender Rechtsprechung festhalten.

Der 5. Strafsenat folgt der Rechtsauffassung des anfragenden Senats und hält an möglicherweise entgegenstehender eigener Rechtsprechung nicht fest.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die mit der beabsichtigten Entscheidung des anfragenden Senats - wenn auch keinesfalls zwingend - verbundene Kenntnisnahme der Schöffen von Teilen des wesentlichen Ermittlungsergebnisses der Anklageschrift (§ 200 Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. Anfragebeschluss Tz. 14 und 18) zu einem frühen Zeitpunkt der Hauptverhandlung steht der Rechtsprechungsänderung grundsätzlich nicht entgegen. Die Befürchtung, wonach diese Kenntnis der Schöffen insbesondere im Widerstreit mit ihrer Unvoreingenommenheit stehe (vgl. BGHSt 43, 360, 365 f.; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 30 GVG Rdn. 2 m.w.N.), ist ohnehin zweifelhaft. Ihr kann auch in konventionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) jedenfalls durch sorgfältige Unterrichtung der Schöffen über die Bedeutung dieses Teils der Anklageschrift durch die Tatgerichte wirksam begegnet werden (vgl. EGMR NJW 2009, 2871, 2873).

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 1062

Bearbeiter: Ulf Buermeyer